Literatur Schöne Lyrik
Ich freue mich, hier diese alte deutsche Lyrik lesen zu können. Wunderschöne Texte, die das Herz aufgehen lassen.
Ich selber habe vor Jahren eine Website erstellt, die sich besonders dieses Themas annimmt:
Lyrik des 19.Jahrhunderts
Hier finden sich 90 Dichter des 19.Jh. unter einem Dach mit über 3000 ihrer bekanntesten Werke
Vielleicht interessiert es die Eine oder den Anderen?
Jedenfalls noch viel Freude an den Werken alter Meister
wünscht
Pan~
guten Abend lieber Pan,
Du kommst mir sehr bekannt vor. Kann es sein, dass ein weisser Uhu um Dein Haus schwirrt und Du einmal einzelne Zimmer für Dicherlinge vermietet hast (kostenfrei versteht sich). Wenn ja, hab ich mal im Turmzimmer gehaust.
Grüsse in Deinen Abend
Clematis
Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ja, er ist es! Nun hat Sirona noch ein Dichter-Freund!
Willkommen Pan!
"Es ist nämlich mit Gedichten nicht immer so wie mit dem Gezwitscher eines Kanarienvogels, das hübsch klingt und damit fertig. Mit Gedichten muß man sich ein bißchen aufhalten und manchmal erst herausfinden, was schön dran ist."
"Alle großen Gedichte haben den Wert von Dokumenten."
Berthold Brecht
Schriften
Willkommen Pan!
"Es ist nämlich mit Gedichten nicht immer so wie mit dem Gezwitscher eines Kanarienvogels, das hübsch klingt und damit fertig. Mit Gedichten muß man sich ein bißchen aufhalten und manchmal erst herausfinden, was schön dran ist."
"Alle großen Gedichte haben den Wert von Dokumenten."
Berthold Brecht
Schriften
An den Hofrat Georg S. in Göttingen
Stolz und gebietend ist des Leibes Haltung,
doch Sanftmut sieht man um die Lippen schweben,
das Auge blitzt, und alle Muskeln beben,
doch bleibt im Reden ruhige Entfaltung.
So stehst du auf dem Lehrstuhl, von Verwaltung
der Staaten sprechend, und vom klugen Streben
der Kabinette, und von Völkerleben,
und von Germaniens Spaltung und Gestaltung.
Aus dem Gedächtnis lischt mir nie dein Bild!
In unsrer Zeit der Selbstsucht und der Roheit
erquickt ein solches Bild von edler Hoheit.
Doch was du mir, recht väterlich und mild,
zum Herzen sprachst in stiller trauter Stunde,
das trag ich treu im tiefen Herzensgrunde.
In der „Harzreise“ erwähnt Heine Hofrat Georg Sartorius mit folgenden Worten:
Und warum sollte ich es verschweigen, ich meine hier ganz besonders jenen viel teueren Mann, der schon in frühern Zeiten sich so freundlich meiner annahm, mir schon damals eine innige Liebe für das Studium der Geschichte einflößte, mich späterhin in dem Eifer für dasselbe bestärkte, und dadurch meinen Geist auf ruhigere Bahnen führte, meinem Lebensmute heilsamere Richtungen anwies, und nur überhaupt jene historischen Tröstungen bereitete, ohne welche ich die qualvollen Erscheinungen des Tages nimmermehr ertragen würde. Ich spreche von Georg Sartorius, dem großen Geschichtsforscher und Menschen, dessen Auge ein klarer Stern ist in unserer dunkeln Zeit, und dessen gastliches Herz offen steht für alle fremden Leiden und Freuden, für die Besorgnisse des Bettlers und des Königs, und für die letzten Seufzer untergehender Völker und ihrer Götter.
Dieser Hofrat muss auf Heine einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
LG Sirona
Stolz und gebietend ist des Leibes Haltung,
doch Sanftmut sieht man um die Lippen schweben,
das Auge blitzt, und alle Muskeln beben,
doch bleibt im Reden ruhige Entfaltung.
So stehst du auf dem Lehrstuhl, von Verwaltung
der Staaten sprechend, und vom klugen Streben
der Kabinette, und von Völkerleben,
und von Germaniens Spaltung und Gestaltung.
Aus dem Gedächtnis lischt mir nie dein Bild!
In unsrer Zeit der Selbstsucht und der Roheit
erquickt ein solches Bild von edler Hoheit.
Doch was du mir, recht väterlich und mild,
zum Herzen sprachst in stiller trauter Stunde,
das trag ich treu im tiefen Herzensgrunde.
