Soziales Feindbild Jugend...

Hallo,
heute bin ich über einen netten Artikel gestolpert und fand, dass er sehr gut in ein Seniorenforum passt (in dem mir, da erst 53 Jahre schon mal mein "jugendliches" Alter vorgeworfen wurde). Hier geht es aber um "echte" Jugendliche...

Viel Spass beim Lesen und vielelicht mag ja der eine oder andere etwas dazu sagen.
Feindbild Jugend

Liebe Grüße
Andrea

Hallo,

ich finde den Artikel sehr realitätsnah.

In unserem kleinen Ort sehe ich oft Jugendliche, die in Trauben vom Bahnhof zur FOS oder Gymnasium gehen, Ampeln missachten und Autofahrer zum Anhalten zwingen. Nachmittags trifft man sie - okay, ob es genau diese sind, weiß ich natürlich nicht - dann auf freien, brach liegenden Plätzen oder auf dem Kinderspielplatz mit Bier- und Wodkaflaschen in der Hand auf dem Boden sitzend, auch wenn es kalt ist.

Nein, sie sind nicht alle so, glücklicherweise trifft man auch ganz "normale" Jugendliche. Aber ich finde, die Jugendlichen leben komplett anders, dass digitale Leben hat sie fest im Griff und es sind andere Werte vorhanden. Okay, unsere Eltern fanden uns auch "anders", aber ich finde, die Schere geht immer weiter auseinander.

Klaro

Hmmm, schwieriges Thema Andrea. Ich ärgere mich auch manchmal über Jugendliche, wenn sie tiefenentspannt mitten auf dem Zebrastreifen stehen bleiben und konzentriert auf ihrer Handytastatur herum tippen. Einmal konnte ich mich auch nicht beherrschen, bin ausgestiegen und habe zwei junge Damen gefragt, ob ich sie auf die andere Straßenseite begleiten soll. Die jungen Damen haben mich dermaßen verwirrt angeschaut, und ich sagte noch: Ich mein ja nur, dass es etwas schneller geht . Sofort war die Situation entschärft, die beiden jungen Damen entschuldigten sich und setzten ihre Straßenüberquerung schnell fort. Beim Vorbeifahren winkten wir noch kurz und gut war es.
Mit ein wenig Humor kann man also solche Situationen schon bewältigen. Besser als mit einer Schimpftirade auf sie einzuschreien, das bringt nämlich nichts.
Und ich glaube nicht, dass wir anders waren. Wir waren halt anders anders. Die Zeit war anders.
Bruny

Hallo,

ich habe mich ein wenig gewundert über den Artikel, denn ich vergnüge mich häufig beim Anblick von Jugendlichen - ich mag es, dass sie etwas anders "ticken" als ich oder andere Leute meines Alters.

Ob jemand mit ner Flasche Bier auf dem Boden sitzt oder nicht, das finde ich eher uninteressant (nun ja, abhängig vom Wetter...).

Was ich ziemlich krass fand waren diese zielgerichteten Jugendlichen-Abwehrgeräte. Auch wenn sie nicht ganz neu sind, davon hatte ich noch nie gehört und hätte mir so etwas nie träumen lassen - irgendwie war das an mir vorbei gegangen.

Liebe Grüße
Andrea

Diese Geräte kannte ich auch nicht. Aber mich wundert es nicht, dass es so etwas gibt und auch eingesetzt wird. Wenn ich mich recht erinnere, dann hat die Tendenz, über Kinder und Jugendliche zu schimpfen und abwertend zu urteilen, mit der Antiautoritären Erziehung angefangen. Zu der Zeit war ich selbst in den USA, aber als ich von dort nach Deutschland zurückkam konnte ich deutlich erkennen, dass eine Kluft herrschte zwischen Alt und Jung. Und weil sich die Zeit weiter gedreht hat, gehe ich davon stark aus, dass die Kluft in der Tat noch viel größer geworden ist. Zum Teil auch, weil viele ältere (alte) Menschen mit dem digitalen Zeitalter, mit der Jugendsprache, die es auch schon immer gab, aber nicht in Form von gehäuften Abkürzungen, hoffnungslos überfordert sind. Und dann kommt es zu Abwehrhandlungen gegen Jugendliche und Familien mit Kindern.
Nicht immer, aber immer öfter .
Bruny

Jetzt muss ich doch einmal eine Lanze für die Jugend von heute brechen. Ja, sie ist anders als unsere Generation es war, aber wenn man sie ernst nimmt und respektiert, dann ist sie freundlich, hilfsbereit und liebenswert. Wir dürfen als ältere Generation nur nicht den Fehler machen, uns als besser anzusehen als sie. Sobald die jungen Leute merken, dass man sich für ihre Belange interessiert und ihnen Fragen dazu stellt, sind sie aufgeschlossen und auskunftsfreudig.

