Nostalgie Damals, als ich Lokomotivführer werden wollte, war alles besser. Oder?
Als Kind wollte ich Lokomotivführer werden und als ich alt genug war, machte ich tatsächlich eine entsprechende Ausbildung. Das waren damals allerdings noch schwere, schnaufende, schwarze Dampfrösser, denn Diesel- oder E-Loks gab es nur in Ausnahmefällen, obwohl sie längst die neue Zeit ankündigten, die ich dann auch glatt verpasste.
Und so schaufelte ich mit einer breiten Schippe tonnenweise Kohlen in den brennenden Schlund, brachte das Wasser im riesigen Kessel zum Kochen, bis der Dampf die Kolben und die Kolben die imposanten aber schwerfällig erscheinenden Räder der Dampflokomotive in Bewegung setzten und der Zug über die Schienen aus Kruppstahl rollte. Ich war stolz auf meine Arbeit, stolz auf meine Leistung.
Als ich ausgelernt hatte, war die Zeit über mich hinweggerollt und ich musste lernen: alles ist Veränderungen unterworfen. Dampflokomotiven gab es bald nur noch im Eisenbahnmuseum oder bei Nostalgiefahrten. Technisch und beruflich hatte ich die Zeit verschlafen. Aber viele andere Veränderungen der „guten alten Zeit“, in der angeblich alles viel besser war, sollten in Erinnerung gerufen werden. Denn vieles, was uns heute als "Selbstverständlich" gilt, war vor etlichen Jahren noch verboten und stand unter Strafe:
Als ich zum ersten Mal ein Mädchen auf einem Kirmes-Tanzboden küsste, war meine Mutter nahezu erleichtert. „Endlich!“ rief sie freudig aus. „Und ich dachte schon, du wärst … also du wärst, na einer von den anderen, du weißt schon wen ich meine…!“ Sie traute sich nicht, das Wort in den Mund zu nehmen, denn sie meinte die Schwulen und hatte eine Heidenangst, ich könnte schwul sein, nicht nur wegen dem Getratsche der Nachbarn, sondern vor allem wegen der Schande und wegen dem Gesetz und der Polizei. Denn schwul zu sein war nach Paragraf 175 des Strafgesetzbuches verboten und wurde nicht nur bei den Nazis mit Konzentrationslager, sondern auch danach mit Gefängnis bestraft. Eher hätte man die Pest ins Land einschleppen dürfen, als schwul zu sein. Einmal als Mann mit einem anderen Mann Händchen halten und du warst im Dorf isoliert und dein Leben war ein Torso.
Ich war nicht schwul und ersparte meiner Mutter die Schmach des Gefängnisses. Aber jetzt hatte sie eine andere Sorge: Ich brachte nämlich – naiv und wiederum in Unkenntnis der gesetzlichen Lebensrealität – mein Herzallerliebchen mit nach Hause, und zwar nicht nur in die Küche, wo die ganze Familie als moralische Aufpasser um uns herumsaß, sondern gleich auf mein Zimmer, das ich auch noch - frech aber diskret - von innen abschloss, bis meine Mutter entsetzt an der Tür riss, zeterte und schließlich ängstlich rief: „Du Ungehorsamer! Willst du denn Unsitte und Schande über unsere Familie und mich ins Gefängnis bringen?“
Erst nach und nach erfuhr ich die Zusammenhänge: Es galten noch die juristischen Paragrafen der Zuhälterei und der Kuppelei. Wer den Beischlaf zweier unverheirateter Menschen ermöglichte, begünstigte, duldete oder nicht unterband, machte sich wegen Kuppelei strafbar.
Meine Mutter als Puffmutter im Gefängnis? Niemals! Da würde ich es mit meiner jugendlichen Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit lieber in einem Hotel versuchen. In einem Hotel? Ich könnte mich noch heute bepinkeln, wenn ich daran denke, mit welchem Trara sie uns damals hochkant aus dem Hotel warfen. "Sie sind nicht verheiratet? Ja, schämen Sie sich denn nicht?!" Liebe war auch für unverheiratete Heteros ein schmutziges Geheimnis und musste im Dunkeln und heimlich erledigt werden.
Im Dunkel lag auch das Geheimnis der Schwangerschaft. Erst erklärte uns niemand wo’s lang geht, und wenn‘s dann schief ging, musste man heiraten oder abtreiben. Aber Abtreibung war – ihr werdet es erraten – bei Zuchthausstrafe verboten. Also ging man zur Kurpfuscherin oder Engelsmacherin – das waren die Frauen mit den langen Stricknadeln und der scharfen Seifenlauge – von denen viele im Gefängnis und einige im Selbstmord landeten.
