Forum Soziales und Lebenshilfe Soziales Wertezerfall oder Wertewandlung?

Soziales Wertezerfall oder Wertewandlung?

gaby100
gaby100
Mitglied

Re: Wohl Irrtum meinerseits ... Pardon!
geschrieben von gaby100
als Antwort auf clara vom 23.02.2012, 12:15:00
Zitat Clara:

Erstaunlich, wie sich manche Dinge lange Zeit erhalten, wenn sie sich für bestimmte Zwecke als nützlich erweisen!


Ich greife deinen Gedanken mal auf. Wandeln sich vielleicht die Werte dann, wenn ihre Nützlickeit sich ändert? Dienen Werte letztendlich nur dem reibungslosen Zusammenleben einer Gesellschaft?

Beispiele:
-"milte" im MA. absolut notwendig, da man auf freiwillige Hilfe angewiesen war, eine gesetzliche Versicherung etc. nicht existierte.
- Gastfreundschaft als hohe Tugend im Orient, ehemals überlebenswichtig für Reisende in der Wüste.
- In einer Gesellschaft, in der die Religion staatstragend war, war Frömmigkeit eine Tugend.
- Wir reagieren heute auf Korruption wesentlich sensibler als noch vor einigen Jahren(siehe Wulf). Der Wirtschaftsminister Erhard soll noch stolz darauf gewesen sein, Flüge von der Wirtschaft bezahlt bekommen zu haben. Dem Steuerzahler entstanden so keine Kosten, Wert der Sparsamkeit.Große Firmen haben inzwischen sehr strenge Regelungen, Geschenke und Vergünstigungen werden nicht mehr gemacht.Hier haben sich unsere Wertvorstellungen erheblich geändert.Korruption verhindert in vielen Ländern die Entwicklung,verursacht Hunger und Krieg. Unbestechlichkeit ist somit ein Wert der dringend gebraucht wird.

Welche Werte werden aufgegeben, welche kommen wohl neu hinzu?
olga64
olga64
Mitglied

Re: Wohl Irrtum meinerseits ... Pardon!
geschrieben von olga64
als Antwort auf gaby100 vom 23.02.2012, 16:55:47


- Wir reagieren heute auf Korruption wesentlich sensibler als noch vor einigen Jahren(siehe Wulf).


Aufgrund der Medienvielfalt erfahren wir heute umfassender und schneller aber nicht weniger subjektiv von Korruptionsvorfällen. Die Beurteilung des Volkes ist aber leider noch subjektiver. So wurde z.B. Herr Wulff wochenlang medial bombardiert - über die Rolle Siemens in Griechenland, wo sich dieses deutsche Weltunternehmen grossenteils durch exorbitanten Korruption auszeichnete, sprechen nur wenige. Vielleicht ist es vielen zu komplex und zu sehr auf ökonomische Daten fixiert, die sie ganz einfach nicht verstehen. Wenn Herr Wulff ein Hotelzimmer nicht bezahlen muss, versteht das der deutsche Michel und sein Neidapparat kommt sofort in Wallung. Olga
Robertino
Robertino
Mitglied

Nur eine kleine - vielleicht überflüssige? - Anmerkung
geschrieben von Robertino
als Antwort auf Marija vom 23.02.2012, 12:34:35
Nachdem ich die ganze Diskussion übertragen und mir einen inhaltlichen Überblick verschafft habe, sehe ich, dass es eine ganze Reihe (aus meiner Sicht und nach den von mir früher hier genannten Kriterien) sehr bemerkenswerter Überlegungen gibt. Dennoch lösche ich nicht die folgenden Zeilen, da diese eine Antwort auf einige Thesen sind, die wohl an mich gerichtet waren.

R.





Zu den Thesen von Marija

1. Dies ist kein wissenschaftliches Forum
Wer bestimmt Form, Art und "Niveau" der hier stattfindenden Diskussionen. Oder gitb es eine Norm, einen Konsens, was hier Norm oder eben nicht Norm ist?

