Literatur Vergessene Dichter und Gedichte
„Mitten in dieser Versammlung der Sonnen erhebt sich der Himmel,
Rund, unermeßlich, das Urbild der Welten, die Fülle
Aller sichtbaren Schönheit, die sich, gleich flüchtigen Bächen,
Um ihn, durch den unendlichen Raum nachahmend, ergiesset.
Also dreht er sich, unter dem Ewigen, um sich selber.
Indem er wandelt, ertönen von ihm, auf Flügeln der Winde,
An die Gestade der Sonnen die sphärischen Harmonien
Hoch hinüber. Die Lieder der göttlichen Harfenspieler
Schallen mit Macht, wie beseelend, darein. Dieß vereinbarte Tönen
Führt vorm unsterblichen Hörer manch hohes Loblied vorüber.“
Messias-Gesänge
von Friedrich Gottlieb Klopstock.
Rund, unermeßlich, das Urbild der Welten, die Fülle
Aller sichtbaren Schönheit, die sich, gleich flüchtigen Bächen,
Um ihn, durch den unendlichen Raum nachahmend, ergiesset.
Also dreht er sich, unter dem Ewigen, um sich selber.
Indem er wandelt, ertönen von ihm, auf Flügeln der Winde,
An die Gestade der Sonnen die sphärischen Harmonien
Hoch hinüber. Die Lieder der göttlichen Harfenspieler
Schallen mit Macht, wie beseelend, darein. Dieß vereinbarte Tönen
Führt vorm unsterblichen Hörer manch hohes Loblied vorüber.“
Messias-Gesänge
von Friedrich Gottlieb Klopstock.
Der alte Fritz und der Schulmeister
Einstmalen zerbrach dem alten Fritz
In einem Dorfe der Wagensitz,
Und während daran man reparirte,
Der König die Schule visitirte.
Und siehe, da gings im besten Trab;
Nur Eines ihm großen Anstoß gab:
Hindurch den ganzen Prüfungsverlauf
Behielt seinen Hut der Schulmeister auf.
Der König zog zur Seite den Mann
Und hob zu ihm also zu sprechen an:
Sein Unterricht und Method' ist gut,
Doch schlecht erbaut mich, daß er den Hut
Vor mir, seinem König, nicht abgenommen;
So grob ist mir Keiner noch vorgekommen!
Es war am Schulmeister jetzt das Wort;
Der blinzelte nach den Knaben links,
Die stumm da harreten seines Winks,
Und flüsterte leis: Wenn diese dort
Gewahrten, daß auf Erden hier
Es Einen gäbe, der über mir,
Majestät, wo sollt' ich hingerathen,
Wollt' bändigen ich die Teufelsbraten!
Da wiederum sprach der König: Mach'
Er's denn so fort, er versteht sein Fach!
Gustav Pfarrius, 1800-1884
Gustav Pfarrius, der nach dem Abbruch eines Theologiestudiums Latein, Französisch und Geschichte bei Ernst Moritz Arndt studierte, erhielt 1834 eine Stelle als Lehrer und Professor am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln.
Er war u.a. mit Hoffmann von Fallersleben, Karl Simrock, Heinrich Heine und Anton Broicher befreundet - she. Auch Linktipp!
Enigma
Einstmalen zerbrach dem alten Fritz
In einem Dorfe der Wagensitz,
Und während daran man reparirte,
Der König die Schule visitirte.
Und siehe, da gings im besten Trab;
Nur Eines ihm großen Anstoß gab:
Hindurch den ganzen Prüfungsverlauf
Behielt seinen Hut der Schulmeister auf.
Der König zog zur Seite den Mann
Und hob zu ihm also zu sprechen an:
Sein Unterricht und Method' ist gut,
Doch schlecht erbaut mich, daß er den Hut
Vor mir, seinem König, nicht abgenommen;
So grob ist mir Keiner noch vorgekommen!
Es war am Schulmeister jetzt das Wort;
Der blinzelte nach den Knaben links,
Die stumm da harreten seines Winks,
Und flüsterte leis: Wenn diese dort
Gewahrten, daß auf Erden hier
Es Einen gäbe, der über mir,
Majestät, wo sollt' ich hingerathen,
Wollt' bändigen ich die Teufelsbraten!
Da wiederum sprach der König: Mach'
Er's denn so fort, er versteht sein Fach!
