Literatur Wieder einmal angezeigt: ein literarisches Rätsel
Dann also ein Rätseltext - noch nicht ganz passend zur Jahreszeit! - Aber wir werden es erleben....!
Frühlingssturm!
Es war mittags. Nach der Schule. Zwischen ein und zwei Uhr. Ich hatte noch keine Lust, nach Hause zu gehen und bummelte, meinen Cäsar unterm Arm und eine Bostanjoglo zwischen den Lippen, durch die Straßen und vors Tor hinaus.
Vor welches? – Das ist erstens ganz egal, und zweitens weiß ich es selbst ich, den ich gab nicht im mindesten acht darauf, wohin ich ging. Ich schlenderte völlig gedankenlos – wenn man aus der Schule kommt, ist man das immer – ins Ungewisse hinein, und ich weiß nur, dass ich mich nach geraumer Zeit auf einer Bank befand, vor der sich umfangreiche Grasfläche ausbreitete.
Es war ein merkwürdig warmer Frühlingstag. So war, dass alles Knospen und Blühen um mich her ersichtlich darunter litt. Alles sah durstig und müde aus. Regungslos ragte eine Gruppe Kastanienbäume neben mir in die Höhe. Über der begrasten Höhe lag zolldick Staub.
Und kein Luftzug. Nicht das allgeringste merkbare Leben in all dieser schlaffen Trockenheit.
Unser würdiges L. ist eine gute Stadt. Oh, eine ganz vorzügliche Stadt! Doch will es mich oftmals bedünken, als gliche sie jenem Grasplatz, bedeckt mit Staub, und bedürfe des Frühlingssturm, der kraftvoll das Leben herauswühlt aus der erstickenden Hülle. Denn das Leben ist da!
(…)
*
„Bostanjoglo“ … kann man im Internet finden (ist aber etwas verzwickt!).
Also meine Fragen zum Text:
Wer schrieb diesen Frühlings-Text?
Welche Stadt ist gemeint?
(Fortsetzung des Texts folgt nach Lösung des Rätsels.)
Viel ... Erfolg!
Frühlingssturm!
Es war mittags. Nach der Schule. Zwischen ein und zwei Uhr. Ich hatte noch keine Lust, nach Hause zu gehen und bummelte, meinen Cäsar unterm Arm und eine Bostanjoglo zwischen den Lippen, durch die Straßen und vors Tor hinaus.
Vor welches? – Das ist erstens ganz egal, und zweitens weiß ich es selbst ich, den ich gab nicht im mindesten acht darauf, wohin ich ging. Ich schlenderte völlig gedankenlos – wenn man aus der Schule kommt, ist man das immer – ins Ungewisse hinein, und ich weiß nur, dass ich mich nach geraumer Zeit auf einer Bank befand, vor der sich umfangreiche Grasfläche ausbreitete.
Es war ein merkwürdig warmer Frühlingstag. So war, dass alles Knospen und Blühen um mich her ersichtlich darunter litt. Alles sah durstig und müde aus. Regungslos ragte eine Gruppe Kastanienbäume neben mir in die Höhe. Über der begrasten Höhe lag zolldick Staub.
Und kein Luftzug. Nicht das allgeringste merkbare Leben in all dieser schlaffen Trockenheit.
Unser würdiges L. ist eine gute Stadt. Oh, eine ganz vorzügliche Stadt! Doch will es mich oftmals bedünken, als gliche sie jenem Grasplatz, bedeckt mit Staub, und bedürfe des Frühlingssturm, der kraftvoll das Leben herauswühlt aus der erstickenden Hülle. Denn das Leben ist da!
(…)
*
„Bostanjoglo“ … kann man im Internet finden (ist aber etwas verzwickt!).
Also meine Fragen zum Text:
Wer schrieb diesen Frühlings-Text?
Welche Stadt ist gemeint?
(Fortsetzung des Texts folgt nach Lösung des Rätsels.)
Viel ... Erfolg!
Hallo Longtime,
hat das vielleicht etwas mit Thomas Mann und der Schülerzeitschrift “Frühlingssturm” zu tun?
