Forum Kunst und Literatur Literatur Wieder einmal angezeigt: ein literarisches Rätsel

Literatur Wieder einmal angezeigt: ein literarisches Rätsel

enigma
enigma
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von enigma
als Antwort auf clara vom 26.01.2011, 22:11:59
Hallo Clara und Longtime,

die Hauptsachen hast Du, Clara, ja schon herausbekommen.

Wie ich noch zusätzlich herausfinden konnte, handelt es sich bei Hedwig Dohm um die Mutter von Hedwig Pringsheim, geborene Dohm, die wiederum die Mutter von Katia Pringsheim, der späteren Frau Katia Mann und Ehefrau von Thomas Mann war.

In der literarischen Figur Sibilla Dalmar meinte man Hedwig Pringsheim, geborene Dohm, zu erkennen, die Tochter der Schriftstellerin Hedwig Dohm. Mehr darüber nachzulesen ist hier:

Longtime, Dein eingestellter Text klingt ja so, als ob Katia Mann ihn geschrieben haben könnte, weil da von der Mutter und Großmutter die Rede ist?
Aber ich weiß wirklich nicht, ob das auch stimmen kann.

Die Ungenauigkeit bei den Gründern von “Kladderadatsch” ist wahrscheinlich die, dass der Gründer David Kalisch (gemeinsam mit dem Verleger Heinrich Albert Hofmann) war. Ernst Dohm war, wie Clara schon geschrieben hat, ein Mitarbeiter und späterer Chefradakteur.

Oje, oje, jetzt hoffe ich aber, dass das auch alles stimmt.
Wenn nicht, kann ich nur aus meinen Fehlern lernen.

Beste Grüße von Enigma

PS
Übrigens ist, wie ich auch erst jetzt gelesen habe, 2011 das Hedwig-Dohm-Jahr, was hier nachzulesen ist:
Vielleicht hast Du ja darum dieses Rätsel eingestellt?
enigma
enigma
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von enigma
als Antwort auf enigma vom 27.01.2011, 10:03:41
Hallo Longtime,

da haben sich ja unsere Beiträge jetzt fast überschnitten.
Da bin ich ja gespannt.

Liebe Grüße von Enigma

PS
Die erste Abkürzung?
"Der Frauen Natur und Recht"?
longtime
longtime
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 27.01.2011, 10:14:55
Ja, liebe Clara und Enigma – das war alles richtig:
Auch danke für die Links; prima so!

Ja, sie ist es, die fast vergessene Hedwig Dohm.

„Mehr Stolz, ihr Frauen!
Der Stolze mag missfallen,
aber man verachtet ihn nicht.
Nur auf den Nacken der sich beugt,
tritt der Fuß des vermeintlichen Herrn.“
Hedwig Dohm (1902)


Der Text geht genau so, obwohl der erste Satz („… der erste Schriftsteller“) komisch klingt, weil sie ja eine Autorin meint; von Katia Mann so formuliert:


„Der erste Schriftsteller, den ich gekannt habe, war meine Großmutter Hedwig Dohm, die Frau von Ernst Dohm, der den ‚Kladderadatsch‘ gegründet hat. Sie schrieb Romane, die heute wahrscheinlich nicht sehr aktuell wären. Wie früh ich etwas von ihr las, könnte ich überhaupt nicht sagen. Ein Buch von ihr hieß ’Der Frauen Natur und Recht‘. Sie war eine leidenschaftliche Vorkämpferin für Frauen, die damals wirklich noch nicht sehr viele Rechte hatten.(Wie gesagt, es gab nicht einmal Gymnasien für Mädchen.) Unter ihren vielen Roman hat sie ein buch geschrieben, das einen großen Skandal in München erregte. Es hieß ‘Sibilla Dalmar‘ Meine Großmutter liebte ihre älteste und begabteste und schönste Tochter, meine Mutter, heiß und sie korrespondierten miteinander, ich glaube, mindestens zwei- bis dreimal die Woche. Meine Mutter schrieb ihr lange Berichte aus München nach Berlin, und meine Großmutter bewahrte sie alle auf. In den Roman ‚Sibilla Dalmar‘ hat sie dann alles, was in den Briefen über die Münchner Gesellschaft stand, übernommen, und das hat in dieser Gesellschaft ein furchtbares Ärgernis gegeben, wirklich, einen richtigen Skandal. Um so mehr, als die Figur, die meiner Mutter entsprach, ein Verhältnis mit einem baltischen Adeligen hatte, das es in Wirklichkeit nicht gegen hatte. Das war für meinen Vater besonders ärgerlich. Meine Großmutter war eine sehr naive, dabei begabte Frau. Sie hatte sich gar nichts dabei gedacht.
Sie war später eigentlich eine richtige Märchenfigur. Sie war sehr klein und wurde immer kleiner. Lenbach hat ein sehr schönes Porträt von ihr gemacht, das wir besitzen.

