Forum Kunst und Literatur Literatur Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen

Literatur Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen

Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf mart vom 23.12.2007, 19:20:49
Das ist wirklich ein schauerlich verquaster Schwulst. Grauenhaft. Ich habe auch mal gegoogelt, ja, ich weiß, man sollte alles so wissen, ohne zu googeln, aber so gebildet bin ich leider auch nicht, ich kannte sie zwar vom Namen her, aber habe auch noch nie ein Buch von ihr gelesen, weil mich deutscher oder österreichischer Heimatschwulst nicht interessiert.
Also jedenfalls habe ich beim Googeln einige Hinweise auf ihre NS-Vergangenheit, aber positive Bewertungen darüber vor allem in katholischen Zeitungen gelesen, die von Verleumdungskampagnen sprechen. Und in einer Zeitung wird sie als diejenige hingestellt, die den Nobelpreis doch eher verdient hätte als die Jelinek. Dreimal dürft ihr raten, in welchem Blatt das war: In der "Jungen Freiheit", eine Postille der Rechten, wen wundert's?
Na ja, und der Artikel in Wikipedia stellt ja auch diese ihre unrühmliche Vergangenheit zwar nur kurz, aber dennoch klar heraus. Den von dir eingestellten, mart(ich meine den von "Die Presse.com") fand ich übrigens ganz besonders interessant.
In meiner dicken Literaturgeschichte vom Metzler Verlag (2001 erschienen) mit mehr als 700 Seiten wird sie namentlich nicht einmal mehr erwähnt, weil sie offenbar keine Rolle mehr spielt in der heutigen Literatur-Rezeption.

Ist zwar schade, dass der schöne Weihnachts-"Fred" nun gestört ist, aber ich bin auch der Meinung, dass man die Dinge, wenn sie denn einmal zur Sprache kommen, nicht einfach unter den Teppich kehren und schönreden sollte.
Mit weihnachtlichem Harmonie-Gesäusel kann man ja später wieder weitermachen.

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marina
angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 23.12.2007, 19:59:26
aber marina - hier googeln doch alle, und das ist auch gut so

ich habe noch etwas passendes auf festpark.de gefunden - eine Geschichte von Robert Gernhardt - viel Spass beim Lesen:

Die Falle

eine antiautoritäre Weihnachtsgeschichte von Robert Gernhardt
Da Herr Lemm, der ein reicher Mann war, seinen beiden Kindern zum Christfest eine besondere Freude machen wollte, rief er Anfang Dezember beim Studentenwerk an und erkundigte sich, ob es stimme, dass die Organisation zum Weihnachtsfest Weihnachtsmänner vermittle. Ja, das habe seine Richtigkeit. Studenten stünden dafür bereit, 25 DM koste eine Bescherung, die Kostüm brächten die Studenten mit, die Geschenke müsste der Hausherr natürlich selbst stellen. "Versteht sich, versteht sich", sagte Herr Lemm, gab die Adresse seiner Villa in Berlin-Dahlem an und bestellte einen Weihnachtsmann für den 24. Dezember um 18 Uhr. Seine Kinder seien noch klein, und da sei es nicht gut, sie allzu lange auf die Bescherung warten zu lassen. Der bestellte Weihnachtsmann kam pünktlich. Er war ein Student mit schwarzem Vollbart, unter dem Arm trug er ein Paket.

„Wollen Sie so auftreten?" fragte Herr Lemm.

„Nein", antwortete der Student, „da kommt natürlich noch ein weißer Bart darüber. Kann ich mich hier irgendwo umziehen?".

Er wurde in die Küche geschickt. „Da stehen aber leckere Sachen", sagte er und deutete auf die kalten Platten, die auf dem Küchentisch standen. „Nach der Bescherung, wenn die Kinder im Bett sind, wollen noch Geschäftsfreunde meines Mannes vorbeischauen", erwiderte die Hausfrau. „ Daher eilt es etwas. Könnten Sie bald anfangen?"

Der Student war schnell umgezogen. Er hatte jetzt einen roten Mantel mit roter Kapuze an und band sich einen weißen Bart um. „Und nun zu den Geschenken", sagte Herr Lemm. „Diese Sachen sind für den Jungen, Thomas", er zeigte auf ein kleines Fahrrad und andere Spielsachen, „und das bekommt Petra, das Mädchen, ich meine die Puppe und die Sachen da drüben. Die Namen stehen jeweils drauf, da wird wohl nichts schief gehen. Und hier ist noch ein Zettel, auf dem ein paar Unarten der Kinder notiert sind, reden Sie ihnen einmal ins Gewissen, aber verängstigen Sie sie nicht, vielleicht genügt es, etwas mit der Rute zu drohen. Und versuchen Sie, die Sache möglichst rasch zu machen, weil wir noch Besuch erwarten."

Der Weihnachtsmann nickte und packte die Geschenke in den Sack. „Rufen Sie die Kinder schon ins Weihnichtszimmer, ich komme gleich nach. Und noch eine Frage. Gibt es hier ein Telefon? Ich muss jemanden anrufen."