Gustav Pfarrius, 1800-1884
Gustav Pfarrius, der nach dem Abbruch eines Theologiestudiums Latein, Französisch und Geschichte bei Ernst Moritz Arndt studierte, erhielt 1834 eine Stelle als Lehrer und Professor am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln.
Er war u.a. mit Hoffmann von Fallersleben, Karl Simrock, Heinrich Heine und Anton Broicher befreundet - she. Auch Linktipp!
Enigma
Der alte Fritz und der Schulmeister
...Wenn diese dort
Gewahrten, daß auf Erden hier
Es Einen gäbe, der über mir,
Majestät, wo sollt' ich hingerathen,
Wollt' bändigen ich die Teufelsbraten!
Da wiederum sprach der König: Mach'
Er's denn so fort, er versteht sein Fach!
Ich fürchte, es ist heute nicht mehr wie früher in der Schule. Ich weiss nicht wie es in Deutschland ist, aber bei uns in Belgien ist es ab und zu schon gefährlich, einem (einer) Schüler(in) eine Bemerkung zu machen.
Andererseits versteht der Lehrer in diesem Fall tatsächlich sein Fach. Schuster, bleib bei deinem Leisten !
Roger
Und ich finde, dass Du die deutsche Sprache nach dem, was ich bisher von Dir gelesen habe, wunderbar beherrschst.
Ich wollte, dass ich auch so auf Französisch oder Niederländisch (den zwei anderen offiziellen Sprachen in Belgien?) schreiben oder sprechen könnte.
Gruß Enigma
Enigma,
Erstens, danke für das Kompliment.
Stimmt, Belgien hat drei offizielen Sprachen. Dass auch Deutsch dazu gehört, ist meines Erachtens (ohne eine politische Aussage zu machen) nur das Recht des Stärkeren im Jahre 1919 gewesen.
Roger
Und wie wäre es mit dem hier?)
Der menschliche Lebenslauf
Das Mädchen spielt mit Puppen
Und putzt und spiegelt sich,
Der Knabe spielt mit Trommeln
Und Stöcken ritterlich.
Der Jüngling spielt mit Mädchen
Und spielt auch mit dem Buch;
Die Schöne spielt am Nachttisch
und spielet mit Besuch.
...
Und so spielt jedermann,
Bis er, gestört vom Tode,
Nicht weiter spielen kann.
Johann Gottlieb Willamov
Was man so alles spielen kann. Dieses Gedicht hat mich sehr gefallen.
Roger
Das heilige Feuer
Auf das Feuer mit dem goldnen Strahle
Heftet sich in tiefer Mitternacht
Schlummerlos das Auge der Vestale,
Die der Göttin ewig Licht bewacht.
Wenn sie schlummerte, wenn sie entschliefe,
Wenn erstürbe, die versäumte Glut,
Eingesargt in Gruft und Grabestiefe
Würde sie, wo Staub und Moder ruht.
Eine Flamme zittert mir im Busen,
Lodert warm zu jeder Zeit und Frist,
Die, entzündet durch den Hauch der Musen
Ihnen ein beständig Opfer ist.
Und ich hüte sie mit heil`gem Scheue,
Daß sie brenne rein und ungekränkt;
Denn ich weiß, es wird der ungetreue
Wächter lebend in die Gruft versenkt.
Conrad Ferdinand Meyer
Auf das Feuer mit dem goldnen Strahle
Heftet sich in tiefer Mitternacht
Schlummerlos das Auge der Vestale,
Die der Göttin ewig Licht bewacht.
Wenn sie schlummerte, wenn sie entschliefe,
Wenn erstürbe, die versäumte Glut,
Eingesargt in Gruft und Grabestiefe
Würde sie, wo Staub und Moder ruht.
Eine Flamme zittert mir im Busen,
Lodert warm zu jeder Zeit und Frist,
Die, entzündet durch den Hauch der Musen
Ihnen ein beständig Opfer ist.
Und ich hüte sie mit heil`gem Scheue,
Daß sie brenne rein und ungekränkt;
Denn ich weiß, es wird der ungetreue
Wächter lebend in die Gruft versenkt.
Conrad Ferdinand Meyer
Hallo gilda,
ich möchte bezweifeln, dass C.F. Meyer ein vergessener Dichter ist. Seine Novellen können immer noch fesseln, z. B. "Gustav Adolfs Page" oder "Das Amulett" und gehören auch in Schulen noch zum Unterrichtsstoff.
