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Plaudereien Wie tickt der Mann von heute?

nostalgie
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Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf mane vom 06.03.2014, 22:37:43
Brief eines Mannes an seine Frau:

Liebste, neulich beim Abendessen: Pärchen-Dinner zu viert in diesem Burgerladen, in dem immer, wenn wir da essen, eine Punkband auftritt. Irgendwann während der letzten Pommes muss es passiert sein. Du unterhieltest Dich angeregt mit den anderen beiden. Ich weiß nicht mehr worüber. Ich weiß nur noch, dass Du nervös wurdest. Du hattest diesen "Was ist los mit dir?"-Blick. Ich wusste sofort, was Dich störte. Ich schwieg.

Was soll ich dazu sagen? Es fällt mir schwer, darüber zu reden. Überhaupt dieser Small Talk. Das weißt Du ja. Deshalb schreibe ich Dir jetzt einen Brief. Darüber, was wir Männer denken, wenn wir schweigen.

Erst einmal das Wichtigste: Wenn wir nichts sagen, dann wollen wir damit meistens nichts sagen. Wir sind nicht beleidigt. Wir wollen euch nicht bestrafen. Wir haben manchmal einfach nichts zu sagen. Und fühlen uns trotzdem wohl. Wie im Burgerrestaurant. Die laute Musik, und an der Wand flimmerte der Marionettenfilm von den "South Park"-Machern. Wahrscheinlich dachte ich so etwas wie: "Lange nicht gesehen."

Was ist das nur mit uns Männern, dass wir nicht reden wollen? Ich meine, natürlich können wir reden. Essen bestellen, Anweisungen erteilen, besser wissen – alles kein Problem. Aber beim Angeln wollen wir nichts sagen. Und manchmal sitzen wir auch einfach gern auf Sofas herum. Harmlos, dieses Schweigen, finde ich. Aber da ist noch dieses andere Schweigen, diese Wortlosigkeit, wenn es um Beziehungsfragen geht, um Gefühle.

Manchmal folgt das eine Schweigen auf das andere. Du fragst mich zum Beispiel, warum ich mich nicht bei Dir erkundige, wie es auf der Arbeit war. Du fragst mich, warum ich abends so selten Zeit für Dich habe. Ich sage zu Dir, wir arbeiten halt beide, sind abends müde, und wenn ich nicht regelmäßig zum Sport gehe, drehe ich einfach durch. Es strengt mich an, mein Schweigen zu rechtfertigen.

Ganz der Vater

Aber wenn ich ehrlich bin, ist die Wahrheit: Ich habe das Reden nie so richtig gelernt. Mein Vater war ein Mann der Tat. Geboren 1942. Norddeutscher. Feuerwehrmann. Oft arbeitete er 24-Stunden-Schichten und kam erst morgens nach Hause. Kein Wort über seine Arbeit. Was er im Rettungsdienst erlebte, machte er lieber mit sich selbst aus.

Das fällt mir erst jetzt auf, mehr als zehn Jahre nach seinem Tod. Ich ähnele ihm immer mehr und das nicht nur äußerlich. Meine Mutter sagt, als Kind hätte ich viel geplaudert. Wenn ich nach der Schule kam, berichtete ich jedes Detail des Tages. "Erzähl doch mal etwas", sagt sie heute. Ich habe nur Ahnungen, was mit diesem plappernden Kind passiert sein könnte.

Buch um Buch wurde über Männer geschrieben, die so sind wie ich. Und über solche, die ganz anders sind. Männer scheinen nie das richtige Maß zu treffen. Softies reden zu viel, Machos nur Blödsinn. Das Männerbild steckt in einer Krise. Die meisten Lösungsideen lauten: Männer müssen mehr reden. Wirklich? Im Internet finde ich die Website von Martin Uhlemann aus Berlin. Uhlemann ist einer, der kennt sich mit Männern aus.

Uhlemann coacht Kerle, die die Krise haben. Auf seiner Seite steht etwas über die "ur-männliche Kraft", "Zurück zu Dir als Mann" und – meine Lieblingsformulierung – "Du willst Deine Ex-Partnerin zurück. Warum eigentlich?". Er bietet Gesprächsgruppen an, und – noch viel besser – er unternimmt Motorradtouren. Erst wird beim Fahren geschwiegen und dann am Lagerfeuer geredet. Möglichst auch über Gefühle.

Üben, üben, üben

"Männer haben generell ein großes Problem mit offener Kommunikation", so Uhlemann. "Lieber machen wir das mit uns und einer Flasche Bier aus." Er rät, Reden zu trainieren. "Zum Beispiel alle zwei Wochen gemeinsam hinsetzen, und jeder erzählt zehn Minuten lang nur von sich. Der andere darf nicht unterbrechen." Wichtig sei es dabei, klarzustellen, dass es nur die eigene Sicht der Dinge ist. "Und wenn die Luft brennt, macht man erst mal Schluss und trifft sich wieder."