Oder kann sich noch jemand daran erinnern, dass eine Ehefrau gesetzlich zur unentgeltlichen Hausarbeit verpflichtet war und ohne die Erlaubnis ihres angetrauten Göttergatten weder eine andere Arbeit annehmen, noch die Arbeitsstelle wechseln, noch ein eigenes Bankkonto eröffnen durfte. „Unsinn!“ werdet ihr sagen. „Wo gab‘s denn so etwas? Vielleicht irgendwo im feudalistischen Orient. Aber doch nicht bei uns!“ Falsch gedacht! Das war deutsches Gesetz!
Liebe Freunde der geschliffenen Worte: Ich will hier nicht den Nostalgiker spielen. Und ich weiß, dass ich als alter Knacker mit meinem Text auch nicht an die modernen Rap- und flotten Poetry-Texte der anderen, meist jugendlichen Schreiberlinge herankomme. Euer Geschmack ist heute woanders zu Hause. Okay! Aber es liegt mir am Herzen, einmal kurz und in wenigen Minuten an ein paar Aspekte zu erinnern, die ihr heute als "selbstverständlich" anseht und nicht mehr darüber nachdenkt; die aber vor etlichen Jahren, auch noch in der späten Entwicklung unserer bundesrepublikanischen Kapital-Demokratie, verboten waren und unter Strafe standen.
Und wenn sich daran in den letzten Jahren etwas verbessert hat, dann waren „wir Alten“ daran nicht unbeteiligt. Denn wir haben uns nicht mit uns selbst oder spielerisch mit unserem IPhone beschäftigt, sondern haben engagiert den Mund aufgemacht und die Verhältnisse verändert. Im - aber vor allem außerhalb des Parlamentes. Spätestens ab 1968 und bis heute!
Die Welt von gestern hat Verbesserungen nicht freiwillig an die Welt von heute abgegeben. Und die Welt von heute wird sie nicht freiwillig an die Welt von morgen und übermorgen übergeben. Wir sollten uns also darum kümmern und weder den Kopf in den Sand stecken, noch glauben, "das wird sich schon irgendwie von alleine ergeben...".
"Selbstverständlich" ist nur der Tod. Was zwischen Leben und Tod passiert, haben wir in der Hand und können es verbessern. Ich wollte nur mal kurz daran erinnern und danke fürs Lesen und fürs Nachdenken.
Und so schaufelte ich mit einer breiten Schippe tonnenweise Kohlen in den brennenden Schlund, brachte das Wasser im riesigen Kessel zum Kochen, bis der Dampf die Kolben und die Kolben die imposanten aber schwerfällig erscheinenden Räder der Dampflokomotive in Bewegung setzten und der Zug über die Schienen aus Kruppstahl rollte. Ich war stolz auf meine Arbeit, stolz auf meine Leistung.
Als ich ausgelernt hatte, war die Zeit über mich hinweggerollt und ich musste lernen: alles ist Veränderungen unterworfen. Dampflokomotiven gab es bald nur noch im Eisenbahnmuseum oder bei Nostalgiefahrten. Technisch und beruflich hatte ich die Zeit verschlafen. Aber viele andere Veränderungen der „guten alten Zeit“, in der angeblich alles viel besser war, sollten in Erinnerung gerufen werden. Denn vieles, was uns heute als "Selbstverständlich" gilt, war vor etlichen Jahren noch verboten und stand unter Strafe:
Als ich zum ersten Mal ein Mädchen auf einem Kirmes-Tanzboden küsste, war meine Mutter nahezu erleichtert. „Endlich!“ rief sie freudig aus. „Und ich dachte schon, du wärst … also du wärst, na einer von den anderen, du weißt schon wen ich meine…!“ Sie traute sich nicht, das Wort in den Mund zu nehmen, denn sie meinte die Schwulen und hatte eine Heidenangst, ich könnte schwul sein, nicht nur wegen dem Getratsche der Nachbarn, sondern vor allem wegen der Schande und wegen dem Gesetz und der Polizei. Denn schwul zu sein war nach Paragraf 175 des Strafgesetzbuches verboten und wurde nicht nur bei den Nazis mit Konzentrationslager, sondern auch danach mit Gefängnis bestraft. Eher hätte man die Pest ins Land einschleppen dürfen, als schwul zu sein. Einmal als Mann mit einem anderen Mann Händchen halten und du warst im Dorf isoliert und dein Leben war ein Torso.
