Literatur zeitkritische texte...gestern & heute
beginnen möchte ich mit dem, so wie er sich verstand, "Sprecher der kleinen Leute", der die menschen liebte und dem das wort hass fremd geblieben ist, zeit seines lebens:
Hanns Dieter Hüsch und seinem text "Was ist das für ein Phänomen?"
Hanns Dieter Hüsch
vielleicht mag auch der eine oder die andere der Seniorentreffler zum thema eigene texte anbieten?
--
pilli
Hanns Dieter Hüsch und seinem text "Was ist das für ein Phänomen?"
"Fast kaum zu hören kaum zu sehn
Ganz früh schon fängt es in uns an
Das ist das Raffinierte dran
Als Kind hat man's noch nicht gefühlt
Hat noch mit allen schön gespielt
Das Dreirad hat man sich geteilt
Und niemand hat deshalb geheult
Doch dann hieß es von oben her
Mit dem da spielst du jetzt nicht mehr
Das möcht ich nicht noch einmal sehn
Was ist das für ein Phänomen
Und ist man grösser macht man's auch
Das scheint ein alter Menschenbrauch
Nur weil ein andrer anders spricht
Und hat ein anderes Gesicht
Und wenn man's noch so harmlos meint
Das ist das Anfangsbild vom Feind
Er passt mir nicht er liegt mir nicht
Das ist das nicht und find ihn schlicht
Geschmacklos und hat keinen Grips
Und auserdem sein bunter Schlips
Dann setzt sich in Bewegung leis
Der Hochmut und der Teufelskreis
Und sagt man was dagegen mal
Dann heisst's: Wer ist denn hier normal
Ich oder er du oder ich
Ich find den Typen widerlich
Und wenn du einen Penner siehst
Der sich sein Brot vom Dreck aufliest
Dann sagt ein Mann zu seiner Frau
Guck dir den Schmierfink an die Sau
Verwahrlost bis zum dorthinaus
Ja früher warf man die gleich raus
Und heute muss ich sie ernähr'n
Und unsereins darf sich nicht wehr'n
Und auch die Gastarbeiterpest
Der letzte Rest vom Menschenrest
Die sollt man alle das tät gut
Spießruten laufen lassen bis auf's Blut
Das hamwer doch schon mal gehört
Da hat man die gleich streng verhört
Verfolgt gehetzt und für und für
Ins Lager reingepfercht und hier
Hat man sie dann erschlagen all
Die Kinder mal auf jeden Fall
Die hatten keinem was getan
Was ist das für ein Größenwahn
das lodert auf im Handumdrehn
Und ist auf einmal Weltgeschehn
Denn plötzlich steht an jedenm Haus
Die Juden und Zigeuner raus
Nur weil kein Mensch derselbe ist
Und weiß und schwarz und gelbe ist
Wird er verbrannt ob Frau ob Mann
Und das fängt schon von klein auf an
Und wenn ihr heute Dreirad fahrt
Ihr Sterblichen noch klein und zart
Es ist doch eure schönste Zeit
voll Phantasie und Kindlichkeit
Lasst keinen kommen der da sagt
Dass ihm dein Spielfreund nicht behagt
Dann stellt euch vor das Türkenkind
dass ihm kein Leids und Tränen sind
Dann nehmt euch alle an die Hand
Und nehmt auch den der nicht erkannt
Dass früh schon in uns allen brennt
Das was man den Faschismus nennt
Nur wenn wir eins sind überall
Dann gibt es keinen neuen Fall
Von Auschwitz bis nach Buchenwald
Und wer's nicht spürt der merkt es bald
Nur wenn wir in uns alle sehn
Besiegen wir das Phänomen
Nur wenn wir alle in uns sind
Fliegt keine Asche mehr im Wind"
Ganz früh schon fängt es in uns an
Das ist das Raffinierte dran
Als Kind hat man's noch nicht gefühlt
Hat noch mit allen schön gespielt
Das Dreirad hat man sich geteilt
Und niemand hat deshalb geheult
Doch dann hieß es von oben her
Mit dem da spielst du jetzt nicht mehr
Das möcht ich nicht noch einmal sehn
Was ist das für ein Phänomen
Und ist man grösser macht man's auch
Das scheint ein alter Menschenbrauch
Nur weil ein andrer anders spricht
Und hat ein anderes Gesicht
Und wenn man's noch so harmlos meint
Das ist das Anfangsbild vom Feind
Er passt mir nicht er liegt mir nicht
Das ist das nicht und find ihn schlicht
Geschmacklos und hat keinen Grips
Und auserdem sein bunter Schlips
Dann setzt sich in Bewegung leis
Der Hochmut und der Teufelskreis
