Religionen-Weltanschauungen Was ist die Seele?

Mitglied_81b4260
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Re: Was ist die Seele?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf miriam vom 21.10.2009, 12:23:34
Die Fähigkeit eigene und fremde Standpunkte zu hinterfragen und die Ursprünge für eigene und fremde Überzeugungen und Ansichten zu suchen, was gleichbedeutend ist mit dem Infragestellen von (oft liebgewordenen und durch oftmaliges, wenn auch nur gedankliches Wiederholen und die dadurch gewonnene Überzeugung der Richtigkeit) eigenen Ansichten, sollte ein Ergebnis des kritischen Denkens sein. Es ist tatsächlich nicht so einfach zu erkennen, dass es zu jeder Zeit Paradigmen gibt und gegeben hat, die, ob wir es wollen oder nicht, unser Weltbild beeinflussen.

Diese Fähigkeit wird durch das Bemühen, Dingen auf den Grund zu gehen und sich nicht mit vorgefertigte Meinungen zufriedenzugeben, gespeist. Bildung und gedankliche Schulung ist dafür nicht unbedingt erforderlich, aber keineswegs ein Hindernis. Ich denke, Bildung hat in diesem Bereich seine tiefste und bedeutendste Rechtfertigung.

Es ist allerdings sehr beunruhigend, wenn persönliche Ansichten oder Ansichten seines Umfelds, Ansichten seiner Peergruppe, seiner Religionsgemeinschaft, Ansichten von einer persönlich geschätzten Autorität (was natürlich auch ein Heiliger, ein Religionsstifter, ein Politiker, ein Philosoph, ein Wissenschaftler ... sein kann) einfach so auf Stichhaltigkeit abgekopft werden.

Es könnte das eigene Weltbild Risse bekommen und mit Mühe zugekleisterte Unstetigkeiten aufbrechen. Ebenso kann es auch schwierig sein zu ertragen, dass es auf viele Fragen heute und jetzt keine letzten Antworten gibt. Ja, dass selbst Erklärungen, die sehr lange von vielen oder von der Allgemeinheit oder von Experten als zutreffend angenommen wurde, von heute auf morgen umgeworfen werden. Unsicherheit ist die Folge. "Was, gestern so und heute anders und morgen....?"
So ist sehr viel einfacher, vorgegebenen, vorgefaßten, vorgeschriebenen Meinungen zu folgen, sie zu verteidigen und Kritik, gleich ob zutreffend oder ob nicht zutreffend, als Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, als pietätlos oder als Angriff auf die eigene Person zu interpretieren.

mart1
miriam
miriam
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Re: Was ist die Seele?
geschrieben von miriam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 21.10.2009, 13:22:02
Was ich immer wieder feststelle Mart, ist dass man auch eigene kleine Niederlagen im Bereich der liebgewonnenen, bequemen Pfade hinnehmen muss.

Welche wäre denn die Alternative? Wissend, dass man durch neue Erkenntnisse die man gewonnen hat Vieles überdenken müsste – und doch auf dem alten Trampelpfad zu bleiben? Plötzlich wird dieser alles andere als bequem – auch wenn er eine zeitlang dem Kenntnisstand und den Überzeugungen entsprochen hat.

Wobei ich feststelle, dass so ein Prozess in dem man Manches über Bord wirft, in jüngeren Jahren eine gewisse Dramatik besitzt, nicht aber im fortgeschrittenen Alter.
Da wird sogar ein Paradigmenwechsel zu einer lustvollen Angelegenheit.

Wenn man so möchte, ist es ja auch eine Art zu reisen. Und da muss ich immer wieder an Fernando Pessoa denken, der ja nie Lissabon verlassen hat - und an seinem schönen Satz: "Existieren ist Reisen genug."

Natürlich ist der Satz von Pessoa in einem anderen Kontext zu verstehen als diese Diskussion hier, hat aber trotzdem einen gemeinsamen Kern: das Wagnis der Reise in sich selbst – und auch ihre große Faszination.
Woraus entspringt diese Faszination unter anderem? Aus der Bereitschaft immer Neues zu entdecken.

