Literatur Schöne Lyrik
Das Wörtlein
Kürzlich kam ein Wort zu mir,
staubig wie ein Wedel,
wirr das Haar, das Auge stier,
doch von Bildung edel.
Als ich, wie es hieße, frug,
sprach es leise: „Herzlich“.
Und aus seinem Munde schlug
eine Lache schmerzlich.
„Wertlos ward ich ganz und gar,“
rief's, „ein Spiel der Spiele,
Modewort mit Haut und Haar,
Kaviar für zu viele.“
Doch ich wusch's und bot ihm Wein,
gab ihm wieder Würde,
und belud ein Brieflein fein
mit der leichten Bürde.
Schlafend hat's die ganze Nacht
weit weg reisen müssen.
Als es morgens aufgewacht,
kam ein Mund - es küssen.
Da habe ich doch glatt vergessen, den Verfasser anzugeben. Hiermit wird er nachgereicht
Christian Morgenstern
LG
Roxanna
Christian Morgenstern
LG
Roxanna
Ich habe immer wieder über die kunstvolle Blumengestaltung gestaunt. Väterchen Frost war schon ein bemerkenswerter Künstler. 😁
Bild: Lebenskreis
Lied des Lebens
Johann Gottfried Herder (1744 - 1803)
Flüchtiger als Wind und Welle
flieht die Zeit; was hält sie auf?
Sie genießen auf der Stelle,
sie ergreifen schnell im Lauf;
das, ihr Brüder, hält ihr Schweben,
hält die Flucht der Tage ein.
Schneller Gang ist unser Leben,
laßt uns Rosen auf ihn streun.
Rosen; denn die Tage sinken
in des Winters Nebelmeer.
Rosen; denn sie blühn und blinken
links und rechts noch um uns her.
Rosen stehn auf jedem Zweige
jeder schönen Jugendtat.
Wohl ihm, der bis auf die Neige
rein gelebt sein Leben hat.
Tage, werdet uns zum Kranze
der des Greises Schläf' umzieht.
Und um sie in frischem Glanze
wie ein Traum der Jugend blüht.
Auch die dunkeln Blumen kühlen
uns mit Ruhe, doppelt süß;
und die lauen Lüfte spielen
freundlich uns ins Paradies.
Lied des Lebens
Johann Gottfried Herder (1744 - 1803)
Flüchtiger als Wind und Welle
flieht die Zeit; was hält sie auf?
Sie genießen auf der Stelle,
sie ergreifen schnell im Lauf;
das, ihr Brüder, hält ihr Schweben,
hält die Flucht der Tage ein.
Schneller Gang ist unser Leben,
laßt uns Rosen auf ihn streun.
Rosen; denn die Tage sinken
in des Winters Nebelmeer.
Rosen; denn sie blühn und blinken
links und rechts noch um uns her.
Rosen stehn auf jedem Zweige
jeder schönen Jugendtat.
Wohl ihm, der bis auf die Neige
rein gelebt sein Leben hat.
Tage, werdet uns zum Kranze
der des Greises Schläf' umzieht.
Und um sie in frischem Glanze
wie ein Traum der Jugend blüht.
Auch die dunkeln Blumen kühlen
uns mit Ruhe, doppelt süß;
und die lauen Lüfte spielen
freundlich uns ins Paradies.
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
***
Thekla Lingen
(1866-1931)
Sommer
Sieh, wie sie leuchtet,
Wie sie üppig steht,
Die Rose –
Welch satter Duft zu dir hinüberweht!
Doch lose nur haftet ihre Pracht –
Streift deine Lust sie,
Hältst du über Nacht
Die welken Blätter in der heißen Hand …
Sie hatte einst den jungen Mai gekannt
Und muß dem stillen Sommer nun gewähren –
Hörst du das Rauschen goldener Ähren?
Es geht der Sommer über's Land …
***
pixabay
Ein sehr melancholisches Gedicht, das an die Vergänglichkeit des Lebens erinnert.