Und sagt man was dagegen mal
Dann heisst's: Wer ist denn hier normal
Ich oder er du oder ich
Ich find den Typen widerlich
Und wenn du einen Penner siehst
Der sich sein Brot vom Dreck aufliest
Dann sagt ein Mann zu seiner Frau
Guck dir den Schmierfink an die Sau
Verwahrlost bis zum dorthinaus
Ja früher warf man die gleich raus
Und heute muss ich sie ernähr'n
Und unsereins darf sich nicht wehr'n
Und auch die Gastarbeiterpest
Der letzte Rest vom Menschenrest
Die sollt man alle das tät gut
Spießruten laufen lassen bis auf's Blut
Das hamwer doch schon mal gehört
Da hat man die gleich streng verhört
Verfolgt gehetzt und für und für
Ins Lager reingepfercht und hier
Hat man sie dann erschlagen all
Die Kinder mal auf jeden Fall
Die hatten keinem was getan
Was ist das für ein Größenwahn
das lodert auf im Handumdrehn
Und ist auf einmal Weltgeschehn
Denn plötzlich steht an jedenm Haus
Die Juden und Zigeuner raus
Nur weil kein Mensch derselbe ist
Und weiß und schwarz und gelbe ist
Wird er verbrannt ob Frau ob Mann
Und das fängt schon von klein auf an
Und wenn ihr heute Dreirad fahrt
Ihr Sterblichen noch klein und zart
Es ist doch eure schönste Zeit
voll Phantasie und Kindlichkeit
Lasst keinen kommen der da sagt
Dass ihm dein Spielfreund nicht behagt
Dann stellt euch vor das Türkenkind
dass ihm kein Leids und Tränen sind
Dann nehmt euch alle an die Hand
Und nehmt auch den der nicht erkannt
Dass früh schon in uns allen brennt
Das was man den Faschismus nennt
Nur wenn wir eins sind überall
Dann gibt es keinen neuen Fall
Von Auschwitz bis nach Buchenwald
Und wer's nicht spürt der merkt es bald
Nur wenn wir in uns alle sehn
Besiegen wir das Phänomen
Nur wenn wir alle in uns sind
Fliegt keine Asche mehr im Wind"
Hanns Dieter Hüsch
vielleicht mag auch der eine oder die andere der Seniorentreffler zum thema eigene texte anbieten?
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pilli
Einen braucht der Mensch zum Treten
[Aus: Inwendig warm (1984)]
"Wohin soll der Mensch sich wenden,
wenn er mal auf hundertachtzig ist?
Soll er seine Haut verpfänden,
oder wird er besser Terrorist?
Nein, es gibt ein ganz probates Mittel,
um den Alltagsfrust zu überstehn.
Dazu braucht man keinen Doktortitel,
man löst mit einem Türken das Problem.
Einen braucht der Mensch zum Treten,
einen hat er immer, der ihn tritt.
Zwischendurch verbringt er seine Zeit mit Beten,
und ansonsten läuft er irgendwo mit. [..]"
Vollständiger Text und mehr gibt es hier. Konstantin Wecker
[Aus: Inwendig warm (1984)]
"Wohin soll der Mensch sich wenden,
wenn er mal auf hundertachtzig ist?
Soll er seine Haut verpfänden,
oder wird er besser Terrorist?
Nein, es gibt ein ganz probates Mittel,
um den Alltagsfrust zu überstehn.
Dazu braucht man keinen Doktortitel,
man löst mit einem Türken das Problem.
Einen braucht der Mensch zum Treten,
einen hat er immer, der ihn tritt.
Zwischendurch verbringt er seine Zeit mit Beten,
und ansonsten läuft er irgendwo mit. [..]"
Vollständiger Text und mehr gibt es hier. Konstantin Wecker
Die freie Marktwirtschaft
Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.
Ihr sollt auf euern Direktor vertrauen.
Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.
Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.
Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein,
wir wollen freie Wirtschaftler sein!
Fort, die Gruppen - sei unser Panier!
Na, ihr nicht. Aber wir.
Ihr braucht keine Heime für eure Lungen,
keine Renten und keine Versicherungen,
Ihr solltet euch allesamt was schämen,
von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!
Ihr sollt nicht mehr zusammenstehn
- wollt ihr wohl auseinandergehn!
Keine Kartelle in unserm Revier!
Ihr nicht. Aber wir.
Wir bilden bis in die weiteste Ferne
Trusts, Kartelle, Verbände, Konzerne.
