Plaudereien Dialekt - verpönt oder wünschenswert?
In meiner Kindheit wurde noch in vielen Landstrichen Deutschlands ein unverfälschter Dialekt gesprochen, besonders im ländlichen Raum, und eine Menge Kinder sprachen bei der Einschulung nichts anderes als diesen regionalen Dialekt.
Dann glaubten einige besonders schlaue Zeitgenossen, man müsse Kinder so schnell wie möglich vom Dialekt weg- und zum Hochdeutschen hinführen, denn es sei unbestritten – so ihr Argument – dass die einwandfreie Beherrschung der deutschen Hochsprache zur Verbesserung der Rechtschreibung beitrage. Also wurden Kinder schon im Elternhaus und im Kindergarten dazu angehalten, sich Hochdeutsch auszudrücken. Das Paradoxe ist, dass es heute in deutschen Schulen bis hin zur Universität deutlich mehr rechtschreibeschwache Kinder und Jugendliche gibt als früher. Lehrer, Dozenten und alle, die sich durch Bewerbungsunterlagen kämpfen müssen, können ein Lied davon singen. Ich rede jetzt nicht von Menschen, die eine andere Muttersprache als Deutsch sprechen!!!
In manchen Köpfen setzte sich zudem fest, dass "Dialekt sprechen" ein Zeichen von mangelnder Bildung sei. Die Saat ging auf. Nach und nach gab es immer weniger Menschen, die ihren regionalen Dialekt beherrschten, weil die alten Menschen starben und die Jungen es nicht oder nur unzureichend - in moderater, weichgespülter Form - gelernt hatten.
Inzwischen hat zum Glück vielerorts ein Umdenken begonnen. Initiativen haben sich gebildet: "Ja zum Dialekt!" Man versucht, ihn wieder zu beleben, sei es beim Volkstheater, durch mundartliche Literatur oder sogar durch Volkshochschulkurse.
Mir gefällt diese Initiative, denn ich finde, dass der Dialekt mehr Facetten, Wärme und Mutterwitz hat als das Hochdeutsche. Sogar das Schimpfen klingt oft weniger verletzend, wenn es mundartlich daherkommt . Ich bin natürlich nicht dafür, das Hochdeutsche zu vernachlässigen, sondern beide Formen könnten in friedlicher Koexistenz nebeneinander bestehen.
Ich fände es überaus spannend zu erfahren, wie ihr zum Dialekt steht und ob es noch Gegenden gibt, in denen der ursprüngliche, regionale Dialekt häufig im Alltag gesprochen wird (ich meine damit nicht ein leicht mundartlich eingefärbtes Hochdeutsch – oder wie man bei uns sagt: ein "Hochdeutsch mit Knorzen"). Ich denke, in einem Forum, dessen Mitglieder aus allen Regionen Deutschlands kommen - und sogar weit über diese Grenzen hinaus, könnte die Erörterung dieses Themas ein interessantes Pro und Contra ergeben.
Übrigens: ich will natürlich niemand auf die Füße treten, der keinen Dialekt sprechen kann. Ich kann es selbst nicht, bedaure das aber sehr!
Lalelu
Dann glaubten einige besonders schlaue Zeitgenossen, man müsse Kinder so schnell wie möglich vom Dialekt weg- und zum Hochdeutschen hinführen, denn es sei unbestritten – so ihr Argument – dass die einwandfreie Beherrschung der deutschen Hochsprache zur Verbesserung der Rechtschreibung beitrage. Also wurden Kinder schon im Elternhaus und im Kindergarten dazu angehalten, sich Hochdeutsch auszudrücken. Das Paradoxe ist, dass es heute in deutschen Schulen bis hin zur Universität deutlich mehr rechtschreibeschwache Kinder und Jugendliche gibt als früher. Lehrer, Dozenten und alle, die sich durch Bewerbungsunterlagen kämpfen müssen, können ein Lied davon singen. Ich rede jetzt nicht von Menschen, die eine andere Muttersprache als Deutsch sprechen!!!
In manchen Köpfen setzte sich zudem fest, dass "Dialekt sprechen" ein Zeichen von mangelnder Bildung sei. Die Saat ging auf. Nach und nach gab es immer weniger Menschen, die ihren regionalen Dialekt beherrschten, weil die alten Menschen starben und die Jungen es nicht oder nur unzureichend - in moderater, weichgespülter Form - gelernt hatten.
