Forum Soziales und Lebenshilfe Soziales Wird der Suizid der Tod der Zukunft?

Soziales Wird der Suizid der Tod der Zukunft?

Maya1
Maya1
Mitglied

RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von Maya1
als Antwort auf skys vom 03.10.2024, 23:09:48

Ich denke eigentlich nicht, daß diese Art der Lebensbeendigung bzw der zunehmenden Tolerierung etwas mit Egoismus und Herzlosigkeit zu tun hat.

Es hat sicher etwas damit zu tun, daß Selbstmord enttabuisiert wird mit zunehmendem Verschwinden der Religiosität.
Selbstmord war ja eine  unentschuldbare Sünde und Selbstmörder durften nicht in geweihter Erde begraben werden. Daher kam auch bei schlimmem Leiden keine Selbsttötung oder Sterbehilfe in Frage, das Leid musste als "Gott gewollt" angenommen und ertragen werden - bis zum bitteren Ende.

Aber die Idee, daß Alte, die für die Gesellschaft nicht mehr " rentabel" genug sind, also mehr kosten als sie bringen irgendwie "entsorgt" werden sollten und das selbst auch einsehen und freiwillig ihren Platz räumen - diese Idee spukt ja schon länger in manchen Köpfen herum und hat auch Niederschlag in bestimmten Science Fiction Filmen gefunden 😉

skys
skys
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RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von skys

@schorsch
Zum Thema "negative Eigenschaften"

Und je mehr negative Eigenschaften dieser Mensch hat, desto eher wird er geneigt sein, sie beim Mitmenschen zu entdecken. Auf die positiven aber erhebt er Alleinherrscheranspruch.
schorsch
Etwas einseitige Sichtweise, aber dafür einfach - diese Bewertung steht dir natürlich frei g
(Deiner Annahme nach müsste es auf deine Sichtweise ja ebenfalls zutreffen...)
Manchmal bringt Nachrichten sehen/lesen aber auch neue Denk-Impulse *entsprechend kleine Anregung am Rande.


 @Maya1
 
Ich denke eigentlich nicht, daß diese Art der Lebensbeendigung bzw der zunehmenden Tolerierung etwas mit Egoismus und Herzlosigkeit zu tun hat.
Maya1
Nur zur Vorbeugung oder Nachbeugung eines Missverständnisses: Das hatte ich nicht geschrieben.
 
Was in den Köpfen spukt…, ja, da ist vieles ist möglich und mensch zeigt davon ja leider auch nicht immer nur das Beste.
Wenn man sieht, was aktuell schon passiert, dass, wie und welche Menschen man sterben lässt (nicht nur Alte) bzw. wie man mit manchen Menschen (nur zum Beispiel mal Alte) umgeht…
Und wie manche Menschen ohne Be-/Denken extrem menschenverachtende Parteien wählen…

Nebenbei bietet auch längst nicht jedes Land eine Unterstützung (wie es z. B. hier verbreitet ist), für alte Menschen an. Und selbst hier ist noch viel Luft nach oben.
Wäre schön, wenn sich mehr Menschen mal darüber Gedanken machen oder sich sogar für bessere Bedingungen einsetzen würden. Aber in einer rosa Blase sitzend ist das wohl auch nicht so leicht.

Egoismus und Herzlosigkeit ?
Tolerierung ?
 
Ups… ;-)
Maya1
Maya1
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RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von Maya1
als Antwort auf skys vom 04.10.2024, 14:24:12

Entschuldige bitte wenn ich dich missverstanden habe.
Ich hatte diesen Satz so interpretiert:"Aber mit zunehmendem Neid und Missgunst und mangelnder Herzensbildung werden solche Lösungen vielleicht immer mehr toleriert bzw. akzeptiert bzw. sogar unterstützt oder gefördert werden."


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schorsch
schorsch
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RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Maya1 vom 04.10.2024, 10:57:27

Die Indianer setzten ihre gebrechlichen Alten, wenn nicht mehr genug Nahrung vorhanden war, im tiefsten Winter einfach irgendwo in den Schnee, wo sie dann langsam einfroren und starben.

