Reisen Wasser
Wenn Wasser rar wird, beschäftigt die Frage, woher es eigentlich kommt, wie es auf die Erde kam. Die Maya sahen es so, daß ihre Götter es sandten, also opferten sie diesen Menschen in grausamen Ritualen, sie ertränkten u.a. Jungfrauen in der heiligen Cenote in Chichen Itza. Ob das geholfen hat, Regen zu erwirken, ist nicht erwiesen. Dennoch bleibt zu erwägen, was denn der moderne Mensch für Regen zu opfern bereit wäre. Andere Theorien besagen, es kam mit den Asteroiden auf die Erde. Wie auch immer, daß alles Leben aus dem Wasser stammt, ist unbestritten Mensch zu einem hohen Anteil aus Wasser besteht, ist Tatsache und legt offen, daß ohne Wasser gar nichts mehr geht, ein Fortbestand des Menschen ausgeschlossen ist. Womöglich ist der Opfergedanke der Maya nicht zutreffend, aber vielleicht ein Hinweis, nicht Menschen, vielmehr dessen Überfluß- Gewohnheiten zu opfern, Wenn der Begriff Überfluß auch Fließendes involviert, so hat er nichts mit Wassererschaffen zu tun.
Still saß ich da an der Cenote, schaute hinunter in die Doline. War es nur Glaube, oder der Wille der Herrschenden, das Volk, des ausbleibenden Regens halber rächen zu lassen. Ein Urteil kam nicht zustande, auch weil ich nicht kompetent war, über das Verhalten eines vergangenen Volkes zu urteilen, ging hinüber zum Tempel, vor dem halb auf dem Rücken liegend Chac-Mool saß und legte in die Opferschale auf seinem Bauch trotz Widersprüchen meine Begeisterung nieder, worauf – auch wenn niemand mir das glauben wird – Wolken anschwollen und es heftig zu regnen anhob. Ich unterückte mir die Weisheit, daß es in Mexiko gegen Abend häufig regnet---
Schweigend dasitzend an der alles durchfließenden Straße in Teotihuacan wunderte ich über die Baukunst im Vergleich zum Götterkult des indigenen Volkes. Sicherlich verließen die Maya sich nicht nur auf den Erfolg von Opferungen, sie legten zum Erhalt des Wassers Kanäle an und bauten Dämme. Lag in ihrem Götterkult und in ihrem technischen Schaffen gar kein Widerspruch, sondern war die Götterverehrung der Vater aller Antriebe? Ich stand auf, ging hinunter zur Pyramide des Quetzalcoatl, setzte mich auf die Stufen, die von ihm in steinernen Gestalten als gefiederte Schlange gemeißelt gesäumt waren. Erinnerte, daß er nach seiner Schiffsreise nach Tlapallan zurück kehren wollte, um sein Reich wieder zu übernehmen. Leider ging das schief, weil das Volk in dem eingefallenen Cortez, der das Volk vernichtete, den zurück gekehrten Quetzalcoatl wähnte. Ich empfand, daß er körperlich gar nicht da sein mußte, sondern seine geistige Anwesenheit genügte. Zudem aus der Legende seine Worte hervortraten, er käme wieder, sobald die Wissenschaften regierten. Erstaunlich für einen Gott, der Wissenschaften preist, aber auch eine Logik dafür, daß der Glaube zum Wissen anregt, möglicherweise es auch erfordert. Später in Palenque, dort das Volk Himmelskunde bewies, und in Uxmal, dort die Pyramide 365 Stufen hat und mit 52 Seitenplatten verkleidet ist, also das Volk einen Kalender erschuf, der heute noch gilt. Der Eindruck, daß sich in der Mayareligion eine Schaffensakt verbarg, setzte sich bei mir dauerhaft fest.
Wie das Wasser ständig in Bewegung ist, so verlieren und bewegen sich Urteile durch Einsichten, die zu gewinnen Einfühlen erfordert, was dem, der durch die Zeit schreitet, in Tempeln und Pyramiden verweilt, Göttern begegnet gelingt, wenn er auch nur einen Hauch des allumfassenden Schaffens verspürt hat. Er wird wohl immer bemüht bleiben, das Gesehene in Erfahrenes umzuwandeln...