Literatur Zeit, Erinnerung, Gedächtnis, Vergessen, Hoffnung....
Könnten wir zu diesem Thema etwas zusammentragen, egal ob Lyrik oder Prosa oder sogar (oft am schönsten) Selbsterlebtes?
Ich bin auf dieses Thema durch ein Gedicht von Karl Krolow gekommen und stelle dieses hier nachfolgend ein:
Was bleibt
Von allem nichts mehr, denn ich habe
genug und ich hatte zuviel.
Ich hatte Gedächtnis. Ich grabe
darin wie halb im Spiel
noch einmal vergeblich, vergesse,
wie alles eigentlich war
und ein bloßer Schein nur: ich messe
die Zeit nicht mehr, Jahr um Jahr.
Ich lasse mir Zeit jetzt und lasse
den Tag mit dem Tage vergehen.
Von allem bleibt nichts. Und ich fasse
in Luft nur und nenn' es Geschehen.
Karl Krolow
"Als ginge es um eine Wette, / wie lange man noch vorhanden" - mit diesen Worten beschrieb Karl Krolow, was ihm gegen Ende seines Lebens geschah: Bis kurz vor seinem Tod am 21. Juni 1999 schrieb er oft mehrere Gedichte an einem Tag, über 700 in drei Jahren, 150 Gedichte allein in den letzten zwei Lebensmonaten. Die "tägliche Buchung", wie er dieses Schreiben nannte, war ihm lebensnotwendig in einem ganz elementaren Sinn: es galt, sich der eigenen Existenz zu vergewissern und dem Tod - von Wort zu Wort und von Zeile zu Zeile - zu widerstehen. Es sind die Freuden des Lebens, die er, Abschied nehmend, noch einmal aufrief.“
(Text entnommen einer Seite bei "Onlinekunst" - she. Link!
Also: Wer macht mit?
--
enigma
Ich bin auf dieses Thema durch ein Gedicht von Karl Krolow gekommen und stelle dieses hier nachfolgend ein:
Was bleibt
Von allem nichts mehr, denn ich habe
genug und ich hatte zuviel.
Ich hatte Gedächtnis. Ich grabe
darin wie halb im Spiel
noch einmal vergeblich, vergesse,
wie alles eigentlich war
und ein bloßer Schein nur: ich messe
die Zeit nicht mehr, Jahr um Jahr.
Ich lasse mir Zeit jetzt und lasse
den Tag mit dem Tage vergehen.
Von allem bleibt nichts. Und ich fasse
in Luft nur und nenn' es Geschehen.
Karl Krolow
"Als ginge es um eine Wette, / wie lange man noch vorhanden" - mit diesen Worten beschrieb Karl Krolow, was ihm gegen Ende seines Lebens geschah: Bis kurz vor seinem Tod am 21. Juni 1999 schrieb er oft mehrere Gedichte an einem Tag, über 700 in drei Jahren, 150 Gedichte allein in den letzten zwei Lebensmonaten. Die "tägliche Buchung", wie er dieses Schreiben nannte, war ihm lebensnotwendig in einem ganz elementaren Sinn: es galt, sich der eigenen Existenz zu vergewissern und dem Tod - von Wort zu Wort und von Zeile zu Zeile - zu widerstehen. Es sind die Freuden des Lebens, die er, Abschied nehmend, noch einmal aufrief.“
(Text entnommen einer Seite bei "Onlinekunst" - she. Link!
Also: Wer macht mit?
--
enigma
Noch eines:
Erinnerung
Und du wartest, erwartest das Eine,
das dein Leben unendlich vermehrt;
das Mächtige, Ungemeine,
das Erwachen der Steine,
Tiefen, dir zugekehrt.
Es dämmern im Bücherständer
die Bände in Gold und Braun;
und du denkst an durchfahrene Länder,
an Bilder, an die Gewänder
wiederverlorener Fraun.
Und da weißt du auf einmal: das war es.
Du erhebst dich, und vor dir steht
eines vergangenen Jahres
Angst und Gestalt und Gebet.
Rainer Maria Rilke
--
enigma
Erinnerung
Und du wartest, erwartest das Eine,
das dein Leben unendlich vermehrt;
das Mächtige, Ungemeine,
das Erwachen der Steine,
Tiefen, dir zugekehrt.
Es dämmern im Bücherständer
die Bände in Gold und Braun;
und du denkst an durchfahrene Länder,
an Bilder, an die Gewänder
wiederverlorener Fraun.
Und da weißt du auf einmal: das war es.
Du erhebst dich, und vor dir steht
eines vergangenen Jahres
Angst und Gestalt und Gebet.
