Literatur Schöne Lyrik
Foto: Frei verfügbar
Das Veilchen und der Schmetterling
(Nikolaus Lenau)
Ein Veilchen auf der Wiese stand
an Baches Rand und sandte ungesehen,
bei sanftem Frühlingswehen
süßen Duft durch die Luft.
Da kommt auf schwankendem Flügel
ein Schmetterling über den Hügel
und senket zur kurzen Rast
zum Veilchen sich nieder als Gast.
Schmetterling:
Ei! Veilchen! Wie du töricht bist,
zu blühen, wo niemand dein genießt!
Veilchen:
Nicht ungenossen blüh ich hier,
ein Schäfer kommt gar oft zu mir
und atmet meinen Duft und spricht:
„Ein solches Blümchen fand ich nicht,
wie Veilchen du! Auf Wiesen, Auen
ist keines mehr wie du zu schauen!
Schmetterling:
Es ist schöner doch, glaub meinem Wort,
zu blühn auf freier Wiese dort,
in jener bunten Blumenwelt,
als hier im dunklen Schattenzelt!
Veilchen:
Hier bin ich meines Schäfers Wonne,
dort aber bleichet mich die Sonne,
und ohne Farbe, ohne Duft,
find ich zu früh dort meine Gruft,
drum blüh ich in der Einsamkeit,
wenn auch nur Einer mein sich freut.
Das Veilchen und der Schmetterling
(Nikolaus Lenau)
Ein Veilchen auf der Wiese stand
an Baches Rand und sandte ungesehen,
bei sanftem Frühlingswehen
süßen Duft durch die Luft.
Da kommt auf schwankendem Flügel
ein Schmetterling über den Hügel
und senket zur kurzen Rast
zum Veilchen sich nieder als Gast.
Schmetterling:
Ei! Veilchen! Wie du töricht bist,
zu blühen, wo niemand dein genießt!
Veilchen:
Nicht ungenossen blüh ich hier,
ein Schäfer kommt gar oft zu mir
und atmet meinen Duft und spricht:
„Ein solches Blümchen fand ich nicht,
wie Veilchen du! Auf Wiesen, Auen
ist keines mehr wie du zu schauen!
Schmetterling:
Es ist schöner doch, glaub meinem Wort,
zu blühn auf freier Wiese dort,
in jener bunten Blumenwelt,
als hier im dunklen Schattenzelt!
Veilchen:
Hier bin ich meines Schäfers Wonne,
dort aber bleichet mich die Sonne,
und ohne Farbe, ohne Duft,
find ich zu früh dort meine Gruft,
drum blüh ich in der Einsamkeit,
wenn auch nur Einer mein sich freut.
Eigenes Foto - Rothenburg o.T.
Auf einer Wanderung
Eduard Mörike (1804 – 1875)
In ein freundliches Städtchen tret’ ich ein,
in den Strassen liegt roter Abendschein.
Aus einem offnen Fenster eben,
über den reichsten Blumenflor
hinweg, hört man Goldglockentöne schweben,
und eine Stimme scheint ein Nachtigallenchor,
dass die Blüten beben,
dass die Lüfte leben,
dass in höherem Rot die Rosen leuchten vor.
Lang hielt ich staunend, lustbeklommen.
Wie ich hinaus vors Tor gekommen,
ich weiß es wahrlich selber nicht.
Ach hier, wie liegt die Welt so licht!
Der Himmel wogt in purpurnem Gewühle,
rückwärts die Stadt in goldnem Rauch;
wie rauscht der Erlenbach,
wie rauscht im Grund die Mühle!
Ich bin wie trunken, irr’ geführt -
O Muse, du hast mein Herz berührt
mit einem Liebeshauch.
Auf einer Wanderung
Eduard Mörike (1804 – 1875)
In ein freundliches Städtchen tret’ ich ein,
in den Strassen liegt roter Abendschein.
