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Sonstiges Meine kleine Weihnachtsgeschichte

schorsch
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Meine kleine Weihnachtsgeschichte
geschrieben von schorsch
Meine kleine Weihnachtsgeschichte

Mit meiner Frau ging ich kürzlich mal ausnahmsweise wieder zur Kirche. Abendmahl war angesagt. Ich hatte meiner Frau schon vorher gesagt, dass ich nicht daran teilnehmen werde. Sie sagte, sie nehme teil, würde sich aber in jene Reihe stellen, wo die kleinen Plastikbecherchen gereicht würden mit dem Wein, nicht in jene, wo der Kelch gereicht werde, der ja nach jedem Schluck nur mit einem Lappen ausgewischt werde.
So machten wir es denn auch.
Nach dem Gottesdienst blieben die meisten Leute noch im Vorraum und plauderten miteinander. Meine Frau und ich gesellten uns in einer Ecke dazu. Da kam der Pfarrer in seinem Ornat und ging von Gruppe zu Gruppe. Bei mir lächelte er und sagte: „Du hast nicht am Abendmahl teilgenommen….“
Ich: „Nein…“
Er: „Darf ich mal fragen, warum?“
Ich: „Als ich ein kleiner Junge war, da habe ich meiner Mutter zwanzig Rappen stibizt. Kannst du mir das vergeben?“
Er: „Nein, aber Gott“.
Ich: „Als ich dann arbeiten ging, habe ich bei meinem Arbeitgeber mehrmals Sachen mitlaufen lassen. Kannst du mir das vergeben?“
Er: „Nein, aber Gott“.
Ich: „In meiner ersten Ehe hatte ich mal ein Techtelmechtel mit einer anderen Frau. Kannst du mir das vergeben?“
Er: „Nein. Aber Gott“.
Ich: „Aber du gibst doch das Abendmahl…“
Er: „Ja, im Auftrag Gottes“.
Ich: „Kannst du diesen Auftrag beweisen?“
Er deutete auf seinen Talar und sagte: „Dies ist der Beweis“.
Ich: „Leihst du mir mal für einen Moment deinen Talar?“
Er: „Warum?“
Ich: „Ich möchte all jenen Menschen verzeihen, die der Menschheit grosses Leid zugefügt haben. Zum Beispiel Hitler, Stalin, Mussolini…“
Er lächelte etwas unbeholfen und sagte: „So kommen wir an kein Ziel“. Dann ging er zu einer anderen Gruppe.

Heute Nacht hatte ich einen Traum: Ich trat ins Jenseits ein und sah Gottvater. Er lächelte und hängte mir wortlos ein Plakat um den Hals. Darauf waren fein säuberlich all meine Taten auf Erden aufgelistet; auf der linken Seite meine Untaten, auf der rechten Seite meine guten Taten. Sie waren in etwa gleich viele. Dann ging Gottvater zum nächsten Eintretenden und hängte auch ihm ein Plakat um. Da sah ich eine Seele auf mich zukommen, die ich als meine Mutter erkannte. Lächelnd sagte sie zu mir: „Ich vergebe dir“. Und ich sah auf ihrer Liste, dass sie auch mir einiges angetan hatte, für das sie als Mutter mir als Kind gegenüber gesündigt hatte.
Und dann trat meine Ex-Frau auf mich zu und sagte: „Ich vergebe dir“. Und ich sah auf ihrem Plakat, dass sie mich viel öfter betrogen hatte, als ich sie.
Und dann trat mein Arbeitgeber auf mich zu und sagte: „Ich vergebe dir“. Und ich sah, dass auf seiner Liste stand, dass er mir Jahrzehnte lang zu wenig Lohn gegeben hatte.

Ich erwachte. Und ich fühlte mich eigentlich ganz zufrieden mit mir selber.