„Auf der Diele rechts. "

„Danke."

Nach einigen Minuten war dann alles soweit. Mit dem Sack über dem Rücken ging der Student auf die angelehnte Tür des Weihnachtszimmers zu. Einen Moment blieb er stehen. Er hörte die Stimme von Herrn Lemm, der gerade sagte: „Wisst ihr, wer jetzt gleich kommen wird? ja, Petra, der Weihnachtsmann, von dem wir euch schon so viel erzählt haben. Benehmt euch schön brav... "

Fröhlich öffnete er die Tür. Blinzelnd blieb er stehen. Er sah den brennenden Baum, die erwartungsvollen Kinder, die feierlichen Eltern. Es hatte geklappt, jetzt fiel die Falle zu. „Guten Tag, liebe Kinder", sagte er mit tiefer Stimme. „Ihr seid also Thomas und Petra. Und ihr wisst sicher, wer ich bin, oder?" „Der Weihnachtsmann", sagte Thomas etwas ängstlich.

„Richtig. Und ich komme zu euch, weil heute Weihnachten ist. Doch bevor ich nachschaue, was ich alles in meinem Sack habe, wollen wir erst einmal ein Lied singen. Kennt ihr ‚Stille Nacht, heilige Nacht'? Ja? Also!"

Er begann mit lauter Stimme zu singen, doch mitten im Lied brach er ab. „Aber, aber, die Eltern singen ja nicht mit! Jetzt fangen wir alle noch mal von vorne an. Oder haben wir den Text etwa nicht gelernt? Wie geht denn das Lied, Herr Lemm?"

Herr Lemm blickte den Weihnachtsmann befremdet an. „Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, einer wacht ...

Der Weihnachtsmann klopfte mit der Rute auf den Tisch: „Einsam wacht! Weiter! Nur das traute ..."

„Nur das traute, hochheilige Paar", sagte Frau Lemm betreten, und leise fügte sie hinzu: „Holder Knabe im lockigen Haar."

„Vorsagen gilt nicht", sagte der Weihnachtsmann barsch und hob die Rute. „Wie geht es weiter?" „Holder Knabe im lockigen..."

„im lockigen was?

„Ich weiß es nicht", sagte Herr Lemm. Aber was soll denn diese Fragerei? Sie sind hier, um..."

Seine Frau stieß ihn in die Seite, und als er die erstaunten Blickt seiner Kinder sah, verstummte Herr Lemm.

„Holder Knabe im lockigen Haar", sagte der Weihnachtsmann, ."Schlaf in himmlischer Ruh, schlaf in himmlischer Ruh. Das nächste Mal lernen wir das besser. Und jetzt singen wir noch einmal miteinander." „Stille Nacht, heilige Nacht . . ."

„Gut, Kinder", sagte er dann. „Eure Eltern können sich ein Beispiel an euch nehmen. So, jetzt geht es an die Bescherung. Wir wollen doch mal sehen, was wir hier im Sack haben. Aber Moment, hier liegt ja noch ein Zettel!" Er griff nach dem Zettel und las ihn durch.

Stimmt das, Thomas, dass du in der Schule oft ungehorsam bist und den Lehrern widersprichst?"

„Ja", sagte Thomas kleinlaut.

„So ist es richtig", sagte der Weihnachtsmann. „Nur dumme Kinder glauben alles, was ihnen die Lehrer erzählen. Brav, Thomas!"

Herr Lemm sah den Studenten beunruhigt an.

„Aber..." begann er. „Sei doch still", sagte seine Frau.

„Wollten Sie etwas sagen?" fragte der Weihnachtsmann Herrn Lemm mit tiefer Stimme und strich sich über den Bart.

„Nein.

„Nein, lieber Weihnachtsmann, heißt das immer noch. Aber jetzt kommen wir zu dir, Petra. Du sollst manchmal bei Tisch reden, wenn du nicht gefragt wirst, ist das wahr?". Petra nickte. „Gut so", Sagte der Weihnachtsmann. „Wer immer nur redet, wenn er gefragt wird, bringt es in diesem Leben zu nichts. Und da ihr so brave Kinder seid, sollt ihr nun auch belohnt werden. Aber bevor ich in den Sack greife, hätte ich gerne etwas zu trinken." Er blickte die Eltern an.

„Wasser?" fragte Frau Lemm.

„Nein, Whisky. Ich habe in der Küche eine Flasche Chivas Regal gesehen. Wenn Sie mir davon etwas einschenken würden? Ohne Wasser, bitte, aber mit etwas Eis."

„Mein Herr!" sagte Herr Lemm, aber seine Frau war schon aus dem Zimmer. Sie kam mit einem Glas zurück, das sie dem Weihnachtsmann anbot. Er lehrte es und schwieg.

