Literatur Schöne Lyrik
Neujahr bei Pastors
Mama schöpft aus dem Punschgefäße, Der Vater lüftet das Gesäße
Und spricht:
»Jetzt sind es vier Minuten Nur mehr bis zwölfe, meine Guten.
Ich weiß, daß ihr mit mir empfindet, Wie dieses alte Jahr entschwindet,
Und daß ihr Gott in seinen Werken – Mama, den Punsch noch was verstärken! –
Und daß ihr Gott von Herzen danket, Auch in der Liebe nimmer wanket,
Weil alles, was uns widerfahren – Mama, nicht mit dem Arrak sparen! –
Weil, was geschah, und was geschehen, Ob wir es freilich nicht verstehen,
Doch weise war, durch seine Gnade – Mama, er schmeckt noch immer fade!
In diesem Sinne meine Guten, Es sind jetzt bloß mehr zwei Minuten,
In diesem gläubig frommen Sinne – Gieß noch mal Rum in die Terrine! –
Wir bitten Gott, daß er uns helfe Auch ferner – Wie? Es schlägt schon zwölfe?
Dann prosit! Prost an allen Tischen! – Ich will den Punsch mal selber mischen.«
Ludwig Thoma (1867 - 1921)
Neujahr
Altes Jahr, du ruhst in Frieden,
Deine Augen sind geschlossen;
Bist von uns so still geschieden
Hin zu himmlischen Genossen,
Und die neuen Jahre kommen,
Werden auch wie du vergehen,
Bis wir alle aufgenommen
Uns im letzten wiedersehen.
Wenn dies letzte angefangen,
Deutet sich dies Neujahrgrüßen,
Denn erkannt ist dies Verlangen,
Nach dem Wiedersehn und Küssen.
Achim von Arnim (1781 - 1831)
Altes Jahr, du ruhst in Frieden,
Deine Augen sind geschlossen;
Bist von uns so still geschieden
Hin zu himmlischen Genossen,
Und die neuen Jahre kommen,
Werden auch wie du vergehen,
Bis wir alle aufgenommen
Uns im letzten wiedersehen.
Wenn dies letzte angefangen,
Deutet sich dies Neujahrgrüßen,
Denn erkannt ist dies Verlangen,
Nach dem Wiedersehn und Küssen.
Achim von Arnim (1781 - 1831)
Ein neues Jahr nimmt seinen Lauf.
Die junge Sonne steigt herauf.
Bald schmilzt der Schnee, bald taut das Eis.
Bald schwillt die Knospe schon am Reis.
Und ob wir nicht bis morgen schaun,
Wir wollen hoffen und vertraun.
Deutsches Sprichwort
Drei Könige waren im Morgenland
Drei Könige waren im Morgenland, An denen der Herr Gefallen fand;
Sie sahen den himmlischen Morgenstern, Sie zogen ihm nach, sie folgten ihm gern.
Sie kamen hinab nach Jerusalem: "O sagt uns, wo glänzt sein Diadem?
O sagt, wo der König geboren ist? Uns wies ein Stern zum heiligen Christ."
Sie fanden ihn nicht zu Jerusalem, Sie fanden ihn im Stall zu Bethlehem.
Darüber das Sternlein stand, Das sie geseh'n im Morgenland.
Sie waren so froh, sie gingen hinein: Das muß das heilige Kindlein sein!
Der König ist's, es ist der Christ, Der uns zum Heil geboren ist.
Da schenkten sie Weihrauch, Myrrhen und Gold Dem Jesuskinde lieb und hold,
Die weisen drei Könige frommgesinnt, Sie beteten an das heilige Kind.
Hermann Kletke (1813 - 1886)
Die Liebe saß als Nachtigall
am Rosenbusch und sang,
es flog der wundersüße Schall
den grünen Wald entlang.
Und wie er klang, da stieg im Kreis
aus tausend Kelchen Duft,
und alle Wipfel rauschten leis,
und leise ging die Luft.
Die Bäche schwiegen, die noch kaum
geplätschert von den Höhn,
die Rehlein standen wie im Traum
und lauschten dem Getön.
Und hell und immer heller floß
der Sonne Glanz herein,
um Blumen, Wald und Schlucht ergoß
sich goldig roter Schein.
Ich aber zog den Weg entlang
und hörte auch den Schall –
ach, was seit jener Stund' ich sang,
war nur sein Widerhall.
Emanuel Geibel