Soziales Gewalterfahrungen in der Kindheit
je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr muß ich mich wundern, daß ich so geworden bin wie ich bin, mir gegenüber auch fast schon gefühlskalt, aber was meine Kinder betrifft eine Löwin, bei der jedes einzelne Häarchen am Körper eine sensible Antenne darstell!
Habe ich nun Glück gehabt, oder ist das eine logische Folgeerscheinung, oder ist das auch schon " fast krank " ?
What shalls, es ist wie es ist, sonst kann man verrückt werden!
Edita
Liebe Edita.
Meines Erachtens ist es ein Folgeerscheinung von dem Negativen, man identifiziert sich so konkret mit dem Erlebten, daß man seinen Kinder das niemals antun würde.
Es ist eine Bestätigung daß man es verstanden hat bzw. sich von dem ganzen distanziert hat. Man kam mit einem blauen Auge davon
Phil.
Edita kannst du dir vorstellen, dass manche Kinder/Jugendliche lieber eine Prügelstrafe gehabt hätten, als tagelang Stubenarrest... z.B. wenn sie zu spät nach Hause gekommen sind...
anjeli
Anjeli meine Kindheit bestand zum großen Teil aus Stubenarrest, weil
" ein mädchen spielt nicht auf der Straße ", nur wenn mein Vater zu Hause war, durfte ich raus, wahrscheinlich damit meine Eltern mal alleine sein konnten, wir hatten damals ja nur eine 2-Zimmerwohnung, das hieß, daß sie sich das Schlafzimmer mit uns teilen mußten, im Wohnzimmer hatten wir noch keine Möbel!
Jessas nee, wat bei mir jetzt allet widder hochkommt!
Edita
[quote=Edita]
Es ist eine Bestätigung daß man es verstanden hat bzw. sich von dem ganzen distanziert hat. Man kam mit einem blauen Auge davon
Phil.
Phil das wird wohl so sein, und oftmals hilft einem auch das "berechnende" Erinnerungsvermögen unseres Gehirns, das sich nämlich auch lieber an schöne Dinge erinnert, als an häßliche und quälende, nur wenn man mal zu buddeln anfängt, dann kommt der ganze Sch.....wieder hoch, ich seh's ja auch gerade an mir, also buddeln wir alles wieder ein, heute ist Weiberfasnacht und die Sonne scheint, der Himmel ist blau und meine Hornveilchen und die Schneeheide blühen !
Edita
Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Es wird gescheit daher geredet, schuld ist plötzlich der Alkohol, soziale Umstände, die Eltern der Eltern oder sonstwas. Als Ergebnis wird der Täter entlastet, gibt die Schuld locker weiter und die Opfer können die Erklärung auf ihre Wunden schmieren und zusehen, wo sie bleiben.
In der guten therapeutischen Arbeit sieht das anders aus Adam.
Ich will es noch einmal versuchen:
Es geht um die Übernahme der Verantwortung. Der Täter wird dies nur im therapeutischen Bereich schaffen, wenn überhaupt. Aber um den geht es mir jetzt wirklich nicht.
Aber - die Opfer selbst übernehmen aufgrund des deformierten Selbstwertgefühls oft die Verantwortung:
Ja, ich war schuld, ich habe ein Glas umgestoßen....
Ich war zu laut..., zu leise..., nicht artig oder brav..., ich habe erzürnt..., habe die Tischdecke bekleckert..., also alles absolut normale Dinge des täglichen Lebens, die zu furchtbaren Folgen führen können.
So läuft es ab.
Und nun müssen diese "Einsichten" an die richtige Stelle gebracht werden.
Denn all das sind keine Gründe, warum brutale Gewalt gegen Schwächere ausgeübt wird.
Mit der Erklärung bzw. Einsicht, dass der Täter z.B. alkoholisiert war oder ein gestörtes Impulskontrollverhalten hat, wird dem Opfer klar, dass es ein ganz normales Verhalten an den Tag gelegt hat.
Eine solche Einsicht dient nicht dem Wecken von Mitleid für den Täter!!!
Mit dieser Einsicht wird entlastet von den eingeprügelten Selbstvorwürfen, die oftmals tiefer sitzen, als man sich das vorstellen kann.
Das ist das Gefühl - ich war, bin, werde nicht ok sein!
Diese Dinge laufen ja schon in einem Alter ab, wo ein rationales Denken und Einschätzen der Situation unmöglich ist.
Wir schreiben hier mit unserer Denke als Erwachsene, können zwischen rational und irrational unterscheiden.
Ein Kind kann das nicht in dieser Weise.
Ich hoffe, ich habe es verdeutlichen können.