„Merkt euch eins, Kinder", sagte er dann. „Nicht alles, was teuer ist, ist auch gut. Dieser Whisky kostet etwa 50 DM pro Flasche. Davon müssen manche Leute einige Tage leben, und eure Eltern trinken dar einfach runter. Ein Trost bleibt: der Whisky schmeckt nicht besonders." Herr Lemm wollte etwas sagen, doch als der Weihnachtsmann die Rute hob, ließ er es.

„So, jetzt geht es an die Bescherung."

Der Weihnachtsmann packte die Sachen aus und überreichte sie den Kindern. Er machte dabei kleine Scherze, doch es gab keine Zwischenfälle, Herr Lemm atmete leichter, die Kinder schauten respektvoll zum Weihnachtsmann auf, bedankten sich für jedes Geschenk und lachten, wenn er einen Scherz machte. Sie mochten ihn offensichtlich.

„Und hier habe ich noch etwas Schönes für dich, Thomas", sagte der Weihnachtsmann. „Ein Fahrrad. Steig mal drauf." Thomas strampelte, der Weihnachtsmann hielt ihn fest, gemeinsam drehten sie einige Runden im Zimmer.

„So, jetzt bedankt euch mal beim Weihnachtsmann!" rief Herr Lemm den Kindern zu. „Er muss nämlich noch viele, viele Kinder besuchen, deswegen will er jetzt leider gehen." Thomas schaute den Weihnachtsmann enttäuscht an, da klingelte es. „Sind das schon die Gäste?" fragte die Hausfrau. „Wahrscheinlich", sagte Herr Lemm und sah den Weihnachtsmann eindringlich an. „Öffne doch."

Die Frau tat das, und ein Mann mit roter Kapuze und rotem Mantel, über dem ein langer weißer Bart wallte, trat ein. „Ich bin Knecht Ruprecht", sägte er mit tiefer Stimme.

Währenddessen hatte Herr Lemm im Weihnachtszimmer noch einmal behauptet, dass der Weihnachtsmann jetzt leider gehen müsse. „Nun bedankt euch mal schön, Kinder", rief er, als Knecht Ruprecht das Zimmer betrat. Hinter ihm kam Frau Lemm und schaute ihren Mann achselzuckend an . „Da ist ja mein Freund Knecht Ruprecht", sagte der Weihnachtsmann fröhlich.

„So ist es", erwiderte dieser. „Da drauß' vom Walde komm ich her, ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr. Und jetzt hätte ich gerne etwas zu essen"

„Wundert euch nicht", sagte der Weihnachtsmann zu den Kindern gewandt. „Ein Weihnachtsmann allein könnte nie all die Kinder bescheren, die es auf der Welt gibt. Deswegen habe ich Freunde, die mir dabei helfen: Knecht Ruprecht, den heiligen Nikolaus und noch viele andere"

Es klingelte wieder. Die Hausfrau blickte Herrn Lemm an, der so verwirrt war, dass er mit dem Kopf nickte; sie ging zur Tür und öffnete. Vor der Tür stand ein dritter Weihnachtsmann, der ohne Zögern eintrat. „Puh", sagte er. „Diese Kälte! Hier ist es beinahe so kalt wie am Nordpol, wo ich zu Hause bin!"

Mit diesen Worten betrat er das Weihnachtszimmer. „Ich bin Sankt Nikolaus", fügte er hinzu, „und ich freue mich immer, wenn ich brave Kinder sehe. Das sind sie doch - oder?"

„Sie sind sehr brav", sagte der Weihnachtsmann. „Nur die Eltern gehorchen nicht immer, denn sonst hätten sie schon längst eine von den kalten Platten und etwas zu trinken gebracht."

„Verschwinden Sie!" flüsterte Herr Lemm in das Ohr des Studenten.

„Sagen Sie das doch so laut, dass Ihre Kinder es auch hören können", antwortete der Weihnachtsmann.

„Ihr gehört jetzt ins Bett", sagte Herr Lemm.

„Nein", brüllten die Kinder und klammerten sich an den Mantel des Weihnachtsmannes.

„Hunger", sagte Sankt Nikolaus.

Die Frau holte ein Tablett. Die Weihnachtsmänner begannen zu essen. „In der Küche steht Whisky", sagte der erste, und als Frau Lemm sich nicht rührte, machte sich Knecht Ruprecht auf den Weg. Herr Lemm lief hinter ihm her. In der Diele stellte er den Knecht Ruprecht, der mit einer Flasche und einigen Gläsern das Weihnachtszimmer betreten wollte.

„Lassen Sie die Hände vom Whisky!"

„Thomas!" rief Knecht Ruprecht laut, und schon kam der junge auf seinem Fahrrad angestrampelt. Erwartungsvoll blickte er Vater und Weihnachtsmann an.

„Mein Gott, mein Gott", sagte Herr Lemm, doch er ließ Knecht Ruprecht vorbei.

„Tu was dagegen", sagte seine Frau. „Das ist ja furchtbar. Tu was!"

„Was soll ich tun?" fragte er, da klingelte es.

„Das werden die Gäste sein!"

„Und wenn sie es nicht sind?"

