Soziales Gibt es ein Recht auf Behinderung?
Re: Gibt es ein Recht auf Behinderung?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Das wird ja immer finsterer.
Haben wir das Recht, ein Embryo "wegzuwerfen"? Wegen Taubheit? Das wäre mir neu.
--
silhouette
Doch, Silhouette, bei der künstlichen Befruchtung werden im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik (PID) die Embryonen vor der Implantation genetisch getestet, und nur genetisch gesunde Embryonen werden in die Gebärmutter überführt. Embryonen mit einem Gendefekt werden tatsächlich vernichtet!
(Nicht umsonst ist die PID nicht unumstritten!)
--
ursula
Die gegenwärtige Praxis bei künstlicher Befruchtung in der Bundesrepublik ist folgende: Von mehreren Embryonen werden zufällig einige für die Implantation ausgewählt, die anderen werden eingefroren. Selbst bei genetischer Belastung einer Familie darf nicht gezielt ein gesunder Embryo ausgewählt werden, sondern es muss russisches Roulette gespielt werden (Gottesurteil). Allerdings ist bei genetischer Belastung dann später (oft noch nach 8 Monaten) eine Abtreibung aus medizinischer Indikation heraus erlaubt. Das ist pervers und ähnlich wie die neue Stammzellregelung (Zelllinien aus dem Ausland bis zu einem definierten Stichtag dürfen, Zelllinien aus Deutschland dürfen nicht verwendet werden) Ausdruck einer verkorksten vorherrschenden Ideologie.
--
karl
--
karl
Re: Gibt es ein Recht auf Behinderung?
Danke, Ursula und Karl. So genau war mir das nicht bekannt. Damit wäre meine Liste bei den willkürlichen, nicht nachvollziehbaren Grenzziehungen für "ethisch" oder "Würde des Menschen" in der Diskussion um die Stammzellen noch um einen Punkt zu ergänzen.
--
silhouette
--
silhouette
Re: Gibt es ein Recht auf Behinderung?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ich äußere mich doch nochmal dazu, nachdem ich meinen ersten Schock überwunden habe.
Mir fällt zu diesem inhumanen Vorhaben Wolfgangs Begriff von den "furchtbaren Fortschrittlern" ein, hier finde ich ihn tatsächlich angemessen. Wenn ich so etwas lese oder höre, denke ich an Goethes Zauberlehrling "Die Geister, die ich rief..." und bedauere fast, dass die Menschen so weit in der Forschung angekommen sind und dass solche Selektionen möglich sind.
Und Huxley fällt mir ein: "Schöne neue Welt". Die Züchtung von Menschen, die man beliebig für höhere oder niedere Aufgaben einsetzen kann, je nach Bedarf, scheint nicht mehr weit zu sein. Die höheren sind die "Alphas" und "Betas". Zu den niederen Klassen gehören die "Gammas“, „Deltas“ und „Epsilons“.
Praktischerweise könnte man also behinderte Kinder bewusst zeugen lassen, um den Bedarf an niederen Klassen zu befriedigen, so wie man die Alphas für den Bedarf an Intellektuellen züchten könnte.
Was für eine "schöne neue Welt!"
Manchmal wünschte ich mir, das Rad könnte zurückgedreht werden.
--
marina
Mir fällt zu diesem inhumanen Vorhaben Wolfgangs Begriff von den "furchtbaren Fortschrittlern" ein, hier finde ich ihn tatsächlich angemessen. Wenn ich so etwas lese oder höre, denke ich an Goethes Zauberlehrling "Die Geister, die ich rief..." und bedauere fast, dass die Menschen so weit in der Forschung angekommen sind und dass solche Selektionen möglich sind.
Und Huxley fällt mir ein: "Schöne neue Welt". Die Züchtung von Menschen, die man beliebig für höhere oder niedere Aufgaben einsetzen kann, je nach Bedarf, scheint nicht mehr weit zu sein. Die höheren sind die "Alphas" und "Betas". Zu den niederen Klassen gehören die "Gammas“, „Deltas“ und „Epsilons“.
