Forum Soziales und Lebenshilfe Soziales Rentner als Nachfolger für Zivis?

Soziales Rentner als Nachfolger für Zivis?

eko
eko
Mitglied

Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von eko
als Antwort auf olga64 vom 23.12.2010, 15:57:06
"Ich lebte in Karlsruhe (7 Jahre), wo es mir aufgrund der Nähe zu Frankreich besser gefiel - allerdings die Stadt Karlsruhe empfinde ich noch heute sehr, sehr unpersönlich, was sicher mit den Ansprüchen an eine Stadt zusammenhäng, die eine Münchnerin automatisch hat."


Soso!!

Ich lebe seit über 50 Jahren in Karlsruhe (als gebürtiger Schwabe!!) und kann somit schon beurteilen, was hier abgeht.

Spruch meiner (verstorbenen) Mutter: "Man kann von einem Ochsen nicht mehr verlangen als ein Stück Rindfleisch".

Und wer hierher kommt und erwartet, dass man ihm ein Stück München bietet, ist schlicht und ergreifend nicht zu Anpassungen fähig, denn generell muss man sich, wenn man in eine andere Region kommt, eben an die dortigen Gepflogenheiten richten. Ich kann ja auch nicht von einem eingefleischten Münchner erwarten, dass der mit mir schwäbisch als meiner erlernten Muttersprache oder badisch als der von mir dazugelernten zweiten Dialektsprache spricht. Da erwartet der Münchner schon auch, (und das zu Recht!)dass ich mich darum bemühe, seinen Dialekt - und sei er noch so schwer verständlich! - zu verstehen.

Und was die angebliche "Nähe Karlsruhes zu Frankreich" anbetrifft, so ist das zwar die Nähe zum Elsaß, aber das Elsaß ist mitnichten Frankreich, auch wenn es politisch zu Frankreich gehört.

Das hätte man aber in 7 Jahren Karlsruhe schon auch rausfinden können.

e k o
olga64
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Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von olga64
als Antwort auf eko vom 23.12.2010, 16:26:29
Toll Eko - jetzt haben Sie es mir aber wieder gegeben, oder? Meine Aufenthalte in diesen Städten waren ausschliesslich beruflich motiviert - freiwillig wäre ich dort nicht hingegangen. Wenn der nächste Karriereschub dann in einer anderen Stadt winkte, zog ich weiter - das nennt man auch Mobilität, die schon vor einigen Jahren sehr gefragt war. Da ich auch oft in Frankreich war (auch dort lebte ich), ist mir sehr gut bekannt, wie der Unterschied zwischen Elsass und Zentralfrankreich oder gar Paris ist. Aber die französische Küche, die ja auch in abgemilderter Form in Baden praktiziert wird, war ein positives Highlight. Olga
hl
hl
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Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von hl
Meli und Eko - eure Beiträge zum Thema kann ich nur unterstreichen.

--------

Einen Aspekt zu dieser wohl kaum durchdachten Idee mehrerer Politiker vermisse ich in diesem Thread. Es gibt detaillierte Vorschriften seitens der Heimaufsicht und des MDK hinsichtlich der Qualifikation von Pflege- und Betreuungskräften in Altenhilfeeinrichtungen. D.h. dass ehrenamtliche Kräfte oder Ersatzzivi-Senioren zwar bestimmte Tätigkeiten ausüben dürfen aber keinesfalls eine qualifizierte Kraft ersetzen. Wie soll also damit der erwartete Kollaps im Pflegebereich verhindert werden?

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loretta
loretta
Mitglied

Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von loretta
als Antwort auf hl vom 25.12.2010, 08:48:18

Hallo hl,
diese Qualifikation hatten doch aber die bisherigen Zivis auch nicht, soviel ich weiß. Sie bekamen bestenfalls ein kurze Einweisung, um dann die leichten Arbeiten wie Vorlesen, Spielen, Spazierenfahren oder gedulgies Füttern durchführen zu können.

Ich denke, dass viele Senioren diese kurze Einweisung ebenso über sich ergehen lassen und die wichtigsten Erkenntnissse aufnehmen können, genau wie unsere bisherigen Zivis auch.

Mehr noch, ich denke auch, dass sie diese Arbeiten mit mehr Freude und Hingabe, aber auch mit Ruhe und Besonnenheit erledigen können.