Ich war nicht schwul und ersparte meiner Mutter die Schmach des Gefängnisses. Aber jetzt hatte sie eine andere Sorge: Ich brachte nämlich – naiv und wiederum in Unkenntnis der gesetzlichen Lebensrealität – mein Herzallerliebchen mit nach Hause, und zwar nicht nur in die Küche, wo die ganze Familie als moralische Aufpasser um uns herumsaß, sondern gleich auf mein Zimmer, das ich auch noch - frech aber diskret - von innen abschloss, bis meine Mutter entsetzt an der Tür riss, zeterte und schließlich ängstlich rief: „Du Ungehorsamer! Willst du denn Unsitte und Schande über unsere Familie und mich ins Gefängnis bringen?“
Erst nach und nach erfuhr ich die Zusammenhänge: Es galten noch die juristischen Paragrafen der Zuhälterei und der Kuppelei. Wer den Beischlaf zweier unverheirateter Menschen ermöglichte, begünstigte, duldete oder nicht unterband, machte sich wegen Kuppelei strafbar.
Meine Mutter als Puffmutter im Gefängnis? Niemals! Da würde ich es mit meiner jugendlichen Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit lieber in einem Hotel versuchen. In einem Hotel? Ich könnte mich noch heute bepinkeln, wenn ich daran denke, mit welchem Trara sie uns damals hochkant aus dem Hotel warfen. "Sie sind nicht verheiratet? Ja, schämen Sie sich denn nicht?!" Liebe war auch für unverheiratete Heteros ein schmutziges Geheimnis und musste im Dunkeln und heimlich erledigt werden.
Im Dunkel lag auch das Geheimnis der Schwangerschaft. Erst erklärte uns niemand wo’s lang geht, und wenn‘s dann schief ging, musste man heiraten oder abtreiben. Aber Abtreibung war – ihr werdet es erraten – bei Zuchthausstrafe verboten. Also ging man zur Kurpfuscherin oder Engelsmacherin – das waren die Frauen mit den langen Stricknadeln und der scharfen Seifenlauge – von denen viele im Gefängnis und einige im Selbstmord landeten.
Oder kann sich noch jemand daran erinnern, dass eine Ehefrau gesetzlich zur unentgeltlichen Hausarbeit verpflichtet war und ohne die Erlaubnis ihres angetrauten Göttergatten weder eine andere Arbeit annehmen, noch die Arbeitsstelle wechseln, noch ein eigenes Bankkonto eröffnen durfte. „Unsinn!“ werdet ihr sagen. „Wo gab‘s denn so etwas? Vielleicht irgendwo im feudalistischen Orient. Aber doch nicht bei uns!“ Falsch gedacht! Das war deutsches Gesetz!
Liebe Freunde der geschliffenen Worte: Ich will hier nicht den Nostalgiker spielen. Und ich weiß, dass ich als alter Knacker mit meinem Text auch nicht an die modernen Rap- und flotten Poetry-Texte der anderen, meist jugendlichen Schreiberlinge herankomme. Euer Geschmack ist heute woanders zu Hause. Okay! Aber es liegt mir am Herzen, einmal kurz und in wenigen Minuten an ein paar Aspekte zu erinnern, die ihr heute als "selbstverständlich" anseht und nicht mehr darüber nachdenkt; die aber vor etlichen Jahren, auch noch in der späten Entwicklung unserer bundesrepublikanischen Kapital-Demokratie, verboten waren und unter Strafe standen.
Und wenn sich daran in den letzten Jahren etwas verbessert hat, dann waren „wir Alten“ daran nicht unbeteiligt. Denn wir haben uns nicht mit uns selbst oder spielerisch mit unserem IPhone beschäftigt, sondern haben engagiert den Mund aufgemacht und die Verhältnisse verändert. Im - aber vor allem außerhalb des Parlamentes. Spätestens ab 1968 und bis heute!
Die Welt von gestern hat Verbesserungen nicht freiwillig an die Welt von heute abgegeben. Und die Welt von heute wird sie nicht freiwillig an die Welt von morgen und übermorgen übergeben. Wir sollten uns also darum kümmern und weder den Kopf in den Sand stecken, noch glauben, "das wird sich schon irgendwie von alleine ergeben...".