Praktischerweise könnte man also behinderte Kinder bewusst zeugen lassen, um den Bedarf an niederen Klassen zu befriedigen, so wie man die Alphas für den Bedarf an Intellektuellen züchten könnte.
Was für eine "schöne neue Welt!"
Manchmal wünschte ich mir, das Rad könnte zurückgedreht werden.
--
marina
Re: Gibt es ein Recht auf Behinderung?
Ich halte das für keine Utopie, Marina. An anderer Stelle schrieb ich bereits zu diesem Thema, dass die Menschen sich erst einmal nicht davon abhalten lassen, das zu verwirklichen, was sie gelernt oder entdeckt haben. Mit etwas Glück werden sie es danach in ethischen Regeln einfassen. Beispiel Kernspaltung-Atombombe.
Schon die ersten 2 Zeilen deines links zu Huxley lassen mich wieder an die Welt von Fahrenheit 491 (Film von Truffaut mit Oscar Werner u. Julie Christie) denken.
Inhalt aus Bilbioforum:
Roman von Ray Bradbury, erschienen 1953. � Zu den Autoren, denen es gelungen ist, die Klischees des technischen Zukunftsromans zu durchbrechen und zu beweisen, daß die literarische Gattung der science fiction interessante Entwicklungsmöglichkeiten hat, gehört Ray Bradbury. Er hat mit Fahrenheit 451 einen Weg fortgesetzt, auf dem Schriftsteller wie H. G. Wells, Aldous Huxley und George Orwell Marksteine gesetzt haben. Schon in seinen Kurzgeschichtenbänden The Martian Chronicles (1950) und The Illustrated Man (1951) war deutlich geworden, daß es ihm weniger um die Darstellung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts geht als um die Verlorenheit des Individuums in einer technisch perfektionierten Welt.
Die Temperatur Fahrenheit 451 entspricht 232 Grad Celsius, dem Hitzegrad, »bei dem Bücherpapier Feuer fängt und verbrennt«. In dem Staatswesen, das der Autor in eine recht nahe Zukunft projiziert, ist die Feuerwehr nicht mehr mit Wasserspritzen, sondern mit Strahlrohren ausgerüstet, die genau diesen Hitzegrad erzeugen. Sie löscht also nicht mehr Brände � sie legt Feuer. Was sie bekämpft und vernichtet, sind die letzten Zeugen individualistischen Denkens und menschlicher Besinnung in einer Welt der Automaten: die Bücher. Solange es in irgendeinem Winkel dieses Staates noch ein Buch gibt, solange noch irgendwo ein Mensch lebt, der sich in die Ideen der großen Denker versenkt, ist die absolute Konformität gefährdet. Der Feuerwehrmann Montag hat seit zwanzig Jahren mitgeholfen, elektronisch aufgespürte Bücherbesitzer zusammen mit ihren versteckten Schätzen und ihren Häusern zu vernichten. Seit aber die Begegnung mit einem noch zu selbständigem Denken erzogenen � inzwischen vom Staat beseitigten � Menschen ihn veranlaßt hat, nach dem »Warum« seiner Tätigkeit zu fragen, ist auch Montag dem System gefährlich geworden. Er entfernt sich in Gedanken immer weiter von der passiven Masse, die von Fernsehwänden und im Ohr getragenen Radiomuscheln pausenlos mit Banalitäten berieselt wird. Ein mechanischer Hund, Symbol der vom Menschen entfesselten und ihm dann entwachsenen Kräfte, soll den Abtrünnigen zur Strecke bringen. Aber � und hier erfährt dieses düstere Zukunftsbild seine einzige, allerdings entscheidende Aufhellung � Montag gelingt es, sich zu einer einsamen Gruppe von Menschen zu retten, die die Schriften der Vergangenheit Wort für Wort im Gedächtnis bewahren, um sie mündlich weitergeben zu können. In einem nur wenige Augenblicke dauernden Atomkrieg sehen Montag und die »Büchermenschen« aus der Ferne, wie die Riesenstadt, der sie entflohen sind, zerfällt.