Ich sehe der ganzen Aktion sehr positiv und zuversichtlich entgegen, die noch dazu den Vorteil hat, dass der eine oder andere Rentner sich ab und zu vielleicht mal wieder eine kleine Reise oder andere Dinge leisten könnte, worauf er aufgrund der knappen Rente bisher lange verzichten musste und außerdem werden auch noch viele Senioren das Gefühl bekommen, wieder ein wenig gebraucht zu werden.

Ich kenne so einige, die sich wirklich noch zu agil fühlen, um den ganzen Tag die Beine hochzulegen.

Fazit: Ich finde diese Pläne sehr positiv. Es hat zwar nichts mit Entlastung des Pflegepersonals zu tun, dafür aber mit viel Extrazuwendung für die pflegebedürftigen alten Menschen - und das ist doch positiv.

loretta
Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf loretta vom 25.12.2010, 09:03:22
Loretta,

geh mit gutem Beispiel im Pflegeheim voran und berichte dann hier über Deine Erfahrungen.

Leute, die vom "grünen Tisch" aus urteilen, gibt es im Bereich des Gesundheitswesens gerade genug.

Eine beim ersten Hinschauen positiv wirkende Überlegung im Gesundheitswesen hat doch bei deren Durchsetzung das Desaster im selbigen nicht verhindert.

Diese Vorstellung, die hier dazu geäußert wird reißt, ohne die Qualität in der Pflege anzuheben, ein weiteres Loch in deren Geldbeutel, ohne die Pflegequalität wirklich anzuheben.

Und ich gebe hier noch einen anderen Aspekt zu bedenken. Je älter wir werden, um so näher kommen wir unserem eigenen Sterben.
Und um so bedrückender wird oftmals genau dieser Kontakt empfunden.

Die meisten pflegenden Angehörigen sind erleichtert, wenn nach jahrelanger Pflege eines Partners oder Elternteiles, was verbunden ist mit einer weitgehenden Aufgabe des eigenen Lebens dieses, wenn vielleicht auch bescheiden, wieder möglich ist.

Wobei ich nach wie vor der Meinung bin, dass die Pflege im häuslichen Bereich gefördert werden sollte. Die Angehörigen, die das auf sich nehmen, leisten eine unglaubliche Arbeit, die den Kassen extrem viel Geld spart. Hier sollte erst einmal ein entsprechender Ausgleich erfolgen. Aber das ist nur meine persönlich Meinung und Anschauung.

Umgang mit alten pflegebedürftigen Menschen ist eben nicht gleichzusetzen mit Vorlesen im Kindergarten, sondern eine völlig andere Hausnummer.

Meli


Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.12.2010, 09:32:30

meli, genau so ist es. mit vorlesen und hier und da mal nett reden
ist es nicht getan. außerdem muss man es dann immer tun, nicht nur
nach eigener lust und laune. die alten menschen sitzen im schlimmsten
fall den ganzen tag und warten und warten.

so wird solch eine aufgabe leicht zur pflicht - und das sollte man
bei diesem thema nicht unterschätzen.

außerdem - nicht jeder kann nach dem besuch im altenheim abschalten.
man nimmt, ob man will oder nicht, einige schicksale mit nach hause.

und auch das ist nicht zu unterschätzen.
wer psychisch nicht total stabil ist, wird das kaum selbst verkraften.

daran sollte jede/r denken, der sich solch eine aufgabe vornimmt.


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loretta
loretta
Mitglied

Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von loretta
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.12.2010, 09:32:30
Loretta,

geh mit gutem Beispiel im Pflegeheim voran und berichte dann hier über Deine Erfahrungen.

Meli
geschrieben von meli



Meli,
nachdem ich 5 Jahre lang mindestens zweimal wöchentlich, nach einem langen Bürotag, oft auch noch sonntags, da ich an diesem Tag einfach ausgeruhter war, bei meiner Mutter im Altenheim war (sie verstarb im letzten Januar), und eben diese "Hilfsarbeiten" wie Vorlesen, alte Fotos ansehen, Lieder singen, füttern oder Spazierenfahren im Rollstuhl, gemacht habe, weiß ich wieviel das wirkliche Pflegepersonal hier geleistet hat.