"Selbstverständlich" ist nur der Tod. Was zwischen Leben und Tod passiert, haben wir in der Hand und können es verbessern. Ich wollte nur mal kurz daran erinnern und danke fürs Lesen und fürs Nachdenken.
danke für den netten beitrag.
meine mutter war auch "so eine". sie war stets darauf bedacht, dass alles "ordentlich" verlief. lernte ich einen netten jungen mann kennen, plante sie beinahe schon die hochzeit, wenigstens aber die verlobung. es war mir alles fürchterlich peinlich, wenn sie meine neue bekanntschaft einlud zum kaffee am samstagmittag und ihn über alles mögliche ausfragte.
anschliessend noch die kommentare "der hat ja schweißhände", oder "er hat sich nicht gut bei tisch benommen", "vergiss ihn, kind, sein beruf ist wohl nicht so toll".
ich tat genau das gegenteil. verliebte mich in die unmöglichsten männer, machte besuch bei einer "engelmacherin" und zog es vor, schon bald zuhause auszuziehen. für meine mutter eine große enttäuschung (was sollen denn die leute denken?) stets hatte sie angst, beim vermieter oder bei nachbarn anzuecken. die zeiten damals - so ende der 50er - waren eben anders. aber meine mutter - heute 95 - hat sich nicht verändert. noch heute lebt sie wie in den fünzigern. nur nicht auffallen, alles diskret behandeln und manches vertuschen.
nein, so mochte ich nicht leben. ich sage, was ich meine, wenn ich auch manchmal leute vor den kopf stoße. ist ja nie böse gemeint, eben nur meine meinung. manche verstehen es, andere nicht, ist mir egal.
letztendlich ist sich jeder selbst der nächste. das habe ich in den letzten monaten durch einige traurige fälle erlebt.
was das nun alles mit dem "lokomotivführer" zu tun hat, weiss ich nicht.
aber es ist ja alles nur eine "plauderei" und da kommt man leicht in übermütige schwätzerei.
b.
meine mutter war auch "so eine". sie war stets darauf bedacht, dass alles "ordentlich" verlief. lernte ich einen netten jungen mann kennen, plante sie beinahe schon die hochzeit, wenigstens aber die verlobung. es war mir alles fürchterlich peinlich, wenn sie meine neue bekanntschaft einlud zum kaffee am samstagmittag und ihn über alles mögliche ausfragte.
anschliessend noch die kommentare "der hat ja schweißhände", oder "er hat sich nicht gut bei tisch benommen", "vergiss ihn, kind, sein beruf ist wohl nicht so toll".
ich tat genau das gegenteil. verliebte mich in die unmöglichsten männer, machte besuch bei einer "engelmacherin" und zog es vor, schon bald zuhause auszuziehen. für meine mutter eine große enttäuschung (was sollen denn die leute denken?) stets hatte sie angst, beim vermieter oder bei nachbarn anzuecken. die zeiten damals - so ende der 50er - waren eben anders. aber meine mutter - heute 95 - hat sich nicht verändert. noch heute lebt sie wie in den fünzigern. nur nicht auffallen, alles diskret behandeln und manches vertuschen.
nein, so mochte ich nicht leben. ich sage, was ich meine, wenn ich auch manchmal leute vor den kopf stoße. ist ja nie böse gemeint, eben nur meine meinung. manche verstehen es, andere nicht, ist mir egal.
letztendlich ist sich jeder selbst der nächste. das habe ich in den letzten monaten durch einige traurige fälle erlebt.
was das nun alles mit dem "lokomotivführer" zu tun hat, weiss ich nicht.
aber es ist ja alles nur eine "plauderei" und da kommt man leicht in übermütige schwätzerei.
b.
Du dankst fürs Lesen?
Ich danke Dir fürs Schreiben!
Zwar wollte ich nie Stewardess werden - der Traum vieler Mädchen damals - aber Deine Liste kann ich vervollständigen.
Auch ich durfte nie einen Jungen mit nach Hause bringen. Wenn die Mutter des Buben es duldete, rauschten meine Eltern an und drohten ihr mit einer Anzeige. Sie verboten mir dann natürlich den "Umgang" mit dem Jungen.
Mein Tagebuch wurde aufgeschnitten - eine gute Basis für das Vertrauen in die Mutter, gell?
Ins Büro durfte ich nur im Kleidchen, denn Hosen waren noch nicht erlaubt.
Es gab zwar schon die Pille, doch nur mit Rezept eines/r Frauenarztes/ärztin. Und ging man dann mit schlotternden Knien zu einem Gyn und musste sich auf diesen entsetzlichen Stuhl quälen zur hochnotpeinlichen Untersuchung, so wurde auf die Bitte nach der Pille geantwortet: "Euch müsste man alle zunähen!"
Erst mit 21 wurden wir mündig und wer will es meiner Generation übel nehmen, dass wir es sehr eilig hatten und auf die eigenen Beine zu stellen.Dem Himmel sei Dank war ich immer sehr ehrgeizig.War es zuerst "nur" eine Kommune, so hatte ich bald eine eigene Wohnung.
Ich war frei!!!
