Reisen Gotthard - Basistunnel

adam
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von adam
als Antwort auf hafel vom 16.10.2010, 10:20:47

Gestern habe ich bei einer Diskussion im Fernsehen einen Satz gehört(von wem weiß ich nicht mehr), der m.E. stimmt: "Die Deutschen sind nicht politikverdrossen, sondern politikerverdrossen."

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adam

luchs35
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von luchs35
als Antwort auf hafel vom 16.10.2010, 10:20:47
Unumstritten war das Projekt Gotthard-Basistunnel in der Schweiz ganz und gar nicht. Zu vieles blieb ungeklärt, nicht zuletzt durch verwirrende Finanz-Auskünfte des damals zuständigen Bundesrates für Verkehr, Adolf Ogi, dem eigentlichen "Vater" des Projekts.

Nach langem öffentlichen Tauziehen stimmten jedoch die Bürger 1992 für die Neat (Neue Eisenbahn-Alpentransversale).

Aber Moritz Leuenberger und Adolf Ogi waren sich in ihrem Gespräch gestern auch einig, dass eine heutige Abstimmung über dieses Jahrhundertprojekt negativ verlaufen würde. Die Milliardenbürde, deren Rückfinanzierung ziemlich in der Luft hängt, würde das Volk heute in der veränderten Wirtschaftslage nicht mehr tragen wollen.
Die Kosten sind völlig aus dem Ruder gelaufen, die Italiener haben andere Verkehrspläne, die Anbindung daran durch weitere Tunnels werden noch ein finanziellen Kraftakt kosten. Das Geld ist aber bereits aufgebraucht. In ca. 7 Jahren soll der neue Gotthard -Tunnel eröffnet werden. Wie weit jedoch sind dann die Anbindungen aus Deutschland, Frankreich und Italien?

Zum Champagner- Stolz, ein solches Jahrhundertwerk aus dem Boden gestampft zu haben , kommen also noch einige Becher bitteren Wermuts dazu.

Aber wann schon- in der Geschichte allgemein - wurden grosse Werke nicht unter grössten finanziellen und menschlichen Opfern geschaffen? Die Zukunft und die Geschichte wird zeigen, ob Neat nicht nur eine teure Illusion war.

Luchs
hafel
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von hafel
als Antwort auf luchs35 vom 16.10.2010, 11:27:03
@ Luchsi:

Ich kann mich noch sehr gut an die 100-Jahrfeier 1982 am Gotthard erinnern, wo noch nix oder wenig über den Basistunnel philosophiert wurde. Ich war 1982 mehrfach dort, da ich an einigen spektakulären Sonderfahrten teilgenommen hatte. Damals regte man/frau sich über die Verschandelung der Autobahn durch das liebliche Gotthardtal auf. In wie weit hier Bürger an der Entscheidung teilgenommen haben, entzieht sich meiner Kenntnis.

Richtig, Luchsi, heute würde so eine Entscheidung in der Schweiz auch kein "Durchwinken" mehr sein. Ein paar Beiträge vorher schrieb ich ja: "Gestern ist gestern und Heute ist heute". In 10 bis 15 Jahren kann sich die Gefühlswelt und Finanzlage total ändern.

Hafel


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schorsch
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von schorsch
als Antwort auf luchs35 vom 16.10.2010, 11:27:03
Auch falls der neue Tunnel nicht das bringen würde, was sich die damaligen Initianten davon versprachen, bleiben folgende Positivpunkte:

1. Der Tunnel hat in diesen Jahren - und wird für weitere 7 Jahre - Vollbeschäftigung für ein paar hundert Arbeitnehmer, die vielleicht ohne diesen Tunnel Jahre lang arbeitslos gewesen wären.

2. Das Tessin rückt näher an die übrige Schweiz, aber auch an Europa.

3. Falls alles fehlschlagen würde, kann der Tunnel immer noch als Lager für Wein usw benutzt werden (

4. Falls auch diese Variante fehl schlägt, kann der Tunnel noch für Jahrzehnte die Atomrückstände aufnehmen )(

Ich hoffe, Punkt 3 und 4 werden von euch nicht allzu ernst und mir nicht allzu übel genommen!