Liebste, wie findest Du das? Ein Treffen mit mir, eine Sprechstunde? Eine bizarre Vorstellung. Aber warum nicht? Wenn Du Dir meine Büroprobleme unbedingt anhören willst. Nächsten Mittwoch? Und vielleicht Freitag ins Kino? Jüngst ergab eine Studie aus den USA, dass sich die Trennungsrate bei Paaren, die sich einmal in der Woche einen Liebesfilm ansehen und 45 Minuten darüber diskutieren, um die Hälfte verringert.

Habe ich Dir eigentlich mal erzählt, dass ich schon seit Uni-Zeiten ein Fan von Niklas Luhmann bin? Diesem eigentlich unlesbaren Systemtheoretiker? Mir wird jetzt klar, warum. Bei Luhmann klang die Sache mit dem Reden nämlich einfach. Kommunikation geht bei ihm von ganz allein oder wie es ein Lehrbuch zusammenfasste: "Kommunikation kommuniziert und denkt nicht. Das Bewusstsein denkt und kommuniziert nicht." Das klingt nach der wissenschaftlichen Erlaubnis zum Schweigen.

Was ich auch mal gelesen und sofort als wahr abgespeichert habe: Es ist nicht gut, alle seine Probleme auszudiskutieren. Im Gegenteil, manche Sorgen wachsen sogar, wenn man über sie redet. Also: Ich finde, wir sollten nicht noch mehr darüber sprechen, dass ich oft anfange, den Frühstückstisch abzuräumen, obwohl Du noch nicht ganz fertig bist. Wir sollten nicht noch häufiger die ausgequetschten Zitronen diskutieren, die Du überall in der Wohnung herumliegen lässt.

Liebste, es ist nicht so, dass ich Dich nicht höre. Ich weiß, dass Du diese Fragen stellst, wenn Du auf mich einredest. Und ich weiß, dass in mir die gleichen Fragen hochkommen, wenn Du mich mit diesem "Was ist los mit dir?"-Blick" anschaust. Und wenn Du dann auch noch sagst: "Wir müssen mal reden", geht bei mir im Kopf das Kino los. Ich denke schlagartig an einen dieser amerikanischen Liebesfilme, in denen so ein Satz das Ende einer Beziehung einleitet.

Im Grunde geht es doch darum: Manchmal machst Du mir Angst. Du denkst vielleicht, ich sei eiskalt. Aber in mir brennt sprachlose Angst. Ich fürchte mich davor, Dich zu verlieren. So einfach ist das.

männer
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf nostalgie vom 06.03.2014, 23:05:29
"Alle Achtung vor diesem Mann, der solche Worte zu setzen weiss", dachte ich...

..bis ich am Ende der Worte auf den Link stiess und ihn anklickte.

Und dann war ich enttäuscht, dass da jemand fremde Worte anstelle eigener gesetzt hat...

....und dies nicht von Anfang an kommunizierte.
Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ein Brief eines Ehemannes

Meine Liebste

Ich bin nunmehr seit einer Woche auf dieser Kur. Es tut sich was und ich bin schon weitgehend schmerzfrei. Andere haben mit ihrem Rücken viel mehr Probleme und vor allem schon viel länger als ich.
Ich hoffe es geht dir gut und du verbringst die Tage so stressfrei als möglich. Richte an Karli liebe Grüße aus. Er hat ja nächste Woche seinen dreißigsten Hochzeitstag und das werden die beiden sicher gebührend feiern.
Ich habe hier unendlich viel Zeit. Auch um über unsere vielen gemeinsamen Jahre nachzudenken. Schlussendlich sind wir fast 53 Jahre verheiratet und so manches hat sich verändert, - klar sieht heute vieles anders aus als vor 20 Jahren aber einiges ist auch geblieben. Ich richte früh morgens noch immer das Frühstück her und wenn du aufstehst ist dein erster Weg zum Blutdruckmesser.
Na gut, das war früher auch nicht so aber auch ich hatte vor Jahren noch keine Kreuzschmerzen.

Immer wieder wunderst du dich, warum ich beim Frühstück oder auch sonst so wenig rede. Ich weiß auch nicht ob du das verstehen kannst oder dafür Verständnis aufbringen kannst. Aber wenn ich dich etwas frage, kommt immer wieder eine Gegenfrage. Nimmst immer an, hinter der Frage steht eine „Falle“. Das wär ja noch erträglich aber dann kommt ein Schwall an Antworten, der am Ende mit meiner einfachen Frage nichts mehr zu tun hat. Du belehrst mich noch immer wie man das Brot beschmiert, wie man dabei das Messer hält und wie man abbeißt. Ich versteh schon, Frauen möchten gerne erziehen. Aber versuche ich es auch und sage dir, dass der Honig über deine Bluse rinnt, du schon drei Mal den Kaffee zuckerst, auf dem Set mehr Kaffee ist als in der Tasse reagierst du bitter böse, gehst vom Tisch und schreist so laut, sodass es selbst unsere Nachbarn hören.
Wundert es dich, dass ich so wenig rede und kaum mehr Fragen stelle?
Vielleicht findest Du bis zu meiner Rückkehr, - das sind immerhin noch drei Wochen, ausreichend Zeit darüber nachzudenken.
Jetzt muss ich aber meinen Brief beenden, - es gibt gleich das Mittagessen.