Aus einem offnen Fenster eben,
über den reichsten Blumenflor
hinweg, hört man Goldglockentöne schweben,
und eine Stimme scheint ein Nachtigallenchor,
dass die Blüten beben,
dass die Lüfte leben,
dass in höherem Rot die Rosen leuchten vor.
Lang hielt ich staunend, lustbeklommen.
Wie ich hinaus vors Tor gekommen,
ich weiß es wahrlich selber nicht.
Ach hier, wie liegt die Welt so licht!
Der Himmel wogt in purpurnem Gewühle,
rückwärts die Stadt in goldnem Rauch;
wie rauscht der Erlenbach,
wie rauscht im Grund die Mühle!
Ich bin wie trunken, irr’ geführt -
O Muse, du hast mein Herz berührt
mit einem Liebeshauch.
@sirona
Ich bin zufällig hier vorbeigekommen und eine Weile geblieben.
Du hast einen sehr schönen Faden.
Boeuf
Das befreiende Wort
Ein Wort hab' ich erkoren,
das in der Lebensschlacht
ein Schutz, stets unverloren,
mich hieb- und schußfest macht.
Man lernt es nur mit Schmerzen,
doch wer's erlernen kann,
der preist in seinem Herzen
das Wort: was liegt daran?!
Wenn Falsches und Verkehrtes
die Welt von ihm ersinnt,
ein Mann, bar jedes Wertes,
den Rang ihm abgewinnt.
Wenn ihn die blöde Menge
belegt mit Acht und Bann,
ihn bringt's nicht in's Gedränge –
er denkt: Was liegt daran?!
Nah'n ihm des Alters Schatten,
wird ohne Groll und Streit
er ihr zurückerstatten,
was die Natur nur leiht.
Geht selbst der Ruhm zu Trümmern,
den er vordem gewann,
es wird ihn wenig kümmern –
er denkt: Was liegt daran?
Betty Paoli (1814 - 1894), auch Betti Paoli oder Betty/Betti Glück, eigentlich Barbara Elisabeth Glück, österreichische Lyrikerin, Essayistin, Novellistin und Übersetzerin
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Im Gehen entsteht der Weg
Und wenn man zurückschaut
dann sieht man einen Pfad
den man nie wieder betreten wird.
Wanderer, es gibt keinen Weg,
nur das Kräuseln des Kielwassers auf dem Meer.
Wanderer, nur deine Spuren
sind der Weg, und weiter nichts;
Wanderer, es gibt keinen Weg,
Der Weg entsteht im Gehen.
Antonio Machado
Der Welt Gesicht sind aller Welt Gesichter
Die Welt hat kein Gesicht von greifbarer Gestalt.
Vor einem Kind malt sie sich stolz und wie ein Held,
Vor einem Greise ohne Durst, wie tausendjährig Holz so alt,
Den Dummen quält die Welt stets kopfgestellt.
Dem Kühlen und dem Stummen ist sie kalt versteint,
Die Schwachen fühlen sie als Tränensack, der greint.
Dem Trotzigen ist sie voll Mühlen, gegen die er ficht,
Dem Gütigen stets wohlgemeint voll Schwergewicht,
Dem Richter ist sie ewiges Weltgericht.
Ein unwirklich und tief Gedicht ist sie dem Dichter,
Verliebten lieblos oder voller Liebe;
Der Welt Gesicht sind aller Welt Gesichter.
Max Dauthendey
Bildquelle: Pixabay kostenlos
Der Versucher
Betty Paoli
»Was du von dieses Berges Zinnen
erschaust im weitgedehnten Kreis,
durch meine Gunst kannst du's erringen,
und, wahrlich, um geringen Preis.
Ich trage dich zu Ruhm und Ehre
empor mit meines Fittichs Schwung!
Du fragst, was ich dafür begehre?
Nichts als nur deine Huldigung.
Jedwedes Ziel magst du erstreben,
wenn du vor mir die Kniee beugst,
und mit der Ehrfurcht scheuem Beben
für meine Oberhoheit zeugst.