Niemand wagte es mehr, mir eine Kleiderordnung vorzuschreiben, ich hatte Ellenbogen bekommen und sah damals schon nicht ein, wieso Männer bei gleicher Leistung mehr verdienen. Für mich persönlich habe ich das geändert.
Und doch danke ich meinen Eltern und auch der Zeit, in der ich aufgewachsen bin. Ich lernte viel über den Wert des Geldes, über die Notwendigkeit einer guten Ausbildung und darüber, wie man sich in dieser "Mens World" durchsetzen kann. Ich bekam gute Werte mit von damals. Und meine Generation ist eine gesegnete, denn wir mussten keinen Krieg erleben. Möge es für immer so bleiben.
Gute Nacht!
Ich danke Dir fürs Schreiben!
Zwar wollte ich nie Stewardess werden - der Traum vieler Mädchen damals - aber Deine Liste kann ich vervollständigen.
Auch ich durfte nie einen Jungen mit nach Hause bringen. Wenn die Mutter des Buben es duldete, rauschten meine Eltern an und drohten ihr mit einer Anzeige. Sie verboten mir dann natürlich den "Umgang" mit dem Jungen.
Mein Tagebuch wurde aufgeschnitten - eine gute Basis für das Vertrauen in die Mutter, gell?
Ins Büro durfte ich nur im Kleidchen, denn Hosen waren noch nicht erlaubt.
Es gab zwar schon die Pille, doch nur mit Rezept eines/r Frauenarztes/ärztin. Und ging man dann mit schlotternden Knien zu einem Gyn und musste sich auf diesen entsetzlichen Stuhl quälen zur hochnotpeinlichen Untersuchung, so wurde auf die Bitte nach der Pille geantwortet: "Euch müsste man alle zunähen!"
Erst mit 21 wurden wir mündig und wer will es meiner Generation übel nehmen, dass wir es sehr eilig hatten und auf die eigenen Beine zu stellen.Dem Himmel sei Dank war ich immer sehr ehrgeizig.War es zuerst "nur" eine Kommune, so hatte ich bald eine eigene Wohnung.
Ich war frei!!!
Niemand wagte es mehr, mir eine Kleiderordnung vorzuschreiben, ich hatte Ellenbogen bekommen und sah damals schon nicht ein, wieso Männer bei gleicher Leistung mehr verdienen. Für mich persönlich habe ich das geändert.
Und doch danke ich meinen Eltern und auch der Zeit, in der ich aufgewachsen bin. Ich lernte viel über den Wert des Geldes, über die Notwendigkeit einer guten Ausbildung und darüber, wie man sich in dieser "Mens World" durchsetzen kann. Ich bekam gute Werte mit von damals. Und meine Generation ist eine gesegnete, denn wir mussten keinen Krieg erleben. Möge es für immer so bleiben.
Gute Nacht!
Re: Damals, als ich Lokomotivführer werden wollte, war alles besser. Oder?
Dein Bericht war sehr anschaulich geschrieben, beim Lesen kamen schnell alle Erinnerungen von früher wieder hoch.
Meine Eltern, beziehungsweise besonders meine Mutter war in allem sehr großzügig. Sie ist in einem sehr strengen Elternhaus groß geworden,und das Wort Freiheit war ein Fremdwort für Sie. Vielleicht war sie deshalb bestrebt Ihren Kindern eine bessere Kindheit zu ermöglichen. Obwohl wir im Krieg alles verloren hatte, und nach dem Krieg noch sehr lange Zeit zuerst in einem Zimmer, danach in zwei Zimmer einquartiert wurden, bestand meine Mutter darauf, dass wir alle unsere Kinderfreundschaften mit nach Hause brachten!
So nach dem Motto,„ Platz in der kleinsten Hütte!“ Aber ich denke es ging ihr auch darum unseren Freundeskreis zu kontrollieren.
Später als meine Schwester und ich die ersten festen Freunde hatten, bestand meine Mutter auch darauf wenn wir abends nach Hause gebracht wurden, dass der Freund noch mit rein kam.
Ihr Argument war:„ Ich will auf keinen Fall, dass ihr euch draußen vor der Haustüre küsst.“
Mein Vater hatte da ganz andere Ängste,er drohte ganz massiv, wenn einer von uns ein Kind bekommen sollte und noch nicht verheiratet ist,will er uns zu Hause nicht mehr sehen!
Meine Mutter wartete dann bis wir alleine waren und beschwichtigte die Situation.
Sie meinte auch ohne verheiratet zu sein, wenn ein Kind kommt dann ist es da und wird auch großgezogen!
Aber Sorgen machten sich wohl beide, nur auf die Idee uns aufzuklären kam keiner.