Mann war ja Raucher und ich glaube, dass er Bostanjoglo geraucht hat.
Wenn das vielleicht sogar stimmen sollte, wäre mit L. natürlich Lübeck gemeint.
Mit allem Vorbehalt - es ist nur eine Vermutung bzw. Kombination. Den Text selbst kenne ich nicht.
Beste Grüße
Enigma
hat das vielleicht etwas mit Thomas Mann und der Schülerzeitschrift “Frühlingssturm” zu tun?
Mann war ja Raucher und ich glaube, dass er Bostanjoglo geraucht hat.
Wenn das vielleicht sogar stimmen sollte, wäre mit L. natürlich Lübeck gemeint.
Mit allem Vorbehalt - es ist nur eine Vermutung bzw. Kombination. Den Text selbst kenne ich nicht.
Beste Grüße
Enigma
Hallo longtime,
ich schließe mich Enigma an und behaupte, es ist ein Text von Thomas Mann für die Schülerzeitschrift "Frühlingssturm", den er parallel zu den Versuchen seines Bruders Heinrich und dessen "Fantasieen über meine Heimatstadt L." schrieb.
Meine Behauptung wird durch eine ergoogelte Seite untermauert:
"Frühlingssturm"
Gruß, Clara
ich schließe mich Enigma an und behaupte, es ist ein Text von Thomas Mann für die Schülerzeitschrift "Frühlingssturm", den er parallel zu den Versuchen seines Bruders Heinrich und dessen "Fantasieen über meine Heimatstadt L." schrieb.
Meine Behauptung wird durch eine ergoogelte Seite untermauert:
"Frühlingssturm"
Gruß, Clara
Guten Morgen!
Liebe Clara, da hast Du ja einen “stichhaltigen” Beweis gefunden. Das freut mich sehr und steigert die Zuversicht, dass wir richtig liegen.
Übrigens, danke noch für die Auflösung zum letzten Rätsel.
Gestern konnte ich leider hier wenig in Erscheinung treten, weil es noch etwas zu tun gab für die heute stattfindende WEG-Vesammlung, eine etwas lästige alljährliche Pflichtübung.
Ich verspreche aber, mich in Kürze auch mit einem Rätseltext zu beteiligen.
Liebe Grüße von Enigma
Liebe Clara, da hast Du ja einen “stichhaltigen” Beweis gefunden. Das freut mich sehr und steigert die Zuversicht, dass wir richtig liegen.
Übrigens, danke noch für die Auflösung zum letzten Rätsel.
Gestern konnte ich leider hier wenig in Erscheinung treten, weil es noch etwas zu tun gab für die heute stattfindende WEG-Vesammlung, eine etwas lästige alljährliche Pflichtübung.
Ich verspreche aber, mich in Kürze auch mit einem Rätseltext zu beteiligen.
Liebe Grüße von Enigma
Ein Hoch den zwei Rätsel-Löserinnen!
Ja, es ist Thomas Mann!
Ich gebe den ganzen kurzen Text nochmals wieder (ohne Verheimlichung.)
*
Thomas Mann:
Frühlingssturm!
Es war mittags. Nach der Schule. Zwischen ein und zwei Uhr. Ich hatte noch keine Lust, nach Hause zu gehen und bummelte, meinen Cäsar unterm Arm und eine Bostanjoglo zwischen den Lippen, durch die Straßen und vors Tor hinaus.
Vor welches? – Das ist erstens ganz egal, und zweitens weiß ich es selbst ich, denn ich gab nicht im mindesten acht darauf, wohin ich ging. Ich schlenderte völlig gedankenlos – wenn man aus der Schule kommt, ist man das immer – ins Ungewisse hinein, und ich weiß nur, dass ich mich nach geraumer Zeit auf einer Bank befand, vor der sich eine umfangreiche Grasfläche ausbreitete.
