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Sonstiges Meine Arbeit in der Bank

elisa7
elisa7
Mitglied

Meine Arbeit in der Bank
geschrieben von elisa7
In unserem Monatskreis sprechen wir oft über unsere Probleme, auch über die persönlichen. Einen Bericht fand ich besonders bemerkenswert:

"Ich arbeite in einer Bank in der Kundenbetreuung. Nicht selten habe ich mit heiklen Geldangelegenheiten zu tun. Vor einiger Zeit gab es wieder einen solchen Fall: Ein Geschäftsmann hatte in seinem Testament verfügt, dass sein Nachlass von unserer Bank verwaltet werden sollte. Seine Frau in zweiter Ehe bekam die Zinserträge. Nach ihrem Tod sollte seinen Kindern aus erster Ehe das gesamte Vermögen zu fallen.

Diese Regelung führte zu ständigen Interessenskonflikten zwischen der Frau und ihren Stiefkindern. Ich verwaltete das Konto und hatte oft den Eindruck, es keinem recht machen zu können: Die Frau verlangte von mir, mit dem Guthaben möglichst hohe, kurzfristige Gewinne zu erzielen, während die Kinder das Geld langfristig angelegt haben wollten. Mein Handlungsspielraum war durch gesewtzliche Vorschriften stark eingeschränkt, so dass ich nicht mehr für die Witwe tun konnte.

Obwohl ich mich um ein Gespräch bemühte, bekam ich die Frau zunächst nicht zu Gesicht. Ich hörte nur über andere Kunden und Kollegen, dass sie mit unserer Arbeit sehr unzufrieden sei. Manche ihrer Äußerungen, die mir zugetragen wurden, empfand ich als rufschädigend oder gar beleidigend.

Nach über einem Jahr schließlich war sie bereit, mit mir zu sprechen. Ich war ein wenig aufgeregt, weil ich befürchtete, dass sie schwere Vorwürfe erheben würde. Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, und als sie dann vor mir stand, fiel mir ein, dass jede Begegnung mit einem anderen Menschen auch eine Gelegenheit zum Zuhören ist. Ich nahm mir deshalb vor, meine Einwände und Rechtfertigungen, die ich mir schon zurechtgelegt hatte, zurückzustellen und offen für die Anliegen der Frau zu sein.

Sie war sehr kühl. Dann begann sie zu erzählen. Ich hörte ihr wirklich zu und begann, allmählich ihr Anliegen zu verstehen: Sie bekam nur eine kleine Rente und war auf die Kapitalerträge sehr angewiesen. Immer wieder betonte sie, wie sehr sie es bedauere, dass es wegen der Finanzen zum Streit mit ihren Stiefkindern gekommen sei. Als wir uns verabschiedeten, bedankte sie sich bei mir: "Mir ist durchaus bewusst, dass Sie an der Situation nichts ändern können. Aber Sie haben mich jetzt nicht mit schnellen Erklärungen abgefertigt, sondern versucht, mich zu verstehen. Dafür danke ich Ihnen sehr!"

Als sie weg war, dachte ich mir, es müsste doch möglich sein, hier zu helfen. Und so nahm ich diesen Besuch als Anlass, um einige Monate später alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, obwohl das gar nicht meine Aufgabe war. Aber erst jetzt gelang es uns, einen Weg zu finden, der für alle akzeptabel war. Und ich muss ehrlich sagen, darüber war ich wirklich froh!" L.R.
JuergenS
JuergenS
Mitglied

Re: Meine Arbeit in der Bank
geschrieben von JuergenS
Der Unterschied zwischen Sein und Schein, der uns oft so zu schaffen macht.
Auch das Überschlafen eines "Problems" hilft oft.
Auch wenn man statt Überschlafen dabei Schlaflosigkeit erlebt, sehen die Dinge oft danach überschaubarer aus.
Und das mit dem Zuhörenkönnen ist auch so eine oft hilfreiche Kunst. Reden ist Silber...

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