Forum Kunst und Literatur Musik Politische Songtexte: Ja/Nein?

Musik Politische Songtexte: Ja/Nein?

angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf hugo vom 08.08.2007, 09:13:23
nun ich revidiere ein wenig und gebe Hugo recht - politisch ist rein theoretisch alles - auch das banalste Lied - ich hatte wohl mehr das politissche Protestlied im Kopf und Leute wie zB den Chilenischen Volkssänger Victor Jara, der sich den Mund nicht verbieten liess, der auf die Strasse ging und der von der Militärjunta gefoltert und ermordet wurde -

Gruppen oder Einzelkünstler, die von Getränkemultis gesponsert werden, die bei Schallpalltenfirmen /Musikproduzenten verpflichtet sind, die zu Multikonzernen gehören, bei denen auch Waffen gebaut und verkauft werden, die dem Modediktat folgen und die hippesten Klamotten kaufen und es den teenies vormachen und nach ihren "politischen Liedern" im 5Sternehotel nächtigen ...kann ich nicht so ganz ernst nehmen ... vie´lleicht liegt es eben daran, dass ich prägende Jahre in einem Land zubrachte, in dem Dichter und Sänger hautnah beim Volk waren, für das sie dichteten und sangen...eine kurze Geschichte über Victor Jara kann man unter dem Link nachlesen ...

Sein letztes Lied schrieb er als Gefangener der Junta, die ihn wie 5000 andere im Stadion von Santiago eingepfercht hatte - jenes Stadion voller Gefangener, von dem ein gewisser F-J Strauss nach einem Besuch nur bemerkte: "Auf jeden Fall haben die Leute dort genügend frische Luft" ... Victor Jara wurden die Hände zertrümmert, damit er nicht mehr Guitarre spielen konnte - und kurz darauf ermordet.

Es sind fünftausend von uns hier
in diesem kleinen Stückchen Stadt.
Wir sind fünftausend.
Ich wüßte gern, wie viele wir sind
in den Städten und im ganzen Land?
Hier allein
sind zehntausend Hände, die pflanzen
und die Fabriken betreiben.
Wieviel Menschlichkeit
ausgesetzt dem Hunger, der Kälte, der Angst, der Qual,
der Unterdrückung, dem Terror, dem Wahnsinn?
Sechs von uns sind verloren
wie im Weltraum.
Einer tot, einer geschlagen, wie ich nie geglaubt hätte,
daß ein Menschenwesen geschlagen werden kann.
Die anderen vier wollten ihre Qualen beenden -
einer sprang ins Nichts,
einer schlug den Kopf gegen die Mauer,
aber alle mit dem starren Blick des Todes.
Was für ein Grauen die Fratze des Faschismus schafft!
Sie führen ihre Pläne mit der Präzision von Messern aus.
Ihnen ist alles gleich.
Für sie ist Blut wie ein Orden,
Schlächterei eine Heldentat.
O Gott, ist das die Welt, die du geschaffen hast?
Dafür deine sieben Tage voll Wundern und Taten?
In diesen vier Wänden gibt es nur eine Zahl,
die sich nicht vermehrt.
Die sich mehr und mehr nach dem Tode sehnt.
Aber plötzlich erwacht mein Gewissen
und ich sehe diesen Strom ohne Herzklopfen,
nur den Rhythmus von Maschinen
und die Militärs, die ihre Hebammen-Gesichter aufsetzen,
voller Zärtlichkeit.
Laßt Mexico, Cuba und die Welt
gegen diese Schändlichkeit protestieren!
Wir sind zehntausend Hände,
die nichts produzieren können.
Wie viele von uns im ganzen Land?
Das Blut unseres Präsidenten, unseres compañeros,
wird kühner kämpfen als Bomben und Maschinengewehre!
Auch unsere Faust wird wieder kämpfen.

Wie schwer ist das Singen,
wenn ich den Schrecken singen muß.
Den Schrecken, den ich lebe,
den Schrecken, den ich sterbe.
Mich selbst unter so vielen sehen
und so viele Augenblicke der Unendlichkeit,
in denen Schweigen und Schreie
das Ende meines Gesanges sind.
Was ich sehe, habe ich nie gesehen.
Was ich gefühlt habe und was ich fühle,
wird den Augenblick erschaffen ...


