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Neuvorstellungen Einsamkeit eine Volkskrankheit?

Helmut35
Helmut35
Mitglied

Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von Helmut35

Guten Abend.
Als Neuling in dieser Runde, aber im Jahr der vorletzten Olympiade in Deutschland geboren, zähle ich (leider) nicht mehr zu den Benjaminen. Ich bin männlichen Geschlechts, beabsichtige nichts daran zu ändern, Von dem Selbstbestimmungsrecht, mich durch amtliche Eintragung divers einstufen zu lassen, werde ich sicherlich keinen Gebrauch machen, sondern bis zum Lebensende in hoffentlich erst sehr ferner Zukunft männlich bleiben. Andere Einstellungen toleriere ich. Solange die Minderheiten, die solches vertreten, nicht beanspruchen, alle müßten von den Vorzügen, morgen männlich und abends weiblich sein zu dürfen, oder umgekehrt Gebrauch machen, dürfen sie sich fühlen wie sie wollen. Ich halte es mit Konrad Adenauer. Als er einmal gefragt wurde, wie er es mit einem homosexuell veranlagten engen Mitarbeiter aushalte, gab er seiner rheinischen Mentalität entsprechend zur Antwort: Solange der mir nicht an die Wäsche geht...Ansonsten bin ich geistig und körperlich noch einigermaßen geländegängig, war mit meiner ersten Frau 60 Jahre verheiratet, weiß demnach was gelebte und gestaltete Nachhaltigkeit ist. 
Ich beschäftige mich mit vielen Themen. Eines ist der Alterungsprozess in unserer Gesellschaft mit alle den Begleiterscheinungen und Folgen, die damit verbunden sind. Daher der folgende Beitrag den ich hiermit einbringe