(Aus: Katia Mann: Meine ungeschriebenen Memoiren. Hrsg. v. Elisabeth Plessen und Michael Mann. Frankfurt/M. 1981: FT 1750. S. 13f.)

*

Zu ihrer Biografie:
Zu: Katia Mann:

Aus einer Rezension der Neuauflage zu dem Skandalroman, den ich noch nicht gelesen habe:

Als der Roman "Sibilla Dalmar" 1896 erscheint, löst er in der großbürgerlichen Gesellschaft Münchens einen Skandal aus. "Ganz München erkannte sich wieder", schreibt der Thomas Mann-Biograf Peter de Mendelssohn, "es gab einen rechten Skandal, der dem Lübecker Buddenbrooks-Ärgernis nicht viel nachgab."
So galt der Roman lange Zeit als Schlüsselroman und die verwandtschaftlichen Bande zur Familie Mann puschten diese voyeuristische Lesart noch zusätzlich. Doch die Identifizierung der Protagonistin Sibilla mit Hedwig Dohms ältester Tochter Hedwig Pringsheim-Dohm, der Mutter von Katia Mann, greift allerdings zu kurz und steht einer Rezeption, die die künstlerische Qualität in den Mittelpunkt rückt, im Wege, dies machen die beiden Herausgeberinnen in ihrer klugen Einleitung deutlich.
Hochintelligent, geprägt von den Ideen revolutionärer Vor-Denker, sind Sibilla Dalmar dennoch - oder eben deshalb - alle Türen zu sinnvoller Betätigung verschlossen. Nicht bereit, "Märtyrerin für eine Gesellschaft der Zukunft" zu sein, wird sie mehr und mehr zur Misanthropin und scheitert schließlich an ihrem letzten Versuch, aus dem Salonleben in eine neue Existenz auszubrechen.
*
"Sibilla Dalmar" ist der erste Band der EDITION HEDWIG DOHM, der kommentierten Gesamtausgabe der Werke der Schriftstellerin und Publizistin, Theoretikerin, Essayistin und Radikalen der ersten Frauenbewegungen in Deutschland, Hedwig Dohm (1831-1919).

*

Wichtig für Dohms Schreiben:

Hedwig Dohms Schreiben

*

Thomas Mann hat einen schönen Beitrag zu Ehren seiner Schwieger-Großmutter geschrieben, der ganz privat klingt und nur an einer Stelle von der Autorin Hedwig Dohm spricht, ohne ihre Themen und ihr Engagement zu erwähnen. Da will er sich also eines Urteils enthalten und drückt indirekt aus, für wie nichtig er ihr feministisches Anliegen betrachtete.

Aber wer den Text findet - er heißt: TM: Little Grandma (1942).
Z.B gedruckt in: TM: Autobiographisches. Fischer-Bücherei MK 119. 1968. S. 319ff.

Anzeige

enigma
enigma
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 27.01.2011, 10:42:02
Danke, lieber Longtime,

das war ein sehr interessantes Rätsel, das uns wieder mal lehrt, in Zusammenhängen zu denken.

Aber leider klappt der Link zu "Hedwig Dohms Schreiben" nicht. Könntest Du das noch korrigieren?

Liebe Grüße
Enigma
longtime
longtime
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 27.01.2011, 10:48:06
Du hast Recht, liebe Enigma.

Der Link ist neuerdings schwer zu finden:

Beim Trafo-Verlag nach der Autorin Gundula Thors(dabei den Wissenschaftsverlag anclicken) und nach dem Titel "Literarische Strategien Hedwig Dohms" suchen:
enigma
enigma
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 27.01.2011, 11:14:00
Danke noch einmal für den Link, Longtime.

Noch eine kleine Geschichte zum Abend für die Rätselfreunde.

