Plaudereien Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
Die sexuelle und sexistische Komponente bei Märchen begreift man erst, wenn man erwachsen ist und sich dies alles nochmals durchliest.
Diese Märchen waren aber auch ein pädagogisches Züchtigungsmittel, weil sie ja aussagten ,was Kindern passiert, wenn sie nicht brav sind und nicht funktionieren.
Ich habe sie meinem Bruder, der 5 Jahre jünger ist als ich, vorgelesen und wenn sich dieser fürchtete, war ich begeistert. Oft habe ich die Märchen noch ausgeschmückt und mit eigener Fantasie noch grausamer gestaltet (das waren meine ersten Emanzipationsbestrebungen als heranwachsendes Mädchen, die mir für mein späteres Frauenleben ein gutes Rüstzeug lieferten).
Er erinnert sich noch gut daran und sollte er für sein Männerleben einige Macken daraus erhalten haben, hat er es gut überlebt.
Heute lese ich in meiner Gemeindebücherei mit grosser Freude den Kindern ihre Geschichten vor. Sie dürfen aber selbst wählen (im demokratischen Mehrheitsprozess), was sie hören möchten. Dann sitzen wir auf Sitzkissen auf dem Boden und die Kleinen, soweit dies ausreicht, an mich gekuschelt mit Daumen im Mund und roten Bäckchen, weil es so aufregend ist.
Mir macht das viel Freude und den Kindern anscheinend auch. Mittlerweile sind dann auch Flüchtlingskinder dabei, die im Kindergarten schnell Deutsch lernen und mit den deutschen Kindern befreundet sind. Am Schluss wird die Bande dann von den Eltern wieder eingesammelt und alle bekommen vorher noch Gummibärchen (bevor die Mama dies mitbekommt). Olga
Hallo Schorsch,Schorsch:
Uns wurden als Kinder keine Märchen erzählt (wäre wohl bei 7 Kindern ein wenig viel verlangt gewesen!). Aber ich habe als Halbwüchsiger viele Märchen in Büchern gelesen. Die von den Gebrüdern Grimm und die von Wilhelm Busch wohl die meisten. Aber irgendwie scheine ich immun gewesen zu sein gegen böse Beeinflussung meiner kindlichen Psyche. Oder ist meine manchmal etwas überbordende Fantasie ev. die böse Frucht der Märchen?
Ob es wohl Eltern gibt die glauben, wenn sie den Kindern keine Märchen erzählen, würde etwas vom Bösen, das sie täglich im TV zu sehen bekommen (Kriege, Hunger, Völkermord, Genuizid) eliminiert? Die Märchen von einst sind die Ballerspiele heute ....
auch meine Eltern oder meine Oma haben uns Kindern keine Märchen erzählt oder vorgelesen. Ihnen fehlte die Zeit und sie empfanden dies auch nicht so wichtig. Ein Märchenbuch hatte ich allerdings, die Bilder faszinierten mich und als ich lesen konnte, habe ich auch die dazugehörigen Geschichten gelesen. Ich denke, es hat eine unterschiedliche Wirkung auf Kinder, ob sie die alten Märchen erzählt bekommen oder selber lesen. Das geschriebene Wort ist, meiner Meinung nach, direkter und spricht weniger das Unterbewusstsein an. Ich nahm die oft brutalen Geschichten für bare Münze - sie gefielen mir nicht.
Inwieweit die Märchen deine kindliche Psyche böse beeinflusst haben, weiß ich nicht. Erzähl doch mal, was für Märchen du als Halbwüchsiger gelesen hast.
Wenn Eltern so unverantwortlich sind und ihre kleinen Kinder Sendungen im Fernsehen sehen lassen, in denen Kriege usw. gezeigt werden, ist das meiner Meinung nach sehr bedenklich. Diese werden wahrscheinlich ihren Kindern auch keine Märchen vorlesen/erzählen. Was Ballerspiele anbetrifft, haben Untersuchungen ergeben, dass diese nicht zu stärkerer Gewalttätigkeit von Jugendlichen führt. Es sei denn, diese wachsen in einem aggressiven Umfeld auf.