Rainer Maria Rilke
--
enigma
Re: Zeit, Erinnerung, Gedächtnis, Vergessen, Hoffnung....
Eine Erinnung
- Gabriele D'Annunzio -
Zu der Erde wandte sie die Blicke -
unerklärlich Schweigen. Die Minuten
schienen Klüfte maßlos zu eröffnen.
Oh daß wir doch unter unversehenem
Schlag auf ewig stumm geblieben wären!
Langsam hob sie auf mich jene Augen.
Ihre Lippen leer von Blut und zuckend
seh ich noch und ihre ersten Worte
fallen wie die ersten Tropfen Blutes,
einer Wunde, die zu bluten anfängt.
Medea.
- Gabriele D'Annunzio -
Zu der Erde wandte sie die Blicke -
unerklärlich Schweigen. Die Minuten
schienen Klüfte maßlos zu eröffnen.
Oh daß wir doch unter unversehenem
Schlag auf ewig stumm geblieben wären!
Langsam hob sie auf mich jene Augen.
Ihre Lippen leer von Blut und zuckend
seh ich noch und ihre ersten Worte
fallen wie die ersten Tropfen Blutes,
einer Wunde, die zu bluten anfängt.
Medea.
Re: Zeit, Erinnerung, Gedächtnis, Vergessen, Hoffnung....
An die Zeit (Schopenhauer)
Flieh neidsche Zeit, bis du dein Ziel erreichet,
beschleunige der Stunden schweren Gang,
des Eile nur dem Schritt des Senkbleis gleichet,
es sättige dich was dein Rachen schlang,
das Eitle, Falsche, denn nur das wird dein.
Nur Erdentand und Staub;
so wenig ist dein Raub,
und der Verlust so klein.
Wirst endlich alles Böse du begraben,
zuletzt die eigne Gier verzehret haben,
dann nahet Ewigkeit mit hohem Gruß
und bringt den unteilbaren Kuß;
und einer Flut gleich wird die Freude steigen,
wenn jedes wahrhaft Gute sich wird zeigen,
das Göttliche hell scheinen
und Wahrheit, Friede, Liebe sich vereinen,
um dessen Thron zu schweben,
zu dem wir uns im Himmelsflug erheben,
ihn anzuschaun durch alle Ewigkeit,
tief unter uns die dunkle Erdenbahn,
Ruhn ewig wir, in Sternen angetan,
Erhaben über Zufall, Tod und dich, oh Zeit.
Medea.
--
medea.
Flieh neidsche Zeit, bis du dein Ziel erreichet,
beschleunige der Stunden schweren Gang,
des Eile nur dem Schritt des Senkbleis gleichet,
es sättige dich was dein Rachen schlang,
das Eitle, Falsche, denn nur das wird dein.
Nur Erdentand und Staub;
so wenig ist dein Raub,
und der Verlust so klein.
Wirst endlich alles Böse du begraben,
zuletzt die eigne Gier verzehret haben,
dann nahet Ewigkeit mit hohem Gruß
und bringt den unteilbaren Kuß;
und einer Flut gleich wird die Freude steigen,
wenn jedes wahrhaft Gute sich wird zeigen,
das Göttliche hell scheinen
und Wahrheit, Friede, Liebe sich vereinen,
um dessen Thron zu schweben,
zu dem wir uns im Himmelsflug erheben,
ihn anzuschaun durch alle Ewigkeit,
tief unter uns die dunkle Erdenbahn,
Ruhn ewig wir, in Sternen angetan,
Erhaben über Zufall, Tod und dich, oh Zeit.
Medea.
--
medea.
Dem Auge fern, dem Herzen nah!
Als ich die alte Grabschrift sah
Im eingesunknen Marmorstein,
Da fiel mein totes Lieb mir ein.
O Gott, ich schrieb schon tausendmal
Das gleiche Lied aus gleicher Qual,
Und war doch keins wie dieses da:
Dem Auge fern, dem Herzen nah!
Ludwig Jacobowski, 1868-1900
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angelottchen
Re: Zeit, Erinnerung, Gedächtnis, Vergessen, Hoffnung....
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung.
Talmudische Weisheit
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marina
Talmudische Weisheit
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marina
Ich danke Euch.