Meli
meli,
ich weiß, was da abläuft. Immer wieder. So ist leider die Praxis.
Warum leider?
Weil zwei Ebenen miteinander vermischt werden, die nicht zusammenkommen dürfen.
Vergessen wir nicht, daß hier über Straftaten geschrieben wird. Da geht es oft um schwere Körperverletzung, seelische Grausamkeit, Mißbrauch Abhängiger u.a.m.
Auf dieser Ebene wird zwischen Täter und Opfer unterschieden, mit dem Ergebnis, das Opfer zu schützen. Wo Schuld und Unschuld liegen, ist klar, denn wir reden über Kinder und Erwachsene.
Auf der zweiten Ebene geht es um Schuld und Bestrafung der Täter. Um hier ein gerechtes Urteil zu fällen, ist es nötig, die Hintergründe zu beleuchten, vor allem den Täter.
Leider kommt es in der Praxis kaum zu Ebene Zwei und somit zu einer Vermischung beider Ebenen. Das Ergebnis ist immer ungerecht gegenüber den Opfern, denn wann ist mal die Rede von einer Bestrafung der Eltern? Ich habe meinen Vater auch nicht angezeigt. Ich hätte es tun sollen, denn dann wäre offiziell festgelegt worden, wer Täter und wer Opfer ist.
Die reale Handhabung führt meist dazu, daß gerade Kindern bei der Ursachenforschung auch noch ein Schuldkomplex eingeredet wird, denn die Täter haben ja immer noch Gewalt über ihre Opfer und als Erwachsene alle Erfahrung auf ihrer Seite, um Schuld von sich weisen zu können. Wer seine Kinder prügelt, scheut auch davor nicht zurück. Wirkliche Einsicht kann man mit der Lupe suchen. Und man zeige mir ein Kind, das die psychologischen Spitzfindigkeiten verstehen kann, die bei der Ursachensuche angesprochen werden.
Die Ursachensuche sehe ich gerade Kindern und Jugendlichen gegenüber als Mittel, sie wieder in Hilflosigkeit allein zu lassen, statt ihnen normale Sicherheit zu zeigen, die ihnen zusteht. Kindern muß immer wieder deutlich gemacht werden, wie verurteilt werden muß, was ihnen geschehen ist. Das ist es, was Kindern hilft, auch in ihrem weiteren Leben.
--
adam
ich weiß, was da abläuft. Immer wieder. So ist leider die Praxis.
Warum leider?
Weil zwei Ebenen miteinander vermischt werden, die nicht zusammenkommen dürfen.
Vergessen wir nicht, daß hier über Straftaten geschrieben wird. Da geht es oft um schwere Körperverletzung, seelische Grausamkeit, Mißbrauch Abhängiger u.a.m.
Auf dieser Ebene wird zwischen Täter und Opfer unterschieden, mit dem Ergebnis, das Opfer zu schützen. Wo Schuld und Unschuld liegen, ist klar, denn wir reden über Kinder und Erwachsene.
Auf der zweiten Ebene geht es um Schuld und Bestrafung der Täter. Um hier ein gerechtes Urteil zu fällen, ist es nötig, die Hintergründe zu beleuchten, vor allem den Täter.
Leider kommt es in der Praxis kaum zu Ebene Zwei und somit zu einer Vermischung beider Ebenen. Das Ergebnis ist immer ungerecht gegenüber den Opfern, denn wann ist mal die Rede von einer Bestrafung der Eltern? Ich habe meinen Vater auch nicht angezeigt. Ich hätte es tun sollen, denn dann wäre offiziell festgelegt worden, wer Täter und wer Opfer ist.
Die reale Handhabung führt meist dazu, daß gerade Kindern bei der Ursachenforschung auch noch ein Schuldkomplex eingeredet wird, denn die Täter haben ja immer noch Gewalt über ihre Opfer und als Erwachsene alle Erfahrung auf ihrer Seite, um Schuld von sich weisen zu können. Wer seine Kinder prügelt, scheut auch davor nicht zurück. Wirkliche Einsicht kann man mit der Lupe suchen. Und man zeige mir ein Kind, das die psychologischen Spitzfindigkeiten verstehen kann, die bei der Ursachensuche angesprochen werden.
Die Ursachensuche sehe ich gerade Kindern und Jugendlichen gegenüber als Mittel, sie wieder in Hilflosigkeit allein zu lassen, statt ihnen normale Sicherheit zu zeigen, die ihnen zusteht. Kindern muß immer wieder deutlich gemacht werden, wie verurteilt werden muß, was ihnen geschehen ist. Das ist es, was Kindern hilft, auch in ihrem weiteren Leben.