Inzwischen hat zum Glück vielerorts ein Umdenken begonnen. Initiativen haben sich gebildet: "Ja zum Dialekt!" Man versucht, ihn wieder zu beleben, sei es beim Volkstheater, durch mundartliche Literatur oder sogar durch Volkshochschulkurse.
Mir gefällt diese Initiative, denn ich finde, dass der Dialekt mehr Facetten, Wärme und Mutterwitz hat als das Hochdeutsche. Sogar das Schimpfen klingt oft weniger verletzend, wenn es mundartlich daherkommt . Ich bin natürlich nicht dafür, das Hochdeutsche zu vernachlässigen, sondern beide Formen könnten in friedlicher Koexistenz nebeneinander bestehen.
Ich fände es überaus spannend zu erfahren, wie ihr zum Dialekt steht und ob es noch Gegenden gibt, in denen der ursprüngliche, regionale Dialekt häufig im Alltag gesprochen wird (ich meine damit nicht ein leicht mundartlich eingefärbtes Hochdeutsch – oder wie man bei uns sagt: ein "Hochdeutsch mit Knorzen"). Ich denke, in einem Forum, dessen Mitglieder aus allen Regionen Deutschlands kommen - und sogar weit über diese Grenzen hinaus, könnte die Erörterung dieses Themas ein interessantes Pro und Contra ergeben.
Übrigens: ich will natürlich niemand auf die Füße treten, der keinen Dialekt sprechen kann. Ich kann es selbst nicht, bedaure das aber sehr!
Lalelu
Re: Dialekt - verpönt oder wünschenswert?
Du sprichst genau meine Gedanken aus, lalelu. Dialekt hat schon seinen Hintergrund, es ist die Sprache des Herzens. Niemals kann man in Hochdeutsch so viele Varianten des Ausdrucks finden wie im Dialekt, egal ob liebevoll oder zornig.
Allerdings mache ich dabei noch ein Einschränkung. In der Schule sollte Hochdeutsch gesprochen werden, denn man muss auch ausserhalb seines Dialektgebietes sich verständlich ausdrücken können, schon allein aus Rücksichtnahme auf Fremdsprachige, die mühsam das schwierige Deutsch lernen und in Gebieten, wo Dialekt gesprochen wird, kein Wort verstehen.
Das soll aber nicht bedeuten, dass man dann ein sogenanntes "Honorationendeutsch" von sich gibt, sondern ruhig den Akzent seines Dialektes beibehält, aber sich klar akzentuiert. So machen es alle Völker, nur wir Deutsche meinen, Dialekt sei zweitrangig.
In der letzten Pisastudie wurde klar festgestellt, dass die Schüler , die Dialekt sprechen, klar im Vorteil in den Fächern Sprache sind- siehe Bayern, Baden-Württemberg Hessen,Sachsen.
Wieso das so ist, kann ich auch nicht erklären, aber die Schüler lagen klar vor den Ländern nur mit Hochdeutsch.
Die Initiativen zur Erhaltung der Dialekte würde ich klar unterstützen, es ist auch ein grosses Stück Kultur eines jeden Landesteiles, denn Dialekt bringt eine grosse Vielfalt der Ausdruckmöglichkeiten und Fantasie mit sich.
Leider ist es aber heute so, dass oft nur alte Menschen noch den reinen Dialekt kennen, denn er ist genauso mit Fremdwörtern durchsetzt wie die hochdeutsche Sprache.
Luchs
Allerdings mache ich dabei noch ein Einschränkung. In der Schule sollte Hochdeutsch gesprochen werden, denn man muss auch ausserhalb seines Dialektgebietes sich verständlich ausdrücken können, schon allein aus Rücksichtnahme auf Fremdsprachige, die mühsam das schwierige Deutsch lernen und in Gebieten, wo Dialekt gesprochen wird, kein Wort verstehen.
Das soll aber nicht bedeuten, dass man dann ein sogenanntes "Honorationendeutsch" von sich gibt, sondern ruhig den Akzent seines Dialektes beibehält, aber sich klar akzentuiert. So machen es alle Völker, nur wir Deutsche meinen, Dialekt sei zweitrangig.