Meine Mutter war immer gut gepflegt, roch immer frisch und war überall gut eingecremt, war nie wund gelegen, da sie stets umgelagert und dieses stets auch dokumentiert wurde. Wenn es ihr mal nicht gut ging, wurde sofort der betreuende Arzt gerufen und weitere Aktionen mit mir abgesprochen wurden. Ich hatte zum Pflegepersonal in den Jahren ein wirklich gutes Verhältnis aufgebaut, was von gegenseitigen Vertrauen zeugte.

Niemals hätte ich dieses fachkundige Personal ersetzen können, was noch dazu permanent an Seminaren teilnahm. Zum Beispiel der spezielle Umgang mit Demenzkranken, wozu meine Mutter gehörte.

Einmal nur versuchte ich bei einem ihrer Krankenhausaufenthalte ihr die Windel zu wechseln, weil die Schwester nicht gleich kommen konnte. Ich gab nach einiger Zeit, weil ich es nicht bewrkstelligen konnte, obwohl meine Mutter zu der Zeit nur noch 40 kilo wog.

Aufgrund dieser jahrelangen Erfahrung und Beobachtungen weiß ich, was das fachkundige Pflegepersonal leistet. Alle Achtung an alle Pflegenden auch an dich meli

Anerkennende Grüße
loretta
Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf loretta vom 25.12.2010, 10:13:47
Danke Loretta,

für Deine Offenheit und Anerkennung diesem Beruf und den KollegInnen gegenüber.

Ich freue mich für Dich und Deine Mutter, dass Ihr es so gut getroffen hattet.
Es ist leider nicht immer so und sollte doch im menschlichen Zusammenleben eine Selbstverständlichkeit dem alten und kranken Menschen gegenüber sein.

Beste Grüße

Meli
edlihnurb
edlihnurb
Mitglied

Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von edlihnurb
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.12.2010, 09:32:30
Du sprichst mir aus dem Herzen,meine Mutter hat bis zu ihrem Ende bei uns gelebt,da weiß ich was Pflege rund um die Uhr bedeutet.Die letzten 5Jahre wurden nur durch Pflegetätigkeiten bestimmt.
Ein paar Minuten zur Erholung hatte ich immer dann, wenn mein Mann die Mahlzeiten liebevoll zubereitet hat und meine Mutter in dieser Zeit versorgte.
Als das "Ende" näher rückte war auch die Pflege intensiver.die Ernährung war nur noch flüssig und mußte mit einer Spritze eingegeben werden.
Friedlich und zufrieden ist sie eingeschlafen ,2007 und war 90jahre alt.
Dann erst begann die absolute Unruhe in mir,immer wieder sprang ich auf ,wollte nach ihr sehen,abends im Bett hörte ich sie rufen.Dies dauerte einige Wochen bis ich mich beruhigt hatte und meinen Alltag leben konnte.
Ich bin stolz darauf meiner Mutter das gegeben zu haben was sie verdiente und ich ihr schuldig war ,als Tochter.
Hab ja noch 4Brüder,da sah das ganze anders aus!!!! Hochachtung vor allen Pflegekräften!!!
crystal
crystal
Mitglied

Re: Rentner als Nachfolger für Zivis?
geschrieben von crystal
als Antwort auf olga64 vom 18.11.2010, 15:07:45
Ab nächstem Jahr versucht man - bedingt durch die Bundeswehr Reform - den erwarteten Kollaps im Pflegebereich auch Rentnern schmackhaft zu machen. Diees ist sogar mit einem Verdienst verbunden auf Basis des Zivi-Lohnes.
Ich denke, da sich ja viele Menschen gerne sozial engagieren, ist dies eine gute Idee. Sie können diesem persönlichen Wunsch nachkommen, haben Beschäftigung und menschliche Kontakte und ein kleines Zubrot zur oft bemängelten zu geringen Rente. Olga


Frau Olga. Endlich mal eine gute Idee von Ihnen. Aber wahrscheinlich nimmt diese Idee von Ihnen den gleichen Verlauf wie die anderen. Niemand nimmt sie ernst. Schade eigentlich. Aber die wirkliche Nachfolge der Zivis ist ja schon gesichert. Allen - und Ihnen vorneweg, Frau Olga - ein erfolgreiches Jahr 2011!

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