Forum Kunst und Literatur Musik Morgen würde Herbert von Karajan 100 Jahre alt

Musik Morgen würde Herbert von Karajan 100 Jahre alt

silhouette
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Re: Ergäzung zu meinem Beitrag
geschrieben von silhouette
als Antwort auf niederrhein vom 05.04.2008, 13:14:18
Noch gefunden: Ein ZEIT-Interview, das auch zu unserem Thema passt.
Bös: der angebliche Ausspruch vom "Genie im Autofahren".
--
silhouette
ingo
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.....
geschrieben von ingo
als Antwort auf silhouette vom 05.04.2008, 16:32:42
Ich oute mich mal als bedingungsloser Karajan-Fan. Für mich war er der Grösste. Ich konnte ihn erstmals auf seiner letzten Tournee mit den Berlinern hören und erleben (Brahms: 2.+ 4. Sinfonie). Da hatte ich einen Platz im erten Rang (35 DM!) und konnte ihn von der Seite beobachten....Perfekt, was er seinen Musikern mit ganz sparsamen Bewegungen entlockt hat. Für mich sind die Berliner heute übrigens nur noch ein Schatten ihrer selbst...
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kreuzkampus
niederrhein
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Noch eine Anmerkung ...
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf silhouette vom 05.04.2008, 13:24:55
-- [...] Obwohl es die ZEIT in unserem Haus gibt, ist mir diese Beilage entgangen. [...]


Es handelt sich um ein Sonderheft der Reihe ZEIT-Geschichte - mit einer CD ... (Siehe die Heftabbildung in einem vorausgegangenen Beitrag von mir.)

Ich habe etliche Karajan-Artikel aus der SZ, FAZ, NZZ, FR und Zeit in einer Word-Datei ... (insgesamt über 35 Seiten) - wer sich dafür interessiert, eMail an bertha.dammertz@gmx.de (Stichwort Karajan-Artikel) reicht.


Die Bertha
vom Niederrhein


P.S. Georg Kreisler ... für mich nahezu auch unsterblich!

P.P.S. Für mich ist dieses Karajan-Gedenken ein willkommener Anlaß, mich einige Wochen interpretatorischen Studien hinzugeben ...

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silhouette
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Re: Noch eine Anmerkung ...
geschrieben von silhouette
als Antwort auf niederrhein vom 05.04.2008, 21:24:16
Danke, Bertha,
für dein Vertrauen. Meine Mail kommt heute noch zu dir. Im Moment höre und sehe ich Tchaikovsky und sehe ungefähr so ein Bild:


Pardon, Mr. Ozawa!
Irgendwo aus dem Netz kopiert.
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silhouette
luchs35
luchs35
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Re: Noch eine Anmerkung ...
geschrieben von luchs35
als Antwort auf silhouette vom 05.04.2008, 22:32:09

Wir hören und sehen gerade das gleiche, Silhouette, nur ist Ozawa, -übrigens der Lieblingsschüler von Karajan- heute noch etwas zerzauster und grauer als der Herr auf Deinem Foto, was aber dieser Aufführung keinen Abbruch tut.
Beethovens Violinkonzert mit dieser wunderbaren Anne-Sophie Mutter war ein seltener Genuss (Gänsehauterlebnis).
Für mich kann es gar nicht genug solcher Konzerte geben, ist sowieso eine Rarität in unserem Land geworden. Und auch das ist posthum noch Karajans Verdienst!
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luchsi35
silhouette
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Re: Noch eine Anmerkung ...
geschrieben von silhouette
als Antwort auf luchs35 vom 05.04.2008, 22:55:22
Tja, die Mutter kann noch zart wie ein Engel singen, wo andere anfangen zu kratzen und zu quietschen, egal, ob extrem tief oder extrem hoch.
Den Ozawa mag ich nicht, ich finde ihn etwas dröge, eher zum Einschlafen. Ich bin ein Fan von Bernstein, Carlos Kleiber, Claudio Abbado, Simon Rattle und solchen Temperamenten, wo der Wind weht oder wo es duftet, je nach Partitur.
--
silhouette

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Re: Noch eine Anmerkung ...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf silhouette vom 05.04.2008, 23:04:00
Mir geht so ein Hype um einen großen Star ziemlich auf die Neven, auch wenn er noch so ein großes Genie war. Es gab außer ihm viele andere, die ihm durchaus das Wasser reichen konnten oder können. Erwähnt wurden ja schon Furtwängler, den ich an erster Stelle nenne (und ihm auch vorzog), Klemperer, Szell, Harnoncourt, Richter, Erich Kleiber und sein Sohn Carlos Kleiber. Außerdem die von dir Genannten, Silhouette, dann andere wie Günter Wand, auch Lorin Maarzel und Barenboim gab es schon zu der Zeit, als Karajan noch große Erfolge feierte. Heute erwirbt sich Simon Rattle nicht zu unterschätzende Verdienste durch seine Förderung von künstlerischem Nachwuchs, eindrucksvoll dargestellt in dem Film „Rhythm is it“, mit dem er ganz wichtige innovative Denkanstöße für die künstlerische Erziehung auch in den Schulen gegeben und schon Nachahmer gefunden hat.

