Literatur Schöne Lyrik
Marterl in den Bergen
Karfreitag
Aus „Deutschland – Ein Wintermärchen“
Heinrich Heine
Und als der Morgennebel zerrann,
da sah ich am Wege ragen,
im Frührotschein, das Bild des Manns,
der an das Kreuz geschlagen.
Mit Wehmut erfüllt mich jedes Mal
dein Anblick, mein armer Vetter,
der du die Welt erlösen gewollt,
du Narr, du Menschheitsretter!
Sie haben dir übel mitgespielt,
die Herren vom hohen Rate.
Wer hieß dich auch reden so rücksichtslos
von der Kirche und vom Staate!
Zu deinem Malheur war die Buchdruckerei
noch nicht in jenen Tagen erfunden;
du hättest geschrieben ein Buch
über die Himmelsfragen.
Der Zensor hätte gestrichen darin,
was etwa anzüglich auf Erden,
und liebend bewahrte dich die Zensur
vor dem gekreuzigt werden.
Ach! hättest du nur einen andern Text
zu deiner Bergpredigt genommen,
besaßest ja Geist und Talent genug,
und konntest schonen die Frommen!
Geldwechsler, Bankiers, hast du sogar
mit der Peitsche gejagt aus dem Tempel -
unglücklicher Schwärmer, jetzt hängst du am Kreuz
als warnendes Exempel!
Karfreitag
Aus „Deutschland – Ein Wintermärchen“
Heinrich Heine
Und als der Morgennebel zerrann,
da sah ich am Wege ragen,
im Frührotschein, das Bild des Manns,
der an das Kreuz geschlagen.
Mit Wehmut erfüllt mich jedes Mal
dein Anblick, mein armer Vetter,
der du die Welt erlösen gewollt,
du Narr, du Menschheitsretter!
Sie haben dir übel mitgespielt,
die Herren vom hohen Rate.
Wer hieß dich auch reden so rücksichtslos
von der Kirche und vom Staate!
Zu deinem Malheur war die Buchdruckerei
noch nicht in jenen Tagen erfunden;
du hättest geschrieben ein Buch
über die Himmelsfragen.
Der Zensor hätte gestrichen darin,
was etwa anzüglich auf Erden,
und liebend bewahrte dich die Zensur
vor dem gekreuzigt werden.
Ach! hättest du nur einen andern Text
zu deiner Bergpredigt genommen,
besaßest ja Geist und Talent genug,
und konntest schonen die Frommen!
Geldwechsler, Bankiers, hast du sogar
mit der Peitsche gejagt aus dem Tempel -
unglücklicher Schwärmer, jetzt hängst du am Kreuz
als warnendes Exempel!
Eigenes Bild
Ostern
Ernst Preczang · 1870-1949
Freund, zieh deinen Kittel aus,
lass den Sonntagsrock uns bürsten,
und dann gehen wir hinaus,
wo die jungen Keime dürsten.
wo begehrlich sie sich recken
nach des Frühlings erstem Kuss,
wo es klingt aus allen Hecken:
Kommen wird, was kommen muss!
In den jungen, frischen Düften,
von dem Werden rings beglückt,
wollen wir die Brust uns lüften
und vergessen, was uns drückt.
Von dem Auge fällt die Binde,
von der Seele Staub und Ruß,
und die Hoffnung sinkt im Winde:
Kommen wird, was kommen muss!
Ostern! Unterm warmen Strahle
schmilzt und wandelt sich der Schnee,
und er fließt verjüngt zu Tale
durch die Acker in den See.
Tau und Sandkorn, Luft und Samen,
alles, alles ist im Fluss!
Darum, in der Erde Namen:
Kommen wird, was kommen muss!
Morgensonne auf dem Gipfel!
Schimmer, leuchtend, goldenrot!
Sieh, der Sturm geht durch die Wipfel
und zerbricht, was morsch und tot.
Und er jauchzt in all das Stöhnen:
Auch der Kampf ist ein Genuss!
Und es hallt in frohen Tönen:
Kommen wird, was kommen muss!
Mensch, verstehe diese Weise,
die dich überall umklingt,
wo sich dröhnend oder leise
eine Kraft zum Siege ringt.
Kein Gedanke wird zunichte:
Christus, Galilei, Huß –
ehern spricht die Weltgeschichte:
Kommen wird, was kommen muss!
Ich wünsche Euch frohe und sonnige Ostertage!