Wir stehen neben den Hochofenflammen
in Interessengemeinschaften fest zusammen.
Wir diktieren die Preise und die Verträge
- kein Schutzgesetz sei uns im Wege.
Gut organisiert sitzen wir hier...
Ihr nicht. Aber wir.
Kurt Tucholsky
Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.
Ihr sollt auf euern Direktor vertrauen.
Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.
Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.
Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein,
wir wollen freie Wirtschaftler sein!
Fort, die Gruppen - sei unser Panier!
Na, ihr nicht. Aber wir.
Ihr braucht keine Heime für eure Lungen,
keine Renten und keine Versicherungen,
Ihr solltet euch allesamt was schämen,
von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!
Ihr sollt nicht mehr zusammenstehn
- wollt ihr wohl auseinandergehn!
Keine Kartelle in unserm Revier!
Ihr nicht. Aber wir.
Wir bilden bis in die weiteste Ferne
Trusts, Kartelle, Verbände, Konzerne.
Wir stehen neben den Hochofenflammen
in Interessengemeinschaften fest zusammen.
Wir diktieren die Preise und die Verträge
- kein Schutzgesetz sei uns im Wege.
Gut organisiert sitzen wir hier...
Ihr nicht. Aber wir.
Kurt Tucholsky
An den König von Preußen
Einst hat ein beßrer Mann gewagt,
Mit seinem Lied vor dich zu treten;
Du kennst ihn, der so unverzagt
Die Tyrannei bei dir verklagt
Und dich um deinen Schutz gebeten;
Um Schutz für jenes arme Land,
Das blutend vor dem Himmel stand
Und keine, keine Hilfe fand,
Als die Verzweiflung der Poeten.
O lebt' er noch, er würde heut
Dich aus dem süßen Schlummer stören,
Ob alle Welt dir Weihrauch streut
Und jeden Siegerkranz dir beut,
Sein stolzes Herz würd' sich empören.
Er spräch' dem falschen Jubel Hohn
Und nahte zornig deinem Thron;
Tot ist der Vater, und der Sohn,
Der Mächtige, er müßt' ihn hören.
Doch Platen schläft am fernen Meer,
Und Polen ist durch uns verloren;
In Ehrfurcht tret' ich zu dir her,
Wirf nach dem Dichter nicht den Speer,
Weil eine Hütte ihn geboren,
Weil er vor dir, dem Fürst, den Mut
Zu flehn hat für dein eigen Gut,
Zu flehen für dein eigen Blut,
Fürs deutsche Volk, dem du geschworen!
Sieh, wie die Jugend sich verzehrt
In Gluten eines Meleager,
Wie sie nach Kampf und Tat begehrt -
O drück' in ihre Hand ein Schwert,
Führ' aus den Städten sie ins Lager!
Und frage nicht, wo Feinde sind;
Die Feinde kommen mit dem Wind:
Behüt' uns vor dem Frankenkind
Und vor dem Zaren, deinem Schwager!
Die Sehnsucht Deutschlands steht nach dir,
Fest, wie nach Norden blickt die Nadel;
O Fürst, entfalte dein Panier;
Noch ist es Zeit, noch folgen wir,
Noch soll verstummen jeder Tadel!
Fürwahr, fürwahr, du tust nicht recht,
Wenn du ein moderndes Geschlecht,
Wenn du zu Würden hebst den Knecht;
Nur wer ein Adler, sei von Adel!
Laß, was den Würmern längst verfiel,
In Frieden bei den Würmern liegen;
Dir ward ein weiter, höher Ziel,
Dir ward ein schöner Ritterspiel,
Als krumme Lanzen grad' zu biegen.
Sei in des Herren Hand ein Blitz,
Schlag in der Feinde schnöden Witz,
Schon tagt ein neues Austerlitz,
Mögst du in seiner Sonne siegen!
Das ratlos auseinander irrt,
Mein Volk soll dir entgegenflammen;
Steh auf und sprich: »Ich bin der Hirt,
Der eine Hirt, der eine Wirt,
Und Herz und Haupt, sie sind beisammen!«
Das West und Ost, das Nord und Süd -
Wir sind der vielen Worte müd;
Du weißt, wonach der Deutsche glüht, -
Wirst du auch lächeln und verdammen ?
Der Fischer Petrus breitet aus
Aufs neue seine falschen Netze;
Wohlan, beginn mit ihm den Strauß,
Damit nicht einst im deutschen Haus
Noch gelten römische Gesetze!
Bei jenem großen Friedrich! nein,
Das soll doch nun und nimmer sein.