Dogmen sind m.E. das Effektivste um die Lust an solchen Reisen ins Sündhafte, Verbotene zu verwandeln.

--
miriam
carlos1
carlos1
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Re: Was ist die Seele?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf miriam vom 21.10.2009, 10:54:45

"Weißt du wie lange man in den Naturwissenschaften forscht, um dann Ergebnisse zu veröffentlichen?
Hast du wenigstens eine blasse Ahnung von den kleinen Schritten die ein Wissenschaftler geht, bis er auf seinem Gebiet etwas behauptet?" miriam an hema


Ich gebe dir recht, miriam, wenn du feststellst, dass kleine Schritte gemacht werden in der Wissenschaft und dass sorgfältig geprüft wird, wenn Ergebnisse veröffentlicht werden. Der im Publikum vorhandene Eindruck ist aber der, dass es eine derartige Fülle von Entdeckungen gibt, die alle seitherigen Erkenntnisse - auch die, die bisher als unumstößlich galten - über den Haufen geworfen haben. Dabei geben die Leistungen der Forschung Anlass zu eher großen Bescheidenheit. Jede Entdeckung, besser: jedes neue Forschungsergebnis, wirft mehr Fragen auf als es beantwortet. Der angesprochene häufige Paradigmenwechsel - eine Neuausrichtung der Denkweise, das Beschreiten anderer Wege zur Erkenntnis - lässt darauf schließen. Wenn hema sich ein vereinfachtes Bild von der Funktionsweise unseres Hirns macht, indem sie einen lenkenden „Geist“ als Steuerungsinstanz dieses Organs annimmt, so ist das Glaubenssache und kein Anlass „Dampf abzulassen“, miriam. Es genügt, wenn andere Meinungen geäußert werden. Die ordnende Hand eines „Geistes“, einer Instanz in unserem komplexen Denkorgan ist eine Hypothese. Voraussetzung für das Funktionieren der komplizierten „Maschine“ Hirn ist diese oberste Instanz nicht.

"Ich beobachte mit Sorge diese nicht nur hier feststellbare Leichtfertigkeit mit der nur ein Un- oder Halbwissender Wahrheiten (meist im wissenschaftlichen Bereich), von sich gibt." miriam


Wenn es ein Halbwissen der Wahrheit gibt, dann setzt du stillschweigend ein Allwissen voraus. Wo ist das zu finden? Wo also ist die reine und vollständige Wahrheit?

"Ich schrieb gestern oder in diesen Tagen, dass einer der wichtigsten Aspekte bei den Forumsdiskussionen, für mich das Infragestellen der eigenen Meinung oder Auffassung ist (sinngemäß)." miriam


Mein volle Zustimmung. Der Weg ist die Wahrheit. Es ist erfreulich, dass andere Meinungen und Auffassungen zu finden sind und eine Auseinandersetzung möglich ist. Zum Glück gibt es da unseren Webmaster, der eingreifen kann.

„…zeigt mir immer wieder auch einen Aspekt des (Pseudo?)glaubens: seine Gefährlichkeit, dieses Missionieren mit unhaltbaren Argumenten - und machen wir uns nichts vor: auch dafür gibt es leider eine gewisse Anfälligkeit.“ Miriam


Ist richtig, was du schreibst. Aber du solltest hinzufügen, dass Leben überhaupt lebensgefährlich ist. Die Gefahr besteht, dass bei Hinweisen auf „unhaltbare Argumente“ bei Äußerungen im Forum dies leicht als Besserwisserei ausgelegt werden kann. Was für den einen „unhaltbare Argumente“ sind, ist für den anderen Lebensinhalt, letzter Halt, Weltanschauung. Wer immer sein ideologisches Schneckenhaus mit sich herumgetragen hat, wird sich bei Kritik dahin zurückziehen.