Der Unterschied zu Karajan ist der, dass die meisten anderen nicht diesen Starkult betrieben und betreiben (zum Glück ist so etwas heute weitgehend out), und dass Karjan sich besonders gut vermarkten konnte und damals schon genau wusste, wie man die Medien für sich einspannen kann. Natürlich gibt es Komponisten, die dem einen mehr und dem anderen weniger liegen, Karajan ist sicher für die Ungarischen Tänze von Brahms der herausragende Dirigent, aber Bach z. B. höre ich viel lieber von Koopmann, Gardiner, Herreweghe oder Hermann Max dirigiert als von den großen Stardirigenten der damaligen Zeit wie Karajan.

Nur eins möchte ich erwähnen, das mir damals an ihm einmal besonders positiv aufgefallen ist: das war die Geschichte mit der herausragenden Klarinettistin Sabine Meyer, die er gegen den Widerstand der versammelten Macho-Riege der Berliner Philharmoniker durchsetzen konnte und die heute ihr eigenes Ensemble hat. Das war ein Stück aus dem Tollhaus, unfassbar, dass es in den 80er Jahren noch solche Männerbünde gab, und da war ich natürlich ganz auf Seiten Karajans. Sabine Meyer ist allerdings heute der Meinung, sie sei von ihm als Spielball benutzt worden, um ein Exempel zu statuieren, wie ich gerade erst gelesen habe, als ich nach der Geschichte wieder suchte (s. Link). Das habe ich wie wahrscheinlich viele andere damals nicht durchschaut, ich fand es einfach nur toll, dass diesem Männerbund eine Lehre erteilt wurde und Karajan trotz aller Widerstände zu einer Frau stand und mit den alten Zöpfen aufräumte.

Aber nach der jetzigen Beurteilung von Sabine Meyer war das dann ja wohl auch nicht ganz so verdienstvoll wie ich dachte.
--
marina
angelottchen
angelottchen
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Re: Noch eine Anmerkung ...
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.04.2008, 07:23:21
hallo marina... du hast es mir vorweggenommen
gross ist der kult, den er geschafft hat, um sich zu machen. Henscheid hat ein paar "böse" Sprüche über ihn geschrieben und auch festgestellt, dass die eine oder andere Note bei Aufnahmen fehlt. Das kann ich nicht beurteilen, ich kann nur subjektiv feststellen, dass Karajan die Fröhlichkeit am Musizieren vermissen liess und mehr wie ein Jekel/Hyde Phänomen wirkte ...

»Zu beobachten ist der seltene Fall, wie einer, dessen Bild sich haarscharf mit der herrschenden Ideologie von Glanz und Erfolg und Karriere deckt, dennoch überwiegend der Mißgunst anheimfällt, weil man in ihm wenn nicht den Scharlatan, so doch den Hans im Glück unter seinesgleichen wittert, der davon auch noch gar zu viel Wesens macht.« Und Henscheid fragte: »Warum sucht das angebliche Masseninteresse an Kunst ausgerechnet einen Dirigenten aus, warum grad diesen?« Tatsächlich gab es ja genug andere Stardirigenten, die auch ohne Jet und Jacht noch mehr Spaß am Leben zu haben schienen als der ernste, jenseits des Podiums oft schüchterne Karajan. Aber es war eben keiner so mächtig, mit zeitweise drei Chefposten, omnipräsent auf dem Plattenmarkt. ...
...
Da hatte schon das Wirtschaftswunder Karajan begonnen, von dem Adorno 1968 sagt: »In Karajan setzt ein objektiver gesellschaftlicher Zwang bis ins innerste Gefädel der musikalischen Darbietung sich um. Er war der musikalische Genius des Wirtschaftswunders.« Es gibt aber eine Menge Aufnahmen, die bis ins innerste Gefädel sehr frei sind, unberechenbar und existenziell und mit teils extraterrestrischen Farbwirkungen wie eben Bruckners Neunte. Oder solche, wo man sich freut, dass Karajan mit weltumfassender, erleuchteter Naivität die Absichten der Komponisten hinter sich lässt wie in seinem 1956er Rosenkavalier. Über das Späte, sanft Rückblickende, Gebrochene dieser Musik sieht er hinweg. Am Schluss hört man kalt gleißende Weiten, in denen die Lebenden verschwinden, galaktisch, unmenschlich fast.
...
Das 19. Jahrhundert, in dem Karajan wurzelt und dessen Musik er hauptsächlich dirigierte, wirkt bei ihm wie ins 20. Jahrhundert hineinmodernisiert. Romantik mit Düsenantrieb, Magie mit Elektronik. Als Überflieger in jedem Sinne – bis hin zu den gewaltigen Spannungsbögen, für die ihn alle unisono loben – scheint er sein Jahrhundert überflogen zu haben wie in einer Art Paralleluniversum, das real war, solange er dirigierte. Er meinte es sicher auch ganz ernst, wenn er über die »klassisch-symphonische Musik« sagte, sie sei so erfolgreich, »weil sie ihre Zuhörer fast immer mit einem Ausblick ins Licht entlässt«. So schlicht wollte es sein Publikum haben, diese Haltung war es, die entscheidende Gegenbewegungen provozierte und noch immer die Wahrnehmung erschwert, dass er oft wagemutiger ist, als sein Ruf wollte.

