Nostalgie Wer möchte nicht ab und zu in Erinnerungen schwelgen können?
Re: Wer möchte nicht ab und zu in Erinnerungen schwelgen können?
In unserer Klasse in der Oberschule waren die Zugezogenen und Flüchtlinge in der Mehrzahl.
Die Kinder aus dem völlig unbeschädigtem Ort,waren natürlich in einer besseren Situation.
Die ersten vier Jahre wohnten wir in einem großen Zimmer mit Bad-Benutzung,bei einer Witwe mit zwei Kinder. Es war eine Zwangseinquartierung.
Für uns eine schöne Zeit,weil sich Kinder und Erwachsene sehr gut verstanden.
Dann mussten wir alle aus ziehen,die Stadt plante etwas anderes mit dem Haus.
Danach bekamen wir zwei Zimmer zugeteilt,Plumpsklo eine Treppe tiefer,und ein Bad gab es auch nicht. Samstags war Badetag in einer kleinen Zinkwanne.
Später gab es im Ort ein Badehaus,da konnte man einen Raum mit Badewanne mieten.
Ich wurde schon 15 Jahre,da waren wir auf der langen Liste der sog. "Ausgebombten"endlich an der Reihe und bekamen eine 67qm Wohnung von der Stadt zugeteilt.
Ja, aber es ist wie Du es schreibst Claude,dieses Leben hat viele von uns sehr stark werden lassen.
Aber wie es immer im Leben ist,viele sind auch daran zerbrochen.
Es wäre ja nicht ein Beitrag von mir,wenn ich nicht noch das Essen erwähnen würde.
Auf so ein Sonntagsessen freute ich mich die ganze Woche. So wenig wir auch hatten, wenn ich Freundinnen mit nach Hause brachte, wurde eben geteilt.
Bei einer Freundin gab es Brot mit Margarine und Senf als Aufstrich, ich esse es heute ab und zu noch gerne.
Kaffee,und dann noch als(Giftgetränk)habe ich Null Erinnerung!Haoua
Die Kinder aus dem völlig unbeschädigtem Ort,waren natürlich in einer besseren Situation.
Die ersten vier Jahre wohnten wir in einem großen Zimmer mit Bad-Benutzung,bei einer Witwe mit zwei Kinder. Es war eine Zwangseinquartierung.
Für uns eine schöne Zeit,weil sich Kinder und Erwachsene sehr gut verstanden.
Dann mussten wir alle aus ziehen,die Stadt plante etwas anderes mit dem Haus.
Danach bekamen wir zwei Zimmer zugeteilt,Plumpsklo eine Treppe tiefer,und ein Bad gab es auch nicht. Samstags war Badetag in einer kleinen Zinkwanne.
Später gab es im Ort ein Badehaus,da konnte man einen Raum mit Badewanne mieten.
Ich wurde schon 15 Jahre,da waren wir auf der langen Liste der sog. "Ausgebombten"endlich an der Reihe und bekamen eine 67qm Wohnung von der Stadt zugeteilt.
Ja, aber es ist wie Du es schreibst Claude,dieses Leben hat viele von uns sehr stark werden lassen.
Aber wie es immer im Leben ist,viele sind auch daran zerbrochen.
Es wäre ja nicht ein Beitrag von mir,wenn ich nicht noch das Essen erwähnen würde.
Auf so ein Sonntagsessen freute ich mich die ganze Woche. So wenig wir auch hatten, wenn ich Freundinnen mit nach Hause brachte, wurde eben geteilt.
Bei einer Freundin gab es Brot mit Margarine und Senf als Aufstrich, ich esse es heute ab und zu noch gerne.
Kaffee,und dann noch als(Giftgetränk)habe ich Null Erinnerung!Haoua
Ich hatte auch eine Flüchtlings-Freundin, die mit ihren Eltern aus Schlesien nach Bayern kam. Gerne gesehen waren diese Leute nie, oft war es auch deren SChuld,dass sich Hass aufbaute, weil sie von ihren Grossgrundbesitzen erzählten usw. Ausserdem hat man in Bayern ja immer schon eine grosse Aversion gegen "Preussen". Ich durfte z.B. mit der Flüchtlings-Freundin "keinen Umgang" haben, was ich aber ignorierte. Wir treffen uns heute noch.