Sirona
Ostern
Ernst Preczang · 1870-1949
Freund, zieh deinen Kittel aus,
lass den Sonntagsrock uns bürsten,
und dann gehen wir hinaus,
wo die jungen Keime dürsten.
wo begehrlich sie sich recken
nach des Frühlings erstem Kuss,
wo es klingt aus allen Hecken:
Kommen wird, was kommen muss!
In den jungen, frischen Düften,
von dem Werden rings beglückt,
wollen wir die Brust uns lüften
und vergessen, was uns drückt.
Von dem Auge fällt die Binde,
von der Seele Staub und Ruß,
und die Hoffnung sinkt im Winde:
Kommen wird, was kommen muss!
Ostern! Unterm warmen Strahle
schmilzt und wandelt sich der Schnee,
und er fließt verjüngt zu Tale
durch die Acker in den See.
Tau und Sandkorn, Luft und Samen,
alles, alles ist im Fluss!
Darum, in der Erde Namen:
Kommen wird, was kommen muss!
Morgensonne auf dem Gipfel!
Schimmer, leuchtend, goldenrot!
Sieh, der Sturm geht durch die Wipfel
und zerbricht, was morsch und tot.
Und er jauchzt in all das Stöhnen:
Auch der Kampf ist ein Genuss!
Und es hallt in frohen Tönen:
Kommen wird, was kommen muss!
Mensch, verstehe diese Weise,
die dich überall umklingt,
wo sich dröhnend oder leise
eine Kraft zum Siege ringt.
Kein Gedanke wird zunichte:
Christus, Galilei, Huß –
ehern spricht die Weltgeschichte:
Kommen wird, was kommen muss!
Ich wünsche Euch frohe und sonnige Ostertage!
Sirona
Eigenes Foto
Ostermorgen - Emanuel Geibel
Die Lerche stieg am Ostermorgen
empor ins klarste Luftgebiet
und schmettert' hoch im Blau verborgen
ein freudig Auferstehungslied.
Und wie sie schmetterte, da klangen
es tausend Stimmen nach im Feld:
Wach auf, das Alte ist vergangen,
wach auf, du froh verjüngte Welt!
Wacht auf und rauscht durchs Tal,
ihr Bronnen, und lobt den Herrn mit frohem Schall!
Wacht auf im Frühlingsglanz der Sonnen
ihr grünen Halm' und Läuber all!
Ihr Veilchen in den Waldesgründen,
ihr Primeln weiß, ihr Blüten rot,
ihr sollt es alle mit verkünden:
Die Lieb ist stärker als der Tod.
Wacht auf, ihr trägen Menschenherzen,
die ihr im Winterschlafe säumt,
in dumpfen Lüften, dumpfen Schmerzen
ein gottentfremdet Dasein träumt.
Die Kraft des Herrn weht durch die Lande
wie Jugendhauch, o laßt sie ein!
Zerreißt wie Simson eure Bande,
und wie die Adler sollt ihr sein.
Wacht auf, ihr Geister, deren Sehnen
gebrochen an den Gräbern steht,
ihr trüben Augen, die vor Tränen
ihr nicht des Frühlings Blüten seht,
ihr Grübler, die ihr fern verloren
traumwandelnd irrt auf wüster Bahn,
wacht auf! Die Welt ist neugeboren,
hier ist ein Wunder, nehmt es an!
Ihr sollt euch all des Heiles freuen,
das über euch ergossen ward!
Es ist ein inniges Erneuen,
im Bild des Frühlings offenbart.
Was dürr war, grünt im Wehn der Lüfte,
jung wird das Alte fern und nah.
Der Odem Gottes sprengt die Grüfte -
wacht auf! Der Ostertag ist da.
Ostermorgen - Emanuel Geibel
Die Lerche stieg am Ostermorgen
empor ins klarste Luftgebiet
und schmettert' hoch im Blau verborgen
ein freudig Auferstehungslied.
Und wie sie schmetterte, da klangen
es tausend Stimmen nach im Feld:
Wach auf, das Alte ist vergangen,
wach auf, du froh verjüngte Welt!
Wacht auf und rauscht durchs Tal,
ihr Bronnen, und lobt den Herrn mit frohem Schall!
Wacht auf im Frühlingsglanz der Sonnen
ihr grünen Halm' und Läuber all!
Ihr Veilchen in den Waldesgründen,
ihr Primeln weiß, ihr Blüten rot,
ihr sollt es alle mit verkünden:
Die Lieb ist stärker als der Tod.
Wacht auf, ihr trägen Menschenherzen,
die ihr im Winterschlafe säumt,
in dumpfen Lüften, dumpfen Schmerzen
ein gottentfremdet Dasein träumt.