Ich besuchte die Mädchen- Oberschule bei den Schwestern vom Karmeliterinnen Orden!
Da war Disziplin und Gehorsam angesagt, was das männliche Geschlecht betraf, diese „gefährlichen Wesen“ wurde mit großer Anstrengung und Androhung von Strafen von uns ferngehalten, soweit es in ihre Macht stand!
Aber jetzt habe ich auch das Thema verfehlt, es ist so schwer in Erinnerungen schwelgen und sich dabei auf eine Sache zu konzentrieren! Es geht ja in dem Thema um den Berufswunsch, Wünsche hatte jeder von uns, aber wo blieb die Freiheit und die Möglichkeit sie umzusetzen?
Bei den meisten unserer Generation war die Entscheidung der eigenen Berufswahl gleich null.
Erstens hatten wir lange nicht soviel Möglichkeiten als Mädchen wie es heute der Fall ist, und zweitens hatten die Eltern da voll das Sagen.
Mein Traum war Verkäuferin und später einmal einen eigenen Laden!
Für meinen Vater kam so ein Beruf überhaupt nicht infrage. Man darf nicht vergessen wir waren ja erst mit 21 Jahren volljährig, also eigene Entscheidungen vor diesem Alter waren einfach nicht möglich. Die Eltern entschieden und waren sich auch immer 100 % sicher die richtige Entscheidung getroffen zu haben,sie waren ja die Generation mit der Erfahrung.
Wir sind durchs Leben gekommen, einige von unserer Generation besser und Anderer schlechter!
Aber ich stelle mir immer wieder die Frage, ist für die Generation von heute wirklich alles besser?
Freiheit, eigene Entscheidungen treffen ist heute eine Selbstverständlichkeit! Aber wenn ich nicht lerne mit der Freiheit richtig umzugehen bringt mir diese Freiheit nichts, und da liegt unsere Verantwortung! Aber haben wir diesen Zug mich schon verpasst?
Meine Eltern, beziehungsweise besonders meine Mutter war in allem sehr großzügig. Sie ist in einem sehr strengen Elternhaus groß geworden,und das Wort Freiheit war ein Fremdwort für Sie. Vielleicht war sie deshalb bestrebt Ihren Kindern eine bessere Kindheit zu ermöglichen. Obwohl wir im Krieg alles verloren hatte, und nach dem Krieg noch sehr lange Zeit zuerst in einem Zimmer, danach in zwei Zimmer einquartiert wurden, bestand meine Mutter darauf, dass wir alle unsere Kinderfreundschaften mit nach Hause brachten!
So nach dem Motto,„ Platz in der kleinsten Hütte!“ Aber ich denke es ging ihr auch darum unseren Freundeskreis zu kontrollieren.
Später als meine Schwester und ich die ersten festen Freunde hatten, bestand meine Mutter auch darauf wenn wir abends nach Hause gebracht wurden, dass der Freund noch mit rein kam.
Ihr Argument war:„ Ich will auf keinen Fall, dass ihr euch draußen vor der Haustüre küsst.“
Mein Vater hatte da ganz andere Ängste,er drohte ganz massiv, wenn einer von uns ein Kind bekommen sollte und noch nicht verheiratet ist,will er uns zu Hause nicht mehr sehen!
Meine Mutter wartete dann bis wir alleine waren und beschwichtigte die Situation.
Sie meinte auch ohne verheiratet zu sein, wenn ein Kind kommt dann ist es da und wird auch großgezogen!
Aber Sorgen machten sich wohl beide, nur auf die Idee uns aufzuklären kam keiner.
Ich besuchte die Mädchen- Oberschule bei den Schwestern vom Karmeliterinnen Orden!
Da war Disziplin und Gehorsam angesagt, was das männliche Geschlecht betraf, diese „gefährlichen Wesen“ wurde mit großer Anstrengung und Androhung von Strafen von uns ferngehalten, soweit es in ihre Macht stand!
Aber jetzt habe ich auch das Thema verfehlt, es ist so schwer in Erinnerungen schwelgen und sich dabei auf eine Sache zu konzentrieren! Es geht ja in dem Thema um den Berufswunsch, Wünsche hatte jeder von uns, aber wo blieb die Freiheit und die Möglichkeit sie umzusetzen?
Bei den meisten unserer Generation war die Entscheidung der eigenen Berufswahl gleich null.
Erstens hatten wir lange nicht soviel Möglichkeiten als Mädchen wie es heute der Fall ist, und zweitens hatten die Eltern da voll das Sagen.
Mein Traum war Verkäuferin und später einmal einen eigenen Laden!