Mane
Ein beliebtes Ausflugsziel, der Frau Holle Teich am Hohen Meißner in Nordhessen
Zitat von youngster:
Ich habe als Kind so manches Märchen gelesen bzw. vorgelesen bekommen und es hat mir nicht geschadet. So manches Märchen hatte ja auch erzieherische Wirkung, die nicht verfehlt wurde. Bei Märchen an Sexismus zu denken halte ich für abwegig.
Gruß youngster
Zitat von Olga:
Die sexuelle und sexistische Komponente bei Märchen begreift man erst, wenn man erwachsen ist und sich dies alles nochmals durchliest.
Diese Märchen waren aber auch ein pädagogisches Züchtigungsmittel, weil sie ja aussagten ,was Kindern passiert, wenn sie nicht brav sind und nicht funktionieren.
Olga, sie haben recht, hier zwischen Seximus und sexueller Komponenten zu unterscheiden. Die Geschlechterrollen der Hauptfiguren sind in Märchen, besonders der Brüder Grimm, sehr stereotyp verteilt, entsprechend der Zeit, aus der sie stammen. Die Prinzessin ist schön und braucht die Hilfe des Prinzen, die unabhängige Frau ist eine böse Hexe, die Männer müssen kämpfen und kommen um in der Schlacht...
Youngster, die Lehren, die aus den alten Geschichten gezogen werden können, sind alles andere als zeitgemäß. Sie mögen damals, als sie uns erzählt wurden, noch eine erzieherische Wirkung gehabt haben, heute jedoch kaum noch. Märchen wurden entsprechend der damaligen Erziehungsziele als ein Mittel gesehen, Kinder zu Gehorsam, Fleiß, Unterordnung u.a. zu erziehen. Die Betonung des "Lieben" und "Braven", wie sie in Märchen beschrieben wird, werden heute nicht mehr gewünscht.
Anspielungen auf Sexualität sind in den Märchen der Brüder Grimm häufig zu finden, besonders wenn man sie im Sinne von Bruno Bettelheim interpretiert - was auf Seiten der zuhörenden Kinder unbewusst ablaufen wird.
Gruß Mane
............ Erzähl doch mal, was für Märchen du als Halbwüchsiger gelesen hast.Da gäbe es eine lange Liste. Ich will nur die Hauptsächlichsten nennen: Schneewittchen , Aschenbrödel (Cinderella), Rübezahl, Der Wolf und die 7 Geisslein, Schneeweissschen & Rosenrot, Pinocchio (Zäpfelkerns Abenteuer), Gulliver bei den Riesen und Zwergen, Märchen aus 1001 Nacht (Alibaba und die 40 Räuber, Kalif Storch) undundund.....
..............
Mane
"Sexismus....sexuelle Bezüge"...ich frage mich wirklich bei dieser "Märchendebatte" derweile, die Gebrüder Grimm hatten sicherlich nicht die Absicht, diesen Bezug in Märchen zu integrieren oder doch...war das vielleicht damals genauso....? Hätte sich ja zu heute nicht viel verändert ! Man weiß es nicht, kann nur spekulieren...
Kristine
......................und jeder Psychologe wird zu jenem Resultat kommen, das ihm selber am besten gefällt - und seiner eigenen Psyche hilft!
Heutzutage werden Märchen wissenschaftlich untersucht und die gewonnen Erkenntnisse sind ganz unterschiedlich. ...............Mane
geschrieben von mane
Hallo Allegra,Mit Märchen bin ich aufgewachsen, ich erlebte meine Kindheit in Oberhessen im Marburger Land. Vor allem dort sammelten auch die Brüder Grimm durch Befragung alter Leute Volksmärchen und schrieben sie auf. Es gibt hier Gegenden und Orte, die mit einigen Märchen regelrecht verortet sind, wie die Schwalm mit Rotkäppchen, Rapunzel mit Amönau, Dornröschen mit der Sababurg. usw. Der Maler Otto Ubbelode (Jugendstil) hat zu seiner Zeit dazu Weiteres beigetragen.