„Dann hole ich die Polizei!" Herr Lemm öffnete. Ein junger Mann trat ein. Auch er hatte einen Wattebart im Gesicht, trug jedoch keinen roten Mantel, sondern einen weiten Umhang, an dem er zwei Flügel aus Pappe befestigt hatte. Der Weihnachtsmann, der auf die Diele getreten war, als er das Klingeln gehört hatte, schwieg wie die anderen. Hinter ihm schauten die Kinder, Knecht Ruprecht und Sankt Nikolaus auf den Gast.

„Grüß Gott, lieber..." sagte Knecht Ruprecht schließlich.

„Lieber Engel Gabriel", ergänzte der Bärtige verlegen. „ich komme, um hier nachzuschauen, ob auch alle Kinder artig sind. Ich bin nämlich einer von den Engeln auf dem Felde, die den Hirten damals die Geburt des Jesuskindes angekündigt haben. „Ihr kennt doch die Geschichte, oder?"

Die Kinder nickten, und der Engel ging etwas befangen ins Weihnachtszimmer. Zwei Weihnachtsmänner folgten ihm, den dritten, es war jener, der als erster gekommen war, hielt Herr Lemm fest. „Was soll denn der Unfug?" fragte er mit einer Stimme, die etwas zitterte. Der Weihnachtsmann zuckte mit den Schultern. „Ich begreif auch nicht, warum er so antanzt. Ich habe ihm ausdrücklich gesagt, er solle als Weihnachtsmann kommen, aber wahrscheinlich konnte er keinen roten Mantel auftreiben. " „Sie werden jetzt alle schleunigst hier verschwinden", sagte Herr Lemm.

„Schmeißen Sie uns doch raus", erwiderte der Weihnachtsmann und zeigte ins Weihnachtszimmer. Dort saß der Engel, aß Schnittchen und erzählte Thomas davon, wie es im Himmel aussah. Die Weihnachtsmänner tranken und brachten Petra ein Lied bei, das mit den Worten begann: „Nun danket alle Gott, die Schule ist bankrott."

„Wie viel verlangen sie?" fragte Herr Lemm, „Wofür ?"

„Für Ihr Verschwinden. Ich erwarte bald Gäste, das wissen Sie doch."

„Ja, das könnte peinlich werden, wenn Ihre Gäste hier herein platzen würden. Was ist Ihnen denn die Sache wert?"

„Hundert Mark", sagte der Hausherr. Der Weihnachtsmann lachte und ging ins Zimmer. „Holt mal eure Eltern", sagte er zu Petra und Thomas, „Engel Gabriel will uns noch die Weihnachtsgeschichte erzählen."

Die Kinder liefen auf die Diele. „Kommt", schrien sie, „Engel Gabriel will uns was erzählen." Herr Lemm sah seine Frau an.

„Halt mir die Kinder etwas vom Leibe", flüsterte er, „Ich ruf jetzt die Polizei an!"„Tu es nicht", bat sie, „denk doch daran, was in den Kindern vorgehen muss, wenn Polizisten . . ."

„Das ist jetzt völlig egal", unterbrach Herr Lemm. „Ich tu's"

„Kommt doch", riefen die Kinder. Herr Lemm hob den Hörer ab und wählte. Die Kinder kamen neugierig näher.

„Hier Lemm", flüsterte er. „ Lemm, Berlin-Dahlem. Bitte schicken Sie ein Überfallskommando." „Sprechen sie bitte lauter."

„Ich kann nicht lauter sprechen, wegen der Kinder. Hier bei mir zu Haus, sind drei Weihnachtsmänner und ein Engel und die gehen nicht weg...

Frau Lemm hatte versucht, die Kinder wegzuscheuchen, es war ihr nicht gelungen. Petra und Thomas standen neben ihrem Vater und schauten ihn an. Herr Lemm verstummte.

„Was ist mit den Weihnachtsmännern?" fragte der Beamte, doch Herr Lemm schwieg weiter.

„Fröhliche Weihnachten", sagte der Beamte und hängte auf.

Da erst wurde Herrn Lemm klar, wie verzweifelt seine Lage war.

„Komm, Pappi", riefen die Kinder, „Engel Gabriel will anfangen." Sie zogen ihn ins Weihnachtszimmer.

„Zweihundertfünfzig", sagte er leise zum Weihnachtsmann, der auf der Couch saß.

„Pst", antwortete der und zeigte auf den Engel, der „Es begab sich aber zu der Zeit" sagte und langsam fortfuhr. „Dreihundert". Als der Engel begann, den Kindern zu erzählen, was der Satz „und die war schwanger" bedeute, sagte Herr Lemm „Vierhundert" und der Weihnachtsmann nickte.

„Jetzt müssen wir leider gehen, liebe Kinder", sagte er. „Seid hübsch brav, widersprecht euren Lehrern, wo es geht, haltet die Augen offen und redet, ohne gefragt zu werden. Versprecht ihr mir das?"

Die Kinder versprachen es, und nacheinander verließen der Weihnachtsmann, Knecht Ruprecht, Sankt Nikolaus und der Engel Gabriel das Haus.