Ein Zwangs-Einquartierung hatten wir auch - einen sog. Zimmerherrn. Da mein Nazi-Vater damals im Knast für seine Untaten büsste, war dieser Herr anscheinend für meine Mutter nicht so schwer zu ertragen. ER zog dann auch sofort aus, als mein Vater entlassen wurde. Olga
Ein Zwangs-Einquartierung hatten wir auch - einen sog. Zimmerherrn. Da mein Nazi-Vater damals im Knast für seine Untaten büsste, war dieser Herr anscheinend für meine Mutter nicht so schwer zu ertragen. ER zog dann auch sofort aus, als mein Vater entlassen wurde. Olga
Re: Wer möchte nicht ab und zu in Erinnerungen schwelgen können?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ja es ist wirklich schade dass sich bisher niemand aus der ehemaligen DDR zu diesem Thema gemeldet hat Klara. Das Schulsystem in der alten BRD war auf Grund der federalen Struktur wohl weniger konsequent als in der DDR. Die Kulturhoheit liegt auch heute noch bei den Ländern, für Gymnasien wurde das Schulgeld in den meisten Bundesländern zum Schuljahr 1958/59 abgeschafft für die Volksschule gab es in der alten BRD nie Schulgeld,das wurde schon 1933 abgeschafft und das wurde aus dem dritten Reich so übernommen!
Lehrmittelfreiheit gab nur für Kinder welche aus armen Verhältnissen kamen und sie musste beantragt werden. Die anderen mussten ihre Bücher und Hefte selber kaufen, es entwickelte sich aber ein schwunghafter Handel mit den Büchern derjenigen die sie nach der Versetzung in die neue Klasse nicht mehr gebrauchen konnten.
Staatlich organisierte Organisationen denen man beitreten sollte oder praktisch musst, gab es auch nicht, es war egal ob man bei den Pfadfindern den freien oder die der Kirchen, bei den Naturfreunden oder den Falken (SPD) oder sonstigen Jugendgruppen war.
Religionsunterricht fand in den Schulen statt, aber man konnte abgemeldet werden. Als freireligiöser Schüler musste man allerdings zweimal im Monat eine Stunde bei einem Lehrer absitzen der versuchte etwas über Kultur herüber zu bringen, das war eher eine Formsache.
Das Milieu in dem man in dem Viertel in dem ich groß wurde war nicht religiös geprägt, man sah Religion sehr gelassen, jeder machte das was er wollte.
Lehrmittelfreiheit gab nur für Kinder welche aus armen Verhältnissen kamen und sie musste beantragt werden. Die anderen mussten ihre Bücher und Hefte selber kaufen, es entwickelte sich aber ein schwunghafter Handel mit den Büchern derjenigen die sie nach der Versetzung in die neue Klasse nicht mehr gebrauchen konnten.
Staatlich organisierte Organisationen denen man beitreten sollte oder praktisch musst, gab es auch nicht, es war egal ob man bei den Pfadfindern den freien oder die der Kirchen, bei den Naturfreunden oder den Falken (SPD) oder sonstigen Jugendgruppen war.
Religionsunterricht fand in den Schulen statt, aber man konnte abgemeldet werden. Als freireligiöser Schüler musste man allerdings zweimal im Monat eine Stunde bei einem Lehrer absitzen der versuchte etwas über Kultur herüber zu bringen, das war eher eine Formsache.
Das Milieu in dem man in dem Viertel in dem ich groß wurde war nicht religiös geprägt, man sah Religion sehr gelassen, jeder machte das was er wollte.
Re: Wer möchte nicht ab und zu in Erinnerungen schwelgen können?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Samstags war Badetag in einer kleinen Zinkwanne.
Mannheim ist eine Quadratestadt, das heißt die meisten Häuser waren um ein Quadrat gebaut, hinten raus waren die Badezimmer(nur ein Klo und ein Waschbecken mit fließendem kaltem Wasser)
dort neben dem Fenster hingen die Zinkbadewannen in denen samstags gebadet wurde, lache.
Das Wasser wurde in der Küche auf einen Kohleherd erwärmt, ich hasste die Samstage, wurde aber immer als erster gechrubbt!
Später wurde ein sogenanntes Volksbad eröffnet dort konnte man Duschen oder ein Wannenbad nehmen!
Das gefiel mir besser.
