Forum Politik und Gesellschaft Religionen-Weltanschauungen Über die Unzulänglichkeit eines Gottes

Religionen-Weltanschauungen Über die Unzulänglichkeit eines Gottes

felix
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Re: Über die Unzulänglichkeit eines Gottes
geschrieben von felix
als Antwort auf hema vom 31.12.2007, 12:38:42
Die Fragestellung und die daraus entstandene Diskussion ist zwar begreiflich und durchaus auch ein Zeichen dafür, dass kritisch-denkende Menschen nicht bereit sind, alles zu glauben, was man ihnen vorgibt.
Andererseits ist es müssig, diese Frage zu stellen, denn der Inhalt des Glaubens weist typisch menschliche Züge auf, da alles eine menschliche Erfindung und deshalb erwartungsgemäss auch unzulänglich sein muss.

Was man sich fragen könnte wäre:
"Weshalb halten trotz der klaren Widersprüche soviele Menschen die Glaubensinhalte für absolute Wahrheit?"
--
felix
eko
eko
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Re: Über die Unzulänglichkeit eines Gottes
geschrieben von eko
als Antwort auf felix vom 03.01.2008, 01:24:13
""Weshalb halten trotz der klaren Widersprüche soviele Menschen die Glaubensinhalte für absolute Wahrheit?"

@ Felix: Ich lass das mit den angeblich so "klaren Widersprüchen" einmal ausser Acht und versuche es mit einer Antwort auf Deine Frage, warum die Menschen die Glaubensinhalte für absolute Wahrheit halten.

Ich denke, dass man da schon ein paar Jahrhunderte zurück gehen muss, zumindest bis ins von uns so bezeichnete "finstere Mittelalter", also in die Zeit, als die Kirchenfürsten das große Sagen hatten. Und die haben ja ihre Schäflein damit diszipliniert, dass sie Gott als den fürchterlich zornigen und strafenden darstellten, dem man sich zu unterwerfen hatte. Und diese Praxis hat sich(sicher mit Veränderungen) bis ins 20.Jahrhundert gehalten. Als junger Bräutigam bin ich vor 50 Jahren meiner Braut zuliebe von der evangelisch-reformierten in die evangelisch-lutherische Kirche eingetreten und wurde vor dem Empfang des Abendmahls mit einem Sündenbekenntnis konfrontiert, das ich damals zwar treu und brav mitgesprochen habe, das mir aber heute die Haare zu Berge stehen lässt. Es lautete - wenn ich mich noch recht erinnere - folgendermaßen:

"Ich armer sündiger Mensch bekenne Dir Gott, meinem Schöpfer und Erlöser, dass ich nicht allein gesündigt habe mit Gedanken, Worten und Werken, sondern dass meine ganze Natur und all mein Wesen vor Deiner Gerechtigkeit sträflich und verdammlich ist. Deshalb fliehe ich zu Deiner grundlosen Barmherzigkeit, suche und erbitte Gnade, Herr, sei mir Sünder gnädig"

Wenn man sich das mal "auf der Zunge zergehen lässt", braucht man sich nicht zu wundern, weshalb viele Generationen sich klein und hässlich vorkamen, zumal ja die weltliche Gewalt schließlich noch das Ihre dazu beitrug, aus den Menschen Duckmäuser zu machen.

Aber so, wie man durch ein solches "Sündenbekenntnis" (übigens bin ich mir nicht sicher, ob darin nicht auch der Passus vorkam:"in Sünden empfangen und geboren bin") diszipliniert wurde, so wurde man ja auch in der Weise indoktriniert, dass die Bibel das "Wort Gottes" sei und und und. Auch der ganze Kirchenbetrieb war so eingerichtet, dass man gar nicht auf die Idee kam, da etwas in Zweifel zu ziehen. Deshalb sind viele Menschen, denen es nicht gelungen ist, sich davon zu lösen, diesem absoluten Denken auch noch heute verhaftet. Man würde ihnen den Boden unter den Füßen wegziehen, wenn man ihne zumuten würde, sich von diesem Denken zu lösen. Meine damalige Braut ist seit 30 Jahren meine Exfrau, aber sie hat sich davon noch nicht gelöst.


