Plaudereien So war es früher

RE: So war es früher
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Sirona vom 06.04.2018, 09:19:15

Ach, was ist das schön. Hat mich in meine Kindheit versetzt. Ich bin in einem Dorf groß geworden. Und der Text könnte von mir sein (Jahrgang 1959). Im Dorf gab es einen großen Teich: Im Sommer war es der Badeteich, im Winter wurde dort Schlittschuh gelaufen. Ich bin auch mal eingebrochen, aber nur bis zur Taille. An anderen Stellen war es schon so 2 -2,50 m tief. 
Ich war auch viel draußen: Steinchenspiele, Gummitwist, Ball an die Wand werfen, turnen auf der Wiese...

Heute wohne ich auch in einem Dorf. Hier gibt es auch einige Kinder. die sehe ich aber fast nur, wenn sie zur Schule gehen. Ab und an im Sommer. 

Ich habe neulich einen kurzen Bericht über Einsamkeit gesehen. "Einsamkeit gibt es heute nicht nur bei Älteren, sondern auch bei Jüngeren. Wegen den sozial Medien, die aber gar nicht sozial sind. Denn es trennt eine Scheibe. Es findet nur noch ein Informationsaustausch statt, kein emotionaler, wie beim telefonieren oder persönlichem Treffen.

Was sich auch im Gegenzug zu meiner Zeit verändert hat: Der Respekt. Und was ich mal gehört habe, was sich verändert hat: Das Wort zählt nicht mehr (ich rufe dich morgen zurück - passiert aber nicht, wir können uns ja bald treffen - das war es dann, usw.)

Ein "klaps" aufs Hinterteil ist auch verboten. Die eigenen Kinder, oder Jemand der es sieht, kann Anzeige erstatten. Bitte nicht falsch verstehen: Schläge ins Gesicht oder "richtige" Schläge finde ich auch nicht gut. Aber hier und da hat mir der "Klaps" nicht geschadet. 

LG.

Ulli

mane
mane
Mitglied

RE: So war es früher
geschrieben von mane
als Antwort auf Sirona vom 06.04.2018, 19:26:29
. Die Technik hat viele Erleichterungen gebracht, aber haben die Kinder in den Jahren vor 1950/60 eine Waschmaschine, einen Kühlschrank, einen Fernseher oder ein Auto vermisst? Ich weiß dass wir erst ca. 1954 den ersten Kühlschrank bekamen.


geschrieben von Sirona
Hallo Sirona,

kann man etwas vermissen, was man nicht kennt?

Mane



 
ahle-koelsche-jung
ahle-koelsche-jung
Mitglied

RE: So war es früher
geschrieben von ahle-koelsche-jung
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Hallo Sirona,

die Auflistung ist einfach Klasse.
Kann mich auch sehr gut an die Gegebenheiten der damaligen, meiner Kinder- Jugendzeit, erinnern.
Früher wurde halt Vieles lockerer gesehen, ich bin hier in Köln, Mittendrin, aufgewachsen. Welche Touren hat man durch die Stadt zu Fuss oder auch später mit dem Rad gemacht. Heute würden viele Eltern dies nicht mehr zulassen.  Aber sehen wir es mal so wenn wir die eigene Jugend und die Jugend unserer Kinder betrachten; allein hier gibt es schon extreme Unterschiede, allein in der eigenen Erziehung. Es ist halt der Wandel der Zeit, und jede Zeit hat für Jeden was Besonderes, was aich positiv in Erinnerung bleibt.
Also ich erinner mich sehr gern an die, für mich guten und alten Zeiten.
Schön ist es auch wenn man mit Freunden aus alten Zeiten auch über diese sprechen und diskutieren kann. Da kommt es halt auch mal vor das Situationen und Storys zu Tage kommen an die man sich erst dadurch wieder erinnert -ich liebe solche Momente-. 

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Rosi65
Rosi65
Mitglied

RE: So war es früher
geschrieben von Rosi65
als Antwort auf ahle-koelsche-jung vom 06.04.2018, 21:23:20

Und diese smarten Herren spielten die Hauptrolle in meiner Favoritenserie:foto1.jpg
 

Federstrich
Federstrich
Mitglied

RE: So war es früher
geschrieben von Federstrich

Ich musste zum Teil schmunzeln, als ich diese launige und idealisierte  Zusammenstellung las. LächelnDa hat sich inzwischen doch manches geändert, wie sich eben immer was ändert.