Dein sei das Maß der Herrlichkeiten,
so lang du mir zu Willen bist!«
Der Satan sprach's in alten Zeiten,
und heute sagt's der Journalist.
Der Versucher
Betty Paoli
»Was du von dieses Berges Zinnen
erschaust im weitgedehnten Kreis,
durch meine Gunst kannst du's erringen,
und, wahrlich, um geringen Preis.
Ich trage dich zu Ruhm und Ehre
empor mit meines Fittichs Schwung!
Du fragst, was ich dafür begehre?
Nichts als nur deine Huldigung.
Jedwedes Ziel magst du erstreben,
wenn du vor mir die Kniee beugst,
und mit der Ehrfurcht scheuem Beben
für meine Oberhoheit zeugst.
Dein sei das Maß der Herrlichkeiten,
so lang du mir zu Willen bist!«
Der Satan sprach's in alten Zeiten,
und heute sagt's der Journalist.
Karneval
Auch uns, in Ehren sei's gesagt,
Hat einst der Karneval behagt,
Besonders und zu allermeist
In einer Stadt, die München heißt.
Wie reizend fand man dazumal
Ein menschenwarmes Festlokal,
Wie fleißig wurde über Nacht
Das Glas gefüllt und leer gemacht,
Und gingen wir im Schnee nach Haus,
War grad die frühe Messe aus,
Dann können gleich die frömmsten Frau'n
Sich negativ an uns erbau'n.
Die Zeit verging, das Alter kam,
Wir wurden sittsam, wurden zahm.
Nun sehn wir zwar noch ziemlich gern
Die Sach' uns an, doch nur von fern
(Ein Auge zu, Mundwinkel schief)
Durchs umgekehrte Perspektiv.
Auch uns, in Ehren sei's gesagt,
Hat einst der Karneval behagt,
Besonders und zu allermeist
In einer Stadt, die München heißt.
Wie reizend fand man dazumal
Ein menschenwarmes Festlokal,
Wie fleißig wurde über Nacht
Das Glas gefüllt und leer gemacht,
Und gingen wir im Schnee nach Haus,
War grad die frühe Messe aus,
Dann können gleich die frömmsten Frau'n
Sich negativ an uns erbau'n.
Die Zeit verging, das Alter kam,
Wir wurden sittsam, wurden zahm.
Nun sehn wir zwar noch ziemlich gern
Die Sach' uns an, doch nur von fern
(Ein Auge zu, Mundwinkel schief)
Durchs umgekehrte Perspektiv.
das Bild von pixabay.
Die Lehre des Lebens
Eins - lernt man in dem Leben doch: entbehren,
und ganz gewiß - ob früher oder spät -
des jungen Herzens ungestümes Gähren
vergeht.
Dann sieht man tränenlos auf mancher Bahre,
lernt mählich Teures missen - und versteht,
daß auch der größte Schmerz im Lauf der Jahre
vergeht.
und ganz gewiß - ob früher oder spät -
des jungen Herzens ungestümes Gähren
vergeht.
Dann sieht man tränenlos auf mancher Bahre,
lernt mählich Teures missen - und versteht,
daß auch der größte Schmerz im Lauf der Jahre
vergeht.
Rainer Maria Rilke
Der Bäume Wintertraum
Frieren und zittern die Bäume
Starrend im Winterrock,
Webt ihre Seele Träume
Unten im Wurzelstock.
Spinnt und webt in der langen
Dämmernden Winterzeit
sich aus Farben und Prangen
Bräutlich ein Frühlingskleid.
Steigt zu des Lenzes Festen
Heimlich im Stamm empor:
Wunderbar schiebt aus den Ästen
Traumhaft, ihr Kleid sich hervor.
Legt, was in Nacht sie gewoben,
Strahlend und froh an den Tag!
Jubelt die Sonne nicht oben,
Unten der Waldfinken Schlag?
Jakob Bosshart