Plaudereien Schorschis Plauderstübchen
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ENDE
Klar, ich würde es auch weiterlesen, aber ist dir auch klar, dass du in D Schwierigkeiten mit dem Titel bekämest?Du meinst, wegen des Z-Wortes?
Pippa
Glaube ich kaum, allein bei ZVAB gibt es mehr als 3.000 Ergebnisse, davon an die 500, die ab 2000 erschienen.
Liebe Pippa, liebe Selja, ich möchte hier keine Schwierigkeiten bekommen noch jemandem solche bereiten. Darum sende ich den Roman als PN an euch beide und wünsch viel Spass beim Lesen..
Ich danke Dir!
LG Seija
Ich habe mir so einige Gedanken gemacht - und sie aufgeschrieben:
Zigeuner, Mohrenkopf & Co.
Als ich noch ein Kind war, da hiess es ein paar mal im Jahr im Dorf: "Nehmt die Kinder ins Haus und die Wäsche von der Leine; die Zigeuner sind unterwegs!" Weil man den Fahrenden nachsagte, sie würden alles, was nicht niet- und nagelfest war, mitlaufen lassen - und würden sogar Kinder entführen und verkaufen. Mir Angst einzujagen gelang aber komischerweise niemandem. Vielleicht, weil es in unserer Familie heisst,dass da in unseren Adern Zigeunerblut fliesse, weil irgendwann in grauer Vergangenheit, sich eine Vorfahrin mit einem Fahrenden eingelassen habe? Könnte der Anteil in mir an "Zigeunerblut" vielleicht der Grund sein, dass mich in jungen Jahren jeweils im Frühling ein kaum aushaltbares "Reissen" im ganzen Körper dazu aufrufen wollte, alles hinzuschmeissen und loszuziehen in die grosse, weite Welt?
Damals fuhren sie noch mit hölzernen, zum Teil recht verlotterten, Planenwagen durchs Land, vorne ein magerer Klepper eingespannt. Mager wohl darum, weil sie kaum jemals Hafer sahen, sondern ihre Futter an den Strassenrändern suchen mussten.
Dass da jemals etwas in unserer Nähe geklaut worden wäre, war eine Sage. Jedenfalls kannte ich keinen, der das jemals behauptet hätte. Vielmehr verdienten sich die Fahrenden ihr Brot mit dem Korben und Messer schleifen. Wobei sie für Letzeres zwar oft fast mehr verlangten, als ein neues Messer gekostet hätte. Wenn sie aber beim Besuchen von Haustür zu Haustür erzählten, sie hätten mit ihrem Broterwerb eine Schar Kinder zu ernähren, bezahlte man schon aus Mitleid den verlangten Preis.
Ab und zu gingen wir Kinder - aus sicherer Distanz - das Leben und Treiben um die Wohnwagen gucken. Das ersetzte voll das damals noch nicht vorhandene TV. Und ab und zu wagten wir es sogar, mit den "Zigeunerkindern" ein paar Worte zu reden.
Dass man den Fahrenden ihre Kinder oft wegnahm und sie als billige Arbeitskräfte z.B. an Bauern als Gratis-Arbeiter gab - und sie sogar sexuell ausbeutete - wurde mir aber schon als Bub klar. Weil ich den "Schweizerischen Beobachter" schon im Alter von dreizehn jahren abonnierte. Darin standen haarsträubende Geschichten über die "Kinder der Landstrasse".
Dass es nicht einfach "Zigeuner" gab, sondern Sippschaften, wie z.B. die Sinti und die Roma, wurde mir erst bewusst, als wir mal - die Autobahn gab es damals noch nicht dort - im Lindthtal zwischen dem Lindtkanal und einem von dessen Grundwasser gespiesenen Seelein zelteten. Da standen nämlich zwei Wohnwagen. Im einen wohnte ein junges, unverheiratetes Paar (uiuiui, damals noch als böses Konkubinat verschreien!) und daneben im anderen Wagen die Mutter des jungen Burschen nebenan. Die Mutter kam uns gleich besuchen und fragte, ob wir "Jenische" seien. Da ich ja nicht wusste, was das sein könnte, verneinte ich mal sicherheitshalber. Und dann kreuzten sie im Stundentakt auf, die Kolonne der Prunk-Wohnwagen, und stellten sich zu einer Wagenburg auf, wie ich das nur in Westernfilmen schon gesehen hatte, wenn die auswandernden und vom Indianergebiet Besitz ergreifenden Auswanderer sich zu einer solchen "Festung" zusammezogen, um besser gegen Angriffe der "Wilden" geschützt zu sein. Am Anfang schlossen wir vor dem Schlafen jeweils noch das Vorzelt sicherheitshalber. Als wir aber in den folgenden Tagen merkten, dass hier offenbar nur ehrliche Leute ihren Urlaub verbrachten (die meisten waren inzwischen sesshaft geworden und "zigeunerten" nur noch im Urlaub), wie wir, liessen wir das Zelt offen. Am Abend besammelten wir uns jeweils um ein grosses Feuer, und zum Klange einiger mitgebrachter Instrumente wurden wehmütige und lustige Lieder in einer Sprache gesungen, die wir zwar nicht verstanden, aber einfach mal mitsummten. Und dazu tanzte man rhythmisch ums Feuer herum.