3. Nicht alles an Wert-und Wertebegrifflichkeit, was wir heute als überkommen und veraltet bezeichnen, ist es auch.
Wo ist das Gegenteil behauptet worden? Eine grundlegende Reflexion über Werte (strukturell, funktional und auch inhaltlich) müsste ja eben diese Frage der möglichen Historizität von Werten klären.

4. Die Generation, die mit Bollnow groß geworden ist, zeichnet sich noch heute durch Begriffe wie : Zuverlässigkeit, Bescheidenheit, Fleiß, Treue usw aus - auch wenn sich die sprachliche Zuordnung etwas verschoben und amerikanisiert hat.
Ich verstehe den Zusammenhang nicht; um was geht es? Der kursiv gezeichnete Passage verstehe ich auch nicht; aber vermutlich bin ich zu dumm. (Dafür kann man ja bekanntlich nicht.)
Persönliche Anmerkung. Ich bin - um die Formulierung zu übernehmen - [i]mit Bollnow gro0 geworden. "Wesen und Wandel ..." habe ich 1958/59 gelesen. Wenn ich überlege, was ich seit etwa 1945 persönlich - klar, bei jedem abhängig von der familiären und gesellschaftlichen Sozialisation, vom schulichen und beruflichen Werdegang - an Werten, Wertvorstellungen etc., Tugenden und Untugenden, an Spielregeln und Verhaltensempfehlungen uund -weisen kennengelernt und erfahren habe, werde zumindest ich mich hüten, so ohne weiteres jungen Menschen Tugenden, Werte und Spielregeln so einfach, mit dem überheblichen und allwissenden Duktus eines alten Menschen, anzudienen. Ich würde aber einem jungen Menschen empfehlen, sich mit dem Komplex Werte/Wertphilosophie/Ethik etc. anhand etwa der entsprechenden Darstellungen zu vergleichen; etwa: Schmidt, Philosophisches Wörterbuch/ Hoffmeister, Wörterbuch der philosopischen Begriffe/ Handbuch philosophischer Grundbegriffe, LTHK, das protestantische Pendant ... und dann würde ich einem jungen Menschen empfehlen, einen aus seiner Sicht und Erfahrung heraus Katalog von Wertvorstellungen aufzustellen, von denen er meint, dass diese fürs Leben & Zusammenleben wichtig sind. [/indent]


5. Akademische Überlegenheit ist unangebracht.
Was soll das? Beitrag zur Werte- und Tugendiskussion?

Die Ausarbeitungen von Bollnow sind, sprachlich gesehen, immer noch aktuell und haben nichts an Brillianz verloren. Seine sprachphilosophischen Betrachtungen sind von durchdringender Schärfe und zur Differenzierung sehr nützlich - was jeder Diskussion zuträglich ist.
Vermutlich heute allgemeiner wissenschaftlicher Konsens? In Tübingen war Bollnow nicht im Bereich der Sprachphilosophie tätig; siehe u.a. sein Werkverzeichnis, wie es in Wikipedia aufgelistet ist. Siehe aber auch [url=http://www.otto-friedrich-bollnow.de/doc/Okamoto8.pdf]hier!

*.*


Ganz interessant - Stichwort: Bollnow war angebräunt - die biographische und berufliche Skizzierung von Bollnow auf dieser Webseite; siehe die Passagen über die Zeit des Nationalsozialismus.

*.*


Abgesehen von irgendwelchen persönlichen Affinitäten und privaten und/oder beruflichen (Lektüre)Erfahrungen gegenüber diesem Autor ist doch die Frage, ob die Überlegungen Bollnows (das setzt natürlich die Lektüre etwa dieses Werkes und eine Auseinandersetzung mit den Aussagen voraus) dem Umfang einer heutigen Wertediskussion gerecht werden. (Wie die KennerInnen ja wissen, ging es Bollnow in jenen Jahren vor allem um eine Auseinandersetzung mit dem Existentialismus, der den Vetreter einer tradionellen ethisch-moralischen Philosophie nicht geheuer war. Aber das werden ja alle wissen, die mit Bollnow groß geworden sind.)