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schorsch
angelottchen
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Re: Meine kleine Weihnachtsgeschichte
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf schorsch vom 25.12.2007, 09:24:17
ach... und was stand auf den Plakaten von Hitler, Stalin, Mussolini ... denen Du im Auftrag so gerne verziehen hättest?....
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angelottchen
schorsch
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Re: Meine kleine Weihnachtsgeschichte
geschrieben von schorsch
als Antwort auf angelottchen vom 25.12.2007, 10:12:28
Da ja der Pfarrer mir seine Robe nicht ausgeliehen hat, kam ich gar nicht in die Zwickmühle, zu vergeben oder zu verdammen (

Was tätest du?

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schorsch

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angelottchen
angelottchen
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Re: Meine kleine Weihnachtsgeschichte
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf schorsch vom 25.12.2007, 11:54:09
ich würde weder auch nur ansatzweise in Erwägung ziehen, diesen Massenmördern und Unmenschen zu verzeihen, auch nicht im Namen irgend eines Gottes, geschweige denn würde ich sie in eine Geschichte einbauen - nur um der Dramaturgie einen besonderen Touch zu geben, schorsch.
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angelottchen
ingo
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........
geschrieben von ingo
als Antwort auf angelottchen vom 25.12.2007, 13:37:13
Würdest Du Caesar oder Herodes vergeben, angelottchen?....Was ich damit sagen will, ist nur: Mit zunehmender Zeit verändern sich die Betrachtungsweisen. Ich könnte Hitler und Stalin heute auch nicht wirklich "verzeihen"...aber was haben Caesar und Herodes (im Detail) verbrochen? Ich weiss es nicht, und deshalb hätte "verzeihen" im Zusammenhang mit deren Namen für mich heute keine Bedeutung mehr.
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kreuzkampus
angelottchen
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Re: ........
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf ingo vom 25.12.2007, 16:26:22
warum sollte ich ihnen verzeihen? Ob Caesar oder Herodes , Churchill, Napoleon, Saddam oder Bush oder irgend einem grossen Umweltverschmutzer? Welchen Zweck bitte hat Verzeihen in solchem Fall? ....
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angelottchen
ingo
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.....
geschrieben von ingo
als Antwort auf angelottchen vom 25.12.2007, 17:23:53
'nen "Zweck" hat es nicht.....So habe ich's auch nicht gemeint....Eher hintersinniger.
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kreuzkampus
schorsch
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Re: Meine kleine Weihnachtsgeschichte
geschrieben von schorsch
als Antwort auf angelottchen vom 25.12.2007, 13:37:13
Auch ich könnte solchen Massenmördern nicht verzeihen. Dass ich sie als Beispiel genommen habe, ist, weil ich in meiner Geschichte aufzeigen wollte, wie das ist, wenn man "die Schere öffnet". Will heissen: Es ist sehr einfach für einen das Abendmahl gebenden Reformierten Pfarrer, einer Einzelperson die Sünden zu erlassen - ohne sie zu kennen. Aber auch der Katolische Pfarrer, der ja zuerst hören will/muss, was der Beichtende "verbrochen" hat, hat es leicht - er braucht nicht mal hin zu hören. Ja, er könnte im Prinzip dabei schlafen oder an seine zu schreibende Rede für nächsten Sonntag denken. Hauptsache ist doch, dass der Sünder anschliessend die Illusion haben darf, seine Sünden seien vor Gott begnadigt.
Nun ging es erst um die eine Person. Kann aber ein Mensch einer Gruppe von Menschen, die ein Gewaltverbrechen begangen haben, die Sünden erlassen? Darf ein Pfarrer, Bischof oder Papst sich anmassen, im Namen Gottes einer anderen Person oder einer Gruppe die Sünden zu erlassen? Darf ein "Gottesmann" eine Gruppe von Soldaten und deren Waffen segnen, wenn sie in den Krieg ziehen und der Pfarrer kann mit einem Quentchen von Fantasie sich vorstellen, dass diese Soldaten nicht zu einem Picknick aufs Feld ziehen, sondern um "Feinde" zu töten?

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schorsch

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