Auch ich kannte einst den jungen Mai, und der Sommer hat sich auch schon längst verabschiedet. Herbst ist es inzwischen geworden und von weitem vernehme ich das Rauschen des nahenden Winters.
Auch ich kannte einst den jungen Mai, und der Sommer hat sich auch schon längst verabschiedet. Herbst ist es inzwischen geworden und von weitem vernehme ich das Rauschen des nahenden Winters.
Du, liebe Sirona, stehst sicher schon fast in den Startlöchern für deine Reise. Jetzt geht es doch bald los. Ich wünsche dir noch einmal eine gute Reise und viel Freude mit deinen Lieben.
Herzlichen Gruß
Roxanna
Danke, liebe Roxanne, für die guten Wünsche zu meiner Reise. Der Zeitpunkt meines Starts rückt in der Tat immer näher, am 07.08. geht es dann los. Schnell wird diese Zeit vorbei sein, aber es gibt noch allerlei zu bedenken und zu besorgen. Insbesondere muss ich genügend Futter und Streu für meinen Kater bereit stellen, meine Schwiegertochter versorgt ihn während meiner Abwesenheit. Noch versteckt er sich wenn sie bei mir anklingelt, aber ich denke dass sich das legen wird sobald er bemerkt wer jetzt seinen Napf füllt. 😊
Ich bleibe nur 14 Tage in Kärnten, die wird er überstehen. Aber bestimmt wird er in den ersten Tagen etwas leiden und mich vermissen. Umso größer ist dann die Wiedersehensfreude.
Nochmals vielen Dank und liebe Grüße.
Aber auch für Dich Daheimgebliebene alles Gute!
Sirona
Ich bleibe nur 14 Tage in Kärnten, die wird er überstehen. Aber bestimmt wird er in den ersten Tagen etwas leiden und mich vermissen. Umso größer ist dann die Wiedersehensfreude.
Nochmals vielen Dank und liebe Grüße.
Aber auch für Dich Daheimgebliebene alles Gute!
Sirona
Bildquelle: Merkur.de
Am Fenster
Ihr lieben Mauern hold und traut,
die ihr mich kühl umschließt,
und silberglänzend niederschaut,
wenn droben Vollmond ist!
Ihr saht mich einst so traurig da,
mein Haupt auf schlaffer Hand,
als ich in mir allein mich sah,
und keiner mich verstand.
Jetzt brach ein ander Licht heran,
die Trauerzeit ist um,
und Manche zieh'n mit mir die Bahn
durch's Lebensheiligtum.
Sie raubt der Zufall ewig nie
aus meinem treuen Sinn,
in tiefster Seele trag' ich sie,
da reicht kein Zufall hin.
Du Mauer wähnst mich trüb wie einst,
das ist die stille Freud;
wenn du vom Mondlicht widerscheinst,
wird mir die Brust so weit.
An jedem Fenster wähnt ich dann
ein Freundeshaupt gesenkt,
das auch so schaut zum Himmel an,
das auch so meiner denkt.
Text: Joh. Gabriel Geibl (1804-1875)
Komponiert von Franz Schubert
Am Fenster
Ihr lieben Mauern hold und traut,
die ihr mich kühl umschließt,
und silberglänzend niederschaut,
wenn droben Vollmond ist!
Ihr saht mich einst so traurig da,
mein Haupt auf schlaffer Hand,
als ich in mir allein mich sah,
und keiner mich verstand.
Jetzt brach ein ander Licht heran,
die Trauerzeit ist um,
und Manche zieh'n mit mir die Bahn
durch's Lebensheiligtum.
Sie raubt der Zufall ewig nie
aus meinem treuen Sinn,
in tiefster Seele trag' ich sie,
da reicht kein Zufall hin.
Du Mauer wähnst mich trüb wie einst,
das ist die stille Freud;
wenn du vom Mondlicht widerscheinst,
wird mir die Brust so weit.
An jedem Fenster wähnt ich dann
ein Freundeshaupt gesenkt,
das auch so schaut zum Himmel an,
das auch so meiner denkt.