Man kann dem Text ebenso launig und vorbehaltlos zustimmen und sagen: "so war's" oder zumindest in etwa, denn wir hatten freilich kein Auto, auch in den 70 Jahren nicht und Fahrradhelme gab es erst gar nicht. Manches war auch damals schon ein Drama, was heute eine Katastrophe ist.
Wenn ich/wir zu spät abends nach Hause kamen, gab es Backpfeifen gleich an der Tür. Und was mussten wir viel zu Fuß gehen. Ski hatte sich meine Mutter vom Munde abgespart. Als die Spitze abgebrochen war, war's das auch für alle Zeiten. Für ein Fahrrad bin ich jahrelang in den Ferien arbeiten gegangen. Dann war es da, neu, glänzend, ein Sportrad. Für eine Gangschaltung reichte das Geld nicht, aber es hatte keinen Rücktritt sondern Felgenbremsen. Mein Bruder hatte von unserem verunglückten Bruder ein Sportrad geerbt, baute einen Unfall mit einer Acht im Vorderrad und warf es im Suff in den Fluss. Da liegt es auch heute nach 40 Jahren noch.

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Sein nächstes, ein Faltrad, hat er vor der Apotheke vergessen. Da war es weg. Er nahm meins und fuhr damit 30km zu einem Rockkonzert. Da war es weg. Um nach Hause zu kommen, klaute er vor der Kneipe ein schweres, klappriges Vorkriegs-Damenrad und stellte es mir hin...

Auf den zweiten Blick kann man auch hinterfragen, was bei einem selbst vielleicht doch nicht so war? Zum Teil - finde ich mich da auch wieder, denke aber auch an die Gegenentwürfe, die es auch damals schon gab. Was war z.B. doch anders, wenn ihr darüber nachdenkt?
War diese Entwicklung hin zu Kindern als Lifestyle-Accessoire bei der eigenen Selbstoptimierung, die heute zu besichtigen ist,  zwangsläufig oder ist da was aus dem Ruder gelaufen?

Wenn Ranke meinte, jede Epoche sei "unmittelbar zu Gott", so möchte ich auch jeder Generation einen solchen eigenen Wert zuerkennen und sie nicht als "besser" sondern nur als anders ansehen. Wir wissen nicht, wie folgende Generationen die Kindheit der heute lebenden Kinder beurteilen werden. Jede Generation greift in ihrer Kindheit auf Vorgefundenes zurück, so auch die heutige. Indem der Text das außer Acht lässt und von "Gnade" spricht, suggeriert er, dass die damalige Generation bei  einer vermeintlichen Vielzahl von Möglichkeiten sich eben generell für die hier geschilderte Freizeitgestaltung entschieden habe und dass es die heutige Generation auch noch könnte, es aber bleiben lässt.
Grüße, Federstrich

RE: So war es früher
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ahle-koelsche-jung vom 06.04.2018, 21:23:20

Die Whats-App-Gruppe von früher - herrlich. Da war das Problem einsamkeit noch nicht so verbreitet wie heute.

LG.

Ulli


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mane
mane
Mitglied

RE: So war es früher
geschrieben von mane
als Antwort auf Federstrich vom 07.04.2018, 08:24:45

Lieber Federstrich,

Zwinkern das Hinterrad des Sportrades scheint auch nach 40 Jahren im Fluss noch rund zu „laufen“.

Wenn ich den Eingangstext des Threads mit den Erinnerungen, die ich noch aus meiner Kindheit habe, vergleiche, sehe ich einiges ähnlich wie in dem Text beschrieben: Das Leben spielte sich zum großen Teil draußen ab, denn die Wohnung war klein und bot uns nicht viel Abwechslung. An Ballspiele, Gummitwist, Murmeln, Rollschuhlaufen im Hof und eine als Klettergelegenheit und Schaukel  genutzte Teppichstange, selbst gebaute Drachen und im Winter Schlittenfahren habe ich viele schöne Erinnerungen. Ein Fahrrad bekam ich erst, als ich mit 10 Jahren in die 5km entfernte weiterführende Schule fahren musste. Busfahren war zu teuer.

