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Plaudereien Wie wichtig sind Märchen für Kinder?

mane
mane
Mitglied

Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von mane


emoji_wink Ich möchte vermeiden, dass aus dem Thread „Sexismus-Debatte“ eine Märchenstunde wird und eröffne  zu dem Thema „Märchen“ einen neuen Thread.
Dazu hole ich zwei Beiträge von dort hier hin:

Edita:
Mane - von alleine hätte ich bei Märchen nie an heute zu verurteilende sexistische Merkmale gedacht, aber ......für kinderfeindlich halte ich sie allemal, seitdem sie mich als Kind mehr ängstigten und seelisch gruselig beschäftigten, als sie es denn nach Meinung der Erwachsenen denn sollten!
Ich habe meine Kinder von diesen Märchen verschont!
Meiner Meinung nach müssen Kinder Vertrauen und Sicherheit gewinnen, denn unsere Welt ist ja wirklich auch mehr als böse, und nicht nur gut und harmlos, aber .... um das ertragen und auch unterscheiden zu können, braucht man erst ein Werkzeug dazu und das ist die eigene Erfahrung, wie Gut und Böse sich zu einander in diversen Situationen verhalten, zeigen und bedingen können, müssen, sollen, und diese Erfahrung wächst mit und in einem Kind von ganz alleine !

Schorsch:
Uns wurden al Kinder keine Märchen erzählt (wäre wohl bei 7 Kindern ein wenig viel verlangt gewesen!).

Aber ich habe als Halbwüchsiger viele Märchen in Büchern gelesen. Die von den Gebrüdern Grimm und die von Wilhelm Busch wohl die meisten. Aber irgendwie scheine ich immun gewesen zu sein gegen böse Beeinflussung meiner kindlichen Psyche. Oder ist meine manchmal etwas überbordende Fantasie ev. die böse Frucht der Märchen?


Vor kurzem schaute ich mit meinem fünfjährigen Enkel  im Fernsehen die Geschichte „Rotkäppchen und der böse Wolf“. Er rutschte schon bald auf dem Sofa hin und her und kam bald auf meinen Schoß.  Schon als Rotkäppchen dem Wolf begegnete, war ihm das nicht geheuer und als dieser das Mädchen in den Wald schickte, um für die Großmutter Blumen zu pflücken und der finstere Geselle sich auf den Weg zur Großmutter machte und diese dann verspeiste – machte ich sicherheitshalber den Fernseher aus. Mein sonst so taffer Enkel hatte vor dieser Geschichte Angst, womit ich gar nicht gerechnet hatte.
Wahrscheinlich werden die Kinder heute im Kindergarten nicht mehr mit Märchen konfrontiert, so wie ich das von meiner Kindheit und auch bei meinen Kindern erlebt habe.

Was meint Ihr?
Mane
 

youngster
youngster
Mitglied

RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von youngster
als Antwort auf mane vom 04.12.2017, 19:02:34

Ich habe als Kind so manches Märchen gelesen bzw. vorgelesen bekommen und es hat mir nicht geschadet. So manches Märchen hatte ja auch erzieherische Wirkung, die nicht verfehlt wurde.

Bei Märchen an Sexismus zu denken halte ich für abwegig.

Gruß youngster

Allegra
Allegra
Mitglied

RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von Allegra
als Antwort auf youngster vom 04.12.2017, 19:08:21
Mit Märchen bin ich aufgewachsen, ich erlebte meine Kindheit in Oberhessen im Marburger Land. Vor allem dort sammelten  auch die Brüder Grimm durch Befragung alter Leute Volksmärchen und schrieben sie auf. Es gibt  hier Gegenden und Orte, die  mit einigen Märchen regelrecht verortet sind, wie die Schwalm mit Rotkäppchen,  Rapunzel mit Amönau, Dornröschen mit der Sababurg. usw. Der Maler Otto Ubbelode (Jugendstil) hat zu seiner Zeit dazu Weiteres beigetragen.
Die Quelle der Märchen ist in den in großer Zahl in Oberhessen lebenden Hugenotten und deren Nachkommen zu finden, die diese Märchen mitbrachten.