Betrachtet man nun aber die Kirchevon heute, also Anno 2008, so hat sie sich doch in großen Teilen von diesem Denkschema des zürnenden und strafenden Gottes gelöst. Jenes Sündenbekenntnis ist längst abgeschafft und ich bin mir sicher, dass viele von denen, die hier so sehr über Gott und die Kirche lästern, sich die Augen reiben würden, wenn sie mal sehen würden, was in vielen Gemeinden beider Konfessionen für fortschrittliche Thesen praktiziert werden. Und da werden oft auch sehr "heiße Eisen" angefasst und bearbeitet. Deshalb finde ich es nicht in Ordnung, wenn hier alles über einen Kamm geschert wird und dann darüber gelästert wird. Diejenigen, die hier so lästern und sich dabei so furchtbar fortschrittlich vorkommen, sind in meinen Augen die wirklich rückständigen Leute, denn sie wissen nichts oder nicht viel von dem, was heute in der Kirche, womit ja die Kirchengemeinden gemeint sind, so abläuft. Man sieht es ja daran, was sie sich für ein Gottesbild gemacht haben. Sie setzen Gott auf eine Stufe mit ihresgleichen, labern davon, dass er Kriege zuließe, daß Menschen Unglücke erleiden, Klumpfüsse bekommen und und und. Meiner Auffassung nach hat Gott die Menschen erschaffen und ihnen eine Geist gegeben, damit sie quasi in Selbstverwaltung ihr Leben einrichten können. Ich halte Gebete gegen Krieg, Gewalt und für Frieden für nutzlos, denn das ist die Sache der Menschen selbst. Und wenn die Frage aufgeworfen wird, warum Gott dieses und jenes "zulässt", dann setzt man Gott der Beliebigkeit aus.

Ich werde meinen Gott niemals um eine Vergebung bitten. Ich werde auch nicht zu ihm beten, dass er doch Frieden schaffen möge, Unglücke verhindern, Gesundheit verleihen und und und... Aber ich danke ihm stets dafür, dass er mich beschützt und bewahrt. Für alles andere muss ich selbst sorgen. Ich weiß, diese Einstellung ist für manche hier ein bisschen außerhalb, aber mir geht es gut dabei.

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eko
felix
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Re: Über die Unzulänglichkeit eines Gottes
geschrieben von felix
als Antwort auf eko vom 03.01.2008, 23:28:13
Hallo eko,

schön dich wiedereinmal als Diskussionspartner anzutreffen. Da dir meine Meinung über Gott, Religionen und Kirchen ja schon von direkten Gesprächen bekannt ist, brauche ich mich nicht zu denen zu zählen, die Gott vermenschlichen und ihn für das Unheil auf der Erde veranrwortlich machen.
Ich verstehe durchaus, dass sich viele Mensch gerne von einer göttlichen Macht behütet fühlen möchten. Das Gebet ist in der Regel auch eine Bitte um Hilfe in der menschlichen Not.
Du aber siehst die Verantwortung bei dir selber. Dies ist auch kein Widerspruch zu meiner Auffassung ... nur sehe ich dabei die Existenz einer göttlichen Macht als nicht notwendig.
Der etwas zynische Ausspruch: "HILF DIR SELBST ... SO HILFT DIR GOTT! weist ja in die gleiche Richtung, entspricht aber vermutlich nicht deiner Auffassung.
Ich lege Wert darauf, hier wiedereinmal klar zu stellen, dass ich nicht gegen etwas lästere oder mich über Gläubige mokiere, sondern lediglich begründe, weshalb ich daran nicht glauben kann.

Ich wünsche dir und deinen Lieben fürs 2008 alles, was dich glücklich macht, und hoffe, dich bald wieder einmal in Fleisch und Blut anzutreffen.
--
felix

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dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Über die Unsinnigkeit eines Gottes
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf eko vom 03.01.2008, 23:28:13
@eko

ich habe deinen beitrag sehr aufmerksam und mehrmals gelesen und finde ihn sehr interessant. als "heide" staune ich natürlich immer, warum so viele menschen einem konstrukt folgen, das so offensichtlich nur erdacht, altertümlich und vor allem von menschen erträumt sein kann und nicht beweisbar ist.