Es war ein merkwürdig warmer Frühlingstag. So warm, dass alles Knospen und Blühen um mich her ersichtlich darunter litt. Alles sah durstig und müde aus. Regungslos ragte eine Gruppe Kastanienbäume neben mir in die Höhe. Über der begrasten Höhe lag zolldick Staub.
Und kein Luftzug. Nicht das allgeringste merkbare Leben in all dieser schlaffen Trockenheit.
Unser würdiges Lübeck ist eine gute Stadt. Oh, eine ganz vorzügliche Stadt! Doch will es mich oftmals bedünken, als gliche sie jenem Grasplatz, bedeckt mit Staub, und bedürfe des Frühlingssturm, der kraftvoll das Leben herauswühlt aus der erstickenden Hülle. Denn das Leben ist da! Gewiss, das merkt man an einzelnen grünen Halmen, die sich frisch aus der Staubschicht erheben, voll Jugendkraft und Kampfesmut, voll vorurteilsfreien Anschauungen und strahlenden Idealen!
Frühlingssturm! Ja, wie der Frühlingssturm in die verstaubte Natur, so wollen wir hineinfahren mit Worten und Gedanken in die Fülle von Gehirnverstaubtheit und Ignoranz und bornierten, aufgeblasenen Philistertums, die sich uns entgegenstellt. Das will unser Blatt, das will „Der Frühlingssturm“!
*
(Geschrieben von TM und gedruckt unter dem Pseudonym Otto Grautoff als Vorwort in der Zeitschrift „Der Frühlingssturm“. Lübeck. Mai 1893.)
In: T.M.: Autobiografisches. Werke in acht Bänden. Bd. MK 119.1968. S. 7)
*
So viel sozialkritisches Engagement hat TM später nie mehr zum Ausdruck gebracht.
"...das merkt man an einzelnen grünen Halmen, die sich frisch aus der Staubschicht erheben..." - diesen Satz würden wir heute ganz anders lesen also vor mehr als 110 Jahren. Aber gemeint ist etwas Ähnliches: die weitreichende Veränderung durch jugendlich-neue Kräfte.
*
Ich freue mich, wenn es hier weitergeht ... mit Rätseltexten!
Ja, es ist Thomas Mann!
Ich gebe den ganzen kurzen Text nochmals wieder (ohne Verheimlichung.)
*
Thomas Mann:
Frühlingssturm!
Es war mittags. Nach der Schule. Zwischen ein und zwei Uhr. Ich hatte noch keine Lust, nach Hause zu gehen und bummelte, meinen Cäsar unterm Arm und eine Bostanjoglo zwischen den Lippen, durch die Straßen und vors Tor hinaus.
Vor welches? – Das ist erstens ganz egal, und zweitens weiß ich es selbst ich, denn ich gab nicht im mindesten acht darauf, wohin ich ging. Ich schlenderte völlig gedankenlos – wenn man aus der Schule kommt, ist man das immer – ins Ungewisse hinein, und ich weiß nur, dass ich mich nach geraumer Zeit auf einer Bank befand, vor der sich eine umfangreiche Grasfläche ausbreitete.
Es war ein merkwürdig warmer Frühlingstag. So warm, dass alles Knospen und Blühen um mich her ersichtlich darunter litt. Alles sah durstig und müde aus. Regungslos ragte eine Gruppe Kastanienbäume neben mir in die Höhe. Über der begrasten Höhe lag zolldick Staub.
Und kein Luftzug. Nicht das allgeringste merkbare Leben in all dieser schlaffen Trockenheit.
Unser würdiges Lübeck ist eine gute Stadt. Oh, eine ganz vorzügliche Stadt! Doch will es mich oftmals bedünken, als gliche sie jenem Grasplatz, bedeckt mit Staub, und bedürfe des Frühlingssturm, der kraftvoll das Leben herauswühlt aus der erstickenden Hülle. Denn das Leben ist da! Gewiss, das merkt man an einzelnen grünen Halmen, die sich frisch aus der Staubschicht erheben, voll Jugendkraft und Kampfesmut, voll vorurteilsfreien Anschauungen und strahlenden Idealen!