Quelle:
Victor Jara - Chile, mein Land, offen und wild
Sein Leben, erzählt von Joan Jara


Welch müder Abklatsch sind da Blubberlutsch schlabbernde Hippihoppis, die ein paar Schlagzeilen zusammenstammeln meine Meinung...keiner muss sie teilen.

--
angelottchen
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf angelottchen vom 08.08.2007, 23:44:54
@eleonore

schön, daß du das beispiel "HAPPY BIRTHDAY" von Stevie Wonder anführst. es belegt, daß politische songs tatsächlich etwas bewirken können - und wenn es nur ein feiertag für einen schwarzen bürgerrechtskämpfer ist.

@angelottchen

das schicksal von Victor Jara hat mich von kindheit an sehr bewegt und geprägt. ich war schon zu seinen lebzeiten ein "fan" und habe seine lieder (in übersetzung) auf der gitarre gespielt. (mein spanisch wäre eine beleidigung gewesen)

1973 durfte ich als Pionier bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin die verpflegungsbeutel für die "grossen" FDJ-ler verteilen. das war auch für uns "kleine" ein internationales abenteuer. im verlauf dieser großartigen tage, kam die nachricht vom faschistischen putsch in Chile ...die "Party" war vorbei.

ich habe damals tatsächlich tagelang geheult und war bereit mit nem messer in der hand loszuziehen, als ich vom schicksal Victor Jaras hörte. ich habe seine zerschlagenen hände fast körperlich gespürt. Pinochet war damals für mich (als elfjährigen) das, was für einen guten katholiken der teufel ist.

vielleicht rührt daher auch noch heute meine grosse sympatie, für die lateinamerikanischen volksdemokratien in Cuba, Venezuela, Nikaragua u.s.w., deren besten köpfe permanent von CIA und anderen US-diensten verfolgt und ermordet werden.

...VENCEREMOS!

dor dutch
eleonore
eleonore
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von eleonore
als Antwort auf dutchweepee vom 09.08.2007, 02:10:46
Leningrad - Billy Joel


Viktor was born in the spring of 44
and never saw his father anymore.
A child of sacrifice, a child of war,
another son who never had a father
after Leningrad.
Went off to school and learnt to serve
the state, followed the rules and drank
his vodka straight, the only way to live
was drown the hate.
A Russian life was very sad
and such was life in Leningrad.
I was born in 49,
a cold war kid in McCarthy time.
Stop 'em at the 38th parallel,
blast those yellow Reds to hell.
And cold war kids were hard to kill
under their desk in an air raid drill.
Haven't they heard we won the war,
what do they keep on fighting for ?
Victor was sent to some Red Army town,
served out his time, became a circus clown.
The greatest happiness he'd ever found
was making Russian children glad.
And children lived in Leningrad.
But children lived in Levittown
and hid in the shelters underground,
until the Soviets turned their ships around
and tore the Cuba missiles down.
And in that bright October sun
we knew our childhood days were done.
And I watched my friends go off to war.
What do they keep on fighting for ?
And so my child and I came to this place
to meet him eye to eye and face to face.
He made my daughter laugh.
Then we embraced.
We never knew what friends we had
until we came to Leningrad.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Viktor wurde im Frühjahr '44 geboren
und lernte seinen Vater nicht mehr kennen.
Ein Kind der Not und des Krieges,
noch ein Sohn, der nie einen Vater hatte
nach Leningrad.
Er ging zur Schule und lernte, dem Staat
zu dienen. Er befolgte die Regeln und trank
seinen Wodka pur, der einzige Weg,
seinen Haß zu ertränken.
Das russische Leben war sehr traurig,
und so war das Leben in Leningrad.
Ich wurde '49 geboren, ein Kind
des kalten Krieges in der McCarthy-Zeit.
Stoppt sie am 38. Breitengrad,
schickt diese gelben Roten zur Hölle.
Und Kinder des kalten Krieges waren schwer zu
töten unter ihren Tischen während des Luftalarms.
Haben die nicht gehört, daß wir den Krieg
gewonnen haben, wofür kämpfen die denn noch ?
Viktor wurde in eine Garnisionsstadt
der Roten Armee geschickt, diente seine Zeit
und wurde Zirkusclown.
Das größte Glück war für ihn,
russische Kinder glücklich zu machen.
Und Kinder lebten in Leningrad.
Kinder wohnten auch in Levittown
und verbargen sich in Luftschutzräumen,
bis die sowjetischen Schiffe umkehrten
und die Raketen auf Kuba abgebaut wurden.
In jenen strahlenden Oktobertagen
bemerkten wir, daß unsere Kindheit vorbei war.
Und ich sah meine Freunde in den Krieg ziehen.
Wofür kämpfen sie nun noch ?
Und dann kamen mein Kind und ich zu
diesem Ort, um ihm Auge in Auge und von
Gesicht zu Gesicht gegenüberzustehen.
Er brachte meine Tochter zum Lachen.
Dann umarmten wir uns.
Wir wußten nicht, was für Freunde wir hatten,
bis wir nach Leningrad kamen.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
--
eleonore