Für meinen Vater kam so ein Beruf überhaupt nicht infrage. Man darf nicht vergessen wir waren ja erst mit 21 Jahren volljährig, also eigene Entscheidungen vor diesem Alter waren einfach nicht möglich. Die Eltern entschieden und waren sich auch immer 100 % sicher die richtige Entscheidung getroffen zu haben,sie waren ja die Generation mit der Erfahrung.
Wir sind durchs Leben gekommen, einige von unserer Generation besser und Anderer schlechter!
Aber ich stelle mir immer wieder die Frage, ist für die Generation von heute wirklich alles besser?
Freiheit, eigene Entscheidungen treffen ist heute eine Selbstverständlichkeit! Aber wenn ich nicht lerne mit der Freiheit richtig umzugehen bringt mir diese Freiheit nichts, und da liegt unsere Verantwortung! Aber haben wir diesen Zug mich schon verpasst?
Re: Damals, als ich Lokomotivführer werden wollte, war alles besser. Oder?
geschrieben von Locomotivedriver
Tjaaaa, wenn ich dies so alles lese, dann kommt auch meine freudlose Kindheit wieder vor meinem geistigen Auge hoch.
Aber ich wollte ja nicht Lokomotivführer werden, obwohl der Berufsberater vom AA (ich weiss, ....... klingt so beschissen!!), mir damals diesen Beruf so "goldverbrämt" präsentierte.
Und so setzte ich meinen Kopf bei meinen "Erziehungsberechtigten" durch und lernte Elektromechaniker, aber immer im Hintergrund den Gedanken Soldat zu werden.
Diesen Gedanken setzte ich um, nach langen harten Kämpfen mit meiner Familie und auf Anraten meines Kompaniechefs habe ich mich mit 19 für volljährig erklären lassen, damit ich meine Laufbahnen selbständig planen konnte.
Dass mich jedoch der Eisenbahnvirus bei der Bundeswehr erwischte, verdanke ich meinem ehemaligen Staffelchef in Rheine-Bentlage, der mich immer mit ins Bw Rheine mitnahm, wo er bei einer Museumsbahnergruppe mitarbeitete.
Und so hatte ich einige Jahresurlaube geopfert um, die ganzen Lehrgänge für die Heizerprüfung, später die Lokführerprüfung zu absolvieren und auch zu bestehen.
Und so wurde ich auch Museums-Lokomotivführer und bin dort mit meiner "Schwarzen Schönheit", welche ich heute noch sukzessive fahre, zusammengetroffen.
Sicher, während meiner Soldatenzeit, bin ich auch mit dem weiblichen Geschlecht in Berührung gekommen, mit Höhen und Tiefen!!
Nun hatte ich ja keine Familienmitglieder mehr um mich, welche mich drangsalierten, wegen Unsitte und solchem moralischen Schwachsinn, aber trotzdem mahnte mein Staffelchef mich immer an, nicht über die Stränge zu schlagen und erklärte mir, warum meine Uniformhose am Bund so ein kleines Täschchen besaß!!
In früheren Zeiten mussten ja die Soldaten bei ihrem "Ausgang" ein "Verhüterli" präsentieren, bevor der "Spieß" die Wochenendausgangskarte überreichte.
Für mich war es ein Glück, dass ich mich mit meinem "Freischwimmen" bei der Bundeswehr von all dem angestaubten "Muff", der aus meiner Sicht überalterten Ansichten der früheren Generation, bezüglich Grundsätzen der Familie, Mussehe, Kuppelei o.Ä., befreite.
Sicher hatte aber auch die Bundeswehr einen negativen Einfluss auf meine damals geschlossene Ehe gehabt, das will ich auch nicht verschweigen.
Aber ich sehe das Alles sehr differenziert, was "Früher oder Heute" besser oder schlechter war.
......und ob früher alles besser war???? Ich wage das zu bezweifeln!!
Das wird wohl bei so manchen Rezensenten hier im Thread wohl auch so sein.
Und meine Domäne war es nie, " .....den Kopf in den Sand zu stecken", wenn es gesellschaftliche oder berufliche Veränderungen gab.
Deswegen stimme ich MichaelKuss zu, dass wir alle mit den Veränderungen leben müssen, aber wir können auch noch den Mund aufmachen und uns artikulieren.
Leider habe ich aber auch viele Personen in meinem Leben kennengelernt, welche "einfach resigniert" haben aus welchen Gründen auch immer, das ist sehr, sehr schade.
Aber ich habe nach meinem Abschied bei der Bundeswehr, noch lange als Ing. im Schienenfahrzeugbau gearbeitet und bin immer noch sehr gerne "Dampflokomotivführer"!!