Frühlingssturm! Ja, wie der Frühlingssturm in die verstaubte Natur, so wollen wir hineinfahren mit Worten und Gedanken in die Fülle von Gehirnverstaubtheit und Ignoranz und bornierten, aufgeblasenen Philistertums, die sich uns entgegenstellt. Das will unser Blatt, das will „Der Frühlingssturm“!
*
(Geschrieben von TM und gedruckt unter dem Pseudonym Otto Grautoff als Vorwort in der Zeitschrift „Der Frühlingssturm“. Lübeck. Mai 1893.)
In: T.M.: Autobiografisches. Werke in acht Bänden. Bd. MK 119.1968. S. 7)
*
So viel sozialkritisches Engagement hat TM später nie mehr zum Ausdruck gebracht.
"...das merkt man an einzelnen grünen Halmen, die sich frisch aus der Staubschicht erheben..." - diesen Satz würden wir heute ganz anders lesen also vor mehr als 110 Jahren. Aber gemeint ist etwas Ähnliches: die weitreichende Veränderung durch jugendlich-neue Kräfte.
*
Ich freue mich, wenn es hier weitergeht ... mit Rätseltexten!
Hallo Longtime,
danke vielmals für die Auflösung.
Ja, heute würde man es anders formulieren, aber ich finde auch den TM-Text sehr schön in seiner Symbolkraft.
Google Books hat doch manch schöne Texte eingestellt, und wenn sie gemeinfrei sind, bin ich auch wirklich dankbar für diese Texte, vor allem, wenn sie an anderer Stelle nicht zu finden sind.
Clara, danke also auch für Deine Mühe. Das Ergebnis Deiner Recherche hat uns doch bestätigt, dass wir auf der richtigen Spur waren, wie Longtime das auch jetzt bekräftigt hat.
Also, jetzt mache ich mein Versprechen wahr und stelle einen Text ein, der aus einem Sammelband mit Kurzgeschichten europäischer Erzähler stammt.
Der Auszug, den ich einstellen möchte, stammt von einem deutschsprachigen Schriftsteller und Journalisten, ist also nicht aus einer anderen Sprache übersetzt worden.
Der Autor ist auch ziemlich bekannt, aber ob jede kleine Geschichte immer gelesen sein kann, ist nicht in jedem Falle zu unterstellen. Und aus dem Text kann man eigentlich kaum Rückschlüsse auf seine Person ziehen.
Darum noch ein kleiner Hinweis auf den Verfasser. Wie Ihr sehen könnt, stammt die Geschichte aus 1928.
Der Autor starb noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Viele Wohnungswechsel waren typisch für ihn.
Jetzt stelle ich aber erst einmal diesen Auszug ein, der gleichzeitig das Ende der Kurzgeschichte ist:
...”Das Haus blieb still und geschlossen. Ich dachte gerade an die Grausamkeit des Alten, der so kühl und beinahe unmenschlich heimgekehrt war, weil sein Tod schon auf ihn gewartet hatte, und der wahrscheinlich ohne Liebe gewesen war und nur ein Verwalter seines Reichtums, als sich der bekannte Notar M. bei mir anmelden ließ, dessen Namen ich wußte. Der Notar überreichte mir einen Brief und sagte mir, es sei ein Brief meines Nachbarn, dessen Testament gestern eröffnet worden wäre.
Im Testament habe der alte Herr bestimmt, daß der Notar mir persönlich den Brief zu überreichen hätte. “Eine von seinen Marotten!” sagte der Notar und ging.
Der Brief lautete:
Sehr geehrter Herr,
ich habe, wie Sie sehen, Ihren Namen in Erfahrung gebracht.
Warum? Weil ich Sie liebgewonnen habe.
Sie waren der einzige Mensch, der mein Freund hätte werden können.
Denn Sie behielten, obwohl ich Ihnen sympathisch war, die Distanz und, obwohl Sie neugierig waren, die Schweigsamkeit. Ich hinterlasse nur Schulden. Sonst wären Sie mein Erbe.
Behalten Sie mir ein freundliches Andenken.