Zur "Zeit" nachfolgend Ernst Jandls Wortspiel:
woher nimmst du die zeit?
nun, ich schaue auf die uhr
und schaue wieder auf die uhr
und wieder auf die uhr
daher nehme ich die zeit.
beziehungsweise, ich entferne
das oberste blatt des kalenders
und entferne wieder das oberste blatt des kalenders
und wieder, daher nehme ich die zeit.
oder ich öffne den taschenkalender
und habe eine woche vor mir
dann wieder eine woche
und dann wieder, usw.
daher nehme ich die zeit.
oder ein blick auf die zeitung
des heutigen tags
Ernst Jandl
--
enigma
Zur "Zeit" nachfolgend Ernst Jandls Wortspiel:
woher nimmst du die zeit?
nun, ich schaue auf die uhr
und schaue wieder auf die uhr
und wieder auf die uhr
daher nehme ich die zeit.
beziehungsweise, ich entferne
das oberste blatt des kalenders
und entferne wieder das oberste blatt des kalenders
und wieder, daher nehme ich die zeit.
oder ich öffne den taschenkalender
und habe eine woche vor mir
dann wieder eine woche
und dann wieder, usw.
daher nehme ich die zeit.
oder ein blick auf die zeitung
des heutigen tags
Ernst Jandl
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enigma
Eines Tages wird alles gut sein, das ist unsere Hoffnung. Heute ist alles in Ordnung, das ist unsere Illusion.
Voltaire
--
eleonore
Voltaire
--
eleonore
Die gestundete Zeit
Es kommen härtere Tage.
Die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Bald mußt du den Schuh schnüren
und die Hunde zurückjagen in die Marschhöfe.
Denn die Eingeweide der Fische
sind kalt geworden im Wind.
Ärmlich brennt das Licht der Lupinen.
Dein Blick spurt im Nebel:
die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Drüben versinkt dir die Geliebte im Sand,
er steigt um ihr wehendes Haar,
er fällt ihr ins Wort,
er befiehlt ihr zu schweigen,
er findet sie sterblich
und willig dem Abschied
nach jeder Umarmung.
Sieh dich nicht um.
Schnür deinen Schuh.
Jag die Hunde zurück.
Wirf die Fische ins Meer.
Lösch die Lupinen!
Es kommen härtere Tage.
Ingeborg Bachmann
--
enigma
Es kommen härtere Tage.
Die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Bald mußt du den Schuh schnüren
und die Hunde zurückjagen in die Marschhöfe.
Denn die Eingeweide der Fische
sind kalt geworden im Wind.
Ärmlich brennt das Licht der Lupinen.
Dein Blick spurt im Nebel:
die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Drüben versinkt dir die Geliebte im Sand,
er steigt um ihr wehendes Haar,
er fällt ihr ins Wort,
er befiehlt ihr zu schweigen,
er findet sie sterblich
und willig dem Abschied
nach jeder Umarmung.
Sieh dich nicht um.
Schnür deinen Schuh.
Jag die Hunde zurück.
Wirf die Fische ins Meer.
Lösch die Lupinen!
Es kommen härtere Tage.
Ingeborg Bachmann
--
enigma
etwas relativ Populäres von Barry Ryan... für einen Schlager aus den 70ern war der Text schon recht ungewöhnlich ...
Die Zeit
Die trennt nicht nur für immer Tanz und TÃnzer
Die Zeit
Die trennt auch jeden Sänger und sein Lied
Denn die Zeit ist das was bald geschieht
Die Zeit
Die trennt nicht nur für immer Traum und Träumer
Die Zeit
Die trennt auch jeden Dichter und sein Wort
Denn die Zeit läuft vor sich selber fort
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Denn er wird niemals alt
Die Hölle wird nicht kalt
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Heute ist schon beinah' morgen
Die Zeit
Die trennt nicht nur für immer Sohn und Vater
Die Zeit
Die trennt auch eines Tages dich und mich
Denn die Zeit, die zieht den längsten Strich
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Denn er wird niemals alt
Die Hölle wird nicht kalt
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Heute ist schon beinah' morgen
Die Zeit - alle Zeit - Ewigkeit
Zeit macht nur vor dem Teufel halt ....
--
angelottchen
Die Zeit
Die trennt nicht nur für immer Tanz und TÃnzer
Die Zeit
Die trennt auch jeden Sänger und sein Lied
Denn die Zeit ist das was bald geschieht
Die Zeit
Die trennt nicht nur für immer Traum und Träumer
Die Zeit
Die trennt auch jeden Dichter und sein Wort
Denn die Zeit läuft vor sich selber fort
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Denn er wird niemals alt
Die Hölle wird nicht kalt
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Heute ist schon beinah' morgen
Die Zeit
Die trennt nicht nur für immer Sohn und Vater
Die Zeit
Die trennt auch eines Tages dich und mich
Denn die Zeit, die zieht den längsten Strich
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Denn er wird niemals alt
Die Hölle wird nicht kalt
Zeit macht nur vor dem Teufel halt
Heute ist schon beinah' morgen
Die Zeit - alle Zeit - Ewigkeit
Zeit macht nur vor dem Teufel halt ....
--
angelottchen