ich lasse jedem seinem glauben und freue mich, wenn er daraus kraft für ein gutes und gemeinnütziges leben schöpft. sehr interessant finde ich jedoch deine ausführungen zur KIRCHE, die ja offensichtlich nicht zwingend mit dem GLAUBEN verbunden sein muss. religionen und kirchen wurden und werden zur POLITIK mißbraucht.

ich hoffe nicht, daß wieder jemand behauptet, ich würde auf die RKK "eindreschen", aber mir ist das gehabe, gerede und vor allem die geschichte beinahe aller RELIGIONEN so dermaßen zuwieder, wie der geschmack einer verdorbenen kartoffel.

p.s.: ein pastor kommt nach seinem tod in den himmel und fragt dort GOTT, welcher glaube ihm der liebste sei: jüdisch, evangelisch, katholisch, muslimisch, oder weißgottwas?
GOTT antwortet: "ach weißte, für religionen hab ich mich noch nie interessiert."
longtime
longtime
Mitglied

Re: Über die Unsinnigkeit eines Gottes
geschrieben von longtime
als Antwort auf dutchweepee vom 04.01.2008, 02:06:24
Ob Gott oben - ob Kardi Meisner hier unten in den Niederungen der Lästigkeiten und Lästerungen:

Hier gibt es wenigstens Neuigkeiten; so lange der Kardinal es uns noch gestattet, von ihm zu hören...

--
longtime
hugo
hugo
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Re: Über die Unzulänglichkeit eines Gottes
geschrieben von hugo
als Antwort auf eko vom 03.01.2008, 23:28:13
hallo eko. Na, da scheinst du ja in deinem Leben auch schon allerhand unterschiedliche (von zufriedenstellenden bis zu widersprüchlichen ) Begegnungen und Kontakten zu kirchlichen Einrichtungen und deren "Würdenträgern" verinnerlicht zu haben.

Bei Dir hat das nun anscheindend nicht ausgereicht für eine völlige Abhängigkeit, für totale Unterwerfung,,, du hast Dir eine gewisse Selbständigkeit des Denkens und Glaubens behalten.

Nun ist mir nicht völlig klar, wie es dazu kam.
Haste diese Deine Eigenansicht nun gegen Widerstände erstritten, wurde Sie Dir mitgegeben vom Elternhaus, ist sie im Laufe des Lebens gewachsen oder wie muss man sich das vorstellen ?

Als wir beide und felix und dutch und alle anderen mal geboren wurden hatten wir doch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt einen völligen Gleichstand in punkto Glauben Religion Gott,,nämlich Null

In der Kindheit begann dann der Einfluss des Umfeldes wirksam zu werden- besonders vermutlich der Eltern, Großeltern, Nachbarn, Lehrer usw..
und nun ist aus uns allen eben das geworden -in Sachen Gläubigkeit, Frömmigkeit, Heidentum, usw.- was wir hier vor uns sehen,,

und da sind die 6 Milliarden Menschen aus anderen Gegenden dieser Erde mit völlige anderen Lebensläufen und Denkrichtungen noch gar nicht angesprochen,,

was ich damit sagen möchte: im Laufe der Evolution (nehmen wir nur mal die letzten 10 000 Jahre)sind also nur ein minimaler Bruchteil aller Menschen mit dem Christentum der christlichen Lehre in Kontakt geraten

(und darunter waren viele Millionen wie z.B in Übersee Afrika Südamerika usw. denen diese Religion in Verbindung mit Raub, Plünderung, Versklavung nahegebracht wurde, wie übrigens in anderen Weltreligionen z.T auch nicht unbekannt, da macht das Christentum keine Ausnahme)

Also wie erklärst Du Dir das Du so Einiges in Zweifel ziehst (sogar die Haare stehen Dir zu Berge bei bestimmten Vorstellungen und Betrachtungen) das Du es geschafft hast,
das es Dir gelungen ist, Dich davon zu lösen und Du diesem absoluten Denken heute nicht mehr verhaftet bist?

hattest Du Glück das Du in die "richtigen" Hände geraten bist, war es Selbsterkenntnis auf lange Dauer oder kam es wie ein Blitz aus heiterem Himmel.?

