Literatur Vergessene Dichter und Gedichte
Francesco Petrarca (1304-1374)
Ist Liebe lauter nichts...
Ist Liebe lauter nichts, wie dass sie mich entzündet?
Ist sie dann gleichwohl was, wem ist ihr Tun bewusst?
Ist sie auch recht und gut, wie bringt sie böse Lust?
Ist sie nicht gut, wie dass man Freud aus ihr empfindet?
Lieb ich gar williglich, wie dass ich Schmerzen trage?
Muss ich es tun, was hilfts, dass ich solch Trauren führ?
Tu ichs nicht gern, wer ists, der es befiehlet mir?
Tu ichs gern, warum, dass ich mich dann beklage?
Ich wanke wie das Gras, so von den kühlen Winden
Um Vesperzeit bald hin geneiget wird, bald her.
Ich walle wie ein Schiff, das in dem wilden Meer
Von Wellen umgejagt nicht kann zu Rande finden.
Ich weiß nicht was ich will, ich will nicht was ich weiß,
Im Sommer ist mir kalt, im Winter ist mir heiß.
(aus dem Italienischen von Martin Opitz)
Und hier die Niederländische Fassung von diesem Petrarkischen Gedicht. Übersetzt von Jan van der Noot etwa 1560-1570.
En ist de liefde niet, wat ist dan dat my quelt?
En ist de liefdé ooc, wat mach de liefde wesen?
Is sy soet ende goet, hoe valt sy hert in desen?
Is sy quaet, hoe is dan soo suete heur ghewelt?
Brande ic met mynen danc, hoe ben ic dan ontstelt?
Ist teghen mynen danc, sal tsuchten my genesen?
O vreucht van pynen vol, pyne vol vreucht geresen
O droefheyt vol ioleyts! o blyschappé verfelt!
Leuende doot hoe moecht ghy teghen mynen danck
Dus velé ouer my? maer ben ick willens cranck,
My claghende tonrecht, de liefde ick tonrecht blame.
Liefde goet ende quaet, my leet en aenghename,
Gheluck en ongheluck, suer en soet ick gheuule:
Ic suke vryicheyt, en om slauen ick wule.
Jan van der Noot
Ein universales Thema, die quälende Liebe.
Roger
Re: Vergessene Dichter und Gedichte
Paul Verlaine - 1844 - 1896;
ist zwar nicht vergessen,
zum Thema "quälende Liebe" paßt auch folgendes
von ihm:
Spleen
Die Rosen waren überrot,
der Efeu ward zur Finsternis.
Liebste, dein kleinster Schritt bedroht
mein Herz mit neuer Bitternis.
Der Ähthers Strahl war allzu blau,
des Meeres Bucht war allzuweit.
Ich hoffe noch. Ich weiß genau,
ich hoffe nicht. Du gehst. O bleib!
Das blanke Blatt von Ilex und
Geleucht von Buchs ward ekel mir.
Und dieses Landes ganzes Rund,
und alles, außer dir. Weh mir!
ist zwar nicht vergessen,
zum Thema "quälende Liebe" paßt auch folgendes
von ihm:
Spleen
Die Rosen waren überrot,
der Efeu ward zur Finsternis.
Liebste, dein kleinster Schritt bedroht
mein Herz mit neuer Bitternis.
Der Ähthers Strahl war allzu blau,
des Meeres Bucht war allzuweit.
Ich hoffe noch. Ich weiß genau,
ich hoffe nicht. Du gehst. O bleib!
Das blanke Blatt von Ilex und
Geleucht von Buchs ward ekel mir.
Und dieses Landes ganzes Rund,
und alles, außer dir. Weh mir!
noch jemand aus ungarn, ich denke, auch unbekannt hier.
Sándor Weöres
BUDAPEST IM WINTER
Wolkenschatten gleitet
Leise auf dem Schnee,
Leise auf dem Eise,
Zwischen Kai und Kai.
