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Plaudereien Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat

schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Jutta vom 06.07.2024, 18:54:27
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Da muss ich @Klaro recht geben, lieber schorsch!
Solch traumatische Verletzungen hinterlassen zum Teil grosse Narben und je nach Situation, die im späteren Leben passieren kann, gibt es sog. Narbenschmerzen, die sehr weh tun und wieder "gesalbt" werden müssen. Solche Narben können nicht einfach erledigt und abgehakt werden, sondern die zu Narben geführten Ereignisse prägten uns und lassen uns sein wie wir eben sind und hat nichts Negatives!

Jutta
Ja, auch bei mir haben sich Narben gebildet. Und ab und zu werden diese auch wieder aufgerissen. Aber in der übrigen Zeit lasse ich mich runterziehen von ihnen.

Ich habe vor zig Jahren ein Gedicht daraus gemacht und setze es mal hier ein:

Hass?
 
 
 
Ihr Mächte, tief in meinem Innern,
ihr Geister, die ich niemals rief,
was drängt ihr mich, mich zu erinnern,
wenn endlich die Erinnerung schlief?
 
 
Was, frag` ich euch, soll dieses Wühlen
in totgeglaubter Wut, in Hass?
Was soll das Spiel mit den Gefühlen?
Gibt`s denn für Rache kein Erlass?
 
 
Gebt endlich Ruh`, ihr bösen Geister,
lasst Vergangenheit vergangen sein.
Haut ab und grüsst mir euren Meister.
Denn ich geh` meinen Weg - allein!
 
skys
skys
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von skys

Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
chris33

Das würde ich so nicht sagen.
Man kann durchaus auch bereuen, dass oder was man gemacht hat.
 
Der große Unterschied ist nur, dass Menschen anscheinend größere Probleme damit haben, wenn sie etwas nicht gemacht haben und es bereuen als wenn sie etwas gemacht haben und es als Fehler ablegen können (auch in Studien schon belegt wurde).
Ungewissheit ist oft viel schwerer zu ertragen als eine Fehlentscheidung oder eine schlechte Nachricht.
Zu wissen, man hat etwas versucht, aber einen Fehler gemacht ist sozusagen "ok" bzw leichter zu ertragen. Aber zu denken, man hätte etwas machen müssen, obwohl man nicht weiß, ob es geglückt wäre oder welche Auswirkungen es gehabt hätte oder nie Klarheit über das "was wäre wenn" bekommen zu haben, das lässt sich quasi viel schlechter ablegen und abhaken.
 
Ich denke, wenn man sich kritisch hinterfragt, können oder müssten immer Situationen auftauchen, in denen man auch andere Handlungsoptionen in Erwägung ziehen könnte - schlicht, weil es auch immer mehrere Möglichkeiten gibt. Aber ist man zum Zeitpunkt des Rückblicks zufrieden, dann ist der Rückblick auch leichter bzw. es liegt nichts herum, was noch nicht abgelegt ist.
 
(U. a. deswegen wird z. B. auch oft nach Leichen gesucht, weil es viel leichter ist, abzuschließen, wenn man sie gefunden hat und weiß, jemand ist tatsächlich tot.)
 
Agathe
Agathe
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von Agathe
als Antwort auf schorsch vom 06.07.2024, 23:26:25

Ein schönes Gedicht Schorsch. 

Es ist gut, seelischen Schmerzen ins Gesicht zu sehen
mit Ihnen zu reden und sie dann weg zu schicken. 

So kann Heilung geschehen. 
 


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Der-Waldler
Der-Waldler
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von Der-Waldler

Ich lerne hier Menschen von einer ganz anderen Seite kennen, als ich sie bisher aus dem Forum kannte. Ich spüre bei einigen Menschen eine große Offenheit, ja, Nähe, und das tut gut, zu erfahren. Es ändert den Blick auf den Anderen, jedenfalls ändert es meinen Blick.

Danke für diesen guten, manchmal auch traurigen, immer berührenden, und so oft Mut machenden Thread.

Der Waldler

Der-Waldler
Der-Waldler
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf Zaunkönigin vom 06.07.2024, 21:42:00
Bis zu unserem Schicksalsschlag habe ich immer die Meinung vertreten, und auch bisher die Erfahrung gemacht, dass jeder "Mist" den ich irgendwann im Leben durchwaten musste für irgend etwas gut war. Manchmal habe ich das erst Jahre später erfahren wozu, aber ich kann mich an keine große Schläge des Lebens erinnern die nichts Positives im Nachhinein mit sich brachten (auch wenn sie manchmal in der Tendenz negativ blieben). Aber jetzt, verflixt und zugenäht, nach 5 Jahren, weiß ich immer noch nicht für was das gut sein soll, dass wir alle unsere Pläne fürs Alter über Bord werfen mussten und noch nicht einmal mehr ordentlich miteinander sprechen können.
 

Liebe Zaunkönigin,

vielleicht ist das "Gute" daran, dass es Dir/Euch zeigt, wie dankbar man dem Leben sein darf, wenn einem im doch schon "älteren mittleren Alter" noch das Geschenk einer großen Lebensliebe gemacht worden ist. Zu spüren, dass es TATSÄCHLICH so ist, dass sie hielt, ja, vielleicht sogar größer wurde. Ich kenne einige Ehen, die an so einem Schicksalsschlag gescheitert sind, sei es der Tod eines Kindes, sei es die schwere Krebserkrankung des Partners, und in einem Fall war es auch ein Schlaganfall. Die Ehen sind daran zerbrochen.