Als Kind lernte ich die Märchen  kennen, wie sie von alten Leuten im oberhessischer Mundart erzählt wurden.  Wurden sie  in Hochdeutsch vorgelesen, waren sie mir fremd. Manche Märchen machten mir Angst (Hänsel und Gretel z.B.), andere liebte ich (u.a. Schneeweißchen und Rosenrot). Sie waren ein wichtiger Teil meiner Kindheit, ein Stück Geborgenheit, beflügelten die Phantasie.

Später habe ich dann einmal eine Reihe Radierungen zu Grimms-Märchen-Motiven hergestellt.
Mit den Kunst-Märchen von Andersen, Hauff etc. war ich nie so vertraut.

Allegra

Wissenswertes:
http://www.maerchenpaedagogik.de/paedagogik.php

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jacare4
jacare4
Mitglied

RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von jacare4

Ich bin in meiner Kindheit auch mit Märchen aufgewachsen, hauptsächlich mit denen, die die Gebrüder Grimm gesammelt haben.  Daran kann ich mich gut erinnern. Sie wurden vorgelesen, wobei ich mich an die furchterregende Stimme und die entsprechende Mimik und Gestik meiner Mutter erinnere, die das Theatralische liebte. Als ich dann selber lesen könnte, habe ich die Märchen auch selber mit großem Vergnügen gelesen und besonders lange und immer wieder die Illustrationen betrachtet, die einem das Fürchten lehren konnten. Ob es mir, meinem Bruder oder meiner Schwester geschadet hat, glaube ich kaum.  Das Besondere an den Märchen ist es, dass es meistens gut ausgeht. Für meinen Bruder, der sechs Jahre jünger war,  gab es jedes Jahr ein selbstgebasteltes Knusperhäuschen mit vielen leckeren Sachen auf dem Dach und an den Wänden, und mit den Figuren von Hänsel und Gretel, der Hexe und der schwarzen Katze. Er hat es geliebt.

Die Welt in den Märchen hatte mit der Realität, in der wir lebten (Kriegszeit, Nachkriegszeit, Mangel, Fremde im Haus), nichts gemein. Es gab damals bei uns kein Fernsehen und auch kein Kino. Meine Kinder sind in den 60er und 70er Jahren groß geworden. Sie haben überwiegend Märchenstunde im Fernsehen erlebt, Sesam Straße, Tom und Jerry, Bugs Bunny, die Cowboygeschichten, der Wilde Westen, usw. Bei besonders grausamen oder gewaltbetonten Geschichten habe ich neben meinen Kindern gesessen. Für uns Erwachsene gab es (und gibt es wohl noch immer) ´Märchen anderer Art, nach dem Motto "gut, dass es bei uns nicht so ist".

Und wie ist es heute?  Wir bekommen im Fernsehen neben Nachrichten aus aller Welt (die oftmals sehr schlimm sind und leider keine Märchen sind), Dokus und Tierfilmen ganz viele Krimis und Herzkinogeschichten. Also jede Menge Morde und Gräueltaten auf der einen Seite und unendliche Küsserei auf Kreuzfahrtschiffen, romantischen Inseln, usw. auf der anderen Seite. Das sind die Märchen unserer Tage. Auch da ist am Ende die Aufklärung des Falls, die Aufklärung von Verwicklungen und Irrtümern und das happy End.

jacare4

schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf mane vom 04.12.2017, 19:02:34

Ob es wohl Eltern gibt die glauben, wenn sie den Kindern keine Märchen erzählen, würde etwas vom Bösen, das sie täglich im TV zu sehen bekommen (Kriege, Hunger, Völkermord, Genuizid) eliminiert?

Die Märchen von einst sind die Ballerspiele heute .....

werderanerin
werderanerin
Mitglied

RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von werderanerin

Ich persönlich bin auch mit den Grimmschen Märchen aufgewachsen, gab ja kaum andere, kann mich aber nicht erinnern, dass meine Schwester und ich dabei ängstlich waren...darüber machte man sich doch keine Gedanken, Hauptsache das Märchen ging gut aus.