Durch die Kettenbrücke
Schleicht er langsam und
Ruht auf einer Kuppel
Patiniertem Rund –
Lauscht den grossen Uhren,
Holt dann wieder Schwung,
Still auf seinen Spuren
Naht die Dämmerung.
(Übersetzt von Lénárd Sándor)
Sándor Weöres
BUDAPEST IM WINTER
Wolkenschatten gleitet
Leise auf dem Schnee,
Leise auf dem Eise,
Zwischen Kai und Kai.
Durch die Kettenbrücke
Schleicht er langsam und
Ruht auf einer Kuppel
Patiniertem Rund –
Lauscht den grossen Uhren,
Holt dann wieder Schwung,
Still auf seinen Spuren
Naht die Dämmerung.
(Übersetzt von Lénárd Sándor)
Räthsel
Ich bin ein sonderbar, verwickelt Ding,
Der eitlen Größe nah, oft folgten mir Gebrechen.
Wenn ich mich an des Unglücks Ferse hing,
Konnt' ich das stärkste Herz durch Sorg' und Kummer brechen.
Vielseitig kannst Du lange drehen mich und wenden,
Rechts lieben Advokaten mehr mich als Clienten.
Ich beuge willig mich vor Dir in allen Sprachen,
Kann Rück- und Vorwärts geh'n, auch krank beim ersten klagen.
Ich bin des Todes trauriger Begleiter,
Doch auch des Glück's, dann wirst Du froh und heiter.
Zu spiel ich eine große Rolle in der Welt,
Wo man mich blind dem Schicksal an die Seite stellt.
Leicht fang' ich Dich mit fein' und groben Stricken,
Müßt' ich auch meine Stellung dann verrücken.
Bei kommen kannst Du mir und manchen andren Leuten,
Die gern sich um mein Lob und schöne Worte streiten.
Ein geben kann man mich als Würze der Gedanken,
Obgleich im Doppelsinn die ält'sten Pfosten wanken.
Aus geben sie mir auch zuweilen als Begleiter,
Dann bin ich manchmal grob, und schlag' den Feind oft weiter.
Willkommen bin ich nie, zwingt mich die Noth zum Bunde,
Vor eilt mir Fama gern, mit gut' und böser Kunde.
Allein nennt man mich schwierig oft und kritisch,
Doch komm' ich über Dich auch wohl politisch.
Vorn bin ich bei den kleinen Kindern an dem Hut,
Der Schiffer braucht am Schirm mich in der Luft sehr gut.
Ich führe Dich zur Haft zum Keller durch die Thür;
Hast Du mich nicht gelös't, so kann ich nichts dafür.
Natalie von Herder
(1802-1871)
Na, habt Ihr das „Räthsel“ gelöst?
Enigma
LÕRINC SZABÓ: DER TRAUM DES DSCHUANG-DSI
Es zeigte einst vor zween tausend Jahren
Meister Dschuang-Dsi einen Schmetterling,
" Ich war " – sprach er verwundert und zerfahren,
" Ich war im Traum dies flatterhafte Ding".
"Ein Schmetterling" – sprach er – "ein bunter Falter,
Der flatterte und sprang im Sonnenlicht,
Er ahnte nichts von meinem Sinn und Alter,
Da wacht ich auf – und jetzt, jetzt weiss ich nicht,
Ich weiss es nicht " – so sprach der Meister weiter – "
Und der Gedanke quält mich fürchterlich:
Träumte Dschuang-Dsi von dem Flügelweiter
Oder träumt jener frohe Falter mich?"
Ich lachte laut: " Du scherzt, Du mein Gestalter,
Du bist es : Dschuang-Dsi, lebendig, echt !
" Er lächelte : " Auch mein geträumter Falter
Glaubte so fest und sicher an sein Recht ".
Ich zackte meine Schulter und schien heiter,
Aber ich fühlte es wie einen Riss,
Ich dachte durch zweitausend Jahre weiter
Und ich bin meiner mehr als ungewiss:
Der wahre Satz ist flüchtig, bald verhallt er
Und alles ist nur Bild und Träumerei,
Ich glaube Dschuang-Dsi erträumt den Falter
Der Falter ihn und ich uns alle drei.