Ganz liebe Grüße
dein Walter

Ein Auszug aus der Antwort:

…. Wie kommst du d‘rauf, dass ich schreie. Das ist gar nicht meine Art. Und der Nachbar muss garnicht reden, weil die Seine schreit genau so….


glg tsunami

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nostalgie
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Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf schorsch vom 07.03.2014, 09:59:25
Hättest Du es dann ganz gelesen, schorsch?:
nostalgie
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Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 07.03.2014, 11:48:59
tsunami, auch das macht nachdenklich.
pschroed
pschroed
Mitglied

Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von pschroed
als Antwort auf nostalgie vom 06.03.2014, 23:05:29


Ganz der Vater

Aber wenn ich ehrlich bin, ist die Wahrheit: Ich habe das Reden nie so richtig gelernt. Mein Vater war ein Mann der Tat. Geboren 1942. Norddeutscher. Feuerwehrmann. Oft arbeitete er 24-Stunden-Schichten und kam erst morgens nach Hause. Kein Wort über seine Arbeit. Was er im Rettungsdienst erlebte, machte er lieber mit sich selbst aus.

"Männer haben generell ein großes Problem mit offener Kommunikation", so Uhlemann.



Hallo Nostalgie

Oder, ganz die Mutter.

Ich glaube, man sollte in solch einer Situation, die Farbe der aktiven Welt wieder aufsuchen gehen.

Kommunizieren ist eine Wissenschaft für sich, man kann jede Kommunikation umlenken, oder Werterhörend abbrechen, oder einfach nur Zuhören oder was meistens ein Problem ist wenn einer der Kommunikatoren überhaupt nicht mehr antwortet, dann .... wird es sehr langweilig und der Ruhende manövriert sich selbst ins Abseits, männlich oder weiblich.
Oder, vielleicht paßt die Chemie nicht, daß beide zu verschiedene Ansichten ihres Lebens haben.

Phil.

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nostalgie
nostalgie
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Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf pschroed vom 07.03.2014, 12:40:37
Ich neige zum letzteren, pschroed. Wenn die Chemie nicht stimmt, kann es nicht klappen, es sei denn man hat ein Agreement getroffen.
Wenn beide sich daran halten, sollte es gehen.
olga64
olga64
Mitglied

Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 07.03.2014, 11:48:59
Das macht nachdenklich - danke für die Offenheit. Warum dauerte es so viele Jahre, bis Sie dies artikulieren (oder taten Sie es schon mal vorher?). Ich erleb(t)e es oft bei meinen Geschlechtsgenossinnen, die sich wild verliebten und wenn sie den Mann dann hatten, sofort mit Erziehungsmassnahmen anfingen. Auch ich machte solche Fehler in Beziehungen - seitdem ich gelernt habe, dass ich dazu kein Recht habe und es den anderen nur stumm macht oder Fluchtreflexe es bei ihm auslöst, habe ich damit aufgehört - und nun funktioniert es. Irgendwann liebte man den Menschen ja mit allen Vor- und Nachteilen - warum dann ändern wollen? Olga
ehemaligesMitglied23
ehemaligesMitglied23
Mitglied

Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von ehemaligesMitglied23
als Antwort auf olga64 vom 07.03.2014, 16:50:47

Warum dauerte es so viele Jahre, bis Sie dies artikulieren (oder taten Sie es schon mal vorher?). Ich erleb(t)e es oft bei meinen Geschlechtsgenossinnen, die sich wild verliebten und wenn sie den Mann dann hatten, sofort mit Erziehungsmassnahmen anfingen.


Ich finde es erstaunlich, dass Menschen sich solche Erziehungsmaßnahmen gefallen lassen. Oft über viele Jahre.

Daraus muss ja dann eine Art der Befriedigung gezogen werden.
Bekanntlich passt auf jeden Topf ein Deckel.
Ein devoter Mann sucht sich eine dominante Partnerin.

Wer also unter solcher Frau ( oder auch umgekehrt Frauen die einen Oberlehrer zu Hause haben ) leidet, wird doch Konsequenzen ziehen.

Jeder trägt die Verantwortung für sein Leben und wer nur jammert, aber nichts ändert, möchte es nicht wirklich anders haben.

Ist doch schön bequem, " Mutti" alle Entscheidungen zu überlassen .

Ich kann da kein Mitleid empfinden.
Re: Wie tickt der Mann von heute?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaligesMitglied23 vom 07.03.2014, 18:55:07
Der Clou liegt eigentlich in der Antwort der Frau

„…. Wie kommst du d‘rauf, dass ich schreie. Das ist gar nicht meine Art. Und der Nachbar muss garnicht reden, weil die Seine schreit genau so….“

Die Frau merkt es gar nicht mehr, dass sie schreit.
Sie stellt es sogar in Abrede.
Und im zweiten Satz schreibt sie: „…weil die Seine schreit genau so“. Also schreit sie doch!

lg tsunami

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