Ganz allgemein: Die Initianten solcher langjährigen Projekte sind keine Hellseher, können also nie das Bedürfnis wissen, das bei Beendigung des Projektes aktuell sein wird. Sollte es sich aber nach vielen Jahren zeigen, dass es sinnvoll gewesen wäre, das Projekt damals in Angriff genommen, es aber nicht getan zu haben, kommen die damaligen Menschen eines Landes von ihren Nachkommen zu hören. "Hättet ihr damals etwas mehr Mut gezeigt, hätten wir heute nicht den Schlamassel!"
Mitglied_5ccaf87
Mitglied_5ccaf87
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf adam vom 16.10.2010, 11:13:18
Ausnahmsweise möchte ich mal auf eine Seite der CDU verweisen. Dort wird die einfache Frage gestellt:
[i]Immer wieder wird kolportiert, es gäbe eine Politikverdrossenheit in Deutschland. Tatsächlich ist das Interesse an Politik und politischen Entscheidungen groß wie selten zuvor – auch in der Jugend. Verdrossenheit aber zeigt sich, sobald es um die Parteien und Politiker geht – hier scheinen Misstrauen und Ablehnung deutlich zuzunehmen. Vielleicht von beiden Seiten? Wie aber steht es nun um das Vertrauen zu den Politikern? Wir fragen nach.[/indent]und dann darfst du zwischen drei Möglichkeiten wählen:
1. Ich vertraue den Politikern - insgesamt geht es uns doch gut
2. Ich vertraue einigen Politikern, aber nicht den Parteien.
3. Ich vertraue weder Parteien, noch Politikern
und lasse dich vom Ergebnis überraschen. Gleich im voraus: Es fällt für Politiker und Parteien katastrophal aus. Es bringt zum Ausdruck, das die Deutschen keineswegs Politikverdrossen sind, aber der sich den Weg frei prügelnden Politiker-Kaste nicht mehr über den Weg trauen.

Im Thread S21 habe ich schon einmal die TV-Sendung Aufgemerkt: Pelzig unterhält sich verlinkt, in der es um "Mafiöse Strukturen in Politik, Justiz und Wirtschaft" (3 Teile) ging. Deutschland steht im Korruptionsindex auf einem "guten" Platz 14 in der Welt. Dies hat den Grund darin, das die Aufklärungsquote in diesem Bereich der Kriminalität äußerst gering ist. Hin und wieder kommt dann mal eine Partei-Spendenaffäre oder ein Rent-A-Rüttgers hoch. Neuerdings auch mal die Vortragstour eines Frank Walter Steinmeiers, der dazu noch wichtige Sitzungen des Bundestages versäumte und im öffentlichen TV vermerkte, das er darüber den Wählern nicht rechenschaftspflichtig sei. Alles das verstärkt das Misstrauen gegenüber den "gewählten" Volksvertretern.

Das schlägt sich in diesem Index nicht nieder, weil nach deutschem Strafrecht nur das als Wirtschaftsstraftat angesehen wird, was auch verurteilt ist. Manchmal wird es sogar zur Ordnungswidrigkeit oder die Beschuldigten kaufen sich frei (siehe Ackermann). Wenn ein Herr Mappus öffentlich erklärt, das der Rückbau des derzeitigen Baufortschrittes eine Schaden von weit mehr als 2 Milliarden Euros bedeutet, so kann das überwiegend nur in schon geflossenen Summen seine Ursache haben, für die noch keine Leistungen erbracht wurden und zurückgezahlt werden müssen!?!?!?

Was sich gegenwärtig in Baden-Württemberg (und nicht nur dort) zeigt, ist die Tatsache, das die Politiker Wahlvolkverdrossen sind und das lassen sich hoch motivierte Wähler nicht mehr bieten. Das ist ein unwürdiger Zustand in einer Demokratie.

Anmerkung:
Falls der eine oder andere von euch die drei oben erwähnten Teile nicht bei YouTube findet, dem lade ich sie gern herunter und stelle sie ihm persönlich mittels Privatlink über ADrive.com als Gesamtwerk zur Verfügung
eko
eko
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von eko
als Antwort auf luchs35 vom 16.10.2010, 11:27:03
@ luchs:

Ich muss dem schorsch voll Recht geben, wenn er meint, dass man am Anfang eines solchen Projekts nicht voraussehen kann, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat.
Es wird immer Leute geben, die etwas bekritteln wollen, so herum oder andersherum.