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angelottchen
enigma
enigma
Mitglied

Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von enigma
als Antwort auf mart vom 23.12.2007, 19:20:49
Zum Thema Fussenegger :

@Mart

Da hast Du Fleißarbeit geleistet. Anerkennung!

Das, was Du uns zur Kenntnis gebracht hast, hört sich wirklich danach an, dass sie diesem unsäglichen System und seinen Vertretern nahe stand.
Daran gibt es wohl keinen Zweifel.

Insgesamt gesehen, vermisse ich eigentlich bei ihr ein Eingeständnis des eigenen Irrtums, der eigenen Schuld. Das wäre Größe gewesen!
Und ihr langes Leben hätte ja auch die Chance zur Umkehr und zur Einsicht in eigene Fehler und Irrtümer geboten.
Stattdessen zieht sie sich ja eher auf eine schicksalhafte Verknüpfung zwischen der eigenen Familie, ihrer Herkunft und der damaligen Umwelt zurück.
Aber vielleicht gibt es ja noch Erklärendes zu diesem Punkt, das uns (bzw. mir) bisher nicht bekannt ist.

In dem von Dir zur Verfügung gestellten Material (Artikel “Die Presse.com“) finde ich nur einen einzigen Beweis, dass sie innerlich möglicherweise doch unberührt von dem NS-Gedankengut war und eher Mitläuferin zu Gunsten ihrer Karriere.
Sie erwähnt bei jeder Bekanntschaft, ob es sich um eine Jüdin oder einen Juden handelt (ein Verehrer ist „zu drei Viertel jüdischer Herkunft“) andererseits begegnet sie offenbar außer bei offiziellen Anlässen keinen Nazis, keinen Parteigenossen, keinen Fanatikern. Bekannte und Freunde sind in der Regel Hitlergegner oder sie haben, wie die Erzählerin selbst, die Befürchtung, dass das Ganze kein gutes Ende nehmen werde. „Schon gor es in einigen Köpfen. Vielleicht gor es nur in einem einzigen Kopf: Unersättlichkeit“, schreibt sie über die Angliederung des Sudetenlandes im Oktober 1938. Das Unheil hat einen Namen: Hitlers Unersättlichkeit, und eine Erklärung: die Unzurechnungsfähigkeit eines Irren. Das entlastet.
geschrieben von Klaus Amann - Artikel v 15.6.2007 in "die Presse.com"






@Angelottchen
Hab` ich nicht schon mal gesagt, dass wir manchmal die gleichen Ideen haben (she. meinen Beitrag vom 21.12.2007, 9.02 Uhr!)?

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enigma

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angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf enigma vom 24.12.2007, 08:53:55
...ächz.... oh enigma... ist mir das peinlich Das hab ich wirklich überlesen ... jaja, immerhin waren wir schon wieder auf der selben Spur

Beim Suchen nach passenden Geschichten für diesen Fred stiess ich auf den Blog eines evang. Pfarrers aus Bern und darin ein paar bemerkenswerte Ausschnitte aus seinen Predigten - passend zum heutigen Tag u.a. diesen hier:

Im Krippenspiel sind die Hirten immer sehr anständig. Keine dummen Sprüche, keine stinkigen Kleider und kein Schielen auf den Busen von Maria. Aber wie waren die wirklich, die Hirten auf dem Felde, die als Erste bei Jesus zu Besuch waren? Ehrlich gesagt weiss ich das so genau nicht. Klar ist, dass ihr Beruf nicht angesehen war. Wer bei den Schafen lebt, der riecht auch mal so. Und ohne festen Wohnsitz kamen wohl die wenigsten zu Frau und Kind. Ich stelle mir die Hirten an der Krippe als ungezogene, rüpelhafte und neugierige Clochards vor. Mag sein, dass ich übertreibe, aber Hirten gehörten damals zur untersten sozialen Schicht - und darin liegt ein grosses Stück von dem, was das Wunder von Bethlehem ausmacht: Nämlich dass ich bei Gott so sein darf, wie ich bin. Ich muss nicht zuerst Manieren haben oder frisch parfümiert sein. Erst recht will Gott nicht, dass ich irgend ein Theater spiele. An der Krippe bin ich mit all meinen Ecken und Kanten willkommen.

Das "Anständige-Hirten-Monster" tötest du mit einem Schuss Ehrlichkeit. Lege deine wohlanständigen frommen Masken ab. Stehe zu deiner Unvollkommenheit und freue dich daran, dass du bei Gott genau so willkommen bist.
geschrieben von http://gotteskuss.blueblog.ch/blutiger-advent/index.html


oder auch das hier:

Ein Aspekt aus der Weihnachtsgeschichte wird bei unserer landläufigen Christkindli-Romantik meistens ausgeblendet: Der Kindermord von Bethlehem. Die Bibel berichtet in Matthäus 2.16 davon: "Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, wurde er sehr zornig und schickte aus uns liess alle Kinder in Bethlehem töten und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren."