Ihr I.B.
Am nächsten Tag zog ich in eine andere Gasse.”
(1928)
Ich muss sagen, dass diese kurze Geschichte mich - auch sprachlich - sehr berührt hat.
Wenn die Geschichte nicht so bekannt ist oder insgesamt nicht genügend Hinweise da sind, werde ich zunächst weitere anbieten, abends, nach unserer Versammlung.
Spätestens dann gucke ich mal wieder hier rein.
Liebe Grüße von Enigma
danke vielmals für die Auflösung.
Ja, heute würde man es anders formulieren, aber ich finde auch den TM-Text sehr schön in seiner Symbolkraft.
Google Books hat doch manch schöne Texte eingestellt, und wenn sie gemeinfrei sind, bin ich auch wirklich dankbar für diese Texte, vor allem, wenn sie an anderer Stelle nicht zu finden sind.
Clara, danke also auch für Deine Mühe. Das Ergebnis Deiner Recherche hat uns doch bestätigt, dass wir auf der richtigen Spur waren, wie Longtime das auch jetzt bekräftigt hat.
Also, jetzt mache ich mein Versprechen wahr und stelle einen Text ein, der aus einem Sammelband mit Kurzgeschichten europäischer Erzähler stammt.
Der Auszug, den ich einstellen möchte, stammt von einem deutschsprachigen Schriftsteller und Journalisten, ist also nicht aus einer anderen Sprache übersetzt worden.
Der Autor ist auch ziemlich bekannt, aber ob jede kleine Geschichte immer gelesen sein kann, ist nicht in jedem Falle zu unterstellen. Und aus dem Text kann man eigentlich kaum Rückschlüsse auf seine Person ziehen.
Darum noch ein kleiner Hinweis auf den Verfasser. Wie Ihr sehen könnt, stammt die Geschichte aus 1928.
Der Autor starb noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Viele Wohnungswechsel waren typisch für ihn.
Jetzt stelle ich aber erst einmal diesen Auszug ein, der gleichzeitig das Ende der Kurzgeschichte ist:
...”Das Haus blieb still und geschlossen. Ich dachte gerade an die Grausamkeit des Alten, der so kühl und beinahe unmenschlich heimgekehrt war, weil sein Tod schon auf ihn gewartet hatte, und der wahrscheinlich ohne Liebe gewesen war und nur ein Verwalter seines Reichtums, als sich der bekannte Notar M. bei mir anmelden ließ, dessen Namen ich wußte. Der Notar überreichte mir einen Brief und sagte mir, es sei ein Brief meines Nachbarn, dessen Testament gestern eröffnet worden wäre.
Im Testament habe der alte Herr bestimmt, daß der Notar mir persönlich den Brief zu überreichen hätte. “Eine von seinen Marotten!” sagte der Notar und ging.
Der Brief lautete:
Sehr geehrter Herr,
ich habe, wie Sie sehen, Ihren Namen in Erfahrung gebracht.
Warum? Weil ich Sie liebgewonnen habe.
Sie waren der einzige Mensch, der mein Freund hätte werden können.
Denn Sie behielten, obwohl ich Ihnen sympathisch war, die Distanz und, obwohl Sie neugierig waren, die Schweigsamkeit. Ich hinterlasse nur Schulden. Sonst wären Sie mein Erbe.
Behalten Sie mir ein freundliches Andenken.
Ihr I.B.
Am nächsten Tag zog ich in eine andere Gasse.”
(1928)
Ich muss sagen, dass diese kurze Geschichte mich - auch sprachlich - sehr berührt hat.
Wenn die Geschichte nicht so bekannt ist oder insgesamt nicht genügend Hinweise da sind, werde ich zunächst weitere anbieten, abends, nach unserer Versammlung.
Spätestens dann gucke ich mal wieder hier rein.
Liebe Grüße von Enigma
Liebe Enigma, die Geschichte ist mir nicht bekannt, aber nach Deinen Angaben könnte es sich um Kurt Tucholsky handeln?? In meiner Tucholsky-Ausgabe (Bd. 6, 1928) habe ich sie aber nicht gefunden. LG, Clara
Liebe Enigma,
liebe Clara!