„Ich denke, Bildung hat in diesem Bereich seine tiefste und bedeutendste Rechtfertigung.“ Mart1


Sicher ist das so. Aber sie ist oft keine Hilfe. Was nützt es auf „Entfremdung“ hinzuweisen in der Literatur, auf das „Zu-sich-selber-Kommen“ des Menschen, wenn Literatur für andere nur „Datenmüll“ ist. Wo der platte Materialismus des 18. Jahrhunderts herrscht.

Das Split-Brain-Modell erregt Aufmerksamkeit, weil es durch wissenschaftliche Experimente nachweisbar geworden ist. In der Literatur ist es längst lebendig und bekannt als Phantasterei durch Stevensons Roman Dr. Jekyll and Mr. Hyde. In sprachlich und künstlerisch sensibilisierten Hirnen und schlichten, materialistisch orientierten begegnen sich zwei gegensätzlich Kulturen. Loretta zitiert Khalil Gibran

„Der Mensch weiß nicht, auf welche Weise die Seele aus der Knechtschaft der Materie befreit wird - außer nach ihrer Befreiung.“
„.... und nicht zu vergessen auch träumen, lieber karl.

Diese Weisheit zur Thematik "Seele" gefällt mir besonders gut und passt hervorragend zum Thema, wie ich finde
Khalil Gibran“ loretta


Die „Seele“ eines Zeitalters zeigt sich auch darin, wie geträumt wird, wie kommuniziert wird, wie gesprochen wird. Wir kommunizieren nicht in Algorithmen und mathematischen Formeln, sondern in unserer Sprache, leben nicht allein von der Tonnenideologie (maximale Produktionsziele).
c.

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anderl
anderl
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Re: Was ist die Seele?
geschrieben von anderl
als Antwort auf carlos1 vom 21.10.2009, 19:54:46

--
andeIst Seele nicht ein Begriff wie Leben,Liebe,Glauben,
Oder vor allem Moral?
Andere akzeptieren wie sie sind,das denk ich ist Seele. Man sagt ja auch eine Seele von Mensch.
rl
Re: Was ist die Seele?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf carlos1 vom 21.10.2009, 19:54:46
Ich lese gerade „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ von Richard David Precht und finde seine Einlassungen zu diesem Thema sehr spannend und erhellend. Precht schreibt, dass es mehrere Ich-Zustände gibt, die (einfach ausgedrückt) in der Realität des Gehirns „zusammengekocht“ werden (er erklärt das alles vorher ausführlich an Hand der Gehirnstrukturen). Es gibt also kein „Ich-Zentrum“, keinen sogenannten einheitlichen „Kern“, kein „wahres Selbst“, das man irgendwo absolut dingfest machen könnte, also keine „Seele“ im eigentlichen Sinn, sondern eine Aufteilung in mehrere Ichs, die aber dennoch von einem wie er sich ausdrückt, „Strom der Ich-Empfindungen“ zusammengehalten werden.
Er führt nämlich weiter aus, dass die verschiedenen Ich-Zustände der Hirnforschung sinnvolle Einteilungen, „aber dennoch Konstruktionen sind, die sich nicht immer mit holzhackerischer Sicherheit aufspalten lassen“. Zitat: „Keinesfalls beweisen sie, dass aus alledem nicht eine Gesamtbefindlichkeit entsteht, die man, wie manche Hirnforscher, einen 'Strom der Ich-Empfindungen' nennen kann“ (was also, so verstehe ich ihn, das ist, was wir als „Seele“ bezeichnen) .
Noch ein Zitat von Precht: „. . . Stattdessen haben wir ein schillerndes, vielschichtiges und multi-perspektivisches Ich. Denn die Hirnforschung beweist nicht, dass es kein Ich gibt, sondern dass unser gefühltes Ich ein unglaublich komplizierter Vorgang im Gehirn ist, so faszinierend, dass wir nach wie vor allen Grund haben, darüber zu staunen.

