Reisen Reisen nach Russland
Es war kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion, dass wir in Russland waren - Gorbatchev war noch am Ruder - mit einer frz. Reisegesellschaft.
Wir waren zuerst in Moskau, dann in Kiev (die Ukraine gehörte ja noch dazu), und zuletzt in St. Petersburg.
Ich war von diesen drei Städten, die unterschiedlicher nicht sein können, fasziniert.
In Leningrad/ Sankt Petersburg, in der Metro, gab mir ein junges Mädchen demonstrativ eine Mickey-Maus (Verachtung westl. Touristen ?.) - die hab ich immer noch!😉
Ich würde gern noch einmal "ausführlich" nach Moskau, wird aber wohl nichts mehr.
Dann lese ich eben nochmal "Die Brüder Karamasov", habe ich in jungen Jahren gelesen und kann nich kaum erinnern.
Gruss Val
Anfang der 90er Jahre bekam ich den "Archipel Gulag" geschrieben von Alexander Solschenizyn geschenkt, sachlich und umfassend geschrieben in drei Bänden über das Lagersystem in Russland. Solschenizyn hatte selbst 8 Jahre in einem dieser Lager verbringen müssen, er wusste, wovon er schrieb. Die Erstveröffentlichung erschien 1970 in Paris, danach in anderen Städten, in der SU durfte es nicht erscheinen. 1974 wurde Solschenizyn aus der Sowjetunion ausgewiesen und kehrte erst 1994 wieder zurück.
Was ich nie gelesen habe, war Pasternaks Dr Schiwago, der dafür den Nobelpreis für Literatur bekam. Den bekam übrigens auch Alexander Solschenizyn.
Michiko
Angeregt durch dieses Thema habe ich mir den schönen Band "Wieviel erde braucht der Mensch? Volkserzählungen, Legenden und Gleichnisse" von Lew Tolstoi hervorgeholt und lese ihn nach Jahrzehnten wieder.
Danke für die Literaturhinweise, Michiko, Paustowski und Melnikow sind mir keine Begriffe, da googele ich gleich mal. Die "Aufzeichnungen" von Dostojewski habe ich in der Schule gelesen, ist mehr als 50 Jahre her, könnte ich auch mal hervorholen...
DW
Uninteressante Menschen gibt es nicht.
Jeder hat seine Geschichte, sein Gesicht,
das nur ihm gehört. Ein jeder ein Planet:
So reich, und keiner, der ihm gleicht. Versteht:
Auch wenn einer unauffällig lebt,
der nichts als Unauffälligkeit erstrebt,
ist er unter allen andern dann
durch seine Unauffälligkeit interessant.
Jeder hat seine geheime Welt,
von einem schönsten Augenblick erhellt,
von einem schrecklichsten Tag versehrt:
und allen andern ist sie ganz verwehrt.
Und wenn ein Mensch stirbt, stirbt mit ihm
sein erster Schnee aus jener grauen Früh,
sein erster Kuß nachts und sein erster Zorn:
und all das nimmt er mit sich fort.
Bücher bleiben uns und Brücken, Kram
und Maschinen, Leinwände, gut gerahmt
Geschmeide und Gelumpe – vieles bleibt:
und alles andre zerfällt mit seinem Leib.
Das ist das Gesetz dieses rohen Laufs,
nicht Menschen sterben: Welten hören auf.
Wir weinen ihnen eine Träne nach
und erkannten sie nicht am hellen Tag.
Was wissen wir vom Bruder und vom Freund,
von ihr, die nah uns ist und ferne träumt!
Vom eignen Vater, Gesicht gegen Gesicht,
wissen wir, alles wissend, nichts.
Die Menschen gehen fort… Dann sind sie fort.
Ihre Welten sind ein toter leerer Ort.
Und jedesmal, und denk ich dein,
möchte ich über dieses Ende schrein.
Übertragen von Volker Braun
Ich habe gerade gesehen, dass in Melnikows "In den Wäldern" die Altgläubigen eine Rolle spielen. Das ist insofern für mich höchstinteressant, weil meine Vorfahren einer Untergruppierung der Altgläubigen angehörten und deswegen auch Russland verliessen. Unter dem Zaren waren diese geschützt, aber nach der Oktoberrevolution war unklar, ob dieser Schutz weiter bestehen würde. Obwohl mein Opa politisch durchaus ein Freund der Kommunisten war, war ihm die Sache wegen seiner Religion zu heikel und er zog gen Westen...
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Ich staune, was Ihr in dem jungen Alter schon alles gelesen habt. Toll!!! Ich habe da noch Comics und "Bravo" gelesen ;-) Naja, trotz allem hat mich die "hohe" Literatur dann später doch noch gekrallt, auch beruflich ;-)
Aber gerade in dem Alter auf der Schwelle zum Erwachsenensein ist man doch besonders aufnahmebereit und begeisterungsfähig. 😉
Ich habe damals eine ganz neue Welt entdeckt; es gab so Schlüsselerlebnisse wie eben dieses Buch von Dostojewski oder ein Beethoven-Klavierkonzert, das mich ad hoc auf die klassische Musik brachte, was dann zur Folge hatte, dass ich, wenn ich nicht las, stundenlang abends vor dem Plattenspieler hockte, um mir seine Kompositionen oder die von Bach und Mozart reinzuziehen. Von heute auf morgen tauschte ich dann Radio Luxemburg, das ich vorher gern gehört hatte, gegen klassische Sender.
Und ich kann sagen, dass ich das meiste meiner klassischen Halbbildung genau aus der Zeit zwischen 16 und 20 habe, danach ging‘s bergab. 😉
Nämlich mit dem Beginn des „Fernsehzeitalters“, das hat mich dann auf die seichtere Spur gebracht, seitdem verbringe ich zu viel Zeit vor der Glotze, und seitdem lese ich weniger und auch weniger Anspruchsvolles.
Wenn ich mich so in die damalige Zeit zurückversetze, dann war sie eigentlich viel intensiver ohne Fernsehen und mit mehr Lesen und Musik hören. Eigentlich war ich ihn jungen Jahren viel anspruchsvoller und sowieso viel begeisterungsfähiger als jetzt. 😉
Entschuldigung, das hat alles nichts mehr mit Russland zu tun, so ist das mit den Assoziationen. Ich bin ab sofort still und verkrümel mich hier wieder. 😉
Statt einer Reise nach Russland denke ich immer an Russland.
Hauptsächlich aber, wenn ich in Tegernsee auf dem großen Parablui gehe, denn dort ist eine Gedenkstein anlässlich des Treffens des russischen Zaren, des Österreichischen Kaisers und (glaub ich) des bayerischen Königs, von allen weiss ich nicht die genauen Namen, aber man hält kurz inne. Wie klein doch manchmal die Welt sein kann und ein Kopfkino läuft los...
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Ach, Marina, letztendlich hat das doch mit dem Thema zu tun, einfach, weil russische Literatur Dir schon als junger Mensch so wichtig war! Ich war da wohl Spätzünder, das kam bei mir alles erst, als ich so 17, 18 war. Und mündete dann, als ich 20 war, in der Buchhändler-Lehre.
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Ha, ha, Waldler, wenn du wüsstest! Rate mal, welche Lehre ich gemacht habe! 😉
@edita,
der "Idiot" und die "Brüder Karamasow" von Dostojewski haben auf mich einen nachhaltigen Einfluss ausgeübt. Diese Bücher haben einen Tiefgang, den man eventuell noch bei Thomas Mann finden kann, aber sonst kaum.
Karl