In unserem Viertel wurden auch Flüchtlinge aus Schlesien aufgenommen, Hass gab es keinen ich jedenfalls habe nie etwas gemerkt, nur die waren katholisch fromm, das es krachte. Morgens gegen
6:00 Uhr rannten die alten Frauen in ausladenden schwarzen Röcken einem Wämslein und mit schwarzen Kopftüchern in die Frühmesse, deswegen wurden auch die Glocken geläutet auch sonntags um 6:00Uhr, der Pfarrer war natürlich hochbeglückt. Die Arbeiter die noch die sechs Tageswoche hatten waren aber weniger beglückt, die standen senkrecht in den Betten, das läuten der Glocken um diese Uhrzeit wurde dann untersagt!
Re: Wer möchte nicht ab und zu in Erinnerungen schwelgen können?
Im Raum Köln -Düsseldorf war nur eine kleine Minderheit evangelisch. Diese Mädchen-Nonnen-schule bekam von der Stadt als Auflage, auch evangelische Schülerinnen zu akzeptieren.
Es gab schon Situationen,wo man in dieser Gegend den Eindruck hatte der Krieg ist vorbei, aber so einen Glaubenskrieg kann man weiter führen.
An jedem Samstag waren die katholischen Mitschülerinnen mit dem Gebetsbuch unterwegs,auf dem Weg in die Kirche zur Beichte.
Wir Kinder waren trotz aller Widerstände gut befreundet. Ich kam aus einer evangelischen Familie,und das reichte einigen Eltern meiner katholischen Freundinnen aus,dass ich sie nicht zu Hause besuchen durfte.
Es war die Adenauer Ära,vor jeder Wahl wurde in der katholischen Kirche allen Kirchgängern sehr deutlich klar gemacht,wen sie zu wählen hatten. Nach Wochen wusste jeder von ihnen wo er sein Kreuz machen musste.
Den Karfreitag, ein hoher Feiertag für die Protestanten,machten die katholischen Familien zu ihrem großen Putztag mit Teppich klopfen, Wäsche raus hängen usw.
Als Kind habe ich nicht darüber nachgedacht,aber so eng wie wir unter einander befreundet waren, konnte man es klar voraus sehen,mit unserer Generation wird die Kirche es nicht mehr so leicht haben. Haoua
--
Es gab schon Situationen,wo man in dieser Gegend den Eindruck hatte der Krieg ist vorbei, aber so einen Glaubenskrieg kann man weiter führen.
An jedem Samstag waren die katholischen Mitschülerinnen mit dem Gebetsbuch unterwegs,auf dem Weg in die Kirche zur Beichte.
Wir Kinder waren trotz aller Widerstände gut befreundet. Ich kam aus einer evangelischen Familie,und das reichte einigen Eltern meiner katholischen Freundinnen aus,dass ich sie nicht zu Hause besuchen durfte.
Es war die Adenauer Ära,vor jeder Wahl wurde in der katholischen Kirche allen Kirchgängern sehr deutlich klar gemacht,wen sie zu wählen hatten. Nach Wochen wusste jeder von ihnen wo er sein Kreuz machen musste.
Den Karfreitag, ein hoher Feiertag für die Protestanten,machten die katholischen Familien zu ihrem großen Putztag mit Teppich klopfen, Wäsche raus hängen usw.
Als Kind habe ich nicht darüber nachgedacht,aber so eng wie wir unter einander befreundet waren, konnte man es klar voraus sehen,mit unserer Generation wird die Kirche es nicht mehr so leicht haben. Haoua
--
In meiner Heimat Hessen (Oberhessen - ehem.Kurhesen) gibt es infolge historischer Aufteilungen bunt durcheinander protestantische und erzkatholische Ortschaften. Kontakte junger Leute aus den verschiedenen Nachbarorten wurden nicht gern gesehen, Heiraten zwischen den beiden Konfessionen waren undenkbar und wurden verhindert. Besonders in katholischen Gemeinden führten die Gemeindepriester ein strenges Regiment, das sich bis in die privatesten Bereiche erstreckte.
Noch in den 80er Jahren sagte ein Priester zu einem Paar aus meinem Bekanntenkreis, daß er mit "Mischehen" gar nicht erst anfangen wolle.
Allegra
Noch in den 80er Jahren sagte ein Priester zu einem Paar aus meinem Bekanntenkreis, daß er mit "Mischehen" gar nicht erst anfangen wolle.