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enigma
enigma
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von enigma
als Antwort auf eleonore vom 09.08.2007, 08:12:48

Wozu sind Kriege da?

Keiner will sterben
das ist doch klar
wozu sind denn dann Kriege da ?
Herr Präsident
du bist doch einer von diesen Herren
du mußt das doch wissen
kannst du mir das 'mal erklären ?
Keine Mutter will ihre Kinder velieren
und keine Frau ihren Mann.
Also
warum müssen Soldaten losmarschieren ?
Um Menschen zu ermorden - mach mir das mal klar
wozu sind Kriege da ?

Herr Präsident
ich bin jetzt 10 Jahre alt
und ich fürchte mich in diesem Atomraketenwald.
Sag mir die Wahrheit
sag mir das jetzt
wofür wird mein Leben auf's Spiel gesetzt ?
Und das Leben all der ander'n - sag mir mal warum !
Die laden die Gewehre und bring'n sich gegenseitig um.
Sie steh'n sich gegenüber und könnten Freunde sein
doch bevor sie sich kennenlernen schießen sie sich tot.
Ich find' das so bekloppt
warum muß das so sein ?

Habt ihr alle Milliarden Menschen überall auf der Welt
gefragt
ob sie das so wollen
oder geht's da auch um Geld ?
Viel Geld für die wenigen Bonzen
die Panzer und Raketen bau'n
und dann Gold und Brillianten kaufen für die eleganten Frau'n.
Oder geht's da nebenbei auch um so religiösen Twist
daß man sich nicht einig wird
welcher Gott nun der wahre ist ?
Oder was gibt's da noch für Gründe
die ich genauso bescheuert find'.

Na ja
vielleicht kann ich's noch nicht verstehen
wozu Kriege nötig sind.
Ich bin wohl noch zu klein
ich bin ja noch ein Kind.

Udo Lindenberg

(Udo Lindenberg hat mit mal über Tine Acke ganz und gar locker erlaubt, einige Texte von ihm einzustellen, wenn es nicht um kommerzielle Interessen geht).

Für die, die es interessiert:
über den Linktipp eine Seite mit Anti-Kriegs-Liedern!

Und wenn Ihr den Download-Button bei "Wozu sind Kriege da" betätigt, kommt wahrscheinlich (so war es jedenfalls bei mir) der Anti-Kriegssong von Lenny Kravitz und dem irakischen Sänger Kazem El Saher mit dem Titel "We want peace", aber auch noch andere, die man dann auch anhören kann.


--
enigma
eleonore
eleonore
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von eleonore
als Antwort auf enigma vom 09.08.2007, 08:41:55
jimi hendrix

Seine berühmte musikalische Zerfetzung der US-Hymne war mehr als ein spontaner Einfall. Das war ein Bekenntnis, das nicht weniger deutlich verstanden wurde als die Reden eines Malcolm X.
Ein patriotisches Bekenntnis, das er mit Verzerrungen, dem Aufheulen fallender Bomben und den sozialen Spannungen im Land füllt.