Schon mal gesehen, wie das in einem Krippenspiel umgesetzt wurde? Ich glaube kaum. An Weihnachten wollen wir uns vom "rosarote-Brille-Monster" die Sicht auf unsere Welt klären lassen. Mord und Totschlag haben an unseren Feierlichkeiten keinen Platz.

Bitte lass dich vom "rosarote-Brille-Monster" nicht täuschen. Auch an Weihnachten 2006 werden Kinder ermordet werden. Machtgier, Profitsucht und blinder Hass beherrschen das Weltgeschehen. Wir Menschen sind auch 2000 Jahre später noch kein bisschen besser geworden. Die Finsternis hat uns voll im Griff.

Gibt es noch Hoffnung? Ist da ein Licht? Wie können wir jemals gerettet werden?
geschrieben von P.K. wie oben


Auch eine Art, an die Frage der Erlösung heranzugehen - die Erlösung aus den eigenen, alten Denkweisen ...
--
angelottchen
enigma
enigma
Mitglied

Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von enigma
als Antwort auf angelottchen vom 24.12.2007, 09:08:38
Hallo Angelottchen,

kein Problem!
Ich fand das eher lustig, dass wir auf der gleichen Schiene daherglitten.
)

Carl Zuckmayer
Weihnachtslied

Frost klirre Glas!
Eisblumen blühn.
Raureif im welken Gras
sprüht feurig Grün.
Fuchs, Has`und Reh
hüllt warm das Winterfell.
Bald fällt ein Schnee
und macht die Nächte hell-
Wiesel wird Hermelin.
Dompfaff ans Fenster pickt.
Herr, mach auch ihn
warm wie von Woll`umstrickt.
Laut unser Weihnachtswunsch
beim roten Toddyglas:
Schenk jedem Bettler Punsch
und jedem Vogel Fraß!
Viel Brüder schweifen weit
in deiner Nacht verirrt.
Schaff`uns die Zeit,
wo jedem Heimat wird.
Schick uns die Not,
eh`unser Herz erschlafft,
gib täglich Brot Jedem,
der sich`s erschafft.
Schür`uns die Freud`!
Hell brennt die Sonn`ins Feld!
All sind wir reiche Leut`
auch ohne Geld!
Hilf, daß der rechte Mann
die rechte Frau sich find`.
Und segne beiden dann


--
enigma
Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 24.12.2007, 09:19:57
Sie haben Weihnachten in Bethlehem gestrichen

Sie haben den Frieden in Bethlehem gestrichen
In einem Land, das einmal als Heiliges bekannt war,
Führen nun Waffen die Kontrolle aus.
In Bethlehem haben sie Weihnachten gestrichen.

Sie haben in Bethlehem auch die Freiheit gestrichen
Und die Hoffnung haben sie in Bethlehem auch gestrichen.
Sie schlossen die kleine Stadt hinter Ghettomauern ein.
In Bethlehem lassen sie das Weihnachtsfest ausfallen.

Chor: Auch wenn Engel singen –
So sind sie hinter der Mauer gefangen.
Sie singen unten auf dem Hirtenfeld
Und wenn unsere Weihnachtslieder und Gebete
Nicht umsonst sein sollen
Müssen wir diese Gefängnismauern einreißen,
die Bethlehem strangulieren.
Die Mauern müssen fallen – fallen müssen die Mauern
Wenn Frieden auf Erden kommen soll
muss die Mauer fallen.

Sie haben den drei Weisen abgesagt –
Sie haben auch den Hirten abgesagt.
Am Checkpoint haben sie die drei Weisen aufgehalten
Und die Hirten können ihr Haus nicht verlassen
Weil Bethlehem unter Ausgangssperre liegt.

Die Mauer muss fallen – die Mauer muss fallen
Wenn auf Erden Frieden werden soll.

Worte und Musik : Garth Hewitt, 2002
--


Frohe Weihnachten und Frieden auf Erden wünscht

Marina

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longtime
longtime
Mitglied

Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von longtime
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.12.2007, 10:30:00
Konrad von Heidkampen:
Deutsche Weihnacht 1930

Es ist Zeit, dass wir uns vom jüdischen Krippenkind
zum urgermanischen Wotan-Kultus bekehren.
Nur Esel, Schafe und einfältiges Rind
können, damals wie heute, ein jüdisches Wesen verehren.

Dieses Kind, das durch feige Flucht und List
sich dem Bethlehemer Pogrom entzogen,
war natürlich Jude und nannte sich nur Christ,
und hat die Weltgeschichte durch seinen Namen betrogen.

Ein arbeitsscheuer, landfremder Vagabund,
der mit bolschewistischen Lehren hausierte.
Mit einen Wort: ein jüdischer Hund,
der gegen die arische Autorität agitierte.

Nein, wir brauchen Wotan, den germanischen Held,
mit rauschendem Vollbart und blitzendem Speere,
der alle Juden verjagt aus der deutschen Welt
mit jauchzendem Walküren-Heere!