Ich hatte solch ähnliche Situation wohl schon in jungen Jahren, hab meine Wandlung aber zur völligen Abkehr vom "Glauben nach christlichem Vorbild" damals durchgemacht sicherlich sehr unterstützt, begünstigt, mitverursacht durch das sich über mich mit aller Macht überstülpende, sozialistische Gesellschaftssystem -um es mal ein wenig salopp auszudrücken.

Irgendwie werde ich aus deinen Beiträgen oft nicht richtig schlau. Dein letzter auf den ich mich beziehe -allein gelesen- ok damit kann ich zurande kommen, wenn ich aber daran denke wie gewaltig Du auch gegen Religionskritiker zu Werke ziehen kannst, mit welcher Vehemenz Du dich für das Christentum ja sogar für die obersten (aus meiner Sicht, Verführer) ins Zeug legen kannst, mit welchem Elan Du z.B den uneinsichtigen hugo in Grund und Boden stampfst wenn er mal aus deiner Sicht, wieder "völlig daneben lag" mit seiner Meinung,,,da denke ich oft hm, der arme eko, welch gespaltene Persönlichkeit, mal säuselt er, mal sät er Wind, mal saust er auf die Palme geschwind,,,*g*

Ps, was hältst Du von den zehntausenden Läden (auch im Internet) in denen religiös angehauchte oder den Anspruch darauf erhebende Artikel für viele Milliarden Euro umgesetzt werden. Wer steht da dahinter,? das kann doch nicht alles vom Vatikan gemanagt sein und in dessen Taschen fließen

allein unter "Devotionalien" oder unter "kirchliche Kunst" tummeln sich eine halbe Million Internetadressen, die DDR hatte schon allerhand zu bieten an Honeckerbildern an DDR Fähnchen, an Wappen und Ehrenzeichen, aber im Vergleich zu dem religiös ausgerichteten Anbieterrummel war sie ein Waisenknabe,, *g*

--
hugo

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schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Über die Unzulänglichkeit eines Gottes
geschrieben von schorsch
als Antwort auf hugo vom 04.01.2008, 09:42:28
Schmunzel....

Könnte glatt von mir sei!

--
schorsch
felix
felix
Mitglied

Re: Über die Unsinnigkeit eines Gottes
geschrieben von felix
als Antwort auf dutchweepee vom 04.01.2008, 02:06:24
Hallo dutchweepee,

unsere Ansichten decken sich in diesen Punkten weitgehend. Leider gibt es aber auch hier im ST-Forum noch einige Fundis, die der Meinung sind, wir seien schlichtweg Ketzer und Lästerer, die zu gewissen Zeiten eliminiert werden durften.
Wenn mich jemand nach meiner Religionszugehörigkeit fragt, pflege ich zu antworten: "ICH VERSUCHE MIR ÜBER DIE WICHTIGEN DINGE IM LEBEN EIGENE GEDANKEN ZU MACHEN!"
Das ist doch legitim.
Zudem kann ich mich in der Regel mit den ethischen Forderungen der Religionen weitgehend einverstanden erklären. Für mich zählt aber nur der Tatbeweis. Mit frommen Sprüchen lasse ich mich nicht abspeisen.

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felix
Karl
Karl
Administrator

Als Gott noch in der Mitte des öffentlichen Lebens thronte ...
geschrieben von Karl
als Antwort auf longtime vom 04.01.2008, 08:17:50
Hallo longtime,

sehr gut auf den Punkt gebracht wurde von Zeichner König die Frage "Wo war denn bitte als Gott noch in der Mitte der Gesellschaft thronte Ethik und Moral"? Aber das soll sich doch jeder selber anschauen.
--
karl
felix
felix
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Re: Über die Unzulänglichkeit eines Gottes
geschrieben von felix
als Antwort auf hugo vom 04.01.2008, 09:42:28
Der Handel mit Devotionalien, der im Gegensatz zu den Reformierten bei den Katholiken noch weit verbreitet ist, zeigt auf, dass der magisch-animistische Glaube der Urbevölkerung noch weit verbreitet ist.
Viele Geistliche tun sich schwer damit. Thologisch passt dies ja alles nicht in ihr Konzept. Aber was nimmt man alles in Kauf, um die Massen bei Laune zu halten!
--
felix

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