Dem Pfaffen bleibe nicht der Stein,
An dem er seine Dolche wetze.
Noch ist es Zeit, noch kannst du stehn
Dem hohen Ahnen an der Seite,
Noch kannst du treue Herzen sehn,
Die gern mit dir zum Tode gehn,
Zum Tod und Sieg im heil'gen Streite.
Du bist der Stern, auf den man schaut,
Der letzte Fürst, auf den man baut;
O eil' dich! eh' der Morgen graut,
Sind schon die Freunde in der Weite.
Nun schweig, du ehernes Gedicht!
Des Fürsten Mund wird bitter schmollen.
Ich weiß, man hört die Sänger nicht,
Man stellt die Freien vor Gericht
Und wirft sie in die Schar der Tollen.
Gleichviel - wie er auch immer schmollt,
Ich hab' getan, was ich gesollt;
Und wer, wie ich, mit Gott gegrollt,
Darf auch mit einem König grollen.
Georg Herwegh, 1841
Einst hat ein beßrer Mann gewagt,
Mit seinem Lied vor dich zu treten;
Du kennst ihn, der so unverzagt
Die Tyrannei bei dir verklagt
Und dich um deinen Schutz gebeten;
Um Schutz für jenes arme Land,
Das blutend vor dem Himmel stand
Und keine, keine Hilfe fand,
Als die Verzweiflung der Poeten.
O lebt' er noch, er würde heut
Dich aus dem süßen Schlummer stören,
Ob alle Welt dir Weihrauch streut
Und jeden Siegerkranz dir beut,
Sein stolzes Herz würd' sich empören.
Er spräch' dem falschen Jubel Hohn
Und nahte zornig deinem Thron;
Tot ist der Vater, und der Sohn,
Der Mächtige, er müßt' ihn hören.
Doch Platen schläft am fernen Meer,
Und Polen ist durch uns verloren;
In Ehrfurcht tret' ich zu dir her,
Wirf nach dem Dichter nicht den Speer,
Weil eine Hütte ihn geboren,
Weil er vor dir, dem Fürst, den Mut
Zu flehn hat für dein eigen Gut,
Zu flehen für dein eigen Blut,
Fürs deutsche Volk, dem du geschworen!
Sieh, wie die Jugend sich verzehrt
In Gluten eines Meleager,
Wie sie nach Kampf und Tat begehrt -
O drück' in ihre Hand ein Schwert,
Führ' aus den Städten sie ins Lager!
Und frage nicht, wo Feinde sind;
Die Feinde kommen mit dem Wind:
Behüt' uns vor dem Frankenkind
Und vor dem Zaren, deinem Schwager!
Die Sehnsucht Deutschlands steht nach dir,
Fest, wie nach Norden blickt die Nadel;
O Fürst, entfalte dein Panier;
Noch ist es Zeit, noch folgen wir,
Noch soll verstummen jeder Tadel!
Fürwahr, fürwahr, du tust nicht recht,
Wenn du ein moderndes Geschlecht,
Wenn du zu Würden hebst den Knecht;
Nur wer ein Adler, sei von Adel!
Laß, was den Würmern längst verfiel,
In Frieden bei den Würmern liegen;
Dir ward ein weiter, höher Ziel,
Dir ward ein schöner Ritterspiel,
Als krumme Lanzen grad' zu biegen.
Sei in des Herren Hand ein Blitz,
Schlag in der Feinde schnöden Witz,
Schon tagt ein neues Austerlitz,
Mögst du in seiner Sonne siegen!
Das ratlos auseinander irrt,
Mein Volk soll dir entgegenflammen;
Steh auf und sprich: »Ich bin der Hirt,
Der eine Hirt, der eine Wirt,
Und Herz und Haupt, sie sind beisammen!«
Das West und Ost, das Nord und Süd -
Wir sind der vielen Worte müd;
Du weißt, wonach der Deutsche glüht, -
Wirst du auch lächeln und verdammen ?
Der Fischer Petrus breitet aus
Aufs neue seine falschen Netze;
Wohlan, beginn mit ihm den Strauß,
Damit nicht einst im deutschen Haus
Noch gelten römische Gesetze!
Bei jenem großen Friedrich! nein,
Das soll doch nun und nimmer sein.
Dem Pfaffen bleibe nicht der Stein,
An dem er seine Dolche wetze.
Noch ist es Zeit, noch kannst du stehn
Dem hohen Ahnen an der Seite,
Noch kannst du treue Herzen sehn,
Die gern mit dir zum Tode gehn,
Zum Tod und Sieg im heil'gen Streite.