Wir haben das ganze Jahr über genug zu essen. Aber wenn die Schmerzen grösser werden, als dem Menschen zumutbar ist, zu erleiden, dann soll man ihn, wenn dies sein innigster Wunsch ist, gehen lassen.

Zaunkönigin
Zaunkönigin
Mitglied

RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von Zaunkönigin
als Antwort auf skys vom 03.10.2024, 23:09:48
PS bzgl. der Threadtitel-Frage: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?

Aber mit zunehmendem Neid und Missgunst und mangelnder Herzensbildung werden solche Lösungen vielleicht immer mehr toleriert bzw. akzeptiert bzw. sogar unterstützt oder gefördert werden.
Ist eine Frage der Entwicklung des Wertverständnisses eines Menschenlebens in einer Gesellschaft.
 
geschrieben von skys
Ein paar, noch unsortierte Gedanken zum Thema allgemein....


Wie sieht es denn heutzutage mit unseren Werten aus und wie war das vor, sagen wir mal, 50 Jahren?

Früher war der Suizid etwas Unaussprechliches. Der Tote katapultierte sich durch seine Tat auch noch post hum aus der menschlichen Gemeinschaft raus. Und seine Familie im Grunde ein Stück weit gleich mit.
Wer fehlte in diesem Fall? Der Mensch der sich selbst tötete, oder unsere Gesellschaft nebst Kirche? Wie war das noch gleich mit der Herzensbildung? War es menschlich so zu handeln? Und das auch noch zu Zeiten, als es noch weniger Mittel als heutzutage gab um Leiden und Schmerzen zu lindern.

Ich für meinen Teil nenne das unmenschlich und .. überheblich. Wir bewerten etwas was wir gar nicht beurteilen können. Denn alle Theorie ist grau. Lebendig wird sie erst, wenn die Theorie zur Realität wird.

Einem "natürlichen" Tod käme das Verhungern nahe. Dazu kann sich ein Kranker durchaus entschließen und sofern er eine Patientenverfügung hat, kann niemand etwas dagegen unternehmen. Aber, ist das besser, menschlicher nur weil kein Anderer Einfluss darauf hat? Zeigen wir mehr Herzensbildung indem wir einen Menschen dazu verdammen tagelang dem Tod entgegen zu sehnen?
Oder, in dem wir ihm auch das verweigern, ihn dazu zwingen die Schmerzen auszuhalten?

Man komme mir nicht mit: "wir haben Schmerzmittel". 

Ja, die haben wir. Aber nicht immer wirken sie. Was ist das für eine Menschlichkeit und Herzensbildung, wenn man Menschen dazu zwingt zu leben obwohl das Morphium nicht einmal mehr so wirkt, dass er gestreichelt werden kann ohne vor Schmerzen zu wimmern? Der Mensch aber schon so voll gedröhnt ist, dass er seine Exkremente an die Gitterstäbe des Bettes und die Wand schmiert und gar nicht mehr realisiert was er tut.

Gibt es nicht? Doch.. gibt bzw. gab es. 

Es wird Zeit, dass sich unsere Gesellschaft mit der Frage auseinander setzt: "wie kann ein Mensch in Würde, Frieden und ohne Schmerzen selbstbestimmt gehen"? - Und nicht darüber: "wie machen wir es so schwer und kompliziert wie möglich".

Wir schaffen es nicht Rahmenbedingungen für Schwerstkranke zu schaffen die ein Leben noch ein Leben sein lassen, aber wir schwingen uns auf darüber zu urteilen wann ein Mensch genug vom Leben haben darf.



 
chris33
chris33
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RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von chris33
als Antwort auf schorsch vom 04.10.2024, 16:30:43

Schorsch, ich muss zu den "Indianer Geschichten" etwas sagen.
Du koenntest auch nochmal recherchieren. 

Nach all dem, was ich darüber weiss: diese von dir beschriebene Vorstellung basiert groesstenteils  auf Missverstaendnisse und widerspiegelt auch nicht den Respekt und die Traditionen, die  indigene Völker fuer ältere Menschen pflegten. 

Was den Schmerz betrifft weiss ich durch meine jahrelange Arbeit in der Schmerztherapie, dass Palliativmedizin in den meinen Faellen die  Schmerzen effektiv lindern kann, es gibt nur  einige wenige Faelle in denen das Leiden weitergeht.... 