Auch seine Gedichte sind von hoher Sprachqualität, und in seinem wohl berühmtesten Gedicht "Der römische Brunnen" vermag er es, das Wesentliche der Symbolik eines Brunnens in die kürzest mögliche Form zu bringen. Er rang aber auch lange, bis er zufrieden war. Clara
Conrad Ferdinand Meyer
Der römische Brunnen (7. Fassung, 1882)
Aufsteigt der Strahl, und fallend gießt
er voll der Marmorschale Rund,
die, sich verschleiernd, überfließt
in einer zweiten Schale Grund;
die zweite gibt, sie wird zu reich,
der dritten wallend ihre Flut,
und jede nimmt und gibt zugleich
und strömt und ruht.
ich möchte bezweifeln, dass C.F. Meyer ein vergessener Dichter ist. Seine Novellen können immer noch fesseln, z. B. "Gustav Adolfs Page" oder "Das Amulett" und gehören auch in Schulen noch zum Unterrichtsstoff.
Auch seine Gedichte sind von hoher Sprachqualität, und in seinem wohl berühmtesten Gedicht "Der römische Brunnen" vermag er es, das Wesentliche der Symbolik eines Brunnens in die kürzest mögliche Form zu bringen. Er rang aber auch lange, bis er zufrieden war. Clara
Conrad Ferdinand Meyer
Der römische Brunnen (7. Fassung, 1882)
Aufsteigt der Strahl, und fallend gießt
er voll der Marmorschale Rund,
die, sich verschleiernd, überfließt
in einer zweiten Schale Grund;
die zweite gibt, sie wird zu reich,
der dritten wallend ihre Flut,
und jede nimmt und gibt zugleich
und strömt und ruht.
Hallo Rutger,
ja, es ist beklemmend, wie gefährlich manchmal Lehrer heute auch in Deutschland leben.
Erst gestern wurde von den Medien wieder eine Meldung ausgestrahlt, dass ein Lehrer von einem ehemaligen Schüler, der sich ungerecht benotet fühlte, erstochen wurde.
Da wird offenbar von den jungen Menschen eigenes Schulversagen den Lehrern angelastet.
Es ist traurig, welche Methoden einer Konfliktlösung da in den Köpfen sind. Vor allen Dingen fehlt es wohl an Ich-Stärke und an der Fähigkeit, eigene Probleme angemessen be- und verarbeiten zu können. Leider!
Hier aber nun ein Gedicht eines deutschen Dichters, Schriftstellers und Lehrers, der wahrscheinlich auch ziemlich vergessen ist?
Ein Freudentag
»Jaja, ich hab’ mir ’ne Pfeife gekauft,
eine Tabakspfeife von Ton!
Ja, Weibchen, ja: der »Ökonomie«
und aller Vernunft zum Hohn!
Haha, ich hab’ mir ’ne Pfeife gekauft,
eine stattliche Pfeife von Ton,
wie sie Mynheer van Holland raucht,
der reiche Zuckerbaron!
Ja lache nur, Weib, du hast ganz recht:
Ich rauch’ überhaupt keine Pfeif’;
doch weil ich so überglücklich war,
so mußt’ ich sie kaufen: begreif’!
Daß unser Junge nun wieder gesund,
das machte mich wunderfroh.
Und bin ich vergnügt, so kauf’ ich was,
ganz einerlei, was und wo.
Und bin ich vergnügt, so verschwend’ ich was,
leichtsinnig, wie ich nun bin.
So bin ich geboren, so sterb’ ich einst,
so leb’ ich inzwischen dahin.
Und siehst du: so hab’ ich die Pfeife gekauft;
ist sie nicht schön und lang?
Und gab, bei Gott! eine Mark dafür,
ein Markstück rund und blank.
Die Pfeif’ in der Hand, so schlendert’ ich hin
und sang und summte beglückt.
Die Spießer glotzten und stießen sich an
und grinsten: »Der ist verrückt.«
Und wenn du, mein Liebchen, dasselbe meinst,
ich stell’ es dir gänzlich frei.
Ich hab’ meine Pfeife von feinstem Ton;
da, Junge, schmeiß sie entzwei!
Otto Ernst
ja, es ist beklemmend, wie gefährlich manchmal Lehrer heute auch in Deutschland leben.
Erst gestern wurde von den Medien wieder eine Meldung ausgestrahlt, dass ein Lehrer von einem ehemaligen Schüler, der sich ungerecht benotet fühlte, erstochen wurde.
