Literatur Schöne Lyrik
Ein Traum vom Bergsteigen
von Pai Jü-I (772 - 846)
Nachts hab' ich im Traum kühn einen Berg bestiegen,
Allein ging ich los mit meinem Stock aus Stechpalmenholz.
Von tausend Klippen, hundertmal hundert Tälern
Blieb in meiner Traumreise keines unerforscht,
Und die ganze Zeit wurden mir die Füße nicht müde
Und mein Schritt war stark wie in meiner Jugendzeit.
Kann es sein dass, wenn der Geist zurückreist,
Auch der Leib zu seinem alten Zustand zurückkehrt?
Und kann es sein, so zwischen Leib und Seele,
Dass der Leib ermattet, während der Geist stark bleibt?
Geist und Körper - beides sind leere Begriffe;
Träumen und Wachen - beide gleich unwirklich.
Am Tage sind meine Füße lahm und wackelig;
In der Nacht überschreiten meine Schritte die Berge.
Da Tag und Nacht gleichmäßig verteilt sind,
Erhalte ich in beiden gleich viel wie ich verliere.
Ich kann dieser glatten, harmonischen, honorigen, lieblichen Lyrik nichts abgewinnen. Abgesehen natürlich von Tucholsky (kommt hier auch gar nicht vor) Ringelnatz und Busch. Die Täler
Kann mir jemand sagen welche Bedeutung zum Beispiel Verlaines Gedicht über den Herbst im 2. Weltkrieg hatte? Ohne im Internet nachzuschlagen?
Chanson d'Automne
Les sanglots longs des violons
de l'automne
Blessent mon coeur
D'une langueur monotone
Tout suffocant et blême
quand sonne l'heure
je me souviens des jours anciens
Et je pleure
Et je m'en vais
au vent mauvais
Qui m'emporte
Deçà delà pareil
À la feuille morte
Diese Lyrik hat einen unvergleichlichen Rhythmus und auch Geschichte geschrieben Baudelaire hat mit seinen Fleurs du Mal das Maß moderner Lyrik in ganz Europa gesetzt.
Die wenigen Gedichte von Voltaire waren politische Satyre. Er landete genau so in der Bastille wie auch Baudelaire, der seine Fleurs du Mal auf höchst richterlichen Befehl kürzen musste.
Gefällt mir gut Achill,ertwas melancholisch zwar!
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Voller Vertrauen
Fallen gelassen
aus dem siebten Himmel
und dann
liegen gelassen
lange Jahre,
die quälenden Frage:
wem kann ich noch vertrauen
wenn es falsch war, dir zu vertrauen?
Doch wie lebenswert
ist das Leben
wie kann ich lieben
ohne Vertrauen?
Nun,ich lebe und liebe wieder
zwar ohne Glauben
an die Unfehlbarkeit
meiner Lieben,
doch..voller Vertrauen
in meine Fähigkeit zu leiden
und, wenn alle Stricke reissen
in meine Sterblichkeit.-
Jobst Quis, Essayist+ Aphoristiker / *1953
Halt Dich nicht am Inhalt fest und den vielleicht mitschwingenden "melancholischen" Untertönen. Als Hauptvertreter des literarischen Symbolismus war für Verlaine die Musikalität seiner Verse wichtiger als der Inhalt. Also: Violons, sanglots, automne, langueur etc. sind onomatopoetische Ausdrucksmittel. Es ist schwer und eigentlich unmöglich diese Ausdrucksmittel in der deutschen Übersetzung beizubehalten. Es ist der Parnasse, der hier regiert und nicht der Realismus.
Der Knoten - Wilhelm Busch
Als ich in den Jugendtagen
noch ohne Grübelei,
da meint ich mit Behahagen
Mein Denken wäre frei
Seitdem hab ich die Stirne
oft auf die Hand gestützt
und fand, dass im Gehirne
ein harter Knoten sitzt
Mein Stolz der wurde kleiner
ich merkte mit Verdruss:
Es kann doch unsereiner
nur Denken was er muss.-
Sagt ich doch: Busch ja natürlich auch Ringelnatz.
Nun mal...weder Ringelnatz noch Busch,aber könnten es fast gar sein
(von einem ein Pseudonym..." Lola Sophia"...gefällt mir auch.)
Wissen
An meinem Wesen wird genesen,
wer umkehrt und hört auf zu lesen.
Wissenswertes aus der Welt
just, für Entertainement.
Werdet leer und tut vergessen
was man euch hat eingetrichtert.
Wo Wissen ist,kann Weisheit nicht sein,
wo Weisheit ist,kommt kein Wissen hinein...
So aus dem OFF...der Meister spricht, aus seiner ungeteilten Sicht.-
Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden,
in welchen meine Sinne sich vertiefen;
in ihnen hab ich, wie in alten Briefen,
mein täglich Leben schon gelebt gefunden
und wie Legende weit und überwunden.
Aus ihnen kommt mir Wissen, dass ich Raum
zu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe.
Und manchmal bin ich wie der Baum,
der, reif und rauschend, über einem Grabe
den Traum erfüllt, den der vergangne Knabe
(um den sich seine warmen Wurzeln drängen)
verlor in Traurigkeiten und Gesängen.
(R.M. Rilke 1875-1926)
- Das Seifenlied
Wir haben unsre Brüder
mit Wahlkampfseife bedacht.
Das tun wir das nächste Mal wieder,
Es hat sich bezahlt gemacht.
Wir schlagen Schaum.
Wir seifen ein.
Wir waschen unsre Hände
Wieder rein.
Wir haben ihn gebilligt
den großen heiligen Krieg.
Wir haben Kredite bewilligt,
weil unser Gewissen schwieg.
Wir schlagen Schaum …
Dann fiel‘n wir auf die Beine
und wurden schwarz-rot-gold.
Die Revolution kam alleine;
wir haben sie nicht gewollt.
Wir schlagen Schaum …
Wir haben die Revolte zertreten
und Ruhe war wieder im Land.
Das Blut von den roten Proleten,
das klebt noch an unsrer Hand.
Wir schlagen Schaum …
Wir haben unsre Brüder
mit Wahlkampfseife bedacht.
Das tun wir das nächste Mal wieder;
es hat sich bezahlt gemacht.
Wir schlagen Schaum …
Text: Julian Arendt
Quelle: KAZ