Einsamkeit eine Volkskrankheit?
In der Zeit vor der Corona-Pandemie, also vor 2019/20 gaben etwa 14 % der in Deutschland lebenden Menschen an, sie fühlten sich zumindest zeitweise einsam. Das wurde in einem sogenannten sozioökonomischen Panel bestätigt. In einem Panel wird eine repräsentative Gruppe von Menschen, die nach Geschlecht und Alter, Bildungsstand usw. der Gesamtbevölkerung entspricht, in bestimmten zeitlichen Abständen  regelmäßig befragt. Die Ergebnisse geben Auskunft über eine Unzahl von Meinungen, Verhaltensweisen, Zuständen, wirtschaftlichen, soziologischen Gegebenheiten usw. so auch darüber, wie die Bürger sich als Teil einer Gesellschaft einschätzen und fühlen. Etwa 11 bis 12 Millionen Menschen in Deutschland fühlen sich „zeitweise einsam“. Während der Corona-Pandemie nahmen die Werte dramatisch zu. Im Jahr 2021 gaben 42 % der Befragten an sich einsam zu fühlen.
Diese Selbsteinschätzung haben vor allen junge Erwachsene und Menschen jenseits des Alters 75 Jahre getroffen. Die Vereinsamung hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Sie lag vor 2008 noch bei etwa 8 % der Bevölkerung. Damit will ich es mit der statistischen Übersicht belassen. Wer dazu  mehr erfahren möchte, findet Im Internet unter dem Suchwort „Einsamkeit“ eine Fülle von Informationen. Sehr umfassend ist das Angebot des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Einsamkeit zwar keine Krankheit im pathologischen Sinne darstellt, trotzdem aber ein vielschichtiges gesamtgesellschaftliches Problem ist.
Entwickelt sich dieses Einsamkeitsgefühl zu einer Dauerbelastung, so sind massive seelische und körperliche Gesundheitseinbrüche geradezu vorprogrammiert. Demenz, Herz-Kreislaufprobleme, Störungen im Hormonsystem, des Stoffwechsels bis hin zu Funktionsstörungen von Organen werden durch den Dauerstress gefördert. Einsamkeit ist demnach nicht nur für die Gesundheit der Betroffenen, sondern vor allem auch für das gesamte Gesundheitssystem von sehr großer Bedeutung. Es ist daher richtig, dass sich nicht nur die Gesundheitspolitik, sondern viele andere Hilfsorganisationen, Unternehmen, wie etwa die Krankenkassen, Seniorenvereinigungen usw. der Sache annehmen. Eine Unzahl an wissenschaftlichen Befunden, politischen Förderprogrammen, praktischen Ergebnissen aus Betreuungserfahrungen, psychologischen Gutachten steht inzwischen zur Verfügung. Auch die materiellen Möglichkeiten, um therapeutische Hilfen nutzen zu können, sind beachtlich.
Aber einsame Menschen erkennen oft nicht, dass sie nicht mehr Teil eines  sozialen Geflechts sind. Sie haben es entweder ungewollt verlassen, weil Entwicklungen im persönlichen Bereich sich grundlegend verändert haben, oder alte Bindungen haben sich mit fortschreitendem  Alter gelockert. Der Lebenspartner oder die Partnerin ist nicht mehr da, die Kinder leben weitab vom Elternhaus, Freunde und Bekannte sind mit zunehmendem Alter nicht mehr zu persönlichen Kontakten fähig. Wer sich in seine „vier Wände“ zurückzieht, und sich anderen nicht mehr durch Sprache und Äußerungen des Körpers wie Lachen, Stirnrunzeln oder Bewegungen mitteilt, wird nicht mehr wahrgenommen. Er selbst versinkt in dem dumpfen Gefühl allein zu sein. Das Gefühl, nicht mehr Teil der Gesellschaft zu sein, führt zu Unsicherheiten. Die Gefahr, sich weiter in sich selbst zurückzuziehen, und Begegnungen mit anderen zu vermeiden, steigert sich. Die Einsamkeit kommt also nicht von außen, sondern von innen. Sie wie eine körperliche oder seelische Erkrankung  zu diagnostizieren, ist kaum möglich, nicht zuletzt auch wegen des Verlustes an Kontakten zu Freunden, Nachbarn oder Verwandten.
Es kommt sehr darauf an, ob Vereinsamte für sich selbst erkennen, also fähig sind, ihre Einsamkeit zu erkennen. Es gehört wohl eine gehörige Portion an Selbstdisziplin,  aber auch an Mut dazu, zumindest den Versuch zu unternehmen, den Teufelskreis zu durchbrechen und sich ihm zu entwinden. Wer ist schon in der Lage für sich selbst zu erkennen, dass es so nicht weitergehen kann, und es der Hilfe anderer Bedarf.
Es sollte keiner die Scheu haben, sich eine solche Erkenntnis zu eigen zu machen. Die demographische Gruppe der Menschen im Seniorenalter ab 67 Jahren  wächst in unserer Gesellschaft unaufhaltsam. Sie hat seit 1990 bis heute von 10.4 Millionen auf 16,5 Millionen zugenommen, also um mehr als 58 %. Die Prognosen besagen, dass bis 2030 etwa weiter 4 Millionen hinzukommen werden. Dann wird ihr Anteil etwa 23 %  an der Gesamtbevölkerung  betragen. Die Gruppe der 21 bis 40-Jährigen hat einen Anteil von rund 20 % und die 40- bis 50-Jährigen von  23 %, sie  wäre also gleichgewichtig mit den Senioren. Die „Kohorte“ der Hochbetagten ist die einzige in unserer Gesellschaft, die wächst, also an Bedeutung zunimmt. Mit diesem „Wachstum“  häufen sich allerdings auch die Fälle an Vereinsamung.
Die in der Überschrift gestellte Frage ist mit diesem kurzen gedanklichen Abriss nur unvollkommen beantwortet. Aber vielleicht wird dennoch klar, dass wir in unserer Altersgruppe häufig Probleme haben, die sich lösen lassen, aber auch gelöst werden müssen. Wo kann das besser geschehen als in eine Kommunität. Wir sind ja nur in die Jahre gekommen, aber noch lange kein altes Eisen. Selbst dieses ließe sich bei richtigem Feuer in der Esse noch schmieden. Aber es muß ja nicht so martialisch sein, manchmal tut`s auch ein geschenktes Lächeln, ein freundlicher Gruß oder wenn`s besonders gut sein soll, auch das Gespräch oder der schriftliche Gedankenaustausch.  
Helmut 35

schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Helmut35 vom 10.01.2024, 22:20:10

Bitte nicht vergessen: Man kann sich zu zweisam oft einsamer fühlen, als einsam.