Heil Wotan! Heil Hitler! Die Stunde gebeut’s,
die deutsche Weihnacht, jetzt naht sie:
Fort vom Kreuze, - zum Hakenkreuz!
Fort vom Nazarener, - zum Nazi!
*
(Aus: Simplicissimus. 22.12.1930)
*

Als Beitrag, über Weihnachten und Kindlichkeitsver- oder -vorstellungen an historischen Texten sich ein Urteil zu bilden, die nicht in einer Schul-Literaturgeschichte stehen.



TIPP:
Karikatur aus "Simplicissimus" von Thomas Theodor Heine
(1867-1948) zur Palästinareise Wilhelm II.
Bildtext:
Palästina: Gottfried von Bouillon:
'Lach' nicht so dreckig, Barbarossa! Unsere Kreuzzüge hatten doch eigentlich auch keinen Zweck.'
(Quelle: Alois Payer)

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longtime
mart
mart
Mitglied

Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von mart
als Antwort auf enigma vom 24.12.2007, 09:19:57
Da hast Du Fleißarbeit geleistet. Anerkennung!


Ich habe im ST. oft Fleißarbeit geleistet und Fleißbildchen gesammelt) Es gibt aber offensichtlich einen gr. Unterschied im Bekanntheitsgrad von Schriftstellern zw. Deutschland und Österreich.
Dieses Mal war es aber keine von den Beweggründen her anzuzweifelnde Freizeitbeschäftigung à la Freizeittherapie in der Geschützten Werkstatt, sondern es ging um die gefühlvolle Selbstdarstellung einer Österreicherin, die sich in zweier ihrer Biographien (die letzte erst vor kurzer Zeit erschienen) als ein nach dem Kriege aus unverständlichen Gründen verstoßener und unbeheimateter Mensch darstellt. (siehe die hier zitierte Weihnachtsgeschichte: Die Tasche) Die Parallelität mit der unbehausten "Heiligen Familie" ist unübersehbar! .....

Trotz der Tatsache, daß die heftigen Novemberprogromme in der Kleinstadt Innsbruck an ihr offensichtlich spurlos vorbeigegangen sind und ihre Weihnachtsgeschichte "Die Mohrenlegende" als unvereinbar mit den nationalsozialistischen Rassengesetzen 1938 aus dem Verkehr gezogen wurden.
.... ..Verblendung?
"Man sagt: Wir waren damals mit Blindheit geschlagen. Mir scheint: Blindheit ist grundbefindlich im Menschendasein."
geschrieben von Aussage Fussenegger




...Es ist ein in vielerlei Hinsicht und für weite Teile der Bevölkerung repräsentatives Dokument für einen jahrzehntelang üblichen Umgang mit der Nazizeit in Österreich. Es ist ein Zeugnis für die Strategien des Erinnerns, des Verdrängens und der Entlastung, für die blinden Flecken in unserer Wahrnehmung, für die Dominanz des eigenen Opferbewusstseins, für einen Mangel an Empathie, für das Weiterwirken zeitbezogener Wahrnehmungsformen und Redeweisen.
geschrieben von Die PRESSE


Leute wie sie haben den Untergang Österreichs bejubelt und dafür gesorgt, daß Millionen Menschen ein unbeheimatetes Weihnachten feiern durften!...Weißer Fleck in der Erinnerung?
Deshalb habe ich absolut kein schlechtes Gewissen, hier Mißtöne eingeschleust zu haben.

Apropo Fleißaufgabe - Fussenegger gehörte zur Pflichtlektüre für die Deutschmatura.



longtime
longtime
Mitglied

Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 24.12.2007, 10:57:30
Zum Thema der menschheitsumspannenden, verschiedenen kulturellen und religiösen Gott- und Kindheits-Sehnsüchte und sozialen Erfahrungen:

"Milomaki"

Eine brasilianische Indianer-Mythe

Vor vielen, vielen Jahren kam aus dem großen Wasserhaus, der Heimat der Sonne, ein kleiner Knabe, der so wunderschön singen konnte, daß viele Leute von nah und fern herbeieilten, ihn zu sehen und zu hören.
Der Knabe hieß Milomaki.
Als aber die Leute, die ihn gehört hatten, heimkehrten und Fische aßen, fielen sie alle tot nieder.
Da ergriffen ihre Angehörigen Milomaki, der inzwischen zum Jüngling herangewachsen war, und verbrannten ihn auf einem großen Scheiterhaufen, weil er schlecht wäre und ihre Brüder getötet hätte.
Der Jüngling aber fuhr bis zu seinem Ende fort, wunderschön zu singen, und als schon die Flammen an seinem Leib emporleckten, sang er: „Jetzt sterbe ich, mein Sohn, jetzt verlasse ich diese Welt!"