In der letzten Pisastudie wurde klar festgestellt, dass die Schüler , die Dialekt sprechen, klar im Vorteil in den Fächern Sprache sind- siehe Bayern, Baden-Württemberg Hessen,Sachsen.
Wieso das so ist, kann ich auch nicht erklären, aber die Schüler lagen klar vor den Ländern nur mit Hochdeutsch.
Die Initiativen zur Erhaltung der Dialekte würde ich klar unterstützen, es ist auch ein grosses Stück Kultur eines jeden Landesteiles, denn Dialekt bringt eine grosse Vielfalt der Ausdruckmöglichkeiten und Fantasie mit sich.
Leider ist es aber heute so, dass oft nur alte Menschen noch den reinen Dialekt kennen, denn er ist genauso mit Fremdwörtern durchsetzt wie die hochdeutsche Sprache.
Luchs
Ich begrüße auch die Erhaltung des Dialekts.
Ich bin froh, dass ich das fränkische meines Heimatortes noch kann.
Selbstverständlich ist es richtig, dass die Schulkinder hochdeutsch
schreiben und lesen müssen, aber das Verständnis zum Dialekt fördert auch
das Interesse an anderen Dialekten und ich bin froh, dass wir im Chat
immer mal bestimmte Ausdrücke in vielen Dialekten vergleichen und damit
auch verstehen lernen.
Chris
Re: Dialekt - verpönt oder wünschenswert?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Boarisch is griabig
Ich bin ganz klar für die Beibehaltung der Dialekte und hatte das Glück "dreisprachig" aufzuwachsen, nämlich plattdeutsch, hessisch und hochdeutsch.
Mutter und Oma mütterlicherseits kamen von Hamburg, sprachen untereinander und mit mir platt. Vater und Großeltern kamen aus Hessen und sprachen untereinander und mit mir hessisch.
Die "Amtssprache" innerhalb der Gesamtfamilie war hochdeutsch.
Gruß schwede2
Mutter und Oma mütterlicherseits kamen von Hamburg, sprachen untereinander und mit mir platt. Vater und Großeltern kamen aus Hessen und sprachen untereinander und mit mir hessisch.
Die "Amtssprache" innerhalb der Gesamtfamilie war hochdeutsch.
Gruß schwede2
Re: Dialekt - verpönt oder wünschenswert?
Ond bi üs, sorella, isches Gzälz bäbbich!
Luchs
Luchs
Re: Dialekt - verpönt oder wünschenswert?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Im norddeutschen Platt kann man liebevoll Dinge sagen,
für die man in Hochdeutsch eine Beleidigungsklage am Halse hätte.
nordstern
für die man in Hochdeutsch eine Beleidigungsklage am Halse hätte.
nordstern
@ luchs und chris,
natürlich habt ihr recht, dass in der Schule Hochdeutsch die Unterrichtssprache sein muss! Das hatte ich leider nicht ausdrücklich erwähnt, aber das ist auch für mich selbstverständlich!
Ganz allgemein möchte ich zu meinen ersten Ausführungen ergänzen: Immer wenn es "offiziell" wird, also in Schule, Beruf usw. muss Hochdeutsch die Sprache der Wahl sein; in der Freizeit und bei allen zwanglosen Begegnungen finde ich es wunderbar, wenn Dialekt gesprochen wird.
Luchs, ich weiß zwar auch nicht, weshalb Schüler aus Gebieten, in denen Dialekt gesprochen wird, sprachlich im Vorteil gegenüber Schülern aus hochdeutsch sprechenden Regionen sein könnten, aber ich habe eine Idee...vielleicht weil sie "zweisprachig" aufwachsen: Dialekt und Hochdeutsch?? Das schult mit Sicherheit das Sprachgefühl.
@ sorella: Hilfe, ich muss googeln: was ist griabig??
@ schwede2: super, nicht nur zweisprachig, sondern gleich dreisprachig - und dazu wahrscheinlich alle drei Sprachen spielerisch gelernt! Du musst ein Sprachgenie sein .
Lalelu
natürlich habt ihr recht, dass in der Schule Hochdeutsch die Unterrichtssprache sein muss! Das hatte ich leider nicht ausdrücklich erwähnt, aber das ist auch für mich selbstverständlich!