Ingrid60
Ingrid60
Mitglied

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von Ingrid60
als Antwort auf Helmut35 vom 10.01.2024, 22:20:10
Der Blick auf dein mageres Profil sagt mir, wie alt du bist.

Nun ja, oftmals sind dann schon Freunde - oder gute Bekannte - verstorben, krank oder leben in Pflegeheimen. 

Von den eigenen Freizeitbeschäftigungen bleiben nicht mehr viele machbar. Es heißt in vielerlei Hinsicht: loslassen.

Dennoch muss man nicht einsam sein, sondern dankbar, dass man jeden Tag aufstehen und ihn selbst gestalten kann. Jedenfalls weitgehend.

Die moderne Technik hilft uns, Kontakte zu pflegen. Zum Beispiel per Video. 

Es könnte alles viel schlimmer sein 😉.

Gute Nacht wünsche ich uns allen, nach diesem wunderbaren Handballspiel 👍

Ingrid60 

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Lissy52
Lissy52
Mitglied

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von Lissy52
als Antwort auf Helmut35 vom 10.01.2024, 22:20:10
Guten Abend.
Als Neuling in dieser Runde, aber im Jahr der vorletzten Olympiade in Deutschland geboren, zähle ich (leider) nicht mehr zu den Benjaminen. Ich bin männlichen Geschlechts, beabsichtige nichts daran zu ändern, Von dem Selbstbestimmungsrecht, mich durch amtliche Eintragung divers einstufen zu lassen, werde ich sicherlich keinen Gebrauch machen, sondern bis zum Lebensende in hoffentlich erst sehr ferner Zukunft männlich bleiben. Andere Einstellungen toleriere ich. Solange die Minderheiten, die solches vertreten, nicht beanspruchen, alle müßten von den Vorzügen, morgen männlich und abends weiblich sein zu dürfen, oder umgekehrt Gebrauch machen, dürfen sie sich fühlen wie sie wollen. Ich halte es mit Konrad Adenauer. Als er einmal gefragt wurde, wie er es mit einem homosexuell veranlagten engen Mitarbeiter aushalte, gab er seiner rheinischen Mentalität entsprechend zur Antwort: Solange der mir nicht an die Wäsche geht...Ansonsten bin ich geistig und körperlich noch einigermaßen geländegängig, war mit meiner ersten Frau 60 Jahre verheiratet, weiß demnach was gelebte und gestaltete Nachhaltigkeit ist. 
 
Helmut 35
Warum diese merkwürdige Erklärung ? Das hört sich an, als ob du Probleme mit Menschen hast, die sich 
anders als du definieren. So eine Erklärung hättest du doch gar nicht hier abgeben müssen. reicht ja zu schreiben  " bin männlich ".
Oder sollte das " witzig " sein ?
Karl
Karl
Administrator

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von Karl
als Antwort auf Helmut35 vom 10.01.2024, 22:20:10

Lieber @Helmut35

herzlich willkommen in unserer Runde. Dein Text zur Einsamkeit liest sich wie eine Begründung für die Etablierung unseres Seniorentreffs im Internet. Tatsächlich gründeten wir diesen bereits 1998, weil wir die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft im Blick hatten.

Mehr dazu später, karl
 

schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Lissy52 vom 11.01.2024, 09:00:37

Du sagst/schreibst das, was ich auch im ersten Moment dachte.....


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Helmut35
Helmut35
Mitglied

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von Helmut35
als Antwort auf Ingrid60 vom 10.01.2024, 22:58:32

Danke, Ingrid 60 für Deine zustimmende Nachricht. Mein Alter hast Du richtig eingeordnet. War ja auch nicht schwer es zu ermitteln. Würdest Du mich Profil, also in der Seitenansicht sehen,  müßtest Du erkennen, dass ich weder mager, wie Du schreibst,  noch übergewichtig bin, obgleich die Altersentwicklung vom athletischen zum pyknischen Typ unverkennbar ist. 