Die Eltern, traumatisiert durch den Krieg, das NS-Regime und die Flucht aus der geliebten Heimat, waren mit sich selbst und mit dem Aufbau einer neuen Existenz beschäftigt.
War das alles besser als heute, wie viele gerne behaupten? Aus der Distanz  erinnert man sich oft an die schönen Dinge und blendet das Negative gerne aus. Dieses Obrigkeitsdenken, das damals herrschte, die Polizei, der Pfarrer, der Lehrer u.a. hatten immer Recht – genau wie unsere Eltern – das wurde nicht hinterfragt. Mit uns Kindern wurde nicht diskutiert, andere bestimmten, wo es lang ging und wir hatten zu gehorchen.
Führte besonders diese Erziehung, verbunden mit körperlicher Bestrafung wirklich zu den Ergebnissen, wie in dem Artikel beschrieben:

"Unsere Generation hat eine Fülle von innovativen Problemlösern und Erfindern mit Risikobereitschaft hervorgebracht. Wir hatten Freiheit, Misserfolg, Erfolg und Verantwortung. Mit alldem wussten wir umzugehen."

Führte das nicht eher zu Gehorsam und Unselbstständigkeit?

Gruß Mane
 
grinsekatze
grinsekatze
Mitglied

RE: So war es früher
geschrieben von grinsekatze
als Antwort auf Sirona vom 06.04.2018, 09:19:15

Ich erkenne mich in Allem wieder, genauso war meine Kindheit

Wir aßen auch gerne mal ein Zuckerbrot, natürlich mit Margarine drunter, Butter gab es nie, oder mit Maggi das war lecker, zumindest damals. Oder eins mit Radieschen oder Salatgurke, was ich heute noch gern esse. Joghurt aß ich das erstemal 1968, meine Mutter kannte das auch nicht und so kaufte sie drei Becher mit Heidelbeere, das hat zuerst komisch geschmeckt, weil ich es nicht kannte, heute esse ich gerne Joghurt.

Was haben wir Gummitwist in den Schulpausen und am Nachmittag gespielt. Das Band bestand bei mir aus Gummis von alten Schlüpfern, die weggegschmissen oder zu Putzlappen degradiert wurden, neues Gummiband war nicht drin, aber so ging es auch und wenn es riss, dann wurde es halt wieder zusammengeknotet, bis das Band nur noch aus Knoten bestand.

Ich bin früher vorne auf dem Heinkelroller meines Vaters stehend mit zu Oma gefahren, ein Auto hatten wir erst viel später, 1972, einen blauen VW-Käfer, die Autonummer weiß ich heute noch

grinsekatze

Federstrich
Federstrich
Mitglied

RE: So war es früher
geschrieben von Federstrich
als Antwort auf mane vom 07.04.2018, 20:29:37

Liebe mane,

"besser" war es m.E. nicht, wie ich schon schrieb. Der Text will ja als Glosse idealisiert und launig geschrieben verstanden werden. Mit dieser Intention hat er Unterhaltungswert und somit seine Berechtigung und erfreut so manches Gemüt. Wenn der Text ernst genommen werden will, müsste er auch auf andere, negative Aspekte eingehen, die du ansprichst. Oder solche Fragen wie: Welche Gegenentwürfe gab auch damals schon, die es auch damals schon gab. Was war z.B. doch anders, wenn man darüber nachdenkt? Warum kam es zu der Entwicklung, die wir heute beobachten können. Was widerspricht dem Bild aus dem Text?