--
eleonore
hydelber
hydelber
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von hydelber
als Antwort auf eleonore vom 09.08.2007, 09:17:05
Ein denkwürdiger Protest-Hit der 80er Jahre - mit Refrains zum bei-singen :

Zitat Wiki :

"Land of Confusion" is a rock song written by the band Genesis
for their 1986 album Invisible Touch.

The music was written by the band, while the lyrics were written by guitarist Mike Rutherford.
The lyrics, further emphasized by the music video, discuss the greed and uncertainty
of the Cold War-era 1980s, but evoke a sense of hope for the future.
The song is remembered by many Genesis fans because of its video,
which featured puppets from the 1980s UK sketch show, Spitting Image.

It was sung by Genesis at the Live Earth Concert on July 7, 2007.


"Land of Confusion"


I mustve dreamed a thousand dreams
Been haunted by a million screams
But I can hear the marching feet
Theyre moving into the street.

Now did you read the news today
They say the dangers gone away
But I can see the fires still alight
There burning into the night.

Theres too many men
Too many people
Making too many problems
And not much love to go round
Cant you see
This is a land of confusion.

(Refrain)

This is the world we live in
And these are the hands were given
Use them and lets start trying
To make it a place worth living in.


Ooh superman where are you now
When everythings gone wrong somehow
The men of steel, the men of power
Are losing control by the hour.

This is the time
This is the place
So we look for the future
But theres not much love to go round
Tell me why, this is a land of confusion.

This is the world we live in
And these are the hands were given
Use them and lets start trying
To make it a place worth living in.

I remember long ago -
Ooh when the sun was shining
Yes and the stars were bright
All through the night
And the sound of your laughter
As I held you tight
So long ago -

I wont be coming home tonight
My generation will put it right
Were not just making promises
That we know, well never keep.

Too many men
Theres too many people
Making too many problems
And not much love to go round
Cant you see
This is a land of confusion.

Now this is the world we live in
And these are the hands were given
Use them and lets start trying
To make it a place worth fighting for.

This is the world we live in
And these are the names were given
Stand up and lets start showing
Just where our lives are going to.


von GENESIS


Das Video-Remake 2006 - by Disturbed :

Land Of Confusion - Animationsfilm - 3 min.

http://video.google.com/videoplay?docid=-1873168253787663020

ist unten verlinkt.
--
hydelber

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angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf hydelber vom 09.08.2007, 18:35:51
achja,,,Genesis ... die viele Jahre bei EMI unter Vertrag waren ... gegen Kriege und gewalt sangen, aber ihre Schallplatten und CDS über einen Konzern vertickten, der gleichzeitig zu den grössten Kriegswaffenherstellern gehört - das ist ja sowas von glaubwürdig ((
--
angelottchen
ehemaligesMitglied57
ehemaligesMitglied57
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von ehemaligesMitglied57
als Antwort auf angelottchen vom 08.08.2007, 23:44:54
agelottchen schrieb:
Leute wie zB den Chilenischen Volkssänger Victor Jara, der sich den Mund nicht verbieten liess, der auf die Strasse ging und der von der Militärjunta gefoltert und ermordet wurde


Bedauerlicherweise wurde er von seinem Volk gerade in dem Moment im Stich gelassen, als er es am nötigsten brauchte. Auch Allende und Corvalan konnten am entscheidenden Tag nicht auf Unterstützung ihrer Wähler hoffen. Als die moneda von Soldaten umstellt wurde, war es ruhig auf den Straßen. Das Wahlvolk zog es vor, zu hause zu bleiben, und abzuwarten. Resigniert, und vermutlich auch schwer enttäuscht gab sich Allende am Ende den Gnadenschuss.
War Victor Jara demnach wirklich so nah am Volk respektive in seinem Herzen?