--
silhouette
Schon die ersten 2 Zeilen deines links zu Huxley lassen mich wieder an die Welt von Fahrenheit 491 (Film von Truffaut mit Oscar Werner u. Julie Christie) denken.
Inhalt aus Bilbioforum:
Roman von Ray Bradbury, erschienen 1953. � Zu den Autoren, denen es gelungen ist, die Klischees des technischen Zukunftsromans zu durchbrechen und zu beweisen, daß die literarische Gattung der science fiction interessante Entwicklungsmöglichkeiten hat, gehört Ray Bradbury. Er hat mit Fahrenheit 451 einen Weg fortgesetzt, auf dem Schriftsteller wie H. G. Wells, Aldous Huxley und George Orwell Marksteine gesetzt haben. Schon in seinen Kurzgeschichtenbänden The Martian Chronicles (1950) und The Illustrated Man (1951) war deutlich geworden, daß es ihm weniger um die Darstellung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts geht als um die Verlorenheit des Individuums in einer technisch perfektionierten Welt.
Die Temperatur Fahrenheit 451 entspricht 232 Grad Celsius, dem Hitzegrad, »bei dem Bücherpapier Feuer fängt und verbrennt«. In dem Staatswesen, das der Autor in eine recht nahe Zukunft projiziert, ist die Feuerwehr nicht mehr mit Wasserspritzen, sondern mit Strahlrohren ausgerüstet, die genau diesen Hitzegrad erzeugen. Sie löscht also nicht mehr Brände � sie legt Feuer. Was sie bekämpft und vernichtet, sind die letzten Zeugen individualistischen Denkens und menschlicher Besinnung in einer Welt der Automaten: die Bücher. Solange es in irgendeinem Winkel dieses Staates noch ein Buch gibt, solange noch irgendwo ein Mensch lebt, der sich in die Ideen der großen Denker versenkt, ist die absolute Konformität gefährdet. Der Feuerwehrmann Montag hat seit zwanzig Jahren mitgeholfen, elektronisch aufgespürte Bücherbesitzer zusammen mit ihren versteckten Schätzen und ihren Häusern zu vernichten. Seit aber die Begegnung mit einem noch zu selbständigem Denken erzogenen � inzwischen vom Staat beseitigten � Menschen ihn veranlaßt hat, nach dem »Warum« seiner Tätigkeit zu fragen, ist auch Montag dem System gefährlich geworden. Er entfernt sich in Gedanken immer weiter von der passiven Masse, die von Fernsehwänden und im Ohr getragenen Radiomuscheln pausenlos mit Banalitäten berieselt wird. Ein mechanischer Hund, Symbol der vom Menschen entfesselten und ihm dann entwachsenen Kräfte, soll den Abtrünnigen zur Strecke bringen. Aber � und hier erfährt dieses düstere Zukunftsbild seine einzige, allerdings entscheidende Aufhellung � Montag gelingt es, sich zu einer einsamen Gruppe von Menschen zu retten, die die Schriften der Vergangenheit Wort für Wort im Gedächtnis bewahren, um sie mündlich weitergeben zu können. In einem nur wenige Augenblicke dauernden Atomkrieg sehen Montag und die »Büchermenschen« aus der Ferne, wie die Riesenstadt, der sie entflohen sind, zerfällt.
--
silhouette
Ursula
Frau Garfield wünscht sich aber ausdrücklich einen Gehörlosen Samenspender!
Bedeutet denn das für Dich eine ganz normale Schwangerschaft,
auch Du hast sicher das Wissen, das eine Frau ab ca. dem 35.Lebensjahr
sehr viele Untersuche über sich ergehen lassen muss!
Ob und wie dies dem Embrio schaden kann ist heutzutage jeder aufgeklärten Frau bewusst!
Wir Menschen haben nun mal ein biologisches Alter, sowohl Frau wie Mann!