Und nun zu einem ernsteren Thema: Als ich noch im Elternhaus wohnte, hörte ich mal ein lautes Fluchen und Kreischen in der Nähe. Ich ging nachschauen. Da lag ein Damenfahrrad in der Wiese. Und daneben verprügelte ein älterer Mann eine jüngere Frau. Ich ging sofort dazwischen, packte den Mann am Kragen, riss ihn nach hinten und rief der Frau zu, sie solle sich auf ihr Fahrrad setzen und zum Polizeiposten fahren. Ich kannte die beiden flüchtig vom Sehen und wusste eine schier unglaubliche Geschichte über die beiden: Eigentlich war sie die Frau des Sohnes des Prüglers. Die Drei lebten im gemeinsamen Haushalt und lebten vom Hausieren und Messerschleifen. Als der Sohn auf seinen Touren eine Sesshafte kennenlernte, zog er zu ihr und "verschenkte" seine Frau dem Alten -, der sofort von ihr Besitz ergriff - in allen Lebenslagen! Kurz: Die Frau fuhr nicht zur Polizei. Der Prügler versicherte mir, er werde die Frau nicht mehr prügeln, der Prügler setzte sich auf das Damenfahrrad - und die Frau trottete neben ihm her - heimzu. Und ich schaute den beiden nach und schüttelte den Kopf im Ahnen, dass der Alte die Frau zuhause gleich wieder verprügeln würde - und dies dabei im Glauben, ER sei ja der rechtmässige Besitzer der Frau - und sie habe ein Verbrechen begangen -, nämlich es zu wagen, ihren Besitzer zu verlassen!
Als ich noch fischen ging, traf es sich, dass ab und zu einige Wohnwagen Fahrender dort standen, wo ich beabsichtigt hatte zu fischen. Dann ging ich eben ein paar hundert Meter weiter.
Alle diese Erlebnisse gaben den Anstoss zu meinem dritten Roman "Noch weit bis Eden". Darum fängt der Roman auch mit "Zigeunern" an.
Ich weiss, man darf ja heute nicht mehr "Zigeuner" sagen. Ich habe aber in meinen Kontakten mit diesen gemerkt, dass sogar sie sich untereinander ab und zu so nennen. Warum also werden jene "Nichtzigeuner", die das "Z-Wort" anwenden, heute so angefeindet? Man darf auch nicht mehr "Mohrenkopf" sagen. Das ist Diskriminierung einer ganzen Ethnie. Und in den Sozialen Medien wird gar öffentlich zum Boykott gegen Restaurants aufgerufen, die sich weigern, die schon seit Jahrhunderten "Zum Mohren" heissende Beiz umzutaufen. Hallo, müssen wir denn päpstlicher sein als der Papst?
Und wenn ein Putin ein friedliebendes Volk überfällt, hunderttausende von Gebäuden zu Ruinen macht, Millionen von Menschen zur Flucht ins Ausland zwingt, hunderte von Milliarden an weiteren Schäden verursacht, sogar mit einem Atomkrieg droht, dann werden ehrliche Russen, die sich getrauen, die Wörter "Krieg" oder "Überfall" in den Mund zu nehmen, für fünfzehn Jahre ins Gefängnis gesteckt.
Quo vadis, geliebte, geschundene Erde?
Quo vadis "Homo sapiens"!
Das führt darauf zurück, dass WIR im Ort den Spitzamen die N haben. Hat also mit Diskriminierung gar nichts zu tun. Ich weiß nicht, ob es in der Schweiz auch Spitznamen für die Bewohner eines Ortes gibt. Die Umbenennung dieses N-Biwak löste viel Verärgerung aus. Aber es wurde gemacht um sich nicht jedes Jahr an Karneval Diskussionen auszusetzen oder gar dass der Name offiziell verboten würde.
Ich bin in Spay am Rhein geboren. Die Bürger nennt man:
Die Speyer Boxelöfter (Hosenlüfter)
Woher diese Spitznamen kamen weiß ich nicht. Aber viele sind auch sehr lustig.
Liebe Grüße ins Plauderstübchen
Seija
Kinder und Narren dürfen bekanntlich die Wahrheit sagen. Also lassen wir doch wenigstens den Karnevalsnarren ihre Rede- und Meinungsfreiheit!
vielen Dank für die digitale Version deines Buches "Der Arme-Leute-Bub".
Sobald ich mit meinen beiden Büchern, die ich gerade parallel lese, fertig bin, stürze ich mich auf deins. Darauf freue ich mich sehr !!!
Viele Grüße
Jil 🎵
Hier noch der Link zu meinem Interview mit Gugelmann. Ich vermute aber, dass er nur noch heute anklickbar ist, da am Donnerstag jeweils ein neues Programm kommt.
Schorschs Interview mit dem Künstler Paul Gugelmann
http://www.alf-tv.ch/?rub=1&showcase=4&archive=22-12#programm
Dein vorgestelltes Interview habe ich angesehen und bin begeistert von den mechanischen Kunstwerken von Paul Gugelmann.
Wenn ich einmal in die Gegend komme werde ich dieses Museum sicherlich aufsuchen.
Dich konnte ich fast durchgängig verstehen, du hast auch langsamer gesprochen, aber leider bin ich des Schwyzerdütsch nicht so weit mächtig, dass ich Herrn Gugelmann verstehen konnte. Wenn ich ganz genau aufgepasst habe dann konnte ich mir einiges sinngemäß zusammenreimen, aber das meiste nicht. Schade drum, denn es hätte sich sicherlich gelohnt, alles zu verstehen.
Das Interview wurde wiederholt, weil Paul Gugelmann kürzlich verstorben ist. Er und seine Kunst wären es sicher wert gewesen, auch in Deutschland bekannter zu sein. Oder kannte nur ich ihn nicht?