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Soziales Gewalterfahrungen in der Kindheit

schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 11.02.2015, 14:54:55
Auch uns Kindern wurde noch und noch an den Kopf geworfen, wir seien nichts und könnten nichts und würden auch nie etwas werden. Und dies hauptsächlich von Lehrern, die schnell den Prügelstock zur Hand nahmen.

Ich aber habe mir immer gesagt: "Ich bin nicht nichts, sondern will etwas werden!" Dieser Wille, etwas zu erreichen, hat mir geholfen, mich gestärkt und war der Grund, dass ich trotz solchen Unkenrufen etwas geworden bin. Und da meine Gene offensichtlich human geartet sind, habe ich auch nie einen Hass auf irgend jemanden aufkommen lassen, sondern habe immer versucht, das Falsche an meinen Erziehern nach deren Gründen zu hinterfragen.

Darum bin ich auch immer skeptisch, wenn da einer sagt: "Ich bin so geworden, weil ich dies oder jenes erlebt habe und so erzogen wurde". Denn für jeden Erwachsenen kommt irgend einmal der Tag, an dem er sich sagen muss: "So, fertig jetzt mit anderen dich Schuld in die Schuhe schieben. Von heute an bin ich selber verantwortlich für das, was ich tue und lasse!"
Edita
Edita
Mitglied

Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von Edita
als Antwort auf schorsch vom 11.02.2015, 17:03:35
Denn für jeden Erwachsenen kommt irgend einmal der Tag, an dem er sich sagen muss: "So, fertig jetzt mit anderen dich Schuld in die Schuhe schieben. Von heute an bin ich selber verantwortlich für das, was ich tue und lasse!"


Schorsch , da kommt es vielleicht auf die vorhandene, oder nicht vorhandene Resilienz der Person an, und wenn sie vorhanden ist, wie stark ausgeprägt ist sie, ich stelle mir das ähnlich vor wie bei der Selbstheilungskraft des menschlichen Körpers, die ist auch von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt!

Edita
anjeli
anjeli
Mitglied

Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von anjeli
als Antwort auf Edita vom 11.02.2015, 16:59:13
Edita,
der Vater vom "Alten Fritz" wurde ja als Soldatenkönig bezeichnet...
und deshalb durften ihm nicht die Soldaten ausgehen...
welch ein Glück haben wir doch, nicht in dieser Zeit gelebt zu haben...

Ich hatte eine Kollegin, sie ist im Kinderheim aufgewachsen... sie ist jetzt fast 80 Jahre alt... in diesem Kinderheim waren Prügel auch an der Tagesordnung und am schlimmsten schikaniert und zugeschlagen haben die Nonnen...

Als ich als Demenzbetreuerin ehrenamtlich im Seniorenheim arbeitete, hatten viele Senioren Angst im Dunklem gehabt, und so habe ich dann erforscht, dass sie als Kind stundenlang oder auch die ganze Nacht im Keller eingesperrt wurden...

Wenn man mit Menschen arbeitet, dann muss man wertefrei und vorurteilfrei
den Menschen gegenüber treten... egal ob man auf Mörder... Vergewaltiger...
Kinderschänder trifft... wenn man den Menschen, der stirbt nicht begleiten oder pflegen kann, dann ist man fehl am Platze... ich denke mal das ist einleuchtend...dass man nur den Menschen zu sehen hat und nicht seine Taten...

anjeli

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Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf schorsch vom 11.02.2015, 17:03:35
Hallo schorsch,

es gibt einen wichtigen Punkt bei meinem Text, den Du vielleicht überlesen hast. Ich gebe niemandem die Schuld dafür, was mit mir passiert ist. Ganz im Gegenteil habe ich sogar ausdrücklich geschrieben, daß meine Eltern und Großeltern nur deswegen so gehandelt haben, weil sie es nicht besser wußten. Und ich habe ausdrücklich davon geschrieben, wie ich wohl wäre, wenn ich das Gleiche erlebt hätte wie sie. Ich schiebe also niemandem die Schuld in die Schuhe. Das bitte ich zu beachten.

Wenn sie auch nicht Schuld haben, so haben Eltern und Großeltern trotzdem eine Verantwortung dafür, was sie getan haben, genauso wie auch wir für unser Tun verantwortlich sind. Nur haben sich die Kriegsgenerationen niemals ihrer Verantwortung gestellt, sie wollten einfach nur vergessen. Das ist sicherlich verständlich, vielleicht hätten wir in ihrer Situation ähnlich gehandelt.

Auf jedem Fall kann man nicht so tun, als könne man sich einfach von dem befreien, was man in seiner Kindheit erlebt hat, das ist nur eine große Illusion.

det
beresina
beresina
Mitglied

Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von beresina
als Antwort auf schorsch vom 11.02.2015, 17:03:35
Auch uns Kindern wurde noch und noch an den Kopf geworfen, wir seien nichts und könnten nichts und würden auch nie etwas werden. Und dies hauptsächlich von Lehrern, die schnell den Prügelstock zur Hand nahmen.

Ich aber habe mir immer gesagt: "Ich bin nicht nichts, sondern will etwas werden!" Dieser Wille, etwas zu erreichen, hat mir geholfen, mich gestärkt und war der Grund, dass ich trotz solchen Unkenrufen etwas geworden bin. Und da meine Gene offensichtlich human geartet sind, habe ich auch nie einen Hass auf irgend jemanden aufkommen lassen, sondern habe immer versucht, das Falsche an meinen Erziehern nach deren Gründen zu hinterfragen.