Die Quelle der Märchen ist in den in großer Zahl in Oberhessen lebenden Hugenotten und deren Nachkommen zu finden, die diese Märchen mitbrachten.
Als Kind lernte ich die Märchen kennen, wie sie von alten Leuten im oberhessischer Mundart erzählt wurden. Wurden sie in Hochdeutsch vorgelesen, waren sie mir fremd. Manche Märchen machten mir Angst (Hänsel und Gretel z.B.), andere liebte ich (u.a. Schneeweißchen und Rosenrot). Sie waren ein wichtiger Teil meiner Kindheit, ein Stück Geborgenheit, beflügelten die Phantasie.
Später habe ich dann einmal eine Reihe Radierungen zu Grimms-Märchen-Motiven hergestellt.
Mit den Kunst-Märchen von Andersen, Hauff etc. war ich nie so vertraut.
Allegra
Wissenswertes:
http://www.maerchenpaedagogik.de/paedagogik.php
Dein Link lässt sich leider nicht öffnen, ich stelle ihn neu ein:
Märchenpädagogik
Ich finde deinen Beitrag über die Quellen der Märchen und ihre Verortung in Oberhessen, wo du deine Kindheit verbtacht hast, sehr interessant. Viele Dank auch an Jacare, der uns mit seinen Bildern vom Frau Holle Teich am Hohen Meißen passendes Anschauungsmaterial geliefert hat.
Wenn ich Threads eröffne, lerne ich durch eure Beiträge und eigenes Recherchieren im Netz, immer noch dazu, was mir viel Freude bereitet.
Gruß Mane
Wenn Eltern so unverantwortlich sind und ihre kleinen Kinder Sendungen im Fernsehen sehen lassen, in denen Kriege usw. gezeigt werden, ist das meiner Meinung nach sehr bedenklich. Diese werden wahrscheinlich ihren Kindern auch keine Märchen vorlesen/erzählen. Was Ballerspiele anbetrifft, haben Untersuchungen ergeben, dass diese nicht zu stärkerer Gewalttätigkeit von Jugendlichen führt. Es sei denn, diese wachsen in einem aggressiven Umfeld auf.Heute ist Fernsehen für viele nicht mehr so interessant; wenn kleinere Kinder schon Smartphones bekommen und besitzen (oft sind die grosszügigen Schenker ja die Grosseltern) können die Kids sich ja reichlich im Internet bedienen.
Mane
Und wenn dann die Eltern (und evtl. Grosseltern) der Fraktion der Verschwörungstheoretiker angehören, die selbst ihr Wissen aus den asozialen Hassmedien beziehen, so sieht das wirklich düster aus, ist aber nicht zurückzudrehen.
Ob "Ballerspiele" zu einer weiteren Verrohung führen oder nicht, wird sich erst mal in einigen Jahren zeigen, wenn belastbare Studien hierzu vorliegen. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Kids untereinander gerne zusammen alles ausprobieren, was sie das so virtuell erst mal erprobt haben. Denn irgendwo muss es ja begründet sein, wenn schon sehr junge Heranwachsende andere so verprügeln und nicht mehr aufhören, bis diese tot sind oder im günstigsten Falle im Krankenhaus landen.
Aktuell erschüttert mich die Tatsache, dass praktisch 20% der SChüler schlecht lesen können. Bevor man nun hier voreilig wieder mal Lehrer (oder den Staat) verantwortlich machen möchte, lande ich bei den Eltern dieser Kinder. Die lesen wohl auch nicht und sehen keinen Sinn darin, ihren Kindern vorzulesen. Damit versäumen sie auch eine gute Gelegenheit, Kinder an Bücher zu gewöhnen. SEhr schade. Olga
Ich stelle hier mal vor, was Terry Pratchett - der "Vater" meines
Nicknames -
über Geschichten/Märchen geschrieben hat.
Wer will kann sich das ganze Hörbuch anhören -
dauert nur 7 Stunden
und ein paar Minuten -
für diesen "Thread" reichen die ersten 2 Minuten.
Es war einmal...........
LG
Sam