Eine feine, betroffen machende Geschichte:
“'Eine von seinen Marotten!' sagte der Notar und ging." - Zwei Welten liegen zwischen diesen Figuren, dem Notar und dem Verstorbenen.
Von Tucholsky, an den ich auch zuerst dachte, ist alles im Netz zu finden...
... hier die beste Tucholsky-Adresse:
Dann suchte, nein, jetzt suche ich noch immer bei Joseph Roth; bei dem ich den Text auch nicht gefunden ... mich aber festgelesen habe, bei "Leningrad" und weiteren Kostbarkeiten, ja, aus dem Jahre 1928! (Aber Roth ist in seinen kurzen Texten auch nicht so erzählerisch angelegt, sondern journalistisch, gar politisch, je mehr es den Jahren 1933ff. zugeht.)
- Aber es gibt auch eine ganze Feuilleton-Riege ...
Heute werde ich den Text - ohne weitere Hilfen von Enigma - wohl nicht finden!
liebe Clara!
Eine feine, betroffen machende Geschichte:
“'Eine von seinen Marotten!' sagte der Notar und ging." - Zwei Welten liegen zwischen diesen Figuren, dem Notar und dem Verstorbenen.
Von Tucholsky, an den ich auch zuerst dachte, ist alles im Netz zu finden...
... hier die beste Tucholsky-Adresse:
Dann suchte, nein, jetzt suche ich noch immer bei Joseph Roth; bei dem ich den Text auch nicht gefunden ... mich aber festgelesen habe, bei "Leningrad" und weiteren Kostbarkeiten, ja, aus dem Jahre 1928! (Aber Roth ist in seinen kurzen Texten auch nicht so erzählerisch angelegt, sondern journalistisch, gar politisch, je mehr es den Jahren 1933ff. zugeht.)
- Aber es gibt auch eine ganze Feuilleton-Riege ...
Heute werde ich den Text - ohne weitere Hilfen von Enigma - wohl nicht finden!
Danke, longtime, für die Ergänzungen!
Selbst an Egon Erwin Kisch dachte ich.....
Clara
Selbst an Egon Erwin Kisch dachte ich.....
Clara
Hallo Clara und Longtime,
es ist spät geworfen, aber ich will noch schnell die Lösung einstellen.
Ihr braucht nicht mehr weiter zu suchen, denn der Gesuchte ist dabei.
Diesmal ist es zwar nicht Tucholsky, aber der, den Longtime offenbar vermutet und bei dessen Werken er nachgesucht hat, nämlich Joseph Roth.
Joseph Roth, von dem ich vor Jahren “Die Kapuzinergruft” gelesen hatte, aber - offen gestanden - nur noch eine unzureichende Erinnerung an diesen Roman habe.
Aber als ich in dem Kurzgeschichtenband an diese Geschichte geriet, war ich sofort fasziniert davon.
Übrigens hatte ich die gleiche Empfindung, Longtime, dass Welten zwischen dem Notar, der ja überhaupt nichts merkte oder verstand, und dem Verstorbenen lagen.
Die Erzählung heißt “Das reiche Haus gegenüber”.
Da beschreibt in dreiundeinhalb Buchseiten der Erzähler, dass er, um sich aufzuwerten, in ein “reiches Viertel” zieht, obwohl er sich diese Gegend eigentlich nicht leisten kann.
Die Verwirklichung dieses Wunsches beschreibt er mit dem Satz: “Der Glanz des Viertels überglänzte die Armut der Armen.....”
Aber es gab eben auch Arme dort. Seine Nachbarn waren meist “heruntergekommene Reiche, welche die Nähe des Geldes nicht aufgeben wollten.”
Unser Erzähler hatte sich in einem Hotel ein Zimmer genommen und diesem gegenüber stand ein großes und breites Haus, das meist unbewohnt wirkte und geschlossene Jalousien hatte.