Darum bin ich auch immer skeptisch, wenn da einer sagt: "Ich bin so geworden, weil ich dies oder jenes erlebt habe und so erzogen wurde". Denn für jeden Erwachsenen kommt irgend einmal der Tag, an dem er sich sagen muss: "So, fertig jetzt mit anderen dich Schuld in die Schuhe schieben. Von heute an bin ich selber verantwortlich für das, was ich tue und lasse!"


ich kann dir in allen punkten zustimmen, aber.................
keiner kann aus seiner haut raus, man muss schon emotional stark sein, um keinen hass aufzubauen gegen die, die einem die kindheit zum horror gemacht haben. liebesentzug und lieblosigkeit kann man nicht so einfach wegstecken.
natürlich wurde ich auch stärker und selbstbewusster im laufe der jahre, allein schon durch heirat und kinder. da spielten die schlimmen kinderjahre auch keine rolle mehr. aber - wie gesagt - im alter kommen erinnerungen auf, die man lieber nicht hätte. und so habe ich für mich auch entschieden "so fertig jetzt - kein kontakt mehr". anfangs ist das schwer, aber mit zuehmender distanz wird es besser.

beresina
anjeli
anjeli
Mitglied

Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von anjeli
als Antwort auf beresina vom 11.02.2015, 18:42:40
beresina,

ich kann deine Erlebnisse und Gefühle nachvollziehen...

eine Freundin von mir... sie ist auch lieblos aufgewachsen und durch die Macht der Worte verletzt worden...
einmal hat meine Freundin alle Blumen kaputt gemacht, weil die Mutter mit den Blumen gesprochen hat und mit ihr nicht... sie wurde einfach nicht wahrgenommen von der Mutter...
meine Freundin hat jahrelang darunter gelitten und dann mit einem Psychologen
ihre Kindheit aufgearbeitet...
sie hat ihrer Mutter verziehen und dadurch lebt sie einfach besser... und kann mittlerweile ganz ruhig und sachlich über ihre Erlebnisse sprechen...

anjeli

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pschroed
pschroed
Mitglied

Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von pschroed
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 11.02.2015, 18:41:31


Auf jedem Fall kann man nicht so tun, als könne man sich einfach von dem befreien, was man in seiner Kindheit erlebt hat, das ist nur eine große Illusion.

det
geschrieben von det


Das stimmt Det, aber man kann Lernen mit diesem Umstand zu Leben, am Anfang durch Verdrängung sowie es "nicht" erfahren zu haben.

Kinder welche nie geschmust oder auf den Schoß genommen wurden, vermissen diese Gefühle auch nicht. Das spielte eine große emotionelle Rolle, es bestand nur die Befriedigung der ersten Bedürfnisse.

Umgedreht, wenn diese positive Bindung vorhanden war, dann kann ich mir eine schlimmere Tragik vorstellen.

Phil-
beresina
beresina
Mitglied

Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von beresina
als Antwort auf anjeli vom 11.02.2015, 19:01:01
anjeli,
danke für deine worte, vor allem auch für den link auf der vorigen seite.
tja,man fasst es kaum, was so in einigen familien vorgegangen ist und noch vorgeht. wir sind ja nur eine handvoll leute hier, die bestätigt haben, was schief lief. da gibt es auch keine statistiken, wie oft kinder lieblos und mit prügel erzogen werden - heute noch!

beresina
beresina
beresina
Mitglied

Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von beresina
als Antwort auf pschroed vom 11.02.2015, 19:06:31
"Kinder welche nie geschmust oder auf den Schoß genommen wurden, vermissen diese Gefühle auch nicht. Das spielte eine große emotionelle Rolle, es bestand nur die Befriedigung der ersten Bedürfnisse."

das kann ich so nicht stehenlassen..............
kinder wollen auf den schoß genommen werden und sie wollen geschmust werden. das ist eine sehr wichtige erfahrung - schon nach der geburt.
und auch für mutter/vater.

die "befriedigung der ersten bedürfnisse" - sprich nahrungsaufnahme -
ist zu wenig.
ich erinnere mich an jede geburten meiner kinder. wenn sie "dran waren" mit der fütterung, schaffte ich uns ein sehr intimes umfeld - ob es nun nachts um 2 oder morgens um 6 war. ich genoss diese zweisamkeit sehr.
aber das führt wohl jetzt zu weit vom thema ab.
ich wollte damit nur sagen, dass schon ganz früh die weichen für ein glückliches kinderleben gestellt werden können.

beresina
Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf pschroed vom 11.02.2015, 19:06:31
Ich könnte Euch hier allen widersprechen, aber dazu müßte ich mehr von meinem Leben preis geben als ich gewillt bin. Nur so viel dazu, kein Mensch ist wie der andere und darum agiert und reagiert auch jeder Mensch anders. Zu sagen weil ich geprügelt wurde bin ich zum Prügler geworden ist mir zu einfach.

Ich kann aber erzählen was mich in frühester Kindheit für mein Leben geprägt hat. Schon als Kind war es mir zuwider Dinge zu tun die ich ablehnte. Meine Mutter sagte mir, als ich so ungefähr 8 Jahre alt war, ich müsse Nähen lernen. Als ich sie fragte warum?, antwortete sie mir weil Frauen für ihre Familie die Kleidung nähen. Worauf ich ihr entschieden erwiderte: ich nicht, ich lasse nähen! Mein Vater meinte ich sei ein gescheites Mädchen, meine Mutter hingehen meinte ich sei vorlaut und dumm. Und weil ich immer das letzte Wort hatte sagte ihnen: Ihr werdet schon sehen
Ich wurde konservativ erzogen und wurde schon sehr früh ein Freigeist der die engen Fesseln nicht ertragen konnte.
Gruß, Bruny

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