Soziales "Buy-reuth" - Bildung in D - Eine Frage des Geldes !

Karin,

ich habe diese launige Rede auch gesehen.
Und in der Tat, ich habe gelacht so wie die Zuschauer auch. Aber im Nachhinein schleicht sich mir ein etwas übler Geschmack auf die Zunge, obwohl der Vortrag des jungen Mannes gut war, sehr gut sogar.
Er spielte gekonnt mit Worten und der Publikumswirkung.
Er begann seine Rede mit

"ich bin das Plagiat".....

In Spiegel online ist heute nachzulesen, dass der VM eine Wahlkampfrede damit begann

"Ich bin das Original....."

So fröstelt es mich diesbezüglich heute morgen ein wenig. Aber vielleicht bin ich momentan auch nur zu sensibel.

Und wie komme ich nur auf den Gedanken, dass da zusammen mit der Bundeskanzlerin versucht wird, eine ganze Nation zu verarschen?


Grübel........

Meli

ich bin auch gespannt wie ein flitzebogen, zu sehen, wie man insgesamt
aus der nummer rauskommt.

ich weiß von damals, als meine söhne die diplomarbeit schrieben, wie ihnen wieder
und wieder von den professoren eingehämmert wurde, nur ja nach den regeln korrekt
zu arbeiten, weil sonst die arbeit nicht gilt.

aber - manche sind gleich. aber gleicher sind manche andere.

im übrigen: wird nicht bei jeder feier, in der eine launige rede gehalten wird,
ein "plagiat" herangezogen?

wie viele zitate werden da benutzt, in der hoffnung, niemand merkt es? *gg


aber das soll jetzt die sache nicht verharmlosen -

Die Voraussetzung zur Promotion ist ein abgeschlossenes Studium (Dr. hc lasse ich mal außer acht).

Nach einem abgeschlossenen Studium kann jeder mittels Promotion seinen Namen mit Titel dekorieren.

Hierzu gibt es bisher 2 Möglichkeiten:
Eigenarbeit (legale Variante) oder käuflich zu erwerbendes (Zu)Arbeiten (illegale Variante).

An dieser Stelle könnte man also von Benachteiligung Unbemittelter sprechen.

Immerhin haben aber auch die ärmeren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit des Aufstiegs über die Promotion (durch fleißige Eigenarbeit im Falle von genügend Intelligenz).

Dies ist z.B. beim ebenfalls käuflich zu erwerbenden Honorarkonsul nicht der Fall.
Da hilft tatsächlich nur Geld.

In meinem ansonsten kriminell nicht weiter auffälligen Bekanntenkreis gibt es sowohl Leute, die Geld damit verdienen, anderen ihre Doktorarbeit zu schreiben (darunter auch eine Dame, die sich ansonsten als "Doktormutter" betätigt), als auch Leute, die sich den Titel auf diese Art gekauft haben (Mediziner und Juristen).

Das wird so offen von diesen Personen weitererzählt, dass ich davon Kenntnis habe, obwohl es sich jeweils nicht um meine allerbesten Freunde handelt.
Die Formulierung "sei doch nicht blöd, 20.000 Euro kannst du doch von der Bank bekommen ..." habe ich zum Beispiel öfter gehört.
Mit anderen Worten wird sowas vom Unrechtsbewusstsein her anscheinend auf der Höhe eines Spickzettels bei einer Klassenarbeit gesehen.

Es ließe sich also auf dem Sektor "Moral in der Wissenschaft" durchaus einiges verbessern in unserem Lande.

Sorella

Sein Bruder hat sich mit einer sehr gut ausgearbeiteten Rede aus der Affäre gesprochen.
Dies scheint Frau Merkel nicht zu gelingen, sehr länger sie dem Herrn Dr. plag. den Rücken stärkt, desto stärker gerät sie mit in den Strudel, der sie evtl. mit in die Tiefe reißen wird.

@karin2
Sicher gibt es schlimmere Korruptionsfälle, aber selten hat sich jemand dabei so dumm angestellt, sich auf sein Ansehen verlassen, ohne Rücksicht auf andere, die er beim Sturz evtl. mitreißt.