Allegra
Re: Wer möchte nicht ab und zu in Erinnerungen schwelgen können?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
In meinem Lebensbereich spielte Religionnie eine große Rolle.
ich glaube, dass man in seinem Leben so verschiedenen Stadien der Religiosität durchlebt.
Ich bin evangelisch und war um die Zeit meiner Konfirmation sehr, sehr fromm. So wie eben alle Gefühle in der Pubertät überborden.
In meine Klasse kam zu der Zeit eine neue Schülerin und die war die Tochter von unserem neuen Gemeindepfarrer. Wir freundeten uns an und diese Freundschaft hält bis jetzt an.
Bald lud sie mich zu sich privat ein und ich die guterzogene Tochter lernte ausgerechnet in dieser Familie das Neinsagen.
Dort legte ich auch meine schwärmerische Kinderreligiosität durch viele Diskussionen und Gespräche ab und seltsamerweise wurde da auch mein politisches Engagement geweckt.
Zuhause wurde zwar auch viel geredet, aber diese Liberalität die ich in dem Pfarrershaushalt kennengelernt habe, die war mir neu.
Diese Bekanntschaft mit dieser Familie gehört zu meinen wertvollsten Erinnerungen, denn gerade in dieser Zeit werden ja auch die Weichen gestellt z.B. die Auswahl des Freundeskreises, die Berufswahl und Lebensprinzipien.
Während meine Freundin eine Ausbildung als Balletttänzerin in unserem Opernhaus machte und von der Elevin zu einer gefeierten Tänzerin an renommierten Opernhäusern aufstieg, verlief mein Leben zwar auch turbulent aber bei weitem nicht so spektakulär.
Ich bin evangelisch und war um die Zeit meiner Konfirmation sehr, sehr fromm. So wie eben alle Gefühle in der Pubertät überborden.
In meine Klasse kam zu der Zeit eine neue Schülerin und die war die Tochter von unserem neuen Gemeindepfarrer. Wir freundeten uns an und diese Freundschaft hält bis jetzt an.
Bald lud sie mich zu sich privat ein und ich die guterzogene Tochter lernte ausgerechnet in dieser Familie das Neinsagen.
Dort legte ich auch meine schwärmerische Kinderreligiosität durch viele Diskussionen und Gespräche ab und seltsamerweise wurde da auch mein politisches Engagement geweckt.
Zuhause wurde zwar auch viel geredet, aber diese Liberalität die ich in dem Pfarrershaushalt kennengelernt habe, die war mir neu.
Diese Bekanntschaft mit dieser Familie gehört zu meinen wertvollsten Erinnerungen, denn gerade in dieser Zeit werden ja auch die Weichen gestellt z.B. die Auswahl des Freundeskreises, die Berufswahl und Lebensprinzipien.
Während meine Freundin eine Ausbildung als Balletttänzerin in unserem Opernhaus machte und von der Elevin zu einer gefeierten Tänzerin an renommierten Opernhäusern aufstieg, verlief mein Leben zwar auch turbulent aber bei weitem nicht so spektakulär.
Badezimmer(nur ein Klo und ein Waschbecken mit fließendem kaltem Wasser)
dort neben dem Fenster hingen die Zinkbadewannen in denen samstags gebadet wurde, lache.
Das Wasser wurde in der Küche auf einen Kohleherd erwärmt, ich hasste die Samstage, wurde aber immer als erster gechrubbt!
Die Zinkbadewanne habe ich auch noch in Erinnerung - da der einzige Wasserhahn unserer Wohnung in der Wohnküche war, fand das wöchentliche 'Badefest' auch dort statt; ich habe es aber als meist recht fröhlich und locker in Erinnerung. Trotzdem war die neue Wohnung, als ich 10 oder 11 war - eigenes Zimmer, und Bad mit Badewanne und Badeofen - ein Riesensprung in Lebensqualität...
() qilin
Re: Wer möchte nicht ab und zu in Erinnerungen schwelgen können?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Trotzdem war die neue Wohnung, als ich 10 oder 11 war - eigenes Zimmer, und Bad mit Badewanne und Badeofen - ein Riesensprung in Lebensqualität..
So ging es mir auch qilin, der Badeofen wurde bei uns aber noch mit Kohle befeuert, aber es war ein Fortschritt gegen die Zinkwanne.
Zusammen mit dem Bad leisteten sich meine Eltern (gut für Mutter) noch einen Durchlauferhitzer für die Küche!! Das war damals in einer Werkswohnung Luxus!! )