Da wird offenbar von den jungen Menschen eigenes Schulversagen den Lehrern angelastet.
Es ist traurig, welche Methoden einer Konfliktlösung da in den Köpfen sind. Vor allen Dingen fehlt es wohl an Ich-Stärke und an der Fähigkeit, eigene Probleme angemessen be- und verarbeiten zu können. Leider!
Hier aber nun ein Gedicht eines deutschen Dichters, Schriftstellers und Lehrers, der wahrscheinlich auch ziemlich vergessen ist?
Ein Freudentag
»Jaja, ich hab’ mir ’ne Pfeife gekauft,
eine Tabakspfeife von Ton!
Ja, Weibchen, ja: der »Ökonomie«
und aller Vernunft zum Hohn!
Haha, ich hab’ mir ’ne Pfeife gekauft,
eine stattliche Pfeife von Ton,
wie sie Mynheer van Holland raucht,
der reiche Zuckerbaron!
Ja lache nur, Weib, du hast ganz recht:
Ich rauch’ überhaupt keine Pfeif’;
doch weil ich so überglücklich war,
so mußt’ ich sie kaufen: begreif’!
Daß unser Junge nun wieder gesund,
das machte mich wunderfroh.
Und bin ich vergnügt, so kauf’ ich was,
ganz einerlei, was und wo.
Und bin ich vergnügt, so verschwend’ ich was,
leichtsinnig, wie ich nun bin.
So bin ich geboren, so sterb’ ich einst,
so leb’ ich inzwischen dahin.
Und siehst du: so hab’ ich die Pfeife gekauft;
ist sie nicht schön und lang?
Und gab, bei Gott! eine Mark dafür,
ein Markstück rund und blank.
Die Pfeif’ in der Hand, so schlendert’ ich hin
und sang und summte beglückt.
Die Spießer glotzten und stießen sich an
und grinsten: »Der ist verrückt.«
Und wenn du, mein Liebchen, dasselbe meinst,
ich stell’ es dir gänzlich frei.
Ich hab’ meine Pfeife von feinstem Ton;
da, Junge, schmeiß sie entzwei!
Otto Ernst
Hallo, in wiefern jemand vergessen ist oder nicht, ist nicht immer leicht zu sagen, glaube ich. Dass C.F. Meyer noch immer zum Unterrichtstoff gehört, spricht für sich, ob aber Schüler sich hinterher noch daran erinnern können ...
Die Novellen habe ich noch nicht gelesen (die liegen zwar seit zwei Jahren auf dem Lesepult, Zeit habe ich leider noch nicht gehabt).
Die Gedichte die ich hier gelesen habe, haben mich allenfalls davon überzeugt, dass auch die Novellen bestimmt der Mühe wert sind.
Roger
Die Novellen habe ich noch nicht gelesen (die liegen zwar seit zwei Jahren auf dem Lesepult, Zeit habe ich leider noch nicht gehabt).
Die Gedichte die ich hier gelesen habe, haben mich allenfalls davon überzeugt, dass auch die Novellen bestimmt der Mühe wert sind.
Roger
Hallo Roger,
die Novellen sind wirklich zu empfehlen. Meyer verarbeitet oft historische Stoffe, so gesehen können Deutsch-und Geschichtslehrer zusammen arbeiten.
Ob man sich an Gelesenes noch lange danach erinnern kann, hängt natürlich vom Einzelnen ab und überhaupt seiner Neigung zu Literatur und dem Willen, sich in diesem Fall mit einer nicht mehr ganz modernen, aber zeitlosen Sprache auseinander zu setzen.
Für mich gehört der Schweizer C.F. Meyer in die erste Reihe deutschsprachiger Erzähler.
Diese Ballade finde ich auch großartig:
Die Füße im Feuer
Clara
die Novellen sind wirklich zu empfehlen. Meyer verarbeitet oft historische Stoffe, so gesehen können Deutsch-und Geschichtslehrer zusammen arbeiten.
Ob man sich an Gelesenes noch lange danach erinnern kann, hängt natürlich vom Einzelnen ab und überhaupt seiner Neigung zu Literatur und dem Willen, sich in diesem Fall mit einer nicht mehr ganz modernen, aber zeitlosen Sprache auseinander zu setzen.
Für mich gehört der Schweizer C.F. Meyer in die erste Reihe deutschsprachiger Erzähler.
Diese Ballade finde ich auch großartig:
Die Füße im Feuer
Clara