Du bist der Stern, auf den man schaut,
Der letzte Fürst, auf den man baut;
O eil' dich! eh' der Morgen graut,
Sind schon die Freunde in der Weite.
Nun schweig, du ehernes Gedicht!
Des Fürsten Mund wird bitter schmollen.
Ich weiß, man hört die Sänger nicht,
Man stellt die Freien vor Gericht
Und wirft sie in die Schar der Tollen.
Gleichviel - wie er auch immer schmollt,
Ich hab' getan, was ich gesollt;
Und wer, wie ich, mit Gott gegrollt,
Darf auch mit einem König grollen.
Georg Herwegh, 1841
Und hier das Gedicht von Heinrich Heine an die “Eiserne Lerche” Georg Herwegh:
"Herwegh, du eiserne Lerche,
Mit klirrendem Jubel steigst du empor
Zum heilgen Sonnenlichte!
Ward wirklich der Winter zu nichte?
Steht wirklich Deutschland im Frühlingsflor?
Herwegh, du eiserne Lerche,
Weil du so himmelhoch dich schwingst,
Hast du die Erde aus dem Gesichte
Verloren - Nur in deinem Gedichte
Lebt jener Lenz den du besingst.
Heinrich Heine"
Das ist natürlich ironisch. Aber Heine gab wohl den damaligen Dichtern, die in Deutschland verbal zur Rebellion und zum Aufstand aufriefen, keine wirkliche Chance, etwas real zu verändern.
Das beinhaltet, so wie ich es verstehe, auch sein Gedicht an Hoffmann von Fallersleben.
Denn auch in diesem Gedicht drückte er aus, dass er den damaligen politischen Dichtern und “Protestlern” keine nachhaltige Wirkung zugestand, sondern sie für viel zu “harmlos” hielt.
"[AN HOFFMANN VON FALLERSLEBEN]
O Hoffmann, deutscher Brutus,
Wie bist du mutig und kühn,
Du setzest Läuse den Fürsten
In den Pelz, in den Hermelin.
Und wen es juckt, der kratzt sich,
Sie kratzen sich endlich tot,
Die sechsunddreißig Tyrannen,
Und es endigt sich unsere Not.
O Hoffmann, deutscher Brutus,
Von Fallersleben genannt,
Mit deinem Ungeziefer
Befreist du uns das Land.
Heinrich Heine"
Auch in seinem Gedicht “An einen politischen Dichter” bemängelte Heine, der selbst absolut gegen Unterdrückung war, also die Ideen der “Vormärz-Dichter” der damaligen Zeit vermutlich teilte, dass diese zwar in den höchsten Tönen von der Befreiung von Unterdrückung redeten, aber nicht fähig waren, das Volk so zu begeistern, dass es sich “erhob” und die Ideen einer neuen Freiheit auch in die Tat umsetzte.
Heute hätte man vielleicht gesagt: “Das Volk “brüllte” nur am Stammtisch?
"[An einen politischen Dichter]
Du singst wie einst Tyrtäus sang,
Von Heldenmut beseelet,
Doch hast du schlecht dein Publikum
Und deine Zeit gewählet.
Beifällig horchen sie dir zwar,
Und loben schier begeistert:
Wie edel dein Gedankenflug,
Wie du die Form bemeistert.
Sie pflegen auch beim Glase Wein
Ein Vivat dir zu bringen,
Und manchen Schlachtgesang von dir
Lautbrüllend nachzusingen.
Der Knecht singt gern ein Freiheitslied
Des Abends in der Schenke:
Das fördert die Verdauungskraft
Und würzet die Getränke.
Heinrich Heine"
Aber schließlich kam es ja dann doch noch zur Revolution.
So verstehe ich diese Gedichte, ob richtig, ist die Frage?
Ich lasse mich gerne von jemandem korrigieren, der/die es besser weiß.
Enigma
"Herwegh, du eiserne Lerche,
Mit klirrendem Jubel steigst du empor
Zum heilgen Sonnenlichte!
Ward wirklich der Winter zu nichte?
Steht wirklich Deutschland im Frühlingsflor?
Herwegh, du eiserne Lerche,
Weil du so himmelhoch dich schwingst,
Hast du die Erde aus dem Gesichte
Verloren - Nur in deinem Gedichte
Lebt jener Lenz den du besingst.
Heinrich Heine"
Das ist natürlich ironisch. Aber Heine gab wohl den damaligen Dichtern, die in Deutschland verbal zur Rebellion und zum Aufstand aufriefen, keine wirkliche Chance, etwas real zu verändern.
Das beinhaltet, so wie ich es verstehe, auch sein Gedicht an Hoffmann von Fallersleben.
