Religionen-Weltanschauungen Gott ist tot?
@britti,
ganz ähnlich habe ich bei meinem Vater Sorgenfalten auf der Stirn ausgelöst. Ich fragte ihn, der behauptete, diese Feinheiten der Natur müsse doch ein Schöpfer gemacht haben: "Und wie ist solch ein toller Gott entstanden, der eine ganze Welt erschaffen kann?"
"Gott" ist nur eine Problemverschiebung auf die nächste Ebene, die dann zu hinterfragen tabuisiert wird.
Karl
Somit ist Gott beides, tot und lebendig, unbewusst und bewusst. Er ist das Ganze. Ist das Ganze "gemacht"? Wenn es gemacht wäre, gäbe es noch einen Gott dahinter der alles gemacht hätte. Der gehört aber auch zum Ganzen! Ist somit Gott Entwicklung? Ein Prozess?
Natürlich kann man einen Prozess 'Gott' nennen, nur - wenn dieser Prozess 'das Ganze' ist, dann sind wir ein Teil, ein Aspekt dieses 'Gottes' - der dann natürlich nicht tot ist, weil der Prozess ja weiterhin abläuft; und wenn das Ganze einmal beendet sein sollte, ist niemand mehr da der seinen Tod feststellen könnte...
() qilin
Jeder ist ein Teil Gottes - das entspricht meinem Gefühl und meinem Verstand.
Wenn der Prozes (das Ganze) abgeschlossen ist...siehe qilin...ist niemand mehr da....
Es heisst, in der virtuellen Welt (subatomar, Quantenphysik) gibt es weder Zeit noch Raum.
Ohne Zeit kann aber nichts abgeschlossen sein, denn es gibt kein vorher und nachher.
Das heisst, er ist ewig. Und ohne Raum heisst, er (der Prozess, Gott, das Nochnichtgewordene)
ist überall. (Hoffentlich kriege ich jetzt keine Kopfschmerzen - )
Hm - ja, das kann ich nachvollziehen - der Prozess findet überall und jederzeit statt.
Den aber dann 'Gott' zu nennen scheint mir missverständlich - als Gott verstehen
wir doch eher eine bewusste 'personhafte' Wesenheit, die konkrete Taten setzt und
Meinungen hat - und das was ich als 'relative Eigenschaften' bezeichnet habe...
() qilin
Das hat was für sich - es erhebt sich nur die Frage, ob Jemand, der Gott in sich trägtDas ist ja die Kardinalfrage: Hat Gott die Menschen erschaffen - oder eher umgekehrt?
ohne Einflussnahme irgendeiner Kirche, den nicht vielleicht selbst erschaffen hat...
() qilin
qilin, ich würde auch in grosser Not keinen "Prozess" anrufen, aber auch keine Persönlichkeit. Eher noch die Weisheit der Natur oder des Unbewussten.
schorsch, in den östlichen Weisheiten spricht man von Ko-Emergenz und meint damit individuelles und universelles Bewusstsein oder Methode und Weisheit die zusammen entstehen. Daraus schliesse ich, dass zu Gott 2 Seiten gehören, die zusammen entstehen und ein Ganzes bilden. Meine zeitliche Logik kapiert das auch nicht so richtig, aber im geistigen Raum (Quantenfeld?) ist das wohl möglich.
in den östlichen Weisheiten spricht man von Ko-Emergenz und meint damit individuelles und universelles Bewusstsein oder Methode und Weisheit die zusammen entstehen. Daraus schliesse ich, dass zu Gott 2 Seiten gehören, die zusammen entstehen und ein Ganzes bilden.Hm - in den östlichen Weisheitslehren ist Monotheismus, Polytheismus und Atheismus zu finden.
Daraus würde ich schließen, dass Gott für diese kein notwendiger Bestandteil ihres Weltbildes ist -
ebensowenig wie dessen Ablehnung natürlich...
() qilin
Ja qilin, Du hast Recht, ich hatte die östlichen Weisheiten vielleicht zu eng gefasst.
Meine bevorzugte Weisheit ist Zen - dort gibt es keinen Gott in unserem Sinn. Dort
wird Freiheit von Zeit und Raum erstrebt (Tod?) und Bewusstsein ohne es zu wissen.
Nichtwissen heisst die Möglichkeit zu wissen - und da sind wir wieder in der subatomaren Welt,
der Welt der vielen Möglichkeiten und einiger Wahrscheinlichkeiten.
Hm, da hast Du aber einiges Falsch verstanden. Im Zen gibt es gar keinen Gott. Trotzdem sind seine Anhänger keine Atheisten im klassischen Sinn. Die Weltanschauung ähnelt zwar dem Pantheismus, verzichtet allerdings auf dessen religiöse Attribute. Eine Kernaussage im Zen ist: "Eins ist alles und alles ist eins". Zen ist keine Religion im herkömmlichen Sinne, denn es gibt weder eine festgeschriebene Lehrmeinung noch ein Dogma. Wieso soll im Zen eine Feiheit von Zeit und Raum erstrebt? Das müsstest Du mir bitte noch einmal näher erklären. Ich bin Zenbuddhistin und strebe ganz sicher nicht ein Bewusstsein ohne es zu wissen an. Ich lebe sehr bewusst in all meinen Dingen. Das ist für mich Zen.
Das sollte fürs erstes als Antwort reichen, denn auch das mit der Welt mit vielen Möglichkeiten (die jeder Mensch hat, egal was er glaubt oder nicht glaubt) und einiger Wahrscheinlichkeiten (keine Ahnung was Du damit gemeint hast) hab ich nicht so recht begriffen. Liegt aber vielleicht daran, das Deutsch nicht meine Muttersprache ist.
LG Pucette
Hallo britti, das ist schön - ich bin ja auch ein alter Zennie, wenn auch nicht 'Glaubensbuddhist' - im Zen ist kaum einmal von Gott oder Göttern die Rede (außer natürlich bei christlichen Zennies wie meinem ersten Lehrer P. Enomiya-Lassalle), sonst gibt es ja im Buddhismus eine bunte Götterwelt (eine Übersicht habe ich einmal im ZenForum gefunden), die allerdings wenig praktische Bedeutung hat, da auch Götter dem Karma unterworfen und sterblich sind und nicht verehrt werden.
Freiheit von Zeit und Raum oder auch vom Tod gibt es IMO als Bewusstseinzustände, nicht als überprüfbare Tatsachen unserer Welt - da gibt es viele meist eher desillusionierende Zen-Geschichten.
Bei 'Bewusstsein ohne es zu wissen' läutet bei mir eine Glocke, ich weiß aber erstmal wenig damit anzufangen. Kannst Du das vielleicht näher explizieren?
Nichtwissen als Offensein und insofern Möglichkeit zu wissen ist eine wertvolle Eigenschaft, aber es gibt viel Nichtwissen das eben nicht offen ist, sondern mit Meinungen vollgestopft, so dass kein Wissen mehr Platz hat... Wie heißt es doch im Hsin hsin ming, einem uralten Zen-Text:
'Im Angesicht der Leere
ist Wechsel nur Schein.
Wahrheit zu suchen ist sinnlos,
aber verlerne zu meinen.'
() qilin