(übersetzt von Lénárd Sándor)
Es zeigte einst vor zween tausend Jahren
Meister Dschuang-Dsi einen Schmetterling,
" Ich war " – sprach er verwundert und zerfahren,
" Ich war im Traum dies flatterhafte Ding".
"Ein Schmetterling" – sprach er – "ein bunter Falter,
Der flatterte und sprang im Sonnenlicht,
Er ahnte nichts von meinem Sinn und Alter,
Da wacht ich auf – und jetzt, jetzt weiss ich nicht,
Ich weiss es nicht " – so sprach der Meister weiter – "
Und der Gedanke quält mich fürchterlich:
Träumte Dschuang-Dsi von dem Flügelweiter
Oder träumt jener frohe Falter mich?"
Ich lachte laut: " Du scherzt, Du mein Gestalter,
Du bist es : Dschuang-Dsi, lebendig, echt !
" Er lächelte : " Auch mein geträumter Falter
Glaubte so fest und sicher an sein Recht ".
Ich zackte meine Schulter und schien heiter,
Aber ich fühlte es wie einen Riss,
Ich dachte durch zweitausend Jahre weiter
Und ich bin meiner mehr als ungewiss:
Der wahre Satz ist flüchtig, bald verhallt er
Und alles ist nur Bild und Träumerei,
Ich glaube Dschuang-Dsi erträumt den Falter
Der Falter ihn und ich uns alle drei.
(übersetzt von Lénárd Sándor)
Wer das "Räthsel" (man darf natürlich auch Rätsel schreiben) nach diesem Druck, mit den kursiv gesetzten Wörtern, liest und die Textstellen ergänzt,
... hat die Lösung sofort. - Klarer FALL!
... hat die Lösung sofort. - Klarer FALL!
Eines meiner Lieblingsgedichte ist "Der Rabe" von Edgar Allen Poe. Da es relativ lang ist, gebe ich nur einen Link an.
Der Übersetzer, Hans Wollschläger, hat das Gedicht großartig sprachlich gestaltet. Man kann es auch auf englisch genußvoll lesen, da Poe einen sehr einfachen Sprachschatz benutzt hat, den man mit Schulenglisch wunderbar versteht.
http://www.heise.de/ix/raven/Literature/Lore/TheRaven.html
Der Übersetzer, Hans Wollschläger, hat das Gedicht großartig sprachlich gestaltet. Man kann es auch auf englisch genußvoll lesen, da Poe einen sehr einfachen Sprachschatz benutzt hat, den man mit Schulenglisch wunderbar versteht.
http://www.heise.de/ix/raven/Literature/Lore/TheRaven.html
Hallo Longtime,
Deine “Fall”-Lösung überzeugt mich, nachdem ich - ohne Beachtung der kursiv geschriebenen Wörter - zunächst auf einer falschen Fährte war.
Jetzt kann ich doch wieder ruhig schlafen und den nun gelösten “Fall” ad acta legen.
Danke und Gruß
Enigma
Deine “Fall”-Lösung überzeugt mich, nachdem ich - ohne Beachtung der kursiv geschriebenen Wörter - zunächst auf einer falschen Fährte war.
Jetzt kann ich doch wieder ruhig schlafen und den nun gelösten “Fall” ad acta legen.
Danke und Gruß
Enigma
Hallo Walter4,
Edgar Allan Poe gehört auch zu meinen Lieblings-Poeten.
Und an dem Gedicht hat er ja fast 10 Jahre gearbeitet.
Wahnsinn!
Auf die Seite, die Du eingestellt hast, war ich auch schon einmal geraten.
Ich fand sie auch ganz toll, mit den schönen Ilustrationen.
Einige Gedichte von Poe gibt es noch hier:
Aber heute stelle ich ein anderes Gedicht ein:
So selig zu plaudern...