Denn auch in diesem Gedicht drückte er aus, dass er den damaligen politischen Dichtern und “Protestlern” keine nachhaltige Wirkung zugestand, sondern sie für viel zu “harmlos” hielt.
"[AN HOFFMANN VON FALLERSLEBEN]
O Hoffmann, deutscher Brutus,
Wie bist du mutig und kühn,
Du setzest Läuse den Fürsten
In den Pelz, in den Hermelin.
Und wen es juckt, der kratzt sich,
Sie kratzen sich endlich tot,
Die sechsunddreißig Tyrannen,
Und es endigt sich unsere Not.
O Hoffmann, deutscher Brutus,
Von Fallersleben genannt,
Mit deinem Ungeziefer
Befreist du uns das Land.
Heinrich Heine"
Auch in seinem Gedicht “An einen politischen Dichter” bemängelte Heine, der selbst absolut gegen Unterdrückung war, also die Ideen der “Vormärz-Dichter” der damaligen Zeit vermutlich teilte, dass diese zwar in den höchsten Tönen von der Befreiung von Unterdrückung redeten, aber nicht fähig waren, das Volk so zu begeistern, dass es sich “erhob” und die Ideen einer neuen Freiheit auch in die Tat umsetzte.
Heute hätte man vielleicht gesagt: “Das Volk “brüllte” nur am Stammtisch?
"[An einen politischen Dichter]
Du singst wie einst Tyrtäus sang,
Von Heldenmut beseelet,
Doch hast du schlecht dein Publikum
Und deine Zeit gewählet.
Beifällig horchen sie dir zwar,
Und loben schier begeistert:
Wie edel dein Gedankenflug,
Wie du die Form bemeistert.
Sie pflegen auch beim Glase Wein
Ein Vivat dir zu bringen,
Und manchen Schlachtgesang von dir
Lautbrüllend nachzusingen.
Der Knecht singt gern ein Freiheitslied
Des Abends in der Schenke:
Das fördert die Verdauungskraft
Und würzet die Getränke.
Heinrich Heine"
Aber schließlich kam es ja dann doch noch zur Revolution.
So verstehe ich diese Gedichte, ob richtig, ist die Frage?
Ich lasse mich gerne von jemandem korrigieren, der/die es besser weiß.
Enigma
Deutsche Gemütlichkeit
Bei einem Atombomben-Angriff
hat jeder eine Chance
sagt unser Lehrer
der nicht den Kopf verliert
passiert einem dies aber
außerhalb des Hauses
sollte man sich flach
auf die erstbeste Straße legen
und die Schul- oder Aktentasche
um Abdecken benutzen
auf keinen Fall sollte man
neugierig ins Helle sehen
weil das den Augen schaden würde
besser wäre es natürlich
das Ende des Atomkriegs
im Keller abzuwarten
den man zu diesem Zweck
ruhig etwas wohnlicher
einrichten sollte
ganz ideal aber wäre doch
die Anschaffung eines Bunkers
in dem man schon frühzeitig alles
unterbringen sollte
was zum Leben dringend notwendig ist
wie zum Beispiel
die Bibel
Schmerz-
Schlaf- und Antibabypillen
Schränke und Särge
mit Tiefkühlfach für
Bier und Leichen
sowie Radio und Fernseher
vor allem jedoch einen Revolver
für den Ernstfall
dass nämlich die Nachbarn
die keinen Bunker haben
in unseren wollen.
Aus dem Band "Friedfertig gemacht" von Eva Vargas
1. Auflage 1982 im Asso-Verlag
Bei einem Atombomben-Angriff
hat jeder eine Chance
sagt unser Lehrer
der nicht den Kopf verliert
passiert einem dies aber
außerhalb des Hauses
sollte man sich flach
auf die erstbeste Straße legen
und die Schul- oder Aktentasche
um Abdecken benutzen
auf keinen Fall sollte man
neugierig ins Helle sehen
weil das den Augen schaden würde
besser wäre es natürlich
das Ende des Atomkriegs
im Keller abzuwarten
den man zu diesem Zweck
ruhig etwas wohnlicher
einrichten sollte
ganz ideal aber wäre doch
die Anschaffung eines Bunkers
in dem man schon frühzeitig alles
unterbringen sollte
was zum Leben dringend notwendig ist
wie zum Beispiel
die Bibel
Schmerz-
Schlaf- und Antibabypillen
Schränke und Särge
mit Tiefkühlfach für
Bier und Leichen
sowie Radio und Fernseher
vor allem jedoch einen Revolver
für den Ernstfall
dass nämlich die Nachbarn
die keinen Bunker haben
in unseren wollen.