Es geht ja nicht - so verstehe ich diese Diskussion - um die Auseinandersetzung mit einem philisophischen Autor, sondern um die zentrale Frage nach Werten, Wertewandel und implizit um die Frage nach der Funktion und Bedeutung von Werten in einer/der heutigen Gesellschaft. Oder?
(Sollte ich mich irren, bitte ich um einen korrigierenden Hinweis.)

Robertino

Anzeige

weserstern
weserstern
Mitglied

Re: Nur eine kleine - vielleicht überflüssige? - Anmerkung
geschrieben von weserstern
als Antwort auf Robertino vom 23.02.2012, 21:00:03
Es geht ja nicht - so verstehe ich diese Diskussion - um die Auseinandersetzung mit einem philisophischen Autor, sondern um die zentrale Frage nach Werten, Wertewandel und implizit um die Frage nach der Funktion und Bedeutung von Werten in einer/der heutigen Gesellschaft. Oder?
(Sollte ich mich irren, bitte ich um einen korrigierenden Hinweis.)


So sehe ich das auch...
bei einer philosophischen Auseinandersetzung könnte ich auch nicht mitreden...

da fehlt mir die Erfahrung, das gebe ich offen zu, es war nicht mein Métier

Gruß weserstern
Medea
Medea
Mitglied

Re: Nur eine kleine - vielleicht überflüssige? - Anmerkung
geschrieben von Medea
als Antwort auf weserstern vom 23.02.2012, 21:44:21
Spontan fallen mir zu der Silbe wert
folgende Wörter ein:

Goldwert, wertvoll, wertlos, unwert,
Nährwert, Silberwert, über Wert, unter Wert,
außer Wert, Mühe wert, wertschätzen, ohne Wert,
Wertachtung, Wertgegenstand,
Wertbeständigkeit, werthalten, er/sie ist
es wert, geliebt zu werden -

es wird noch mehr geben -

es kann mannigfaltig genutzt werden,
lobt oder tadelt und trifft so manche auch
niederschmetternde Aussage.

M.

trux
trux
Mitglied

Wertezerfall oder Wertewandlung?
geschrieben von trux
als Antwort auf Medea vom 24.02.2012, 08:47:38
Ich gewinne den Eindruck, dass hier auf unterschiedlichen Ebenen diskutiert wird. Die eine Ebene beschäftigt sich mit den Grundlagen gesellschaftlicher Phänomene (Phänomen als das Mannigfaltige nach subjektiver Wahrnehmung), die andere mit der Wahrnehmung der Gesellschaft, wie sie ein Einzelnen sieht, wie er z. B. die Familie sieht, sein Einkommen, die Schule, den Arbeitsplatz, die medizinische Versorgung, das Shoppen, die Parteien, den Ablauf von Parteiversammlungen, das Vereinensleben, usw.

Ob sich die Gesellschaft überhaupt definieren lässt, erscheint mir fragwürdig. Dennoch ist natürlich die Grundlagenforschung wichtig, geht es doch um Definition von Festpunkten und Bedürfnisbefriedigung.

Wenn ich Mitbewohner in einem Mietshaus beobachte, die sich untereinander jahrelang kennen und ohne Grund nicht grüßen, wenn welche selbst an Sonntagen nicht daran denken, dass unter ihnen ruhebedürftige Mieter wohnen und sie ihre Kinder den ganzen Sonntag laut und munter in der Wohnung herumtrampeln lassen, dass Erwachsene verbotenerweise auf den Bürgersteigen Fahrrad fahren, die Autofahrer in letzter Zeit vermehrt beim Abbiegen nicht mehr blinken, Hundebesitzer ihre Hunde vermehrt das „große Geschäft“ mitten auf dem Bürgersteig verrichten lassen, dann frage ich mich, wie man das zusammenfassend definieren will.

Noch einmal zur Arbeitswelt. Wer unpünktlich ist, den Eindruck von Unsauberkeit erweckt oder unzuverlässig ist, wird Schwierigkeiten bekommen.

Gedanken und Gefühle eines Menschen bestimmen sein Leben. Alles was bei der Erziehung oder auch Nichterziehung des Kindes später zu seelischen Belastungen führen kann, sollte vermieden werden.