Die Kraft des Herrn weht durch die Lande
wie Jugendhauch, o laßt sie ein!
Zerreißt wie Simson eure Bande,
und wie die Adler sollt ihr sein.
Wacht auf, ihr Geister, deren Sehnen
gebrochen an den Gräbern steht,
ihr trüben Augen, die vor Tränen
ihr nicht des Frühlings Blüten seht,
ihr Grübler, die ihr fern verloren
traumwandelnd irrt auf wüster Bahn,
wacht auf! Die Welt ist neugeboren,
hier ist ein Wunder, nehmt es an!
Ihr sollt euch all des Heiles freuen,
das über euch ergossen ward!
Es ist ein inniges Erneuen,
im Bild des Frühlings offenbart.
Was dürr war, grünt im Wehn der Lüfte,
jung wird das Alte fern und nah.
Der Odem Gottes sprengt die Grüfte -
wacht auf! Der Ostertag ist da.
Eigenes Foto - Beim Jausenwirt in Kärnten
Frühlings Ankunft
Hoffmann von Fallersleben
Grüner Schimmer spielet wieder
drüben über Wies′ und Feld.
Frohe Hoffnung senkt sich nieder
auf die stumme trübe Welt.
Ja, nach langen Winterleiden
kehrt der Frühling uns zurück,
will die Welt in Freude kleiden,
will uns bringen neues Glück.
Seht, ein Schmetterling als Bote
zieht einher in Frühlingstracht,
meldet uns, dass alles Tote
nun zum Leben auferwacht.
Nur die Veilchen schüchtern wagen
aufzuschau′ n zum Sonnenschein;
ist es doch, als ob sie fragen:
»Sollt′ es denn schon Frühling sein?«
Seht, wie sich die Lerchen schwingen
in das blaue Himmelszelt!
Wie sie schwirren, wie sie singen
über uns herab ins Feld!
Alles Leid entflieht auf Erden
vor des Frühlings Freud′ und Lust –
nun, so soll′ s auch Frühling werden,
Frühling auch in unsrer Brust!
Frühlings Ankunft
Hoffmann von Fallersleben
Grüner Schimmer spielet wieder
drüben über Wies′ und Feld.
Frohe Hoffnung senkt sich nieder
auf die stumme trübe Welt.
Ja, nach langen Winterleiden
kehrt der Frühling uns zurück,
will die Welt in Freude kleiden,
will uns bringen neues Glück.
Seht, ein Schmetterling als Bote
zieht einher in Frühlingstracht,
meldet uns, dass alles Tote
nun zum Leben auferwacht.
Nur die Veilchen schüchtern wagen
aufzuschau′ n zum Sonnenschein;
ist es doch, als ob sie fragen:
»Sollt′ es denn schon Frühling sein?«
Seht, wie sich die Lerchen schwingen
in das blaue Himmelszelt!
Wie sie schwirren, wie sie singen
über uns herab ins Feld!
Alles Leid entflieht auf Erden
vor des Frühlings Freud′ und Lust –
nun, so soll′ s auch Frühling werden,
Frühling auch in unsrer Brust!
Eigenes Foto
Nur einmal bringt des Jahres Lauf
Richard von Wilpert (1862 - 1918)
Nur einmal bringt des Jahres Lauf
uns Lenz und Lerchenlieder;
nur einmal blüht die Rose auf,
und dann verwelkt sie wieder;
nur einmal gönnt uns das Geschick
so jung zu sein auf Erden:
Hast du versäumt den Augenblick,
jung wirst du nie mehr werden.
Drum lass von der gemachten Pein
um nie gefühlte Wunden!
Der Augenblick ist immer dein,
doch rasch entfliehn die Stunden.
Und wer als Greis im grauen Haar
vom Schmerz noch nicht genesen,
der ist als Jüngling auch fürwahr
nie jung und frisch gewesen.
Nur einmal blüht die Jugendzeit
und ist so bald entschwunden;
und wer nur lebt vergangnem Leid,
wird nimmermehr gesunden.
Verjüngt sich denn nicht auch Natur
stets neu im Frühlingsweben?
Sei jung und blühend einmal nur,
doch das durchs ganze Leben!
Nur einmal bringt des Jahres Lauf
Richard von Wilpert (1862 - 1918)
Nur einmal bringt des Jahres Lauf
uns Lenz und Lerchenlieder;
nur einmal blüht die Rose auf,
und dann verwelkt sie wieder;
nur einmal gönnt uns das Geschick
so jung zu sein auf Erden:
Hast du versäumt den Augenblick,
jung wirst du nie mehr werden.