Jedoch an einem Morgen erwachte es zur Geschäftigkeit und wurde täglich eine Stunde geputzt und Fenster und Türen geöffnet und wieder geschlossen, über 2 Monate lang.
Dann erschien der alte Herr, der sich fast täglich nachmittags auf dem Balkon sehen ließ - und sie sahen einander an, zum Schluss grüßten sie sich, 7 Tage lang.
Etwa 10 Tage später starb der Herr dann - und den Rest der Geschichte kennt Ihr .
Inzwischen habe ich natürlich auch die Kurzbiografie von Joseph Roth gelesen.
Sein Leben wirkt ja fast, wenn es nicht Realität gewesen wäre, wie ein inszeniertes Drama mit allen Umbrüchen und Umzügen, der Krankheit des Vaters und der Ehefrau, seinen verschiedenen Liebesbeziehungen, u.a. auch mit Irmgard Keun, die fast alle durch seine pathologische Eifersucht gescheitert sein sollen.
Und sein armseliges Ende im Exil in einem Armenspital in Paris.
Ich habe mich jedenfalls gefreut über Euer Mitmachen und gratuliere Euch zu dem Ergebnis.
Liebe Grüße von Enigma
es ist spät geworfen, aber ich will noch schnell die Lösung einstellen.
Ihr braucht nicht mehr weiter zu suchen, denn der Gesuchte ist dabei.
Diesmal ist es zwar nicht Tucholsky, aber der, den Longtime offenbar vermutet und bei dessen Werken er nachgesucht hat, nämlich Joseph Roth.
Joseph Roth, von dem ich vor Jahren “Die Kapuzinergruft” gelesen hatte, aber - offen gestanden - nur noch eine unzureichende Erinnerung an diesen Roman habe.
Aber als ich in dem Kurzgeschichtenband an diese Geschichte geriet, war ich sofort fasziniert davon.
Übrigens hatte ich die gleiche Empfindung, Longtime, dass Welten zwischen dem Notar, der ja überhaupt nichts merkte oder verstand, und dem Verstorbenen lagen.
Die Erzählung heißt “Das reiche Haus gegenüber”.
Da beschreibt in dreiundeinhalb Buchseiten der Erzähler, dass er, um sich aufzuwerten, in ein “reiches Viertel” zieht, obwohl er sich diese Gegend eigentlich nicht leisten kann.
Die Verwirklichung dieses Wunsches beschreibt er mit dem Satz: “Der Glanz des Viertels überglänzte die Armut der Armen.....”
Aber es gab eben auch Arme dort. Seine Nachbarn waren meist “heruntergekommene Reiche, welche die Nähe des Geldes nicht aufgeben wollten.”
Unser Erzähler hatte sich in einem Hotel ein Zimmer genommen und diesem gegenüber stand ein großes und breites Haus, das meist unbewohnt wirkte und geschlossene Jalousien hatte.
Jedoch an einem Morgen erwachte es zur Geschäftigkeit und wurde täglich eine Stunde geputzt und Fenster und Türen geöffnet und wieder geschlossen, über 2 Monate lang.
Dann erschien der alte Herr, der sich fast täglich nachmittags auf dem Balkon sehen ließ - und sie sahen einander an, zum Schluss grüßten sie sich, 7 Tage lang.
Etwa 10 Tage später starb der Herr dann - und den Rest der Geschichte kennt Ihr .
Inzwischen habe ich natürlich auch die Kurzbiografie von Joseph Roth gelesen.
Sein Leben wirkt ja fast, wenn es nicht Realität gewesen wäre, wie ein inszeniertes Drama mit allen Umbrüchen und Umzügen, der Krankheit des Vaters und der Ehefrau, seinen verschiedenen Liebesbeziehungen, u.a. auch mit Irmgard Keun, die fast alle durch seine pathologische Eifersucht gescheitert sein sollen.
Und sein armseliges Ende im Exil in einem Armenspital in Paris.
Ich habe mich jedenfalls gefreut über Euer Mitmachen und gratuliere Euch zu dem Ergebnis.
Liebe Grüße von Enigma