Soziales "Moderne Erziehung" .Welche Erfahrungen/Beobachtungen macht ihr oder habt ihr gemacht ?
Erziehung ist ein Thema, bei dem schon in der Antike die Menschen verschiedener Ansicht waren. Wer kennt nicht die Klage über die junge Generation, die Sokrates in den Mund gelegt wird?
Ich habe in meiner Schulzeit als Lehrerin immer über die Klage der Oberstufenschüler, die neuen Fünftklässler seien viel chaotischer, als sie selbst je gewesen seien, geschmunzelt.
Mir fällt zu diesem Thema auch ein Erlebnis ein, das mich sehr nachdenklich gemacht hatte. Unser damals fünfjähriger Sohn bot einer betagten Nachbarin freundlich mit den Worten "Wollen Sie auch eins" seine Bonbontüte an. Die alte Dame wies ihn empört darauf hin, dass sich das so nicht gehöre. Die korrekte Form der Frage sei "Möchten Sie ...". Zwei Augenpaare blickten mich an, das eine total verwundert, das andere strafend wegen meiner wohl missglückten Erziehung.
Erziehungsmethoden ändern sich von Generation zu Generation und ich erlebe die jungen Menschen mehrheitlich als ausgesprochen positive Zeitgenossen, auch wenn sie anders gekleidet sind oder andere Vokabeln benutzen. Nebenbei bemerkt: Mit einem freundlichen Lächeln begegnet man vielen freundlichen Menschen.
Was die Schulen im Ausland betrifft, so fehlen mir die Vergleichsmöglichkeiten. Wenn ich mir allerdings die Ergebnisse der internationalen PISA-Studie ansehe, schneidet das deutsche Bildungssystem in seinen Ergebnissen deutlich besser ab als das z.B. us-amerikanische (Mathematik: Deutschland Platz 16, USA Platz 39, Naturwissenschaften: Deutschland Platz 15, USA Platz 25, Leseverständnis Deutschland Platz 10, USA Platz 23, Gesamtdurchschnitt Deutschland Platz 13, USA Platz 31.Die niedrigeren Plätze sind übrigens die besseren).
Damit will ich nun nicht sagen, dass bei uns in den Schulen alles optimal verläuft. Sicher gibt es Klassen, die undiszipliniert sind und Lehrer, die mit ihren Aufgaben überfordert sind, aber das sind meiner Erfahrung nach die Ausnahmen. An allen Gymnasien, an denen ich unterrichtet habe, fand und findet "geordneter" Unterricht mit guten Ergebnissen (wenn man dafür das Abitur als Messgröße heranziehen will) statt. Das Engagement und Können der Lehrer, das ich auch an anderen Schularten erleben und beobachten konnte, geht oft weit über das erwartete Maß hinaus. Schwarze Schafe, die es leider auch gibt, finden nur naturgemäß mehr Aufmerksamkeit.
Anders ist die Situation an sog. "Brennpunktschulen". Hier kommen Kinder an, die entweder nicht erzogen wurden oder üble Erfahrungen mit der Erziehung durch ihre Eltern machen mussten. Erst langsam wurde es den Schulämtern klar, dass hier besonders viel investiert werden muss, um diesen Kindern zu helfen. Der gegenwärtige Mangel an Erziehern, Sozialpädagogen und Lehrern ist ein großes Problem.
Übrigens bin ich der Ansicht, dass man nicht Eltern sein muss, um über Erziehung kompetent mitreden zu dürfen. Wenn wir nur über das sprechen dürften, was wir persönlich in einer bestimmten Rolle als Erfahrung gesammelt haben, würden viele Diskussionen verstummen.
Margit
Bin 2003 in den Osten gezogen. Eine ehemalige Lehrerin berichtete mir, dass sie nach der Wende in Braunschweig in einer Schule hospitieren musste, damit sie das 'westdeutsche' Schulsystem kennenlerne. Sie war entsetzt, wie undiszipliniert die Schüler sich dort verhielten. So etwas kannte sie nicht aus ihrer langjährigen Schulpraxis in der Umgebung von Magdeburg.
Auch ich habe den Eindruck, dass unsere Enkelgeneration an einer zu langen Leine erzogen wurde, d.h. man scheut sich, Klartext mit den Kindern zu reden - ihre Seele könnte ja Schaden nehmen! So kommt es, dass ein Enkel. der inzwischen in einer WG lebt, gelernt hat, dass man beim Tischdecken oder Abräumen hilft, während der Jüngere, der noch zuhause wohnt, bequem sitzen bleibt. Mir gefiel dann aber, dass der Ältere dessen Teller nicht abräumte!!! Möchte nur noch erwähnen, dass beide Enkel studienren, allerdings lassen sie sich Zeit - ihnen fiel das Lernen leicht, wozu anstrengen....ich würde mich nur unbeliebt machen, wenn ich dies kritisieren würde....