Drum lass von der gemachten Pein
um nie gefühlte Wunden!
Der Augenblick ist immer dein,
doch rasch entfliehn die Stunden.
Und wer als Greis im grauen Haar
vom Schmerz noch nicht genesen,
der ist als Jüngling auch fürwahr
nie jung und frisch gewesen.
Nur einmal blüht die Jugendzeit
und ist so bald entschwunden;
und wer nur lebt vergangnem Leid,
wird nimmermehr gesunden.
Verjüngt sich denn nicht auch Natur
stets neu im Frühlingsweben?
Sei jung und blühend einmal nur,
doch das durchs ganze Leben!
Bildquelle:
https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/politik/mittagsruhe-soll-amtlich-gesichert-sein-mittagsruhe-soll-amtlich-gesichert-sein_a_24,0,879896311.html#
Mittag
(Hermann Ludwig Allmers)
Rings alles still - wohin man horcht und späht,
im schatt'gen Walde, wie auf lichter Flur;
nicht einmal eines einz'gen Vogels Laut,
kein Blattgesäusel, keines Hauches Wehn,
denn die Natur hält ihren Odem an.
Weißglühend senkt die Sonne scheitelrecht
ihr Strahlenmeer herab aufs stille All,
und kein Gewölk am ganzen Horizont
erspäht der Blick, nur eine weiße Flocke
hängt leuchtend dort, ganz einsam, wie verloren,
ganz regungslos im glühenden Azur.
"Es schlummert Pan", so redeten sie einst.
"Seid stille, stört den Geist des Waldes nicht."
Nun aber ist er tot, der alte Pan,
und mit ihm sind gestorben der Dryaden
wie der Najaden gütige Gestalten,
die schützend tief im Walde Wohnenden,
in grüner, quelldurchrauschter Einsamkeit -
dahin die ganze alte schöne Welt.
Du aber, Mensch, befolge noch das Wort;
sei still in wunderbarer Mittagszeit,
daß du den Traum des Waldes nimmer störst
durch wüsten Lärm, und laß die Arbeit ruhen
und ruhe selbst und träume. Es ist süß
ganz aufzugehen in das große Schweigen
und eins zu werden mit der Natur.
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
***
Oscar Blumenthal
(1852-1917)
Die Altersstolzen
"Ergraut sind wir – und du noch jung" –
So sprecht Ihr voller Würde
Und heischt von mir Bewunderung
Ob Eurer Altersbürde:
Doch sollt' vor jedem grauen Haar
Ich erfurchtsvoll erbangen,
So dürft' am End der Esel gar
Respekt von mir verlangen.
***
So sprecht Ihr voller Würde
Und heischt von mir Bewunderung
Ob Eurer Altersbürde:
Doch sollt' vor jedem grauen Haar
Ich erfurchtsvoll erbangen,
So dürft' am End der Esel gar
Respekt von mir verlangen.
***
Bildquelle:
https://www.komoot.de/guide/405052/ausflugsziele-an-der-weser
An der Weser
Hier hab' ich so manches liebe Mal
mit meiner Laute gesessen,
hinunter blickend in's weite Tal,
mein selbst und der Welt vergessen.
Und um mich klang es so froh und so hehr,
und über mir tagt' es so helle,
und unten brauste das ferne Wehr
und der Weser blitzende Welle.
Wie liebender Sang aus geliebtem Mund,
so flüstert' es rings durch die Bäume,
und aus des Thales offenem Grund
begrüßten mich nickende Träume.
Da sitz' ich aufs Neue und spähe umher
und lausche hinauf und hernieder,
die holden Weisen rauschen nicht mehr,
die Träume kehren nicht wieder.
Die süßen Bilder, wie weit, wie weit,
wie schwer der Himmel, wie trübe!
Fahr wohl, fahr wohl, du selige Zeit,
fahr wohl, ihr Träume der Liebe!
Text: Franz Dingelstedt 1814 - 1881
Melodie: Gustav Pressel 1827 - 1890
Die drei Spatzen 🐦🐦🐦
In einem leeren Haselstrauch
da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.
Der Erich rechts und links der Franz
und mitten drin der freche Hans.
Sie haben die Augen zu, ganz zu,
und obendrüber da schneit es, hu!
Sie rücken zusammen, dicht an dicht.
So warm wie der Hans hat's niemand nicht.
Sie hören alle drei ihrer Herzlein Gepoch
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.
Christian Morgenstern (1871 - 1914),