Richtig ist natürlich, dass jeder neue Tag ein Geschenk ist. Wenn das „Verfallsdatum“ überschritten ist, werden die 86400 Sekunden eines Tages  zum Zeitbonus. Mindestens so oft schlägt das Herz, und etwa im gleichen Rhythmus hebt und senkt sich die Brust beim Atmen. Pralles Leben also, das ich Dir  wie auch mir wünsche
Helmut 35

Ingrid60
Ingrid60
Mitglied

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von Ingrid60
als Antwort auf Helmut35 vom 11.01.2024, 13:05:09
"Mager" bezieht sich auf die Angaben zu deiner Person.
Wenn man Kontakt sucht, schadet es nichts, wenn man ein paar Details "preisgibt" .

Hab einen schönen Tag.

Ingrid60 
Malinka
Malinka
Mitglied

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von Malinka
als Antwort auf Helmut35 vom 10.01.2024, 22:20:10

Willkommen - hinter dieser Vorstellung steckt zweifellos ein heller, kluger Kopf , ein Mann mit hintersinnigem Humor - das gefällt mir. Aber ist Einsamkeit wirklich eine Krankheit? Ist man wirklich einsam, wenn man allein auf der Welt ist? Wie hier schon jemand schrieb: oft sind Menschen, die in einer Beziehung leben, noch viel einsamer als solche, die alleine leben- 
Mein noch lebender Bruder lebt seit seiner Pensionierung vor 12 Jahren im Elternhaus meines Vaters, unweit von Volos/Griechenland mit freiem Blick aufs Meer -  seit seine Frau vor 10 Jahren ganz plötzlich starb, lebt er dort allein -  und ist auch nicht wegzukriegen, er ist sich selbst genug, die Postbotin guck jeden Tag nach ihm und bringt ihm täglich den Klatsch aus dem Dorf mit und bei einem Telefonat mit ihm, ob er uner seiner Einsamkeit leide, meinte er zu mir: Verdammt, Einsamkeit ist ein Zustand und keine Krankheit, es ist ...wie eine Schwangerschaft!  Dauert eventuell nur läönger ...man muss sich arrangieren. 
Gerne hätte ich ihn hier bei mir in der Nähe -  aber das wäre egoistisch, denn er ist zufrieden, so wie es ist - zusammen mit seiner alten Schreibmaschine, trotzdem er einen PC hat ... mit seinen mindestens 6 Katzen und seinen Tauben und dem Garten. Auch wenn er da selbst kaum noch etwas machen kann -  wie gesagt..er ist allein aber nicht einsam.  das wäre er vielleicht hier bei uns in Spanien, denn er würde zu viel vermissen.
Ich freue mich auf weiteren Gedankenaustausch mit Dir

Helmut35
Helmut35
Mitglied

RE: Einsamkeit eine Volkskrankheit?
geschrieben von Helmut35
als Antwort auf Lissy52 vom 11.01.2024, 09:00:37

Danke für die Nachricht, Lissy52.
Nein,  ein Problem habe ich mit „Andersorietierten“ nicht, Ich hatte doch geschrieben, ich würde sie tolerieren. Die Bedingungen dafür hatte ich ebenso angerissen. Das geschah nicht ohne Grund. In einem anderen Portal erhielt ich kürzlich recht deutliche Angebote von Mitmenschen, die offenbar auf Partnersuche sind. Dort habe ich meinen account schnell wieder geschlossen. 

Auffallend für mich ist, dass Du Dich mit dem meine Person betreffenden Vorspann befaßt,  aber  zu dem Thema der Vereinsamung, zu dem ich  versucht habe, einige Hintergründe darzulegen, keine Silbe verlierst, wenn ich von dem gehobenen Daumen einmal absehe. Wir  haben mit diesem Phänomen ein stetig wachsendes  Problem,  das die gesamte Gesellschaft betrifft. Daran zumindest in Teilbereichen etwas zu ändern oder zu verbessern ist doch das Anliegen des Seniorentreffs. So habe ich auch die zustimmende Bemerkung von Karl verstanden. Ohne sein Frau und ihn gäbe es diesen Treff in dieser Form und  Breite seines Auftritts wohl nicht
Schönen, beschwingten Nachmittag wünsche 
Helmut 35


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