Als sein Leib von der Hitze anschwoll, sang er noch immer in herrlichen Tönen: „Jetzt zerbricht mein Leib, jetzt bin ich tot!"
Sein Leib zerplatzte. Er starb und wurde von den Flammen verzehrt; seine Seele aber stieg auf in den Himmel. Aus seiner Asche erwuchs noch an demselben Tage ein langes, grünes Blatt. Es wurde zusehends größer und größer, breitete sich aus und war am anderen Tag schon ein hoher Baum, die erste Paschiubapalme. Denn vorher gab es diese Palmen nicht. Die Leute aber machten aus ihrem Holz große Flöten, und diese gaben die wunderschönen Weisen wieder, die einst Milomaki gesungen hatte.

Die Männer blasen sie bis auf den heutigen Tag, jedesmal, wenn die Waldfrüchte reif sind, und fasten und tanzen zu Ehren von Milomaki, der alle Früchte geschaffen hat.
Die Weiber aber und kleinen Knaben dürfen die Flöten nicht sehen, sonst müssen sie sterben.

*

[Wer "Weiber" neu übersetzen will, kann das Yahuna-Wort ja anders eindeutschen als die Übersetzer Karlinger und de Freitas.]

Dazu gibt es eine Interpretation von Eugen Drewermann: Milomaki oder Vom Geist der Musik. Eine Mythe der Yahuna-Indianer. Freiburg i.Br. 1991. - Der Text auf S. 22.

*

Eine Ergänzung über Mann, Frau und Kindlich-Vertrauensvolle, von Eugen Drewermann:

"Die katholische Kirche versucht, diese Angst, die dazugehört, daß man ein Mensch ist und ein Individuum wird, zu beschwichtigen, indem sie ihre eigenen Institutionen als haltgebend an die Stelle Gottes rückt.

... Mein Hauptvorwurf an die katholische Kirche: Sie ist überhaupt nicht daran interessiert, daß Menschen sich als Person in Freiheit entwickeln. Das fürchtet sie geradezu. Denn es untergräbt ihr Herrschaftssystem. ...
Wer sagt, daß Menschen Gott in ihrer Seele finden können, der wird der Kirche fürchterlich. Den muß sie bekämpfen. Der macht den Apparat der Außenlenkung offenbar überflüssig. Glaubensfragen werden so zu Machtfragen. ...
Man sollte nicht primär Priester ausbilden, sondern das Priesterliche im Menschen fördern. Das ist Frauen mindestens so eigen wie Männern. Ursprünglich und religionsgeschichtlich waren Frauen Priester. Davor hat die katholische Kirche Angst. Es würde die gesamte Kirchenstruktur verändern. Die Frau als Priesterin, offen zur Sexualität und zur Natur, wäre in vielfachem Sinn poetisch. Das gefährdet die verwaltete Amtshierarchie. ...
Die Priester wären für mich Menschen, die Vertrauen übertragen. Sie müßten Ängste durcharbeiten bis in die Physis und die Psyche hinein - durch menschliche Begegnung. Wo das geschieht, findet etwas priesterliches statt. ...
Die Kirche ist kulturell ohnmächtig. Von ihr geht nichts mehr aus, weil in ihr nicht gelebt wird.
...
In der Kirche gibt es Angst, Schuld und Opfer, gebraucht werden Vertrauen, Selbstwerdung und Befreiung."

URL.:
http://www.kirchenkritik.de/zitate_drewermann.html

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longtime
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Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 24.12.2007, 14:18:10
Mein letzter Beitrag zum Thema, wie man mit "Kindchen" umgeht, vor Weihnachten:


GERTRUD FUSSENEGGER:
Vo einem Kind


Sie haben mich
herausgeholt
eine saubere Curette
hat mich herausgeschält
wo ich noch gerne gewesen wäre
sieben Monate lang
in warmer Höhle.

Zu Ende war der Traum
gerade als er zu pochen
beginnen wollte.

Ich bin ein Nichts
Klümpchen blasser Gallerte
der Weg den sie mich schickten ist sehr betrüblich
erst eine Schüssel aus Porzellan
dann in den Ausguß
durch Rohre Kanäle irgendwohin
wo es finster und kalt ist höchst ungemütlich.

Ich weiß gar nicht wo kann diese Reise enden
im Bauch eines Fisches
im Morast und Schlamm
im Delta der Flüsse im Schelf des Meeres
aus dem sie alle gestiegen sind einst
die großen weißen grausamen Götter
Menschen genannt.

Siebenhundert Millionen Jahre
habe ich darauf gewartet
in einer warmen Höhle wachsen zu dürfen
Kind eines Götterpaars
doch sie wollten mich nicht.

Siebenhundert Millionen Jahre vertan
damit Mama
unbeschwert in den Urlaub reisen kann
besorgt daß sie erbrechen könnte im Expreß nach Rom
im Jet nach Mallorca
oder am Strand von Chios
hat sie mich abgeschüttelt
und entlassen in den Bauch eines Fisches
in Morast und Schlamm um ihre Sonnen-
tage zu retten.

O lange Mühsal im
Delta der Flüsse
im Schelf der Meere
siebenhundert Millionen Jahre
der großen Chance entgegen
an ihr vorbei
wieder hinab in den Schlamm.

*
(1986)


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longtime

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