Eure ist nicht nur nicht zerbrochen, ja, vielleicht ist Eure Liebe sogar größer geworden?! Hättest Du diese durch und durch tiefe Bestätigung Eurer Liebe erfahren, wenn dieser schwere Schicksalsschlag NICHT passiert wäre?

Natürlich kann man auf so etwas sehr gern verzichten. Aber ich finde, auch so etwas ist "für etwas gut", ich habe das nach meinem fast tödlich verlaufenden ersten Herzinfarkt selbst erfahren, damals war ich 43... Dieser Infarkt hatte mehrere (!) gute Folgen, nicht nur üble.

Liebe Grüße

Der Waldler
 
taralenja1.11.
taralenja1.11.
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von taralenja1.11.
als Antwort auf schorsch vom 06.07.2024, 23:26:25
hallo schorsch,
vielleicht ist hier von mir ein falscher eindruck entstanden. ich lebe im heute und nicht mehr in der vergangenheit, obwohl es viele situationen gibt, wo alte narben aufbrechen. auch ich habe vor vielen jahren einige gedichte geschrieben, wo ich der vergangenheit den kampf ansagte:

das herz schlug ganz leise,
jetzt hämmert es laut.
es sang seine weise
vom leben geraubt.

jetzt stampfen die noten
meine wut, meinen hass!
das schlagzeug spielt dröhnung,
dass jeder erblasst.

der bass spuckt ein solo,
das mein leben beschreit.
durch brüllende saiten
fühl' ich mich befreit.

die lieder sind mahnung,
befreiung und schrei'n.
sie sind kinderretter
von ihrer grausamen pein.

jetzt schlackert ihr täter,
mit händen und knien.
nichts kann euch mehr helfen,
auch nicht eure sühn'!

taralenja und co

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chris33
chris33
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von chris33

Um ehrlich zu sein, dieser Thread hat auch mich tief berührt. 

Es ist ein Thema, das nicht von " richtig und falsch" geprägt ist, sondern wo Gefuehle im Vordergrund stehen. Wer kann schon sagen, dass die Gefuehle des anderen falsch sind?

Diese Diskussion hat auch meinen  Blick auf unsere Gemeinschaft verändert und mich darin bestärkt, wie wichtig und wertvoll der Austausch  hier sein kann... 

Unsere Beitraege haben gezeigt, dass wir alle unsere Lasten tragen, mehr oder weniger..... 

Falls ich nicht die richtigen Worte finden konnte, oder vielleicht sogar keine, tut es mir leid. Aber ich moechte euch wissen lassen dass ich jede Geschichte sorgfältig gelesen habe und mir eure Erfahrungen zu Herzen genommen habe. 

Ich hoffe, dass wir uns auch in Zukunft so bereichernd austauschen können. 
​​​​​​
Gruesse von chris33 

taralenja1.11.
taralenja1.11.
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von taralenja1.11.
als Antwort auf chris33 vom 07.07.2024, 10:56:16
liebe chris33,
auch wir haben alle beiträge mit ganz viel mitgefühl gelesen und waren tiefberührt, welche schicksale  hinter den nicknamen stehen. es ist erstaunlich, wie die einzelnen userinnen und user mit ihrem leben umgegangen sind und auch noch umgehen, um ein lebenswertes leben führen zu können. euch allen für eure offenheit ganz herzlichen dank.

dir, liebe chris33, danken wir von ganzem herzen, dass du dieses thema aufgegriffen hast und dadurch vielen menschen eine plattform gegeben hast, rückschau zu halten. es zeigt uns, dass es doch möglich ist, mit gegenseitigem respekt, solche themen aufzugreifen.

💚lichst
taralenja und familie
Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von Rispe

Und bei alledem, was ich hier so lese und selber erlebt habe, kommt in mir wieder die Frage hoch, wie weit wir überhaupt einen freien Willen haben. Es gibt Philosophen und Hirnforscher, die bestreiten den und behaupten, dass es Experimente gab, die bewiesen haben, dass wir Dinge tun, ohne sie selber zu entscheiden, weil sie in uns angelegt sind.
Deshalb: Sollte nur etwas an dem dran sein, dann erst recht können wir uns verzeihen, wenn wir Fehler gemacht haben. Das heißt für mich nicht, dass es einen Freibrief gibt, jede Schweinerei zu begehen, die man will, indem man sich auf den fehlenden freien Willen beruft. Aber es heißt für mich, dass „wer immer strebend sich bemüht“ (Goethe) gnädiger mit sich selbst umgehen kann und sich nicht selber in Grund und Boden stampfen muss, wenn er meint, etwas bereuen zu müssen.
Alle machen Fehler, niemand ist perfekt. Wenn, wären wir Roboter.
Aber nachdem ich ja nun in diesem Forum gelernt habe, dass an einer Verschmelzung der KI mit dem Menschen gearbeitet wird, na ja, vielleicht werden wir bzw. unsere Nachkommen es eines Tages sein. 😉

Fragt sich nur, ob diese schöne neue fehlerlose Welt mit ihren perfekten Menschen dann besser ist. 😉

Hier etwas zum Lesen: Hat der Mensch einen freien Willen?
 

RE: Man bereut im Leben nur das, was man nicht getan hat
geschrieben von Inge--MA
als Antwort auf Rispe vom 07.07.2024, 11:25:10

So oder ähnliche Gedanken beschäftigen mich auch.
Vielen Dank Rispe für den Link, den ich jedoch noch nicht gelesen habe. Ich werde es in Ruhe nachholen, denn das Thema bezüglich des 'freien Willens' interessiert mich schon lange. 
Gruss Inge


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