Trotzdem hat beides miteinander zu tun. Es ist viel Naivität in Karajan – ein Kind. Man entdeckt es in seinen grotesken Vergleichen von Ferraris und Orchestern, in seiner Versessenheit auf immer neueste Technik, in seinem wütenden Trotz vom Wiener Opernstreit bis zum Zerwürfnis mit den Berliner Philharmonikern, seiner Nichtintellektualität, in seinem Wunsch, immer der Beste zu sein. Man entdeckt es aber auch da, wo er sich mit einer Abenteuerlust in die Partituren begibt wie in Realitäten, ohne Hintergedanken, ohne Fragen nach den Motiven der Autoren, nach Geschichte, nach Sprache. Fast unheimlich ist manchmal die Weltweite, ansteckend aber die Zuversicht. Als Pilot soll er nicht
geschrieben von DIE ZEIT


Gehört hier nicht hin,a ber für mich war Leonard Bernstein immer der grössere - Dirigent, Musiker und Mensch


Hier der ganze Bericht
--
angelottchen
Re: Noch eine Anmerkung ...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf angelottchen vom 06.04.2008, 09:44:52
Ja, Bernstein mochte ich auch lieber. Abgesehen davon war er auch ein sehr guter Komponist, die "West Side Story", vor allem den Film dazu mit Natalie Wood fand ich einfach toll.

Danke auch noch für den interessanten Artikel. Ein bisschen fühle ich mich darin bestätigt.

marina
angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Noch eine Anmerkung ...
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.04.2008, 10:31:06
..ich muss meinen Bruder fragen, der hat die Quellen und Zitate zum Thema Karajan und seine selbst geschnitzte Unfehlbarkeit... werde sie dann an Dich weitergeben.

Ja... Lenny .... ich war begeistert, als ich 1979 in die USA kam und fast täglich im TV die wunderbaren Sendungen sah, in denen Bernstein Kindern klassische Musik erklärte und sie dafür begeisterte .. West Side Story ... in den Studios der Deutschen Grammophon und endlich und das erste Mal von IHM dirigiert ... mit dem damals nach seiner Leukämieerkrankung noch sehr zweifelnden und am Rande des nervenbruchs befindlichen Jose Carreras, den er immer wieder forderte und immer wieder in den Arm nahm ... und der Neuseeländerin Kiri Te Kanawe ... die "Making of..." DVD kann ich nur empfehlen .. zusätzlich zur Gesamtaufnahme. Diese Doku zeigt, wie viel Spass allen Beteiligten die ganze Schinderei gemacht hat - aus einer Kundenbemerkung bei Amazon:

Ca. 30 Jahre nach der Entstehung des Musicals spielte der Maestro himself sein Werk für die Deutsche Grammophon neu ein. Die damalige CD-Produktion bzw. Aufnahme, sie fand in New York statt, wurde von einem TV-Team der BBC begleitet. Diese Dokumentation zeigt, mit wieviel Spaß und mit welchem Engagement die hochkarätigen Künstler zur Sache gehen, wenn z.B. José Carreras mit der englischen Sprache, dem Tempo und den festgelegten Studiozeiten kämpft - "mierda"! Es ist hochinteressent zu erleben, wie eine solche Aufnahme entsteht, z.B. wenn Bernstein mit dem Tonmeister diskutiert ob das Basssaxophon nun zu laut oder zu leise ist ... Das Bild dieser NTSC-DVD (RC0, deutsche Untertitel, PCM Stereo) ist nur mäßig, was auf die alte TV-Aufzeichnung zurückzuführen ist. Der Stereoton ist nicht ganz so gut, wie auf der Original-CD, weckt aber sicherlich genügend Appetit auf die Gesamtaufnahme.
geschrieben von einem Kunden bei Amazon


All das ...von Karajan unvorstellbar ..
--
angelottchen

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