Ganz allgemein möchte ich zu meinen ersten Ausführungen ergänzen: Immer wenn es "offiziell" wird, also in Schule, Beruf usw. muss Hochdeutsch die Sprache der Wahl sein; in der Freizeit und bei allen zwanglosen Begegnungen finde ich es wunderbar, wenn Dialekt gesprochen wird.
Luchs, ich weiß zwar auch nicht, weshalb Schüler aus Gebieten, in denen Dialekt gesprochen wird, sprachlich im Vorteil gegenüber Schülern aus hochdeutsch sprechenden Regionen sein könnten, aber ich habe eine Idee...vielleicht weil sie "zweisprachig" aufwachsen: Dialekt und Hochdeutsch?? Das schult mit Sicherheit das Sprachgefühl.
@ sorella: Hilfe, ich muss googeln: was ist griabig??
@ schwede2: super, nicht nur zweisprachig, sondern gleich dreisprachig - und dazu wahrscheinlich alle drei Sprachen spielerisch gelernt! Du musst ein Sprachgenie sein .
Lalelu
Re: Dialekt - verpönt oder wünschenswert?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Die Muttersprache ist die erste Sprache,die ein Kind lernt und früher war das auch immer der landestypische Dialekt. Das Kind lernte dann in der Schule das Hochdeutsch, bzw. das "Schriftdeutsch" als erste Fremdsprache. Sprachforscher sind der Meinung, dass die dann systematisch erlernte Hochsprache dem Kind später keinerlei Problem mehr macht. Darüber gibt es eine Menge wissenschaftlicher Untersuchungen.
Aus meinem eigenen Familien-und Freundeskreis weiß ich, dass all diejenigen, denen der Dialekt sozusagen schon als Kleinkind "ausgetrieben" wurde, die größten Schwierigkeiten im Deutschunterricht hatten und ihre Rechtschreibkompetenz heute noch unter aller "Sau" ist.Verzeiht mir bitte die g'scherte boarische Ausdrucksweise.
Ich hatte im Gymnasium nie Probleme, aber meine Enkelkinder,(Beiden wurde von meiner Tochter der Dialekt vorenthalten)machen in einem Satz mehr Fehler als man überhaupt machen kann. Auch meine Frau, mein Schwager und (alle in Berlin aufgewachsen) viele meiner "hochdeutsch" erzogenen Freunde würden beim leichtesten Diktat völlig versagen...wie gut, dass es eine Rechtschreibprüfung in "Word" gibt.
Das nur so nebenbei, denn eigentlich könnte man Romane über dieses Kapitel schreiben.
Gruß aras
Aus meinem eigenen Familien-und Freundeskreis weiß ich, dass all diejenigen, denen der Dialekt sozusagen schon als Kleinkind "ausgetrieben" wurde, die größten Schwierigkeiten im Deutschunterricht hatten und ihre Rechtschreibkompetenz heute noch unter aller "Sau" ist.Verzeiht mir bitte die g'scherte boarische Ausdrucksweise.
Ich hatte im Gymnasium nie Probleme, aber meine Enkelkinder,(Beiden wurde von meiner Tochter der Dialekt vorenthalten)machen in einem Satz mehr Fehler als man überhaupt machen kann. Auch meine Frau, mein Schwager und (alle in Berlin aufgewachsen) viele meiner "hochdeutsch" erzogenen Freunde würden beim leichtesten Diktat völlig versagen...wie gut, dass es eine Rechtschreibprüfung in "Word" gibt.
Das nur so nebenbei, denn eigentlich könnte man Romane über dieses Kapitel schreiben.
Gruß aras
Re: Dialekt - verpönt oder wünschenswert?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
verpönt oder wünschenswert?
ich würde sagen - weder - noch.
als wir einen austauschschüler aus den USA und danach einen aus frankreich hatten,
waren die heilfroh, daß sie zu uns nach hannover kommen durften.
hier konnten sie nämlich ihre deutschkenntnisse anwenden bzw. erweitern.
was sollen fremdsprachige schüler in hessen, sachsen, bayern etc etc lernen????
der sprachexperte sagt: nichts lernen sie, weil sie von anfang an nichts verstehen.
nicht mal ein deutscher versteht manchen dialekt.