--
adam
Aber - die Opfer selbst übernehmen aufgrund des deformierten Selbstwertgefühls oft die Verantwortung:
Ja, ich war schuld, ich habe ein Glas umgestoßen....
Ich war zu laut..., zu leise..., nicht artig oder brav..., ich habe erzürnt..., habe die Tischdecke bekleckert..., also alles absolut normale Dinge des täglichen Lebens, die zu furchtbaren Folgen führen können.
Meli
Und genau das haben meine Brüder und ich nicht gemacht, wir sahen uns schon als Täter, d.h. wir gaben uns schon selber schuld, wenn wir geprügelt wurden, es war halt so, ja nicht nur bei uns, bei unseren Spielkameraden ja auch, nur da waren die Väter nicht alle so preußisch veranlagt, wie unser Vater, mit in einer Reihe aufstellen, Hände ausstrecken, ob die und die Fingernägel sauber waren, der Scheitel sauber gezogen, und vor die Füße die Schuhe stellen, ob die auch ordentlich geputzt waren ! Woher der sich das überhaupt rausnahm, er war doch halber Ukrainer! bissele gequält!
Vielleicht ist das ja der Schlüssel......
Edita
Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
genau das habe ich als Begründung angeführt, daß nämlich die Suche nach der Ursache für das Opfer nicht so wichtig ist. Die Erklärung relativiert die Tat immer zu Lasten der Opfer. Plötzlich beschäftigen sich alle nur noch mit der Ursache und keiner kümmert sich um die wirklich LeidtragendenDas halte ich für eine gewagte Behauptung und in ihrer pauschalen Aussage für falsch. Da die Opfer nicht alle gleich sind, kann es für sie durchaus sinnvoll sein, sich mit dem Verhalten der Täter auseinanderzusetzen. Die Behauptung, die Erklärung relativiere immer die Tat ist blanker Unsinn. Meine Erfahrung war vielmehr, daß das Verstehen dabei half, selbst nicht so oder auch nur ähnlich zu werden. Etwas zu verstehen bedeutet noch lange nicht, es auch zu verzeihen. Es kann aber dabei helfen, die Täter nicht zu dämonisieren, sondern als Menschen zu sehen, die warum auch immer nicht anders zu handeln wußten. Genausowenig relativiert Verstehen die Tat oder macht das Opfer passiv. Sich mit der Tat zu beschäftigen heißt nämlich, sich aktiv mit der Situation und der Rolle der Beteiligten zu beschäftigen und kann auch dem Opfer dabei helfen, in ähnlichen Fällen nicht wieder zum Opfer zu werden.
Ich bin immer wieder über solch einseitige Sichtweisen und pauschalen Behauptungen erstaunt.
det
Danke Adam - für diesen guten Bericht.
Es geht ja weiter: es gibt Frauen, die in ihrer Kindheit massiv misshandelt wurden und sich später nicht bereit erklären, selbst Kinder in die Welt zu setzen, weil sie befürchten, ähnliche Fehler wie die der Eltern zu machen. Auch solche Schläger-Biografien setzen sich ja in mehrere Generationen fort, wenn nicht irgendwann Einhalt geboten wird.
Und es ist seit Jahren erwiesen, dass Kinder, die selbst massiv geschlagen und misshandelt wurden, später als Erwachsene selbst schlagen und misshandeln. Das Beispiel erleben wir ja jeden Tag.
Kinder sind nicht verpflichtet, tiefenpsychologisch das Verhalten ihrer Eltern zu ergründen ,die sich als völlig ungeeignet für Erziehung erwiesen haben. Das sollen diese Eltern mit sich selbst abmachen und hoffentlich nie wieder ihren Frieden finden. Olga
Es geht ja weiter: es gibt Frauen, die in ihrer Kindheit massiv misshandelt wurden und sich später nicht bereit erklären, selbst Kinder in die Welt zu setzen, weil sie befürchten, ähnliche Fehler wie die der Eltern zu machen. Auch solche Schläger-Biografien setzen sich ja in mehrere Generationen fort, wenn nicht irgendwann Einhalt geboten wird.
Und es ist seit Jahren erwiesen, dass Kinder, die selbst massiv geschlagen und misshandelt wurden, später als Erwachsene selbst schlagen und misshandeln. Das Beispiel erleben wir ja jeden Tag.
Kinder sind nicht verpflichtet, tiefenpsychologisch das Verhalten ihrer Eltern zu ergründen ,die sich als völlig ungeeignet für Erziehung erwiesen haben. Das sollen diese Eltern mit sich selbst abmachen und hoffentlich nie wieder ihren Frieden finden. Olga
Re: Gewalterfahrungen in der Kindheit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Adam,
diese gängige Praxis, dem Opfer Schuldgefühle einreden zu wollen betrifft inzwischen nicht mehr die Kinder - jedenfalls nachdem, was ich mitbekommen habe - und glaub mir, das war reichlich.