Wo aber kämen wir hin, wenn wir nur noch solche Projekte in Angriff nehmen würden, bei denen von vorne an zweifelsfrei feststehen würde, dass sie auch zu hundert Pro ihren Zweck erfüllen würden?

Ich könnte alle möglichen Argumente jetzt anführen, bei denen vorher nicht feststand, ob sie richtig waren. Angefangen im Mittelalter bei den herrlichen Kathedralen, die oft erst nach Jahrhunderten fertig wurden bis hin zur Neuzeit. Und da fällt mir der Euro- Tunnel ein, bei dem anfangs auch viele Kassandras behaupteten, dass sich dieses Projekt nicht rechnen würde, denn "wer will schon 54 km unter dem Ärmelkanal hindurchfahren".

Der Eurotunnel ist zum Erfolgsmodell geworden!

Kürzlich ist sogar zum ersten Mal ein deutscher ICE hindurchgefahren!

Warum sollte dies der NEAT nicht auch gelingen?

Es wird nicht gleich von Anfang an alles so toll laufen, es wird sich erst einspielen müssen. Und wenn man den Spediteuren nicht gleich von Anfang an die Suppe versalzt mit zu hohen Gebühren, werden die schon auch rechnen und feststellen, dass es sich für sie lohnt, ihre LKW durch die NEAT fahren zu lassen.

Und wenn "alle Stränge reißen", dann kann immmer noch schorschs Plan 3 oder 4 umgesetzt werden, wobei sein Vorschlag des Weinlagers bei mir Priorität hätte. Man könnte ja auch noch Pilze zusätzlich züchten und Champagner reifen lassen.

e k o

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schorsch
schorsch
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von schorsch
als Antwort auf eko vom 16.10.2010, 22:05:55
Deine und meine Ideen werde ich unserem scheidenden Verkehrsminister als Abschiedgag senden ()

Weitere Ideen werden dann wohl - wenn wir bereits die Blumen von unten bestaunen - von unseren Nachkommen kommen.
luchs35
luchs35
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von luchs35
als Antwort auf eko vom 16.10.2010, 22:05:55
Hallo Eko, ich gebe dir fast uneingeschränkt Recht. Und wenn Du meinen letzten Satz gelesen hast, siehst du auch, dass ich es so meine, trotz aller Bedenken, die nicht erst seit heute aufgekommen
sind. .

Abgesehen davon finde ich Kritik und Bedenken immer positiv, Fehler können korrigiert werden und allzu überschwenglicher Fortschrittsgläubigkeit wird ein Stopp-Signal gegeben.

Nachdem Schorsch ja genug Vorschläge gemacht hat, wie man das Projekt noch verwerten könnte, falls es nicht klappt mit der Güter-Verlagerung auf die Schiene, können die Betreiber ja nun frohen Mutes in die Zukunft blicken.
Ich wäre übrigens auch für den Weinkeller!

Luchs
schorsch
schorsch
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von schorsch
als Antwort auf luchs35 vom 17.10.2010, 14:03:50
Ich hätte da zur Effizienzsteigerung der Bahn noch einen Vorschlag: Die Zugkompositionen einfach so lang machen, dass man hinten z.B. in Basel ein- und vorne in Locarno wieder aussteigen könnte. So bräuchte der Zug ja nicht mal mehr zu fahren; und 10`000 Lokführer könnten eingespart werden ()
olga64
olga64
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Re: Gotthard - Basistunnel
geschrieben von olga64
als Antwort auf schorsch vom 18.10.2010, 11:13:11
Mir gefällt die nicht mentalitätstypische Begeisterung vieler Schweizer zu diesem Tunnel (man stelle sich vor, in Deutschland wäre etwas ähnliches geplant gewesen - spätestens vor Inangriffnahme der Arbeiten nach ca 15 Jahren seit Projektbeginn wären die Demos losgegangen). Beim Bau dieses Monsters wurden übrigens auch viele Deutsche beschäftigt. Auch die Idee in der Schweiz, die dort konsequent befolgt und ausgebaut wird, Lkw`s im sog. Huckepack-Verkehr auf Eisenbahnen zu befördern, finde ich nachahmenswert, aber in Deutschland sicher nicht durchführbar. Olga

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