Wenn die Rede davon ist, dass die Jugend der sog. 68’er das Heft selbst in die Hand nahm und wer dabei die Elterngeneration strafend anschaut sollte erwähnen, dass diese Elterngeneration den sagenhaften und beispiellosen Wiederaufbau Deutschlands nach 1945 geleistet hat, von der alle, nicht nur wir Deutschen, heute noch partizipieren.
Trux


Anzeige

clara
clara
Mitglied

Werte
geschrieben von clara
als Antwort auf gaby100 vom 23.02.2012, 16:55:47
Zitat Clara:

Erstaunlich, wie sich manche Dinge lange Zeit erhalten, wenn sie sich für bestimmte Zwecke als nützlich erweisen!


Ich greife deinen Gedanken mal auf. Wandeln sich vielleicht die Werte dann, wenn ihre Nützlickeit sich ändert? Dienen Werte letztendlich nur dem reibungslosen Zusammenleben einer Gesellschaft?

Davon bin ich überzeugt, Gaby, wobei ich "nur" weglassen würde! Deine Beispiele beweisen die Richtigkeit. Mit Ausnahme der Religion, die ich nicht zu den Tugenden zähle, allenfalls zu einer von den Mächtigen ernannten, zum Machterhalt dienenden. Aber man kann auch die durchaus ordnende Kraft der Religion sehen, die ja durch Gebote = Gesetze einwirkt und Werte wie Mitmenschlichkeit oder gar Nächstenliebe (der barmherzige Samariter) vermittelt.

Werte von außen aufgezwungen geht nicht. Wo die Einsicht in den Nutzen von Werten für die Gesellschaft fehlt, läuft Einiges aus dem Ruder. Dies ist ja leider bei den Rohheiten einiger Jugendlicher und sogar schon Kindern zu sehen, z. B. bei den U-Bahn-Morden u. ähnlichen Delikten. Ich weise aber nochmal auf meinen weiter oben angegebenen Link hin, der belegt, dass die meisten jungen Menschen wertebewusst sind und auch so handeln.

Welche Werte werden aufgegeben, welche kommen wohl neu hinzu?

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, hinzu kommt noch der Anspruch unterschiedlicher Kulturen in West-und Mitteleuropa mit ihren traditionellen Wertvorstellungen, die "unseren" manchmal widersprechen.
Nur eines steht für mich fest: Ohne Werte ist ein Zusammenleben nicht möglich, im Kleinen wie im Großen!

Clara
Marija
Marija
Mitglied

Re: Werte
geschrieben von Marija
Entwicklung

Stufenmodell_der_psychosozialen_Entwicklung


des Menschen . Basis jeglicher Werteentwicklung.

Unter anderem sind Politik, Familie, Physiologie maßgebend.

Marija
weserstern
weserstern
Mitglied

Re: Werte
geschrieben von weserstern
als Antwort auf Marija vom 24.02.2012, 12:36:13
Auf der Seite der - Bundeszentrale für politische Bildung -

findet man ettliche Artikel, Satistiken und Berichte

über die Werte..... den Wertewandel in der BRD... und auch im Ausland

Wertewandel



Brauchen wir eine Rückkehr zu traditionellen Werten

weserstern
Marija
Marija
Mitglied

Re: Werte
geschrieben von Marija
als Antwort auf weserstern vom 24.02.2012, 13:01:24


Der Wertebegriff wird ja oft von der Theologisch/Philosophischen Fakultät durchdiskutiert und veröffentlicht.

Speziell in Deutschland hat sich aber seit 20 Jahren die Werteveränderung mehr auf der politisch/soziologischen Ebene abgespielt - z.B. Wiedervereinigung.
Weltweit kommt hinzu - Worldwideweb u. Finanzglobalisierung

.....z.B. bringt ..die sozialistische "Oberhoheit über die Kinderbetten und Kinderstühlchen" andere Ergebnisse als der Verlust der "christlichen Traditionswerte" .

Man muss fein differenzieren.
Grundsätzlich sind Werte immer im Wandel.

Z.B. Arbeitsmoral wird im Hinblick auf Leiharbeit hinterfragbar.

Marija

Anzeige