Aber ich wollte ja nicht Lokomotivführer werden, obwohl der Berufsberater vom AA (ich weiss, ....... klingt so beschissen!!), mir damals diesen Beruf so "goldverbrämt" präsentierte.
Und so setzte ich meinen Kopf bei meinen "Erziehungsberechtigten" durch und lernte Elektromechaniker, aber immer im Hintergrund den Gedanken Soldat zu werden.
Diesen Gedanken setzte ich um, nach langen harten Kämpfen mit meiner Familie und auf Anraten meines Kompaniechefs habe ich mich mit 19 für volljährig erklären lassen, damit ich meine Laufbahnen selbständig planen konnte.
Dass mich jedoch der Eisenbahnvirus bei der Bundeswehr erwischte, verdanke ich meinem ehemaligen Staffelchef in Rheine-Bentlage, der mich immer mit ins Bw Rheine mitnahm, wo er bei einer Museumsbahnergruppe mitarbeitete.
Und so hatte ich einige Jahresurlaube geopfert um, die ganzen Lehrgänge für die Heizerprüfung, später die Lokführerprüfung zu absolvieren und auch zu bestehen.
Und so wurde ich auch Museums-Lokomotivführer und bin dort mit meiner "Schwarzen Schönheit", welche ich heute noch sukzessive fahre, zusammengetroffen.
Sicher, während meiner Soldatenzeit, bin ich auch mit dem weiblichen Geschlecht in Berührung gekommen, mit Höhen und Tiefen!!
Nun hatte ich ja keine Familienmitglieder mehr um mich, welche mich drangsalierten, wegen Unsitte und solchem moralischen Schwachsinn, aber trotzdem mahnte mein Staffelchef mich immer an, nicht über die Stränge zu schlagen und erklärte mir, warum meine Uniformhose am Bund so ein kleines Täschchen besaß!!
In früheren Zeiten mussten ja die Soldaten bei ihrem "Ausgang" ein "Verhüterli" präsentieren, bevor der "Spieß" die Wochenendausgangskarte überreichte.
Für mich war es ein Glück, dass ich mich mit meinem "Freischwimmen" bei der Bundeswehr von all dem angestaubten "Muff", der aus meiner Sicht überalterten Ansichten der früheren Generation, bezüglich Grundsätzen der Familie, Mussehe, Kuppelei o.Ä., befreite.
Sicher hatte aber auch die Bundeswehr einen negativen Einfluss auf meine damals geschlossene Ehe gehabt, das will ich auch nicht verschweigen.
Aber ich sehe das Alles sehr differenziert, was "Früher oder Heute" besser oder schlechter war.
......und ob früher alles besser war???? Ich wage das zu bezweifeln!!
Das wird wohl bei so manchen Rezensenten hier im Thread wohl auch so sein.
Und meine Domäne war es nie, " .....den Kopf in den Sand zu stecken", wenn es gesellschaftliche oder berufliche Veränderungen gab.
Deswegen stimme ich MichaelKuss zu, dass wir alle mit den Veränderungen leben müssen, aber wir können auch noch den Mund aufmachen und uns artikulieren.
Leider habe ich aber auch viele Personen in meinem Leben kennengelernt, welche "einfach resigniert" haben aus welchen Gründen auch immer, das ist sehr, sehr schade.
Aber ich habe nach meinem Abschied bei der Bundeswehr, noch lange als Ing. im Schienenfahrzeugbau gearbeitet und bin immer noch sehr gerne "Dampflokomotivführer"!!
Bei der "Lektüre" dieses bereits fast ein Jahr alten Treads habe ich "geschmunzelt" !!! Die Veränderung war für mich als Schweizerin noch viel "krasser" ... Stimmrecht für Frauen erst ab 1989 ... als verheirateter Frau ... Bewilligung zur Bankkontoeröffnung + Ausübung einer Berufstätigkeit nur mit Unterschrift des Ehemannes. Steuererklärung nur mit Unterschrift des Ehemann für beide Ehegatten. Volljährigkeit dafür mit 20 Jahren.
Das waren "mittelalterliche" Zustände + zum Glück heute "Nostalgie" !!!
Re: Damals, als ich Lokomotivführer werden wollte, war alles besser. Oder?
geschrieben von Locomotivedriver
Hauptsache Du hast geschmunzelt und nicht gleich wieder vom Leder gezogen, wie so oft von anderen Usern. Das macht Dich sympathisch!!
Ich gehöre zu den "friedlichen Zeit- + Eidgenossen" + deshalb ist mein Profil "aussagekräftig" !!!