@dutchweepee

Schön, dass es hier jemanden gibt, der ebenfalls das besondere Fluidum der X.Weltfestspiele erlebt hat. Da lag, ich kann mich sehr gut entsinnen, ein seltsam ungewohnter Hauch von Freiheit aber auch Freizügigkeit in der Luft. Übrigens bekam ich einen von diesen legenären "Fressbeuteln" geschenkt, die Du verteilen durftest. Und als ich feststellte, dass die Ostjugend entgegen so mancher "authentischer" Berichte nicht wirklich ausgehungerte aussah, hab ich ihn glatt behalten und aufgegessen. Ich weiß auch noch genau, was drin war: Ein Konsumbrötchen, eine Knackwurst, eine Ecke Schmelzkäse und ein Apfel. Prima. Kam ich den ganzen Tag über die Runden.
--
gerald
enigma
enigma
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von enigma
als Antwort auf ehemaligesMitglied57 vom 09.08.2007, 23:10:10


Wiegenlied


Still, mein armes Söhnchen, sei still.
Weine mich nicht um mein bißchen Verstand.
Weißt ja noch nichts vom Vaterland,
daß es dein Leben einst haben will.
Sollst fürs Vaterland stechen und schießen,
sollst dein Blut in den Acker gießen,
wenn es der Kaiser befiehlt und will. -
Still, mein Söhnchen, sei still!

Trink, mein Söhnchen, von meiner Brust.
Trink, dann wirst du ein starker Held,
ziehst mit den andern hinaus ins Feld.
Vater hat auch hinaus gemußt.
Vater ward wider Willen und Hoffen
von einer Kugel ins Herz getroffen.
Aus ist nun seine und meine Lust. -
Trink von der Mutter Brust!

Freu dich, goldiges Söhnchen, und lach.
Bist du ein Mann einst, kräftig und groß,
wirst du das Lachen von selber los.
Fröhlich bleibt nur, wer krank ist und schwach.
Vater war lustig. Ich hab ihn verloren,
hab dann dich unter Schmerzen geboren -
hörst drum ewig mein bitteres Ach!
Freu dich, Söhnchen, und lach!

Schlaf, mein süßes Söhnchen, o schlaf.
Weißt ja noch nichts von Unheil und Not,
weißt nichts von Vaters Heldentod,
als ihn die bleierne Kugel traf.
Früh genug wird der Krieg und der Schrecken
dich zum ewigen Schlummer erwecken ...
Friede, behüt meines Kindes Schlaf! -
Schlaf, mein Söhnchen, o schlaf

Erich Mühsam




--
enigma
enigma
enigma
Mitglied

Re: Politische Songtexte: Ja/Nein?
geschrieben von enigma
als Antwort auf enigma vom 10.08.2007, 07:36:12
Und noch einen Liedtext von Mühsam, den ich gut finde:

Bonzenblues
Erich Mühsam

Sei dankbar, Volk, den Edlen, die dich leiten,
Der Obrigkeit, die stets dein Heil bedenkt.
Willst du dir selber dein Geschick bereiten,
Bald wär die Karre in den Sumpf gelenkt.
Was weißt denn du, was für dein Wohlsein nötig ist?
Das Volk gehorche, weil es brägenklötig ist.
Der höhern Einsicht füge dich beizeiten,
Und frag nicht lang, warum der Staat dich henkt
Vertraue, Volk, den Bonzen der Parteien,
Geborgen ist dein Glück in ihrem Schoß.
Wenn du sie wählst, wolln alle dich befreien,
Wenn sie gewählt sind, melken sie dich bloß.
Stell dir doch vor, wenn niemand dich regieren soll,
Wovon dein Bonze dann noch existieren soll.
Der ganze Landtag müßt vor Hunger schreien.
Selbst die Abortfrau wäre arbeitslos.
Sie haben nichts im Kopf als die Paragraphen.
Die Bonzen sind, o Volk, die Jungs im Skat,
Verhängen Steuern über dich und Strafen,
Und wenn du aufmuckst, dann ist's Hochverrat.
Sie merken nie, wenn alles auf der Kippe steht,
Sie merken immer, wo noch eine Krippe steht,
Doch du, o Volk, du kannst geruhsam schlafen.
Die Bonzen wachen, ja es wacht der Staat.

Aber leider weiß ich nicht, was "brägenklötig" bedeutet.
Weiß das jemand?


--
enigma

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