Aus dem Band "Friedfertig gemacht" von Eva Vargas
1. Auflage 1982 im Asso-Verlag
Re: zeitkritische texte...gestern & heute
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Die Geschulten
Gemeinsamer Mord
ist nicht nur Mord
sondern Bündnis
weiter zusammenzuhalten
mit Blut und Knochen
und weiter zu morden:
Wer abspringt
wird selbst erschossen
So geht es von der SS
bis zu den Contras
und von Vietnam
bis zu den Todesschwadronen:
Um das Angenehme
mit dem Nützlichen zu verbinden
lernen sie martern und morden
und schänden und schinden
Gemeinsamer Mord wird gelehrt
in besonderen Schulen
und auch Foltern
und nicht für die Schule
sondern fürs Leben
Erich Fried
Gemeinsamer Mord
ist nicht nur Mord
sondern Bündnis
weiter zusammenzuhalten
mit Blut und Knochen
und weiter zu morden:
Wer abspringt
wird selbst erschossen
So geht es von der SS
bis zu den Contras
und von Vietnam
bis zu den Todesschwadronen:
Um das Angenehme
mit dem Nützlichen zu verbinden
lernen sie martern und morden
und schänden und schinden
Gemeinsamer Mord wird gelehrt
in besonderen Schulen
und auch Foltern
und nicht für die Schule
sondern fürs Leben
Erich Fried
Hanns Dieter Hüsch gehört ja so zu sagen in die Burg-Waldeck - Familie, ich meine das berühmte in den 60ern alljährlich stattfindende Liedermacher-Festival im Hunsrück. Es fand dann leider mit der 68er Bewegung ein Ende, weil die es total in ihrem Sinn politisieren wollte. Ich besitze noch die Tonbänder von den Aufnahmen, die ich als junges Ding damals vom Radio gemacht habe. Für Interessierte: Beim taz Verlag bekommt man alle Waldeck Festivals auf CD.
Dies ist immer noch eines meiner Lieblingslieder auch eines Waldeckers, Franz Josef Degenhardt mit seinen "Schmuddelkindern":
Degenhardt, Schmuddelkinder
Der Text ist hier nach zu lesen:
Text zu "Schmuddelkinder"
Clara
Dies ist immer noch eines meiner Lieblingslieder auch eines Waldeckers, Franz Josef Degenhardt mit seinen "Schmuddelkindern":
Degenhardt, Schmuddelkinder
Der Text ist hier nach zu lesen:
Text zu "Schmuddelkinder"
Clara
Einstiges aus meiner Stadt
1.
Da, wo die Friedrichstraße sacht
den Schritt über das Wasser macht
da hängt über der Spree
die Weidendammerbrücke schön
kannst du da Preußens Adler sehn
wenn ich am Geländer steh
dann steht da der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguss
dem tun seine Arme so weh
er fliegt nicht weg - er stürzt nicht ab
macht keinen Wind - und macht nicht schlapp
am Geländer über der Spree
2.
Der Stacheldraht wächst langsam ein
tief in die Haut, in Brust und Bein
ins Hirn, in graue Zelln
umgurtet mit dem Drahtverband
ist unser Land ein Inselland
umbrandet von bleiernden Welln
da steht der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguss
dem tun seine Arme so weh
er fliegt nicht hoch - und er stürzt nicht ab
macht keinen Wind - und macht nicht schlapp
am Geländer über der Spree
3.
Und wenn du weg willst, musst du gehen
Ich hab schon viele abhaun sehn
aus unserm halben Land
Ich halt mich fest hier; bis mich kalt
dieser verhasste Vogel krallt
und zerrt mich übern Rand
dann bin ich der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguss
dann tun mir die Arme so weh
dann flieg ich hoch - dann stürz ich ab
mach bisschen Wind - dann mach ich schlapp
am Geländer über der Spree
Wolf Biermann - Ballade vom preußischen Ikarus
loretta
1.
Da, wo die Friedrichstraße sacht
den Schritt über das Wasser macht
da hängt über der Spree
die Weidendammerbrücke schön
kannst du da Preußens Adler sehn
wenn ich am Geländer steh
dann steht da der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguss
dem tun seine Arme so weh
er fliegt nicht weg - er stürzt nicht ab
macht keinen Wind - und macht nicht schlapp
am Geländer über der Spree
2.