So selig zu plaudern, daß Stunden
Wie Träume vergehn,
Wie rasch dann die Zeit entschwunden,
Am Dunkeln der Kerze nur sehn,
Das ist's, was so traulich uns macht
Die sausende, brausende Winternacht.
Zu plaudern und wieder versunken
In uns allein,
Von innerster Wonne trunken,
Vertieft in Gedanken sein,
Das ist's, was zum Frühling uns macht
Die sausende, brausende Winternacht.
Zu scheiden, das Haustor entriegeln
Und scheidend das Glück
Mit einem Kusse besiegeln,
Ein Gruß noch, ein Wink noch zurück! –
Lebt wohl, o Stunden, so selig verbracht
In der sausenden, brausenden Winternacht!
Hermann von Lingg
Edgar Allan Poe gehört auch zu meinen Lieblings-Poeten.
Und an dem Gedicht hat er ja fast 10 Jahre gearbeitet.
Wahnsinn!
Auf die Seite, die Du eingestellt hast, war ich auch schon einmal geraten.
Ich fand sie auch ganz toll, mit den schönen Ilustrationen.
Einige Gedichte von Poe gibt es noch hier:
Aber heute stelle ich ein anderes Gedicht ein:
So selig zu plaudern...
So selig zu plaudern, daß Stunden
Wie Träume vergehn,
Wie rasch dann die Zeit entschwunden,
Am Dunkeln der Kerze nur sehn,
Das ist's, was so traulich uns macht
Die sausende, brausende Winternacht.
Zu plaudern und wieder versunken
In uns allein,
Von innerster Wonne trunken,
Vertieft in Gedanken sein,
Das ist's, was zum Frühling uns macht
Die sausende, brausende Winternacht.
Zu scheiden, das Haustor entriegeln
Und scheidend das Glück
Mit einem Kusse besiegeln,
Ein Gruß noch, ein Wink noch zurück! –
Lebt wohl, o Stunden, so selig verbracht
In der sausenden, brausenden Winternacht!
Hermann von Lingg
Hier ein anderes Gedicht von Georg Weerth
Die rheinischen Weinbauern
An Ahr und Mosel glänzten
die Trauben gelb und rot;
die dummen Bauern meinten,
sie wären aus jeder Not.
Da kamen die Handelsleute
herüber aus aller Welt:
– Wir nehmen ein Drittel der Ernte
für unser geliehenes Geld! –
Da kamen die Herren Beamten
aus Koblenz und aus Köln:
– Das zweite Drittel gehöret
dem Staate an Steuern und Zölln! –
Und als die Bauern flehten
zu Gott in höchster Pein:
da schickt er ein Hageln und Wettern
und brüllte: Der Rest ist mein!
Viel Leid geschieht jetzunder,
viel Leid und Hohn und Spott,
und wen der Teufel nicht peinigt,
den peinigt der liebe Gott!
Georg Weerth, (1821 - 1856), deutscher Kaufmann, Erzähler, Lyriker und Feuilletonist, war mit Marx und Engels befreundet
Die rheinischen Weinbauern
An Ahr und Mosel glänzten
die Trauben gelb und rot;
die dummen Bauern meinten,
sie wären aus jeder Not.
Da kamen die Handelsleute
herüber aus aller Welt:
– Wir nehmen ein Drittel der Ernte
für unser geliehenes Geld! –
Da kamen die Herren Beamten
aus Koblenz und aus Köln:
– Das zweite Drittel gehöret
dem Staate an Steuern und Zölln! –
Und als die Bauern flehten
zu Gott in höchster Pein:
da schickt er ein Hageln und Wettern
und brüllte: Der Rest ist mein!
Viel Leid geschieht jetzunder,
viel Leid und Hohn und Spott,
und wen der Teufel nicht peinigt,
den peinigt der liebe Gott!
Georg Weerth, (1821 - 1856), deutscher Kaufmann, Erzähler, Lyriker und Feuilletonist, war mit Marx und Engels befreundet