Ich bin seit einigen Monaten Mitglied in diversen Streamer-Communities bei Twitch-TV. Dort streamen überwiegend junge Leute PC-Spiele, aber auch kreative Dinge, wie häkeln, Legobauen, Zeichnen usw. In jeder dieser Communities bin ich gern gesehener Gast, obwohl ich in den meisten Fällen die älteste dort bin. Sie freuen sich ehrlich, dass es auch Menschen meines Alters gibt, die sich für ihre Hobbies interessieren und sie nicht unangespitzt in den Boden stampfen.

Diese jungen Leute sind wie ein Jungbrunnen für mich, wie eine Frischzellenkur sozusagen.

Es geht also, man muss sich nur mit Besserwissereien und Erziehungsversuchen zurückhalten, dann klappt das auch mit den jungen Leuten.

LG,
woelfin

Zu allen Zeiten war die Jugend anders als ihre Vorgänger-Generation und das ist gut und richtig so, das kann sie u.U. auch daran hindern, die Fehler ihrer Altvorderen nachzumachen. Stellen wir uns einfach mal vor: als wir jung waren, waren wir ebenfalls anders und wurden von den damaligen Alten oft heftigst beschimpft, nur weil wir lange Haare oder Minirock trugen.
Hätten wir wirklich das nachmachen sollen ,was diese Nazigeneration alles angerichtet hatte?
Ich freue mich immer, wenn ich in Kontakt mit jungen Leuten kommen. Das geschieht z.B. im Fitness-Studio, auch innerhalb der FAmilie und bei uns im Haus. Ich erlebe sie als fröhlich, höflich und vor allem nicht so miesepetrig und negativ wie viele aus meiner eigenen Altersgruppe.
Und es stimmt: der Kontakt zu jungen Leuten ist dann gut und optimal, wenn wir Alten nicht besserwisserisch auf sie einwirken und denken, das stünde uns zu, weil mit dem Alter automatisch die Weisheit kommt. Auch das ist nämlich ein Irrtum, wie man täglich erfahren kann. Olga

Und ich glaube nicht, dass wir anders waren. Wir waren halt anders anders. Die Zeit war anders.

Das sehe ich ganz genau so, Bruny.

Treffender kann man das - m. M. n. - nicht ausdrücken! Val

Das spannende hier ist doch vielleicht doch gar nicht die Frage ob "wir" anders waren in unserer Jugend - sondern ob WIR jetzt anders sind, in unserer Reaktion auf die "Jugend von Heute".
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mich irgendwas davon abgehalten hätte auf "meiner" Parkbank herumzulungern, wann immer ich das wollte.
Was ich damit meine - so sehr wir vielleicht den "Alten" ein Dorn im Auge waren, es gab weder Alkoholverboten in den Innenstädten, noch Vertreibungsmaschinen speziell für Jugendliche. Sowas ist doch neu. Auch denke ich, dass vielleicht die Ansprüche an uns etwas geringer waren, aber vielleicht meine ich das auch nur.
Wie seht ihr das?

Liebe Grüße
Andrea

Bei mir gab es weder Vertreibungsmaschinen noch Alkoholverbot, aber es gab strenge Regeln. Z.B. Mittagsruhezeit und es herrschte eine Allgemeinregel, welche nur die Kinder und Jugendlichen zu beachten hatten und die hieß Respekt und ganz groß geschrieben RESPEKT vor dem Alter.
In der Gegend wo ich aufwuchs wurde Alkoholexzess nicht vorgelebt, wir hatten also keine "Maßstäbe".
Heute gibt es entweder weniger Regeln oder sie werden nicht beachtet, dafür greift man anscheinend zu anderen Mitteln. Aber wie ich schon schrieb, ich kenne diese "maschinellen Abwehrmittel" nicht, auch nicht im Hier und Jetzt.
Und ich persönlich sehe auch keine Notwendigkeit dafür. Ich fühle mich mit und unter jungen Menschen alles andere als unwohl.
Bruny