Alles im Leben zu seiner (biologischen) Zeit, dies kannst auch Du nicht
übersehen!
Grüsse
--
sonja47
Frau Garfield wünscht sich aber ausdrücklich einen Gehörlosen Samenspender!
Bedeutet denn das für Dich eine ganz normale Schwangerschaft,
auch Du hast sicher das Wissen, das eine Frau ab ca. dem 35.Lebensjahr
sehr viele Untersuche über sich ergehen lassen muss!
Ob und wie dies dem Embrio schaden kann ist heutzutage jeder aufgeklärten Frau bewusst!
Wir Menschen haben nun mal ein biologisches Alter, sowohl Frau wie Mann!
Alles im Leben zu seiner (biologischen) Zeit, dies kannst auch Du nicht
übersehen!
Grüsse
--
sonja47
Und Huxley fällt mir ein: "Schöne neue Welt". Die Züchtung von Menschen, die man beliebig für höhere oder niedere Aufgaben einsetzen kann, je nach Bedarf, scheint nicht mehr weit zu sein. Die höheren sind die "Alphas" und "Betas". Zu den niederen Klassen gehören die "Gammas“, „Deltas“ und „Epsilons“.
Diese Selektion ist doch in allen Gesellschaften
dem freien Spiel der Kräfte entsprechend vorhanden.
Kann es nicht auch humaner sein,
nicht geboren zu werden,
als ein Leben ohne die vollwertige Teilhabe
an den Möglichkeiten der Welt aufgebürdet zu bekommen?
--
pea
Den Wunsch mag ich ja noch nachvollziehen können. Aber die Aktion die sie starten wollen, nämlich Gott spielen, das ist die andere Seite..... da kann und will ich dann nicht mehr folgen.
Jede Mutter wünscht doch seinem Kind alles im Leben ausschöpfen zu können, wozu natürlich die bestmögliche Gesundheit von Nöten ist.
Also haben wir hier eine Mutter die anders denkt und wohl auch handelt.
Mit Taubheit lässt sich wahrscheinlich leben,aber wo zieht man die Grenze???? Was passiert wenn Eltern mit Conterganschädigung ebensolche Kinder wünschen,um zum Beispiel der Welt einen Spiegel vor die Nase zu setzen?
Ich bin der Meinung dass es hier ganz klare Richtlinien braucht und zwar weltweit übergreifend. Das Leben muss in jedem Land den gleichen Stellenwert haben.
Es ist bewundernswert wie behinderte Menschen mit ihren Handicaps umgehen. Sicherlich würde aber jeder lieber ohne diese Einschränkung leben.
Das heisst für mich, dass behinderte Menschen die volle Unterstützung unserer Gesellschaft brauchen, im Gegenzug aber ein gesundes Leben das Ziel sein sollte.
Deswegen finde ich es nicht verwerflich, wenn für eine künstliche Befruchtung nur gesunde Zellen verwendet werden.
darklady
Zum Beitrag von dakklady
Dir ist es aber wohl bewusst, das das Schlafmittel Contergan
schon lange aus dem Handel gezogen wurde!
Gottseidank!
--
sonja47
Dir ist es aber wohl bewusst, das das Schlafmittel Contergan
schon lange aus dem Handel gezogen wurde!
Gottseidank!
--
sonja47
Re: Ist es wirklich Egoismus?
nun sonja
wenn auch aus dem Handel gezogen unter dem namen Contergan so wird aber doch der wirkstoff Thalidomid in Südamerika nach wie vor bei Lepra verwandt und im u.a. link ist zu lesen:
--
pilli
wenn auch aus dem Handel gezogen unter dem namen Contergan so wird aber doch der wirkstoff Thalidomid in Südamerika nach wie vor bei Lepra verwandt und im u.a. link ist zu lesen:
Durch mißverständliche Kennzeichnung auf der Verpackung gibt es dort heute wieder Thalidomidgeschädigte. Die letzten so geschädigten Babys sind dieses Jahr geboren.
--
pilli