Ich moechte sagen, dass nur in einem kleinen Prozentsatz der Faelle, die Schmerztherapie nicht wirksam ist. 

Also Suizid aufgrund körperlicher Schmerzen ist relativ selten. 

Gruss chris33 


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Zaunkönigin
Zaunkönigin
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RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von Zaunkönigin
als Antwort auf chris33 vom 04.10.2024, 17:38:58

Ich moechte sagen, dass nur in einem kleinen Prozentsatz der Faelle, die Schmerztherapie nicht wirksam ist. 

Also Suizid aufgrund körperlicher Schmerzen ist relativ selten. 

Gruss chris33 
Das sieht das Deutsche Ärzteblatt anders Chronische Schmerzen eine häufige Suizid-Ursache (aerzteblatt.de)

Zitat:
Chronische Schmerzen sind ein häufiger Beweggrund für einen Suizid. In einer US-Studie hatten fast 9 % der Menschen, die sich das Leben nahmen, chronische Schmerzen in der Vorgeschichte.
 
......
Am häufigsten litten die Patienten unter Rückenschmerzen, Krebs oder Arthrose. Mehr als die Hälfte hatte mehr als eine Erkrankung, die mit Schmerzen einherging.
Schmerzen sind relevanter als akute Lebenskrisen oder Drogenprobleme
Ein Begleitfaktor bei Suiziden sind psychische Erkrankungen. Sie lagen bei den Schmerzpatienten, die sich das Leben nahmen, jedoch genau so häufig vor wie bei Selbstmördern ohne Schmerzen. Alkohol- oder Drogenprobleme, Partnerkonflikte oder eine akute Lebenskrise (etwa der Verlust des Arbeitsplatzes) waren sogar seltener, was dafür sprich, dass die Schmerzen ein wichtiger Beweggrund für den Suizid waren.


Abgesehen davon: Sollen diese Menschen deshalb durchhalten bis zum Ende, gleichgültig wie lange das dauern mag? Nur weil sie eine Minderheit sein sollen?
Was bieten wir diesen Menschen an Menschlichkeit und Unterstützung an?

Studie: Chronic Pain Among Suicide Decedents, 2003 to 2014: Findings From the National Violent Death Reporting System | Annals of Internal Medicine (acpjournals.org)
chris33
chris33
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RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von chris33
als Antwort auf Zaunkönigin vom 04.10.2024, 18:04:44

Studien, wie sie auch im Deutschen Ärzteblatt beschrieben werden, zeigen, dass mehr als die Hälfte der Suizid Opfer an einer Erkrankung litt, die mit chronischen Schmerzen verbunden war.

Viele Patienten mit chronischen Schmerzen leiden zusätzlich an körperlichen oder psychischen Erkrankungen. 

Diese Begleiterkrankungen können dazu führen,  dass Schmerztherapien weniger wirksam sind. 

Ich hoffe, dass dieser Thread ein wenig  zu einem besseren Verständnis zwischen chronischen Schmerzen und Suizidgedanken beiträgt. 

Chris33 
 

Zaunkönigin
Zaunkönigin
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RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von Zaunkönigin
als Antwort auf chris33 vom 04.10.2024, 18:43:39
Studien, wie sie auch im Deutschen Ärzteblatt beschrieben werden, zeigen, dass mehr als die Hälfte der Suizid Opfer an einer Erkrankung litt, die mit chronischen Schmerzen verbunden war.

Viele Patienten mit chronischen Schmerzen leiden zusätzlich an körperlichen oder psychischen Erkrankungen. 

Diese Begleiterkrankungen können dazu führen,  dass Schmerztherapien weniger wirksam sind. 

Ich hoffe, dass dieser Thread ein wenig  zu einem besseren Verständnis zwischen chronischen Schmerzen und Suizidgedanken beiträgt. 

Chris33 
 

Es ist doch völlig gleichgültig, ob der Schmerz, oder das, was der Schmerz mit einem macht, dazu führt, dass man nicht mehr länger leben möchte. Oder verstehe ich hier etwas nicht?

Oder soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die psychische Erkrankung eine eigenständige, unabhängig vom Schmerz ist? 