Und das sehe ich auch so: „dass wir nach wie vor allen Grund haben, darüber zu staunen“. Denn selbst wenn es kein einheitliches Ich, keinen „Kern“ oder keine einheitliche „Seele“ in dem Sinne geben mag, wie wir das gern hätten, so mindern diese Erkenntnisse der Hirnforschung nicht die Faszination dessen, was den Menschen ausmacht und nehmen ihm nichts von seinem Wert, im Gegenteil: Ich finde die Erkenntnis, dass es mehrere Ichs gibt, ungemein spannend und sogar fast erleichternd, weil sie bedeutet, dass man sich nicht festlegen lassen und auch nicht selber festlegen muss. Denn wir neigen bekanntlich dazu, Menschen in Schubladen zu sortieren mit der Erwartung, dass sie und auch wir selbst immer einem bestimmten Bild zu entsprechen haben. Damit berauben wir uns vielfältiger Möglichkeiten, und ich finde es gut zu wissen, dass diese Erkenntnisse uns mehr Spielraum geben.
--
Marina
carlos1
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Re: Was ist die Seele?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf anderl vom 21.10.2009, 20:31:42

" wird zu einem Ding, einer Wesenheit, der man auch entsprechende Eigenschaften zuordnen kann ..." felix

"Wir benötigen Begriffe wie Seele, Natur, Sünde, Freude, Leiden, Denken, Geist, Charakter, Gutes, Böses, Liebe, um damit und darüber nachdenken zu können." Karl


"Begriffe wie , , , , , etc. umschreiben einen abstrakten Sachverhalt.
"So ein Blödsinn. Die Natur ist doch kein Sachverhalt und abstrakt ist sie auch nicht!
Bitte schau mal aus dem Fenster.
Ich kann die Natur sehr real sehen und die Liebe sehr real spüren." hema


Ich bin mir nicht sicher, ob Felix nicht bewusst eine Falle gestellt hat, damit hineingetappt wird. Er verwendet das Wort Hypostasie und spricht von "Verdinglichung", dann wieder Wesenheit. "Die Seele wird zu einem Ding." Seele, ein Ding! Ein Unding?

Karl wiest darauf hin, dass wir die Begriffe brauchen, um über Sachverhalte, Inhalte nachzudenken. Damit wird die Seele nicht zum Ding. Kant hat den Begriff Hypostasie erstmals kritisch verwendet. Der Begriff stammt eigentlich aus der Theologie.
Um über die Seele oder die Natur nachzudenken denken wir über den Bedeutungsgehalt von Worten nach, sie werden damit zum Untersuchungsobjekt. Ihr Objektsein erhalten sie aber erst durch einen Gesamtzusammenhang (Individuation). Hema sieht die Naur real, wie sie meint. Tatsächlich sieht sie aber einzelne Bäume, Baumgruppen, einzelne Sträucher, Vögel im Geäst, eine Wiese. Sie erlebt Natur in einer kontextuellen Struktur. Diese ist als Begriff notwendig abstrakt. Nicht jedoch die einzelnen sichtbaren Objekte der Natur. Ist "Natur" nun real oder abstrakt? Ein Wort ist als Zeichen nicht real, aber bedeutet etwas in Bezug zu anderen Elementen der Sprache.

Ein andere Möglichkeit über die Seele nachzudenken - sofern gewünscht - ergibt sich aus der Möglichkeit ein Objekt in seiner Opposition zu betrachten. Seele in Opposition zum Leib. Gibt es eine Leib ohne Seele und umgekehrt? Das Gute erhält seine Bedeutung vom Bösen. Welche Bedeutung hat das Gute, wenn es das Böse nicht mehr gäbe? Wer hat das Böse in die Welt gesetzt, wenn Gott, der Schöpfer das Gute verkörpert? Ist Gott der Schöpfer auch des Bösen?

