Literatur Strmzeit Wilde Lupinen Band 2 Charlotte Link

In diesem  schon 1989 erstmals erschienenen zweiten Band ihrer „Sturmzeit”-Trilogie stellt  Charlotte Link das Schicksal  einer begüterten deutschen Familie  von 1938 bis 1945 dar. Im Zentrum der Handlung stehen die oft eigenwillig und egoistisch handelnde Felicia als erfolgreiche Unternehmerin und Gutsverwal-terin sowie ihre  ebenfalls  erfolgsorientierte Tochter Belle, die unbedingt eine Karriere als Schauspielerin anstrebt und  mit dem  regimekritischen Schauspieler Max Marty unglücklich verheiratet ist. Beide Frauen, die sich ursprünglich kaum für Politik interessieren,  sind  sehr komplexe Persönlichkeiten, deren  ausge-prägtes Gefühlsleben von vielen Widersprüchen geprägt  ist, was sich auch in ihrem wechselhaften und fragilen Liebesleben widerspiegelt. Dass die jüngere Tochter Felicias(Susanne) mit einem  mit großer Schuld belasteten SS-Offizier  verheiratet ist, wohingegen Felicia, aus Mitleid und  politischem Kalkül einigen verfolgten Juden  hilft, verleiht dem Roman eine zusätzliche Brisanz.                                                 Stärken dieses Romans  sind die sehr eindrucksvolle Schilderung ausgewählter historischer Aspekte (Kul-turpolitik, Antisemitismus, Rolle von SS  und Gestapo, Widerstand, Zweiter Weltkrieg) und die  ebenfalls sehr gut gelungene Analyse der vielen Personen, die auch  unterschiedliche Reaktionen auf das NS-Regime zeigen. Der Roman ist  trotz mancher Weitschweifigkeiten sehr spannend.                                         Ob das ständige Lavieren Felicias und ihrer Tochter zwischen verschiedenen Liebhabern  und anderen für sie interessanten Männern realistisch ist  und sich wirklich vereinbaren lässt mit dem Anspruch eines histo-rischen Romans  mit all seinen tragischen Aspekten, erscheint mir allerdings zweifelhaft. Es fällt auch auf, dass einige wichtige historische Aspekte  nicht thematisiert oder nur gestreift werden (z. B. Propaganda, Hitlerjugend, NS-Wirtschafts- und „Sozialpolitik”).                                                                                   Insgesamt ist der Roman aber vor allem wegen seines Spannungsgehalts und seiner  ausgefeilten Analyse einer Familiengeschichte in Verbindung mit einer Auswahl historischer Zusammenhänge sehr lesenswert und regt auf jeden Fall zum Nachdenken an.