Soziales Wenn Kinder ihre Interessengebiete entdecken - eine erbauliche, wahre Geschichte

Früher habe ich manchmal über meine Enkelkinder erzählt – hauptsächlich über Mathias, unser Adoptivkind, der als Kleinkind schwer misshandelt wurde von den leiblichen Eltern – und mit 2 Jahren, dann bei meiner jüngeren Tochter und ihren Mann, ein neues Zuhause bzw. eine wahre Familie fand.

Sehr wichtig sind für ihm auch seine drei Cousinen, die mit viel Liebe und zum Teil mit Zank - Mathias bewiesen, dass er tatsächlich eine Familie hat.

Als er bei seinen Eltern einzog, konnte Mathias noch nicht sprechen – er hatte in seiner Einsamkeit der ersten Lebensphase, die er ans Bett angebunden im halbdunkeln verbracht hatte, eine eigene Sprache erfunden – außerdem eine bemerkenswerte Geschicktlichkeit entwickelt, denn als Spielzeug hatte er nur seine eigenen 10 Finger.

Mathias ist mittlerweile 7 1/2 Jahre alt, geht in die erste Klasse – ist kein guter Schüler, denn es hapert sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben, trotz der Bemühungen seiner Mutter.
Mathias hat aber seine speziellen Gebiete in denen er erstaunlich viel weiß, und dies Dank der Hörkassetten, die er sich selber bzw. wiederholt auflegt, aber auch Dank der Erzählungen seiner Eltern.

Ich gestehe, dass ich vor ca. 2 Jahren etwas überfordert war, wenn er mir über die Reisen von Alexander von Humboldt erzählte, bemühte mich aber längst Vergessenes zu aktualisieren.
Dann kam die Phase der Pharaonen bzw. der Pyramiden usw. - usw.

In der vorigen Woche begleitete Mathias seine Mutter zu ihrem Hausarzt – und während diese mit dem Arzt sprach, guckte er sich die Bilder an den Wänden an.

Als das Gespräch meiner Tochter zu Ende war, fragte Mathias den Arzt:
"Wer ist denn diese Frau?“ – und zeigte dabei auf eines der Bilder, welches er schon seit längere Zeit betrachtete.

Der Arzt, auch schon Opa – und sehr kinderlieb, setzte an und gab wirklich sein Bestes:
in früheren Zeiten, hatten Menschen mehrere Götter, die für unterschiedliche Bereiche verantwortlich waren … und dieses Bild zeige die Göttin die für das Glück der Menschen zuständig war...

Ach soooo – unterbrach ihn Mathias – du meinst Fortuna...

Als ich gestern mit meiner Familie telefonierte, hörte ich Mathias im Hintergrund, der wieder einmal sehr beschäftigt schien.
Ich fragte meine Tochter was er denn da macht - und sie antwortete mir, dass er jetzt alles vorbereitet, um DJ zu werden...

Miriam - auch mal als Oma

Miriam

die richtigen Worte finde ich vielleicht nicht,
aber,ich möchte dir sagen,dass mich deine Erzählung von deinem Enkelkind sehr berührt hat!

Glück für den Buben,so ein gutes Zuhause bekommen hat!

Gudrun

Erbaulich Miriam?

Und warum muss ich jetzt weinen?

Pippa

Liebe Gudrun, liebe Pippa,

ich gestehe Euch, dass ich lange gezögert habe, bevor ich mich entschloss, diese Geschichte hier zu erzählen...

In der ersten Zeit, die so genannte Annäherungsphase, als Mathias immer wieder nur für einige Stunden bei meiner Tochter und meinem Schwiegersohn verbrachte - aber auch noch etwas später, als er schon definitiv da war, verbrachte ich auch einen Teil der Nächte mit weinen.
Und plötzlich hörte ich mehrere wahre Geschichten, über misshandelte Kinder, Realität die uns meist verborgen bleibt, bis wir sie hautnah erfahren.

Danke Euch für Eure Antworten - bzw. für die Art, wie Ihr auf diese zwar schöne aber auch schwierige Geschichte reagiert habt.

Liebe Grüße

Miriam

Liebe miriam, wie gut dass du dich dazu entschlossen hast die Geschichte doch zu erzählen. Ich liebe Geschichten mit gutem Ende.

Hallo miriam,was für ein glück für den jungen das er ein so liebes zu hause gefunden hat,schrecklich was dem kind bei diesen rabeneltern noch alles passiert wäre.

marieelena

hallo miriam,
habe erst heute deine geschichte entdeckt und ich habe dieselbe empfindung, wie damls, als ich zum erstenmal davon gelesen habe.

eine ungeheuere wut, zu was menschen fähig sind
und dann noch einem hilflosen wesen gegenüber. ich glaube, dass dieses öffter geschied als man sich eingestehen will.
meine güte, in der heutigen zeit hat man alle möglichkeiten, kein ungewolltes kind zu bekommen! und wenn ich was von überforderung höre, dann frag ich mich, wie meine grossmutter mit 14 kindern klargekommen ist.

aber auch dankbarkeit, dass es menschen wie deine tochter gibt, die versuchen geschehenes unheil gut zu machen.
mathias in die familie aufzunehmen, ihm geborgenheit und liebe zu geben ist (glaube ich) nicht so einfach.
mit eltern, geschwistern und einer grossmutter die ihn lieben, wird er es sicher schaffen.
so klug wie er ist, wird das mit dem schreiben und lesen schon klappen.
meine hochachtung für die ganze familie!!

was mich interessieren würde, ist mathias in psychologischer behandlung?

lg

Liebe sissismam,

nach einem erholsamen Schlaf zur falschen Stunde, ist es ja schön hier ein wenig zu plaudern. Und über Mathias, bzw. über das Problem der Kinder die aus fürchterlichen familiären Verhältnisse gerettet werden konnten, müsste man sich viel öfter unterhalten, um die Aufmerksamkeit der Gesellschaft, darauf zu lenken.

Natürlich ist Mathias in psychologischer Betreuung - leider nur einmal in der Woche - doch auch seine Eltern, also meine Tochter und mein Schwiegersohn, müssen von Zeit zu Zeit einen Termin bei der Psychotherapeutin wahrnehmen.

Es gibt noch unzählige Kinder, für die es gut wäre - bzw. manchmal auch lebensrettend, wenn man sie aus der Ursprungsfamilie, in eine kinderliebe familiäre Umgebung rechtzeitig integrieren würde.

Was Mathias betrifft: diejenige die eine gewisse Strenge in ihrem Umgang mit ihm hat ... bin eigentlich ich!

Dass sein Bedürfnis nach Nähe und Zärtlichkeit sehr groß ist, kann ich nach wie vor beobachten, hauptsächlich wenn wir uns von Zeit zu Zeit wieder mal alle treffen - dann wandert der liebe (großgewachsene) Junge aus den Armen des einem, zum nächsten.

Liebe Grüße - jetzt wird es Zeit für mich zu Bett zu gehen, um meinen Schlaf fortzusetzen.

Miriam