Wir haben ja eben erst den mehr als tragischen Tod des kleinen Jungen aus Lenzkirch und ich bin froh, dass wohl doch ein Untersuchungsausschuss im Landtag gebildet werden soll, der sich diese Vorgänge genau ansieht.
Schlimm sind immer noch - und das geht aus dem Link hervor, den ich eingesetzt hatte - sind die unterschwelligen Verdächtigungen Frauen gegenüber.
In dem von mir eingesetzten Link war deutlich die Rede davon.
Wofür ich Dir dankbar bin ist, dass Du noch einmal sehr klar herausstellst, dass es sich hierbei um wirklich schwere Straftaten handelt.
Hier ist nicht gemeint, den Jungen oder das Mädchen mal kurz übers Knie gelegt oder eine Ohrwatschen, hier geht es um Tritte, Faustschläge, Gürtelschnallen und was dem Täter gerade so einfällt.
Ein Kind, das so misshandelt wird, überlegt wirklich nicht, ob es nicht lieber Prügel statt Stubenarrest erhält!
Und ein solches Kind erhält auch keine Liebkosungen und wenn, dann die von der absolut falschen Art.
Mir zeigt diese Diskussion, wie wichtig die Aufklärung in unserem Land darüber ist, dass Prügel Misshandlung ist und das in einem sehr hohen Ausmaß.
Meli
diese gängige Praxis, dem Opfer Schuldgefühle einreden zu wollen betrifft inzwischen nicht mehr die Kinder - jedenfalls nachdem, was ich mitbekommen habe - und glaub mir, das war reichlich.
Wir haben ja eben erst den mehr als tragischen Tod des kleinen Jungen aus Lenzkirch und ich bin froh, dass wohl doch ein Untersuchungsausschuss im Landtag gebildet werden soll, der sich diese Vorgänge genau ansieht.
Schlimm sind immer noch - und das geht aus dem Link hervor, den ich eingesetzt hatte - sind die unterschwelligen Verdächtigungen Frauen gegenüber.
In dem von mir eingesetzten Link war deutlich die Rede davon.
Wofür ich Dir dankbar bin ist, dass Du noch einmal sehr klar herausstellst, dass es sich hierbei um wirklich schwere Straftaten handelt.
Hier ist nicht gemeint, den Jungen oder das Mädchen mal kurz übers Knie gelegt oder eine Ohrwatschen, hier geht es um Tritte, Faustschläge, Gürtelschnallen und was dem Täter gerade so einfällt.
Ein Kind, das so misshandelt wird, überlegt wirklich nicht, ob es nicht lieber Prügel statt Stubenarrest erhält!
Und ein solches Kind erhält auch keine Liebkosungen und wenn, dann die von der absolut falschen Art.
Mir zeigt diese Diskussion, wie wichtig die Aufklärung in unserem Land darüber ist, dass Prügel Misshandlung ist und das in einem sehr hohen Ausmaß.
Meli
Hier noch eine kleine Anekdote, warum ich auch meinem prügelnden Vater nicht böse sein kann oder konnte:
Als er einmal guter Laune war, nahm er eine mit Wasser gefüllte Pfanne vom Holzherd, hielt sie mit ausgestrecktem Arm einhändig vor sich, ging damit zum Tisch und sagte: "Wenn du das dann mal kannst, prügle ich dich nicht mehr!"
So begann ich also zu üben - immer wenn gerade niemand zuschaute. Nach einigen Monaten war es so weit: Ich nahm die volle Pfanne vom Kochherd, ging zum Tisch und stellte sie ab. Dazu sagte ich kein Wort. Aber ich sah, dass meines Vaters Mundwinkel sich nach oben zogen und der Bauch zuckte vor innerlichem Lachen!
Er hatte begriffen - und hielt sein Wort!
Als er einmal guter Laune war, nahm er eine mit Wasser gefüllte Pfanne vom Holzherd, hielt sie mit ausgestrecktem Arm einhändig vor sich, ging damit zum Tisch und sagte: "Wenn du das dann mal kannst, prügle ich dich nicht mehr!"
So begann ich also zu üben - immer wenn gerade niemand zuschaute. Nach einigen Monaten war es so weit: Ich nahm die volle Pfanne vom Kochherd, ging zum Tisch und stellte sie ab. Dazu sagte ich kein Wort. Aber ich sah, dass meines Vaters Mundwinkel sich nach oben zogen und der Bauch zuckte vor innerlichem Lachen!
Er hatte begriffen - und hielt sein Wort!