Nein, eine Frage des Geldes ist es nicht unbedingt, denke ich. Aber: Es wird alles im Leben leichter mit Geld.
Jetzt wird es sicher Maßnahmen geben - die Uni Bayreuth wird ja aktiv - daß es hoffentlich unmöglich wird, eine zum Teil fehlerhafte Doktorarbeit anzuerkennen. Da stimmt doch auch etwas in der Universität nicht, wenn so etwas bei der Prüfung nicht auffällt. Und dann diese Doktorarbeit auch noch mit der höchst möglichen Benotung auszuzeichnen, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser.
Nun warte ich mal ab, welche Konsequenzen aus dem zurückliegenden Vorfall gezogen werden.
lifong2007

Durch die launige Verwendung des Wortes Plagiats ("Ich bin das Original, kein Plagiat", "Plagiate" bei Geburtstagsreden etc., Schwindelzettel bei einer Schularbeit) wird der Betrug der Erschleichung bzw. des Kaufs eines akademischen Grads verschleiert. Diese besonders von Politikern vorgegebene Linie kann nur dazu dienen, G. zu entlasten und zu suggerieren, allen Menschen, auch dir und mir, könne so ein "Fehler" passieren und hätte mit einem miesen Charakter nichts, aber schon gar nichts zu tun.

@ Rolf:

Ich bin auch Deiner Meinung, dass gestern die Rede (in Aachen) geschickt formuliert und auch gut vorgetragen war. Wenn man/frau diese Rede aber etwas analysiert, dann hatte sie sehr geschickt ein Ablenkungsmanöver einer läppischen Eigenart, sein "gegeltes Haar". Nur deswegen ist er nicht angeklagt. Für mich war es eine "Marc Antonius-Rede" nach Cäsars Tod.

Schön launig und witzig abgelenkt vom eigentlichen Hauptproblem.

Hafel

Hans,

der Knappe mußte ja einerseits die Gäste auf der Karnevalsveranstaltung unterhalten, andererseits den Schatten vom Rest der Familie ziehen. Dies hat er sehr geschickt gemacht, auch mit dem Hinweis, er sei ja nur das Plagiat.
An anderer Stelle hätte er diese Rede natürlich nicht halten können, ohne in den Verdacht zu kommen, er wolle nur ablenken.

rolf

Ein Versuch einer Beantwortung der Anfangsfrage:

Ist Bildung (in D) eine Frage des Geldes?

Wenn unter "Bildung" die Verzierung des Namens durch einen akademischen Grad verstanden wird, dann scheint mit Geld sehr viel möglich zu sein.

Wenn unter "Bildung" allerdings das verstanden wird, was in den verschiedensten Beschreibungen und Definitionsversuchen dieses Begiffs enthalten ist:

[i]Bildung (von ahd. bildunga: Schöpfung; Bildnis, Gestalt) bezeichnet die Formung des Menschen im Hinblick auf sein „Menschsein“, seine geistigen Fähigkeiten.

Der Begriff bezieht sich sowohl auf den Prozess („sich bilden“) als auch auf den Zustand („gebildet sein“). Dabei entspricht die zweite Bedeutung einem bestimmten Bildungsideal (zum Beispiel dem humboldtschen Bildungsideal), das im Laufe des Bildungsprozesses angestrebt wird. Ein Zeichen der Bildung, das nahezu allen Bildungstheorien gemein ist, lässt sich umschreiben als das reflektierte Verhältnis zu sich, zu anderen und zur Welt.

Der moderne dynamische und ganzheitliche Bildungsbegriff steht für den lebensbegleitenden Entwicklungsprozess des Menschen, bei dem er seine geistigen, kulturellen und lebenspraktischen Fähigkeiten und seine personalen und sozialen Kompetenzen erweitert.[/indent](wikipedia)

dann kann Geld hilfreich sein, weil es erlaubt, sich diesem Ideal ohne existentielle Sorgen anzunähern.
Aber:
Mit Geld kann man keine Bildung kaufen!

Aber ich denke, die Familie hat da auch viel zu verarbeiten. Umso beeindruckender finde ich den Zusammenhalt. Es lag sehr viel Nachdenkenswertes in der Rede des Bruders.
Nun hat auch v.G. gehandelt. Er will den Titel nicht mehr führen. Die Entschuldigung wurde ausgesprochen.
Die Universität wird neue Richtlinien erlassen, denke ich.
Von meinem Alter ausgehend ist v.G. ein junger Mann. Er hat dazugelernt, da bin ich ganz sicher.
Im übrigen ging man in Aachen sehr sensibel mit dem neuen "Ordensritter" um, was mich sehr berührte.
Und vielleicht kommen wir jetzt auch schnell wieder auf die anderen Probleme in unserem Land zurück, und nicht nur hier. Ich schaue jetzt u.a. auch nach Afrika.