Auch seine Schlussfolgerung ist dann zu pauschal, denn er spart aus, dass die Nachkriegsgeneration ganz andere Bedingungen hatte und vieles aus der Not geboren wurde, z.B. die Risikobereitschaft, die heute tatsächlich nicht mehr so stark ausgeprägt ist, wenn man sich die Unternehmensgründungen und Start-Up-Szene anschaut. Das aber sollte nicht überraschen und hat ihre eigenen Gründe. In der jungen BR haben aber viele die sich bietenden wirtschaftlichen Chancen ergriffen und ihren Weg gemacht.
In puncto Obrigkeitsdenken und körperlicher Bestrafung hängt vieles auch vom persönlichen Werdegang ab. In der Schule gab es bei mir keinerlei körperlichen Bestrafungen, auch keine "Tatzen" oder "Kopfnüsse", von denen manchmal die Rede ist. Mir haben die Backpfeifen zu Hause auch nicht geschadet, und ich habe in meiner Nische nicht viel von der Obrigkeit mitbekommen. So richtige Autoritätspersonen gab es für mich nicht.
Allgemein auf die Deutschen in der ersten Hälfte des 20.J. bezogen, wurde ihnen die Autoritätsgläubigkeit als historisch bedingte mental-habituelle Eigenschaft ja oft nachgesagt, aber das scheint inzwischen überholt, wie die aktuelle politische Entwicklung zeigt.
Grüße, Federstrich

Sirona
Sirona
Mitglied

RE: So war es früher
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Federstrich vom 07.04.2018, 08:24:45
Über Eure Erzählungen musste ich schmunzeln, insbesondere die Whatsapp-Gruppe kenne ich auch noch zur Genüge; Männer hatten ihren Stammtisch, die Frauen trafen sich vor den Häusern, und in Dörfern saß man abends unter der Linde, erzählte sich das Neueste und sang Lieder, die heute fast in Vergessenheit geraten sind. 
Die Ariel-Klementine und Bonanza gehören zur Jugend meiner Kinder, die in den 60er Jahren das Licht der Welt erblickten.
Ich wuchs in den 40er- und 50er Jahren auf, in einer Zeit als es noch an allen Ecken und Enden fehlte. Den Frauen und Müttern wurde eine enorme Improvisionskunst abverlangt um ihre Lieben zu versorgen. 
1946 bekam ich zu Weihnachten meine erste Puppe, sie bestand aus Stoff und war mit irgendetwas Undefinierbarem ausgestopft. Eine befreundete Schneiderin hat sie hergestellt. Ich liebte sie heiß und innig. Danach bekam ich eine Puppe mit einem Zelluloid-Kopf und Zöpfen (Kriegsware). War ich stolz! Als Puppenmutter achtete man ja auch auf Hygiene und so beschloss ich eines Tages die Puppe zu baden. Als ich sie dann aber aus dem Wasser holen wollte, hatte sich der Rumpf total aufgelöst, ich hatte nur noch den Kopf, Arme und Beine in den Händen - das Geheul war natürlich riesengroß.
Gemessen an der heutigen Erziehungsmethode war diese zu meiner Kinderzeit extrem autoritär und man wagte Erwachsenen nicht zu widersprechen. Man hatte einfach Respekt, ja manchmal sogar Angst. Trotzdem ist es diese Generation die zu den technischen Errungenschaften mit beigetragen hat, die Erfindungen machte und somit das Alltagsleben für die künftige Generation erleichterte.
Auch ich musste bei Wind und Wetter eine gute 1/2 Stunde zur Schule laufen, obwohl es in unserer unmittelbaren Nachbarschaft eine Schule gab. Diese nahm als katholische Schule allerdings nur katholische Kinder auf. Damals gab es noch die strikte Trennung zwischen Kath. und Ev. Schule. Da ich evangelischen Glaubens war musste ich eben in die weiter entfernte Schule tippeln. Doch in Gemeinschaft mit anderen Kindern empfand ich dies nicht als große Belastung, im Gegenteil es gab immer viel zu erzählen.
Und im Winter diente unser Schulranzen als Schlitten, mit dem wir dann an kleinen Hügeln herunterschlitterten. Dabei wurden nicht nur die Mäntel und Strümpfe nass (Mädchen trugen keine Hosen sondern lange Strümpfe aus Schafswolle - brrrr) sondern auch oft Hefte und Bücher, daheim gab es dann ein Donnerwetter und man bekam Stubenarrest. Auch deswegen da die nasse Kleidung über dem Herd trocknen musste, denn der Kleiderschrank gab nicht so viel her wie dies heute üblich ist.
 
Sirona
 

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