In der Regel erlebe ich es so, dass der Schmerz dazu führt, dass man die Lebensfreude verliert - finde ich irgendwie auch naheliegend. 

Meine Mutter hing sehr am Leben und war sehr lebenshungrig... und sie hatte Angst vor dem Tod.
Sie erkrankte mit ca. 65 Jahren an einer entzündlichen Polyneuropathie - an Schlaf war vor lauter Schmerzen nicht mehr zu denken. Schmerzmittel halfen nicht. Die Diagnose war langwierig und zog sich über 2 Jahre hin und Cortison war von da an ihr ständiger Begleiter aber im Grunde das einzige was die Schmerzen eindämmte. Ihr war bewusst, dass hohe Dosen auf Dauer ihre Lebenserwartung verkürzen. Aber auch das war ihr gleichgültig. Sie hat Cortison gehamstert - wenn der Hausarzt reduzieren wollte, dann fand sie andere Wege. Lieber kürzer leben, dafür schmerzarm.

Nachdem klar war woher die starken Schmerzen kamen sagte sie eines Tages zu mir: Es wurde Zeit, denn wenn nicht endlich die Aussicht bestanden hätte, dass die Schmerzen erträglicher werden, dann hätte ich nicht mehr länger leben wollen. 
Sie meinte das ernst - sehr ernst.
olga64
olga64
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RE: Wird der Suizid der Tod der Zukunft?
geschrieben von olga64
als Antwort auf Zaunkönigin vom 04.10.2024, 17:13:15


Es wird Zeit, dass sich unsere Gesellschaft mit der Frage auseinander setzt: "wie kann ein Mensch in Würde, Frieden und ohne Schmerzen selbstbestimmt gehen"? - Und nicht darüber: "wie machen wir es so schwer und kompliziert wie möglich".

Wir schaffen es nicht Rahmenbedingungen für Schwerstkranke zu schaffen die ein Leben noch ein Leben sein lassen, aber wir schwingen uns auf darüber zu urteilen wann ein Mensch genug vom Leben haben darf.



 
Unsere Gesellschaft setzt sich aus vielerlei Gründen schon lange mit dem Suizid auseinander.
Und es war nie strafbar, wenn jemand seinem Leben ein Einde bereiten wollte - es ist natürlich ultimativ und kann, wenn es klappt, nicht mehr repariert werden.

Selbstmorde gab es immer - insbesondere gab es sie nach Ende des 2. Weltkrieges, als z.B. junge Mütter mit ihren Kindern Selbstmord begingen, weil sie Angst hatten ,von einstürmenden Russen vergewaltigt usw. zu werden.
Es gab sie bei Liebeskummer, Trennungen usw.
Aber das fand dann nach Eigenentscheidung allein mit sich statt.
Heute möchte man aber Begleitung für diese schwierige Situation und es ist schwierig, dass sich hierfür Ärzte verpflichten lassen, deren Beruf(ung) es ist, Leben zu retten und nicht, es zu beenden.

Auch in diesem Thread hat sich doch niemand "aufgeschwungen" zu beurteilen, wann ein Mensch genug vom Leben haben darf.
Es gibt z.B. auch Selbstmorde, die aus der Tatsache entstehen,dass Menschen "lebenssatt" geworden sind. Wer sollte das beurteilen können, ohne die Hintergründe wirklich zu kennen?

Ich finde es richtig, wenn ein Staat wie Deutschland es sich und anderen nicht einfach macht, mit diesem hochkomplexen Thema umzugehen oder eine Entscheidung zu fällen, so lange ein Sterbebereiter dazu eine weitere Person bei der Durchführung benötigt, die man nicht verpflichten kann, dies zu tun.

Unsere Medizin ist heute schon sehr weit auch bei hohen Schmerzen usw. zu helfen; es gibt Hospize, wo Menschen noch kurz vor ihrem Tod aufgefangen werden können - wenn sie dazu bereit sind, diese Hilfel anzunehmen. Und wenn nicht -ist es allein deren Entscheidung, das Leben noch anzunehmen oder es zu beenden. Diese Entscheidung kann ihnen keine Gesellschaft abnehmen. Olga

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