Binäre Gegensätze gibt es en masse: Oben/unten; Frau/Mann; Schnell/langsam; Jung/Alt .... Alle diese Bedeutungen hängen eng mit dem andern zusammen. Ohne das Böse gäbe es das Gute nicht. Ohne Jung gäb es kein Alt, ... .

Wir haben es mit sprachlichen Zeichen zu tun, die Bedeuungsträger sind und dem Inhalt dieses Bedeutungsträgers. Die Bedeutung selbst ergibt sich aus der Differenz zum Gegensatz. Mit der Veränderung des Bösen verändert sich das Gute, ebenso verändert sich mein Jungsein mit dem Altwerden ....etc.

Religiöse, politische, kulturelle Erscheinungen lassen sich erklären in einem größeren strukturellen Zusammenhang. Darauf sollten wir Wert legen, wenn wir über solche Begriffe sprechen. Sie haben Realität in einem anderen Sinne als wir meinen.

c.




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carlos1
carlos1
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Re: Was ist die Seele?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.10.2009, 11:51:02

Danke für den guten Hinweis, marina. Habe den Beitrag erst lesen können, als ich meinen letzten reinsetzte.

c.
miriam
miriam
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Re: Was ist die Seele?
geschrieben von miriam
als Antwort auf carlos1 vom 21.10.2009, 19:54:46
Danke dir Carlos für deinem Beitrag von gestern 19.54 - ich komme erst jetzt dazu ihn zu beantworten.

Erst einmal zum Halbwissen und Unwissen – bzw. das von dir als Gegensatz genannte Allwissen. Ich habe ja nicht den Begriff der Wahrheit daran gehängt, habe natürlich dies auch nicht gemeint.

Allwissen der Wahrheit würde ja bedeuten, dass es nicht nur eine subjektive Wahrnehmung gibt – nein, auch eine objektive – dass diese nicht besteht, wissen wir ja.
Nach meinem Empfinden bezieht sich Unwissen und Halbwissen auf einen gewissen Bereich (der Naturwissenschaften, der Geisteswissenschaften – etc…)
Allwissen hingegen klingt nach einem alles umfassendem Wissen – m.E. können die beiden ersten Begriffe nicht als Gegensatz zum Begriff den du in die Diskussion (um nicht zu sagen ins Spiel…) gebracht hast, betrachtet werden.

Noch ein Aspekt scheint mir sehr wichtig in diesem Zusammenhang:

Mir scheint, dass die Wissenschaften als einziger (umfassender) Bereich eine Art von Kontrollmechanismus – besser gesagt: Selbstkontrollmechanismus besitzen, die fast schon ein Garant sind für ein mehr oder weniger fehlerfreies Funktionieren.
Wirklich gefeit sind die Wissenschaften aber dadurch nicht von Fehlerquellen oder sogar Betrugsabsichten. Doch werden diese schneller entdeckt bzw. enttarnt als in anderen gesellschaftlichen Bereichen.

Warum aber dieser oft feststellbare Versuch anders als wissenschaftlich bestimmte Phänomene zu erklären die eigentlich innerhalb der Wissenschaften ihre Erklärungen auch finden sollten?
Einer der Gründe könnte die extreme Spezialisierung der wiss. Bereiche sein – die Folge ist u.a., dass die Naturwissenschaften allgemein, vielen als intransparent, unbegreiflich erscheinen.
Hier folgt natürlich eines meiner Lieblingssteckenpferde – der Hinweis auf Alexander von Humboldt.
Auch wenn durch die Entwicklung dies problematischer wird: Humboldt bleibt bis heute der Inbegriff eines humanen Wissenschaftlers.

Durch diesem letzten Satz können wir uns doch ruhig sagen, dass wir beim Thema geblieben sind – und weiterhin über die Seele sprechen, in einem etwas veränderten Kontext.

Carlos - zu den anderen Aspekten deines Beitrags vom 21.10.09 19.54, versuche ich morgen etwas zu schreiben.