Von welchem Schriftsteller und aus welchem seiner Bücher könnte der nachfolgende Textauszug stammen:


...“Meine späteren Beziehungen habe ich besser an- und einzugehen versucht. Ich habe mir eingestanden, dass eine Frau sich ein bisschen wie Hanna anfassen und anfühlen, ein bisschen wie sie riechen und schmecken muss, damit unser Zusammensein stimmt. Und ich habe von Hanna erzählt. Ich habe den anderen Frauen auch mehr von mir erzählt, als ich G. erzählt hatte; sie sollten sich ihren Reim auf das machen können, was ihnen an meinem Verhalten und meinen Stimmungen befremdlich erscheinen mochte. Aber viel wollten die Frauen nicht hören. Ich erinnere mich an H., eine amerikanische Literaturwissenschaftlerin, die mir wortlos begütigend über den Rücken strich, als ich erzählte, und ebenso wortlos begütigend weiterstrich, als ich zu erzählen aufhörte.
G., eine Psychoanalytikerin, meinte, ich müsse mein Verhältnis zu meiner Mutter aufarbeiten. Falle mir nicht auf, dass meine Mutter in meiner Geschichte kaum vorkomme?
H., eine Zahnärztin, fragte immer wieder nach der Zeit, bevor wir zusammengekommen waren, aber vergaß alsbald, was ich ihr erzählte. So gab ich das Erzählen wieder auf. Weil die Wahrheit dessen, was man redet, das ist, was man tut, kann man das Reden auch lassen.“...

Ich habe absichtlich den Vornamen der Frau ausgeschrieben, die sich als so prägend für das Leben dieses Mannes erwiesen hatte. Es ist übrigens eine beklemmende Geschichte, die sich da abgespielt hat, eine Geschichte, von der man sich gut vorstellen kann, dass sie jemanden, der sie erlebt hat, ein Leben lang nicht mehr loslässt.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir vor einiger Zeit schon einmal über das Buch im ST gesprochen haben .
Es wurde auch erfolgreich verfilmt.

Übrigens: Von dem deutschen zeitgenössischen Schriftsteller, der das Buch geschrieben hat, ist erst 2010 ein neuer Erzählband erschienen.

Noch ein kleiner Hinweis: Dieser Schriftsteller hat noch einen zweiten und sogar, genau betrachtet, einen dritten akademischen Beruf.

Ich glaube, dass das jetzt für die Rate-Experten keine schwere Aufgabe ist.

Viele Grüße und einen schönen Abend noch

wünscht Enigma


Anzeige

cecile
cecile
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von cecile
als Antwort auf enigma vom 27.01.2011, 19:41:02

Guten Abend, Enigma,


Schön, dass die literarischen Rätsel wieder auferstanden sind ... ich wünsche dem Thread ein langes Leben


Zu deinen Fragen:

Kann es sein, dass es sich um einen Auszug aus "Der Vorleser" von Bernhard Schlink handelt?

Hoffnung erweckt bei mir der Umstand, dass Schlink 2010 einen Band mit sieben Kurzgeschichten, "Sommerlügen" herausgegeben hat (die ich allerdings noch nicht gelesen habe).



Na ja, wir werden sehen ....


Gruß

Cécile
marianne
marianne
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von marianne
als Antwort auf enigma vom 27.01.2011, 19:41:02
Heute bin ich sicher, dass es sich um Bernhard Schlinks "Der Vorleser" handelt.

Ich mag Bernhard Schlinks Bücher nicht.
Aber vielleicht begreife ich sie eben nicht.

Danke an Enigma, danke allen! M
enigma
enigma
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von enigma
als Antwort auf marianne vom 28.01.2011, 04:14:34
Hallo Cécile und Marianne,

ja, der Text ist aus “Der Vorleser” von Bernhard Schlink.

Ich stelle mal eine Inhaltsangabe ein, die einen Überblick über die ganze Geschichte gibt: Der Vorleser

Interessant fand ich auch das Projekt einer Schulklasse zu dem Buch.
Schülerprojekt zum Buch "Der Vorleser"

Ich habe das Buch gerne gelesen, aber ob jemand die Bücher eines Schriftstellers mag oder nicht, ist doch wirklich eine rein persönliche Entscheidung.

Den Erzählband von Schlink habe ich auch bisher nicht gelesen.

Vielen Dank für Euer Mitmachen.

Liebe Grüße von Enigma
clara
clara
Mitglied

Re: Ein literarisches Rätsel
geschrieben von clara
als Antwort auf enigma vom 28.01.2011, 08:16:52
Enigma, gestern beim Googeln bin ich auch auf ein (ähnliches) Schülerprojekt über dieses Buch gestoßen. Ich glaube, der Roman eignet sich gut als Schullektüre für die Altersstufe der 15/16 - Jährigen, weil sich die Jugendlichen mit der männlichen Hauptperson, bes. im ersten Teil identifizieren können.

Erstaunlich, was die Schüler alles über den Roman geschrieben und heraus gefunden haben, nicht zuletzt über geschichtliche Ereignisse recherchierten. Ich habe das Buch nicht gelesen, kann mir aber aufgrund dieser Schülerarbeiten ein gutes Bild von den beiden Hauptpersonen und ihren Problemen machen.
Danke für dieses Rätsel!

Clara

Anzeige