Meinem Sohn und auch meinen Enkeln habe Märchen vorgelesen aber nicht mehr so häufig.

Erinnere mich gerne daran , dass vor allem solche Bücher, wie "Alarm im Kasperletheater" (der Renner überhaupt, habe ich gefühlte 1000 mal lesen müssen, sie konnten jede Zeile auswendig...)...oder auch Indianerbücher oder "Gullivers Reisen" geliebt wurden.  

Kristine


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SamuelVimes
SamuelVimes
Mitglied

RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von SamuelVimes
als Antwort auf werderanerin vom 05.12.2017, 12:50:41

Märchen sind nicht nur was für Kinder - sie helfen auch
bei Demenz. Ich liebe Märchen.
http://maerchenunddemenz.de/

LG
Sam
 
RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf SamuelVimes vom 05.12.2017, 16:31:41

Ich liebe auch Märchen. Im Iran war ich oft in einer Teestube, die einen Märchenerzähler zu Besuch hatten. Ich kann mich so gut an den alten Mann erinnern, der auf einem provisorischen Podest saß, mit runtergelatschten Schuhen an den nackten Füßen, aber mit großer Ausstrahlung aus einem Märchenbuch las. Auch wenn ich mehr als die Hälfte nicht verstand,  der Märchenerzähler zog mich in seinen Bann und ich liebte diese Märchenzeit emoji_heart_eyes.
Bruny

Edita
Edita
Mitglied

RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von Edita
als Antwort auf SamuelVimes vom 05.12.2017, 16:31:41

Ach Gottchen - ist das herzallerliebst, wo bringst Du diese Sachen nur immer her? Da geht einem wirklich das gestauchte Herz auf!     emoji_laughing  emoji_thumbsup

Edita

mane
mane
Mitglied

RE: Wie wichtig sind Märchen für Kinder?
geschrieben von mane

Edita:
Mane - von alleine hätte ich bei Märchen nie an heute zu verurteilende sexistische Merkmale gedacht, aber ......für kinderfeindlich halte ich sie allemal, seitdem sie mich als Kind mehr ängstigten und seelisch gruselig beschäftigten, als sie es denn nach Meinung der Erwachsenen denn sollten!
Ich habe meine Kinder von diesen Märchen verschont!
Meiner Meinung nach müssen Kinder Vertrauen und Sicherheit gewinnen, denn unsere Welt ist ja wirklich auch mehr als böse, und nicht nur gut und harmlos, aber .... um das ertragen und auch unterscheiden zu können, braucht man erst ein Werkzeug dazu und das ist die eigene Erfahrung, wie Gut und Böse sich zu einander in diversen Situationen verhalten, zeigen und bedingen können, müssen, sollen, und diese Erfahrung wächst mit und in einem Kind von ganz alleine !

Liebe Edita,

mir ist es auch noch nie in den Sinn gekommen, dass Märchen sexistische Merkmale haben sollen. Vielleicht, dass sie Kindern Rollenbilder vermitteln, die heute nicht mehr gelten und mit denen sich die Kinder in unserer Zeit nicht identifizieren sollten?
Heutzutage werden Märchen wissenschaftlich untersucht und die gewonnen Erkenntnisse sind ganz unterschiedlich. Es ist interessant, was Literaturwissenschaftlern, Psychologen, Theologen und Soziologen dazu einfällt. Im Internet taucht immer wieder der Name Bruno Bettelheim und sein Werk "Kinder brauchen Märchen" auf. Hexen her

In dem Buch analysiert der Kinderpsychologe Volksmärchen. Er versucht eine Rehabilitation der vermeindlich grausamen Märchen der Brüder Grimm, die seiner Meinung nach, Kindern als Hilfe im Kampf gegen unbewusste Ängste dienen. Kindliche Aggression sah er als notwendigen Entwicklungsschritt auf dem Weg zur Toleranz und Friedfertigkeit an. Er interpretierte die Märchen aus psychoanalytischer Sicht und zeigt auf, warum diese Erzählungen für Kinder so wichtig und fesselnd sind.
Seine Sichtweise finde ich sehr interessant und werde mich weiter damir befassen.
Mane





 

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