Der Stacheldraht wächst langsam ein
tief in die Haut, in Brust und Bein
ins Hirn, in graue Zelln
umgurtet mit dem Drahtverband
ist unser Land ein Inselland
umbrandet von bleiernden Welln
da steht der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguss
dem tun seine Arme so weh
er fliegt nicht hoch - und er stürzt nicht ab
macht keinen Wind - und macht nicht schlapp
am Geländer über der Spree
3.
Und wenn du weg willst, musst du gehen
Ich hab schon viele abhaun sehn
aus unserm halben Land
Ich halt mich fest hier; bis mich kalt
dieser verhasste Vogel krallt
und zerrt mich übern Rand
dann bin ich der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguss
dann tun mir die Arme so weh
dann flieg ich hoch - dann stürz ich ab
mach bisschen Wind - dann mach ich schlapp
am Geländer über der Spree
Wolf Biermann - Ballade vom preußischen Ikarus
loretta
Re: zeitkritische texte...gestern & heute
so sehe ich das auch, enigma
und hatte gestern ohne deinen text zu Heine gelesen zu haben, die worte von Hoffmann von Fallersleben zum thema nennen wollen, die vergangenheit in dieses thema mit einzubeziehen:
--
pilli
und hatte gestern ohne deinen text zu Heine gelesen zu haben, die worte von Hoffmann von Fallersleben zum thema nennen wollen, die vergangenheit in dieses thema mit einzubeziehen:
Das Lied vom deutschen Ausländer
Ein Knabe lernte ein Gebet,
das sprach er täglich, früh und spät,
Er sprach es wo er ging und stand,
zu Gott empor für´s Vaterland:
Kein Österreich, kein Preußen mehr!
Ein einig Deutschland, groß und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher !
Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.
Und als der Knabe ward ein Mann,
Da tät man ihn sofort in Bann,
Man schickt ihn flugs aus Preußen fort,
weil er laut sprach einst das Wort:
Kein Österreich, kein Preußen mehr!
Ein einig Deutschland, groß und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher!
Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.
Wie er aus Preußen war verbannt,
da nahm ihn auf kein Deutsches Land;
Er durfte nicht einmal hinein in Reuß,
Greiz-Schleiz und Lobenstein.
Kein Österreich, kein Preußen mehr!
Ein einig Deutschland, groß und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher!
Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.
Leb wohl, rief er der Heimat zu,
wo man mir gönnt nicht Rast noch Ruh,
wo ich zuletzt kein Fleckchen fand,
zu beten für mein Vaterland:
Kein Österreich, kein Preußen mehr!
Ein einig Deutschland, groß und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher!
Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.
Und als er auf dem Rigi stand,
jetzt neununddreißig Mal verbannt,
Sang er in Lieb´ und Zorn entbrannt:
Was ist des Deutschen Vaterland ?
Ein Österreich, ein Preußen nur!
Von d e u t s c h e r Freiheit keine Spur!
Und reget sich ein Mäuslein nur,
gleich packt´s die Polizei und die Zensur.
(Aus der Sammlung
Deutsche Gassenlieder
Ein Knabe lernte ein Gebet,
das sprach er täglich, früh und spät,
Er sprach es wo er ging und stand,
zu Gott empor für´s Vaterland:
Kein Österreich, kein Preußen mehr!
Ein einig Deutschland, groß und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher !
Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.
Und als der Knabe ward ein Mann,
Da tät man ihn sofort in Bann,
Man schickt ihn flugs aus Preußen fort,
weil er laut sprach einst das Wort:
Kein Österreich, kein Preußen mehr!
Ein einig Deutschland, groß und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher!
Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.
Wie er aus Preußen war verbannt,
da nahm ihn auf kein Deutsches Land;
Er durfte nicht einmal hinein in Reuß,
Greiz-Schleiz und Lobenstein.
Kein Österreich, kein Preußen mehr!
Ein einig Deutschland, groß und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher!
Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.
Leb wohl, rief er der Heimat zu,
wo man mir gönnt nicht Rast noch Ruh,
wo ich zuletzt kein Fleckchen fand,
zu beten für mein Vaterland:
Kein Österreich, kein Preußen mehr!
Ein einig Deutschland, groß und hehr,
Ein freies Deutschland Gott bescher!
Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.
Und als er auf dem Rigi stand,
jetzt neununddreißig Mal verbannt,
Sang er in Lieb´ und Zorn entbrannt:
Was ist des Deutschen Vaterland ?
Ein Österreich, ein Preußen nur!
Von d e u t s c h e r Freiheit keine Spur!
Und reget sich ein Mäuslein nur,
gleich packt´s die Polizei und die Zensur.
(Aus der Sammlung
Deutsche Gassenlieder
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pilli