Liebe Grüße in die Runde

Miriam
felix
felix
Mitglied

Re: Was ist die Seele?
geschrieben von felix
als Antwort auf carlos1 vom 22.10.2009, 12:39:06
Dass ich mit Absicht eine Falle stelle, ist eine hässliche Unterstellung, die ich klar zurückweise!

Auch ist der Hinweis auf die Verdinglichung des Begriffs "Seele" kein Unding.

Wir haben hier ein typisches Problem der Semantik, der Bedeutungslehre!
Ein Begriff entsteht indem sogenannte Invarianzen verknüpft werden.

Beispiel mit dem Begriff "Flasche".
Obwohl es beinahe unendlich viele sinnliche Eindrücke und Formen dieses Gegenstandes gibt, gibt es typische Strukturähnlichkeiten bei allen. Gefässeigenschaft, füllbarer Hohlraum, Formmerkmale etc. Interessant ist z.B. der Übergang wenn man die Proportionen von Breite und Höhe langsam einem "Trinkglas" angleicht. Es gibt dann Zwischenformen, die nicht klar zugeordnet werden können.

Viel komplexer ist es bei abstrakten Begriffen wie "Schönheit" oder "Bosheit". Eine Erschwerung ist auch das Fehlen einer sinnlichen Wahrnehmung.

Ich weiss nun nicht ob dies zur Klärung oder Verunsicherung beigetragen hat?

--
felix
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Was ist die Seele?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf carlos1 vom 22.10.2009, 12:39:06

„Denn selbst wenn es kein einheitliches Ich, keinen „Kern“ oder keine einheitliche „Seele“ in dem Sinne geben mag, wie wir das gern hätten, so mindern diese Erkenntnisse der Hirnforschung nicht die Faszination dessen, was den Menschen ausmacht und nehmen ihm nichts von seinem Wert..“ marina



Das ist ein wichtiger Punkt: Kein Ich-Zentrum, kein einheitlicher Kern, kein wahres Selbst. Ein Beispiel dafür, wie Realphilosophie – gab es schon im 19. Jahrhundert bei Hegel, der Begriff stammt von ihm – Erkenntnisse der Naturw.schaft aufnimmt und deutet.

Das von dir erwähnte Buch Prechts habe ich nicht gelesen und bin kein Hirnforscher. Aber über die Datenmengen, die stündlich und täglich über unsere Sinnesorgane in verschiedenen Teilen unseres Hirns ankommen (als elektrische Signale) und dort in Bilder, Töne etc umgesetzt werden (wie?), habe ich mich früher schon informiert. Sie ist gewaltig. Die allerwenigsten Daten werden verarbeitet. Datenmüll en masse, von unserem Hirn ausgeschieden. Nach welchen Kriterien wählen „wir“ aus? Es geschieht unbewusst. Sind wir also wir selbst es, die denken? Der Strom der Empfindungen (stream of consciousness in der Literatur) ist ein Teil unseres Selbst, der „Seele“ sozusagen. Natürlich kommen da jeweils individuelle „Ströme“ zusammen.

Das Staunen darüber, wer wir sind mit unserer Sinnesausstattung ist ein Teil der Ehrfurcht, den wir vor der Schöpfung (eigentlich) haben sollten, wir sind ein Teil davon. Einen fundamentalen Gegensatz zu religiösem Denken – Jesus – erkenne ich nicht (die Unsterblichkeit der „Seele“ will ich ausklammern, der Gedanke geht auf Platon zurück. Die Schau der göttlichen Ideen ist nach ihm Aufgabe der Seele, theorein = Gott schauen). Die Einzigartigkeit jedes Individuums verbietet gerade den Christen andere in eine Schublade zu stecken. Die Würde des Menschen untersagt das. Die Unmittelbarkeit der Beziehung zu Gott verleiht der Achtung vor dieser Würde (Wert des Menschen) Ausdruck und bleibt auch im nicht religiösem Bereich (Menschenrechte) Aufgabe.

Einen schönen TGag noch

c.

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