Text: Joh. Gabriel Geibl (1804-1875)
Komponiert von Franz Schubert
Bild gemeinfrei
Die Königstochter - Ludwig Uhland
Des Königs von Spanien Tochter
ein Gewerb zu lernen begann.
sie wollte wohl lernen nähen,
waschen und näh’n fortan.
Und bei dem ersten Hemde,
das sie sollte gewaschen han,
den Ring von ihrer weißen Hand
hat in's Meer sie fallen lan.
Sie war ein zartes Fräulein,
zu weinen sie begann,
da zog des Wegs vorüber
ein Ritter lobesan.
"Wenn ich ihn wiederbringe,
was gibt die Schöne dann?" -
"Einen Kuß von meinem Munde
ich nicht versagen kann."
Der Ritter sich entkleidet,
er taucht in's Meer wohlan,
und bei dem ersten Tauchen
er nichts entdecken kann.
Und bei dem zweiten Tauchen,
da blinkt der Ring heran,
und bei dem dritten Tauchen
ist ertrunken der Rittersmann.
Sie war ein zartes Fräulein,
zu weinen sie begann.
sie ging zu ihrem Vater:
"Will kein Gewerb fortan!“
Die Königstochter - Ludwig Uhland
Des Königs von Spanien Tochter
ein Gewerb zu lernen begann.
sie wollte wohl lernen nähen,
waschen und näh’n fortan.
Und bei dem ersten Hemde,
das sie sollte gewaschen han,
den Ring von ihrer weißen Hand
hat in's Meer sie fallen lan.
Sie war ein zartes Fräulein,
zu weinen sie begann,
da zog des Wegs vorüber
ein Ritter lobesan.
"Wenn ich ihn wiederbringe,
was gibt die Schöne dann?" -
"Einen Kuß von meinem Munde
ich nicht versagen kann."
Der Ritter sich entkleidet,
er taucht in's Meer wohlan,
und bei dem ersten Tauchen
er nichts entdecken kann.
Und bei dem zweiten Tauchen,
da blinkt der Ring heran,
und bei dem dritten Tauchen
ist ertrunken der Rittersmann.
Sie war ein zartes Fräulein,
zu weinen sie begann.
sie ging zu ihrem Vater:
"Will kein Gewerb fortan!“
Die Sternenseherin Lise
Ich sehe oft um Mitternacht,
Wenn ich mein Werk getan
Und niemand mehr im Hause wacht,
Die Stern am Himmel an.
Sie gehn da, hin und her zerstreut,
Als Lämmer auf der Flur;
In Rudeln auch, und aufgereiht
Wie Perlen an der Schnur;
Und funkeln alle weit und breit,
Und funkeln rein und schön;
Ich seh die große Herrlichkeit,
Und kann mich satt nicht sehn.
Dann saget, unterm Himmels-Zelt,
Mein Herz mir in der Brust:
"Es gibt was Bessers in der Welt,
Als all ihr Schmerz und Lust."
Ich werf mich auf mein Lager hin,
Und liege lange wach,
Und suche es in meinem Sinn,
Und sehne mich darnach.
Wenn ich mein Werk getan
Und niemand mehr im Hause wacht,
Die Stern am Himmel an.
Sie gehn da, hin und her zerstreut,
Als Lämmer auf der Flur;
In Rudeln auch, und aufgereiht
Wie Perlen an der Schnur;
Und funkeln alle weit und breit,
Und funkeln rein und schön;
Ich seh die große Herrlichkeit,
Und kann mich satt nicht sehn.
Dann saget, unterm Himmels-Zelt,
Mein Herz mir in der Brust:
"Es gibt was Bessers in der Welt,
Als all ihr Schmerz und Lust."
Ich werf mich auf mein Lager hin,
Und liege lange wach,
Und suche es in meinem Sinn,
Und sehne mich darnach.
Matthias Claudius
heute vor 282 Jahren geboren