LG barbarakary
Ich weiss nicht ,ob die ERziehung, die vermutlich viele von uns als SChulkinder noch "geniessen" durften, wo sogar noch die Prügelstrafe von LEhrerInnen praktiziert wurde, die in der Nazizeit auf diesem "pädagogisch wertvollen Instrument" trainiert wurden.
Nach meiner Erinnerung haben wir trotzdem Vieles gemacht, was verboten war, uns aber einfach nicht erwischen lassen. Da war unsere Fantasie gefragt - heute geht das offener bei nicht mehr verprügelten Jugendlichen, die insgesamt liberaler aufwachsen und erzogen werden. Das sollten wir keinesfalls eintauschen wollen,denn wir wissen ja: Kinder,die verprügelt werden, prügeln später selbst.
Macho-Allüren gab es auch in meinen WG`s, wo ich als junge Studentin mit Frauen und Männern lebten. Aber auch wir praktizierten das so, wenn die Kerle zu faul waren, den Putzdienst zu erledigen usw, wurden sie ultimativ aufgefordert. Noch heute erzählen einige, dass sie das dann auch später in ihren Ehen befolgten. Es gibt schon eine Sprache,die Männer verstehen und die sie auch befolgen:kurz, knapp, sachlich und zielführend. Olga
...Ja, auch nach meiner Erfahrung ist Kompetenz bei Diskussionen über Erziehung
Übrigens bin ich der Ansicht, dass man nicht Eltern sein muss, um über Erziehung kompetent mitreden zu dürfen. Wenn wir nur über das sprechen dürften, was wir persönlich in einer bestimmten Rolle als Erfahrung gesammelt haben, würden viele Diskussionen verstummen.
Margit
wichtig, sonst wird es absurd.
Erziehungsansichten weltfremder "Miterzieher" durfte ich, als meine Kinder
klein waren, immer wieder einmal genießen.
Allegra
Liebe @Allegra,
Kompetenz ist immer gut, wenn man sich zu einer Sache äußert, ganz besonders wenn es um die Erziehung junger Menschen geht.
Allerdings hängt Kompetenz nicht zwangsläufig damit zusammen, eigene Kinder zu haben oder in der Erziehungsbranche zu arbeiten.
Die schlimmsten Dilettanten habe ich übrigens unter Eltern kennengelernt oder unter miserablen ErzieherInnen. Ganz fatal wirkt sich das im Kinderkrippen oder im Kindergartenbereich aus.
Unqualifizierte Bemerkungen anderer wohlmeinender "Möchte-gern-MiterzieherInnen" habe ich überhört oder entsprechend gekontert. Manchmal waren aber auch gute Anregungen dabei - und wenn es nur die waren, wie ich es nicht machen wollte.
Margit
Ich erlebe seit nunmehr ca 2 Jahren hautnah mit, wie ein kleiner Mensch erzogen wird. Meine Nachbarin, eine Gymnasiallehrerin und deren Freund und der kleine Sohn, den ich erstmals sah als er drei Tage alt war.
Ich durfte mitlerleben, wie er erstmals lächelte, sich aufsetzte, krabbelte und in die Kinderkrippe kam, damit Mama wieder arbeiten konnte.
Jetzt ist er mit etwas mehr als 2 Jahren sicher auf seinen Beinchen, erkundet die Welt und berichtet darüber in einer Sprache, die für mich immer noch eine Geheimsprache ist.
Mit seinen Kumpeln und Kumpelinen in der Kinderkrippe baut er Kontakte für sein weiteres Leben auf; seine besondere Leidenschaft gilt Autos und insbesondere Feuerwehren. Als wir kürzlich ein Fest der Feuerwehr am Ort hatten, war das wohl der schönste Tag in seinem jungen Leben. Seitdem spricht er von nichts anderem mehr und hat sich angewöhnt, seine Worte mit dem Zeigefinger zu verstärken.
Ich finde das alles so hochinteressant und unterhalte mich oft mit seiner Mama, die das anscheinend recht stressfrei und mit grosser Freude erledigt und erlaube mir auch die Meinung, dass man solchen Kindern das auch ansieht.
Er ist ein selbstbewusster, kleiner Mann, der auch für seine Rechte "kämpft", hat jetzt schon einen starken Willen und viel Interesse an seinem Umfeld.
Aber auch die besten Chancen, mal ein gutes und befriedigendes Leben führen zu können, wenn das Schicksal es nicht allzu streng mit ihm meint.
An all dem bin ich nicht nur interessiert, weil ich selbstgewählt nie Kinder hatte; sondern es interessier mich, wie es die heutigen Frauen machen, die sich für diese Aufgabe enschieden haben. Olga
Jeder der selber Kinder groß gezogen hat weiß um die Mühen und Sorgen. Beim stöbern im Netz bin ich auf dieses Bild gestoßen. Es hat mich persönlich so angerührt das ich es Euch allen hier auch mitteilen möchte.
Man könnte es auch benennen: Alle Mühe lohnt sich doch.