Literatur Schöne Lyrik
Kritik des Herzens
Vor Jahren waren wir mal entzweit
Und taten uns manches zum Torte;
Wir sagten uns beide zu jener Zeit
Viel bitterböse Worte.
Drauf haben wir uns ineinander geschickt;
Wir schlossen Frieden und haben
Die bitterbösen Worte erstickt
Und fest und tief begraben.
Jetzt ist es wirklich recht fatal,
Daß wieder ein Zwist notwendig.
O weh! Die Worte von dazumal,
Die werden nun wieder lebendig.
Die kommen nun erst in offnen Streit
Und fliegen auf alle Dächer;
Nun bringen wir sie in Ewigkeit
Nicht wieder in ihre Löcher.
Wilhelm Busch
Trost
Tröste dich, die Stunden eilen,
Und was all dich drücken mag,
Auch die schlimmste kann nicht weilen,
Und es kommt ein andrer Tag.
In dem ew′ gen Kommen, Schwinden,
Wie der Schmerz liegt auch das Glück,
Und auch heitre Bilder finden
Ihren Weg zu dir zurück.
Harre, hoffe. Nicht vergebens
zählest du der Stunden Schlag:
Wechsel ist das Los des Lebens,
Und - es kommt ein andrer Tag.
Theodor Fontane
Und was all dich drücken mag,
Auch die schlimmste kann nicht weilen,
Und es kommt ein andrer Tag.
In dem ew′ gen Kommen, Schwinden,
Wie der Schmerz liegt auch das Glück,
Und auch heitre Bilder finden
Ihren Weg zu dir zurück.
Harre, hoffe. Nicht vergebens
zählest du der Stunden Schlag:
Wechsel ist das Los des Lebens,
Und - es kommt ein andrer Tag.
Theodor Fontane
Ideale
Einst zogen die Griechen von ferne und nah
zum heiligen Orte Olympia.
Sie hatten alle nur ein Verlangen:
den Ehrenpreis, den Kranz zu erlangen.
Die Spartaner auch hatten ein hohes Ziel:
den Körper sie stärkten mit Turnen und Spiel.
karg von Worten, doch mutig von Tat,
das machte sie zu dem bewunderten Staat.
In Not und Entbehrung durch Wüstensand
sucht Israel das verheißene Land,
das Land, wo Milch fließt und Honigseim,
das den Wanderern sollt werden endlich zum Heim.
Und was ist das Sehnen von unserer Zeit?
O Himmel! Von Idealen sind wir gar weit.
Das einzige Streben ist Reichtum und Geld,
ums goldene Kalb tanzt heute die Welt.
Regine Merkle
1875 - 1903
Mir scheint seit der Zeit der Dichterin hat sich wenig im Verhalten der Menschheit geändert.😉
Bild: Susanne Hoppe
Die Worte in den Wind
Auguste Kurs (1815 – 1892)
Es findet manches gute Wort
wohl nicht die gute Statt,
doch glaube Keiner, daß er dann
umsonst gesprochen hat.
Die Worte, die in's Menschenherz
nicht aufgenommen sind,
man nennt sie wohl mit Fug und Recht
nur Worte in den Wind.
Doch sind sie nicht verloren, nein,
es trägt der Wind sie fort,
auf seinen Flügeln schweben sie
gar leicht von Ort zu Ort.
Sie suchen dann in Nord und Süd,
und auf und niederwärts,
den Weg in eines Menschen Ohr,
in eines Menschen Herz.
Wenn beide offen und bereit,
und wenn wir einsam sind,
dann finden sie die rechte Statt,
die Worte in den Wind.
Und so vernehmen wir denn oft,
was uns kein Mund gesagt,
so führt uns zu des Windes Hauch,
wonach wir lang' gefragt.
Die Worte in den Wind
Auguste Kurs (1815 – 1892)
Es findet manches gute Wort
wohl nicht die gute Statt,
doch glaube Keiner, daß er dann
umsonst gesprochen hat.
Die Worte, die in's Menschenherz
nicht aufgenommen sind,
man nennt sie wohl mit Fug und Recht
nur Worte in den Wind.
Doch sind sie nicht verloren, nein,
es trägt der Wind sie fort,
auf seinen Flügeln schweben sie
gar leicht von Ort zu Ort.
Sie suchen dann in Nord und Süd,
und auf und niederwärts,
den Weg in eines Menschen Ohr,
in eines Menschen Herz.
Wenn beide offen und bereit,
und wenn wir einsam sind,
dann finden sie die rechte Statt,
die Worte in den Wind.
Und so vernehmen wir denn oft,
was uns kein Mund gesagt,
so führt uns zu des Windes Hauch,
wonach wir lang' gefragt.
LG
Roxanna
Gruss ladybird
Bild gemeinfrei
Herbst - Nikolaus Lenau
Rings ein Verstummen, ein Entfärben;
wie sanft den Wald die Lüfte streicheln,
sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln;
ich liebe dieses milde Sterben.
Von hinnen geht die stille Reise,
die Zeit der Liebe ist verklungen,
die Vögel haben ausgesungen,
und dürre Blätter sinken leise.
Die Vögel zogen nach dem Süden,
aus dem Verfall des Laubes tauchen
die Nester, die nicht Schutz mehr brauchen,
die Blätter fallen stets, die müden.
In dieses Waldes leisem Rauschen
ist mir als hör' ich Kunde wehen,
daß alles Sterben und Vergehen
nur heimlich still vergnügtes Tauschen.
Herbst - Nikolaus Lenau
Rings ein Verstummen, ein Entfärben;
wie sanft den Wald die Lüfte streicheln,
sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln;
ich liebe dieses milde Sterben.
Von hinnen geht die stille Reise,
die Zeit der Liebe ist verklungen,
die Vögel haben ausgesungen,
und dürre Blätter sinken leise.
Die Vögel zogen nach dem Süden,
aus dem Verfall des Laubes tauchen
die Nester, die nicht Schutz mehr brauchen,
die Blätter fallen stets, die müden.
In dieses Waldes leisem Rauschen
ist mir als hör' ich Kunde wehen,
daß alles Sterben und Vergehen
nur heimlich still vergnügtes Tauschen.
Eigenes Foto
Kletterrosen im Garten
Kletterrosen im Garten
Noch ist die blühende, goldene Zeit
O du schöne Welt, wie bist du so weit!
Und so weit ist mein Herz, und so blau wie der Tag,
wie die Lüfte durchjubelt vom Lerchenschlag!
Ihr Fröhlichen singt, weil das Leben noch mait.
Noch ist ja die schöne, die blühende Zeit,
noch sind die Tage der Rosen!
Frei ist das Herz und frei ist das Lied,
und frei ist der Bursch, der die Welt durchzieht,
und ein rosiger Kuß ist nicht minder frei,
so spröd und verschämt auch die Lippe sei.
Wo ein Lied erklingt, wo ein Kuß sich beut,
da heißt's: noch ist blühende, goldene Zeit,
noch sind die Tage der Rosen!
Ja im Herzen tief drinnen ist alles daheim,
der Freude Saaten, der Schmerzen Keim.
Drum frisch sei das Herz und lebendig der Sinn,
dann brauset ihr Stürme, daher und dahin.
Wir sind allezeit zu singen bereit:
Noch ist ja die blühende, goldene Zeit,
noch sind die Tage der Rosen!
Text: Otto Roquette 1851
Melodie: Wilh. Baumgartner 1863
Der erste Nebeltag heute
Angesichts des strahlenden Herbstmorgens heute:
Herbstbild
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
Friedrich Hebbel (1813 - 1863)
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.
Friedrich Hebbel (1813 - 1863)