In der „Harzreise“ erwähnt Heine Hofrat Georg Sartorius mit folgenden Worten:
Und warum sollte ich es verschweigen, ich meine hier ganz besonders jenen viel teueren Mann, der schon in frühern Zeiten sich so freundlich meiner annahm, mir schon damals eine innige Liebe für das Studium der Geschichte einflößte, mich späterhin in dem Eifer für dasselbe bestärkte, und dadurch meinen Geist auf ruhigere Bahnen führte, meinem Lebensmute heilsamere Richtungen anwies, und nur überhaupt jene historischen Tröstungen bereitete, ohne welche ich die qualvollen Erscheinungen des Tages nimmermehr ertragen würde. Ich spreche von Georg Sartorius, dem großen Geschichtsforscher und Menschen, dessen Auge ein klarer Stern ist in unserer dunkeln Zeit, und dessen gastliches Herz offen steht für alle fremden Leiden und Freuden, für die Besorgnisse des Bettlers und des Königs, und für die letzten Seufzer untergehender Völker und ihrer Götter.
Dieser Hofrat muss auf Heine einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
LG Sirona
Stimmt, liebe Clematis. Gedichte dienen nicht nur der Unterhaltung sondern möchten auch zum Nachdenken anregen.
Und Clematis im Turmzimmer? Das erinnert mich an Hölderlin im Turm zu Tübingen.
Es wäre schön wenn Pan uns auch mit seinen Lieblingsgedichten erfreuen würde. Die von ihm eingestellte Gedichte-Seite "Lyrik des 19. Jahrhunderts" ist hervorragend und sehr übersichtlich gestaltet.
LG Sirona
Und Clematis im Turmzimmer? Das erinnert mich an Hölderlin im Turm zu Tübingen.
Es wäre schön wenn Pan uns auch mit seinen Lieblingsgedichten erfreuen würde. Die von ihm eingestellte Gedichte-Seite "Lyrik des 19. Jahrhunderts" ist hervorragend und sehr übersichtlich gestaltet.
LG Sirona
Glückes genug
Wenn sanft du mir im Arme schliefst,
ich deinen Atem hören konnte,
im Traum du meinen Namen riefst,
um deinen Mund ein Lächeln sonnte –
Glückes genug.
Und wenn nach heißem, ernstem Tag
du mir verscheuchtest schwere Sorgen,
wenn ich an deinem Herzen lag
und nicht mehr dachte an ein Morgen –
Glückes genug.
Detlev von Liliencron
Wenn sanft du mir im Arme schliefst,
ich deinen Atem hören konnte,
im Traum du meinen Namen riefst,
um deinen Mund ein Lächeln sonnte –
Glückes genug.
Und wenn nach heißem, ernstem Tag
du mir verscheuchtest schwere Sorgen,
wenn ich an deinem Herzen lag
und nicht mehr dachte an ein Morgen –
Glückes genug.
Detlev von Liliencron
Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Und Clematis im Turmzimmer? Das erinnert mich an Hölderlin im Turm zu Tübingen
zitiert nach Sirona
Pan hatte in seinem Forum ein virtuelles Haus, in ihm konnte man Zimmer belegen, und dort eigene Gedichte veröffentlichen. Ich hatte das Turmstüble genommen. Er hat es mir jetzt in der PN als Bild geschickt, ich kann es leider nicht rüberholen.
Jetzt sollte ich vielleicht was Eigenes sagen dürfen?
Stadtbesichtigungen(Clematis)
zitiert nach Sirona
Pan hatte in seinem Forum ein virtuelles Haus, in ihm konnte man Zimmer belegen, und dort eigene Gedichte veröffentlichen. Ich hatte das Turmstüble genommen. Er hat es mir jetzt in der PN als Bild geschickt, ich kann es leider nicht rüberholen.
Jetzt sollte ich vielleicht was Eigenes sagen dürfen?
Der Hölderlinturm in Tübingen
angekommen
im bergenden Rund
deiner Behausung
ich atme deine Gedanken
die bewahrt werden
für Kommende
bist dann heimgekehrt
in dein Geist-Sein
hast deinen Körper
mutvoll
der Erdenschwere
sorgenden Händen
und Herzen
anvertraut
In der Dämmerung schreite ich
hinüber
zur Allee der Platanen
zwischen uns der Neckar
zeitlos fließend
die Trauerweide
trauert dir nach
und sinnt
ins Künftige
da erglänzt
der klagende Ruf
der Nachtigall
Ingeborg
5. Feb. 2007
angekommen
im bergenden Rund
deiner Behausung
ich atme deine Gedanken
die bewahrt werden
für Kommende
bist dann heimgekehrt
in dein Geist-Sein
hast deinen Körper
mutvoll
der Erdenschwere
sorgenden Händen
und Herzen
anvertraut
In der Dämmerung schreite ich
hinüber
zur Allee der Platanen
zwischen uns der Neckar
zeitlos fließend
die Trauerweide
trauert dir nach
und sinnt
ins Künftige
da erglänzt
der klagende Ruf
der Nachtigall
Ingeborg
5. Feb. 2007
Stadtbesichtigungen(Clematis)
Das Riesenspielzeug - Adelbert von Chamisso
Burg Niedeck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt,
die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand.
Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
und fragst du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.
Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,
sie war ganz ohn Begleitung und spielte vor dem Tor
und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein,
neugierig zu erkunden, wie’s unten möchte sein.
Mit wen’gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,
erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald.
Und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld
erscheinen ihren Augen gar eine fremde Welt.
Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut,
bemerkt sie ein Bauer, der seine Acker baut.
Es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar,
es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar.
„Ei! Artig Spielzeug!“ ruft sie, „das nehm ich mit nach Haus.“
Sie knieet nieder, breitet behend ihr Tüchlein aus
und feget mit den Händen, was da sich alles regt,
zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt;
Und eilt mit freudgen Sprüngen, ihr wißt, wie Kinder sind,
zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind:
„Ei Vater, lieber Vater, ein Spielzeug wunderschön!
So allerliebstes sah ich noch nie auf unseren Höhn.“
Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein,
er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein:
„Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei?
Du hüpfest ja vor Freude; laß sehen, was es sei!“
Sie breitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an,
den Bauer aufzustellen, den Pflug und das Gespann.
Wie alles auf dem Tische sie zierlich aufgebaut,
so klatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut.
Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht:
„Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht!
Wo du es hergenommen, da trag es wieder hin,
der Bauer ist kein Spielzeug, was kommt dir in den Sinn?
Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot,
denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot.
Es sprießt der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor,
der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor!“ -
Burg Niedeck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt,
die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand.
Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
und fragst du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.
Der Bergfried von Unter-Nideck mit der Chamisso-Gedenktafel
(bei Wiki gefunden)
Burg Niedeck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt,
die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand.
Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
und fragst du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.
Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,
sie war ganz ohn Begleitung und spielte vor dem Tor
und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein,
neugierig zu erkunden, wie’s unten möchte sein.
Mit wen’gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,
erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald.
Und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld
erscheinen ihren Augen gar eine fremde Welt.
Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut,
bemerkt sie ein Bauer, der seine Acker baut.
Es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar,
es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar.
„Ei! Artig Spielzeug!“ ruft sie, „das nehm ich mit nach Haus.“
Sie knieet nieder, breitet behend ihr Tüchlein aus
und feget mit den Händen, was da sich alles regt,
zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt;
Und eilt mit freudgen Sprüngen, ihr wißt, wie Kinder sind,
zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind:
„Ei Vater, lieber Vater, ein Spielzeug wunderschön!
So allerliebstes sah ich noch nie auf unseren Höhn.“
Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein,
er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein:
„Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei?
Du hüpfest ja vor Freude; laß sehen, was es sei!“
Sie breitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an,
den Bauer aufzustellen, den Pflug und das Gespann.
Wie alles auf dem Tische sie zierlich aufgebaut,
so klatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut.
Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht:
„Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht!
Wo du es hergenommen, da trag es wieder hin,
der Bauer ist kein Spielzeug, was kommt dir in den Sinn?
Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot,
denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot.
Es sprießt der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor,
der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor!“ -
Burg Niedeck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt,
die Höhe, wo vorzeiten die Burg der Riesen stand.
Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer,
und fragst du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.
Der Bergfried von Unter-Nideck mit der Chamisso-Gedenktafel
(bei Wiki gefunden)
Liebe Sirona,
das ist ein Gedicht, das ich nie vergessen habe!
Ebenso diese Ballade von Detlev von Liliencron:
Pidder Lüng
Frei ist der Fischfang,
frei ist die Jagd,
frei ist der Strandgang,
frei ist die Nacht,
frei ist die See, die wilde See
an der Hornemmer Rhee.
Der Amtmann von Tondern, Henning Pogwisch,
Schlägt mit der Faust auf den Eichentisch:
Heut fahr ich selbst hinüber nach Sylt,
Und hol mir mit eigner Hand Zins und Gült.
Und kann ich die Abgaben der Fischer nicht fassen,
Sollen sie Nasen und Ohren lassen,
Und ich höhn ihrem Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Im Schiff vorn der Ritter, panzerbewehrt,
Stützt sich finster auf sein langes Schwert.
Hinter ihm, von der hohen Geistlichkeit,
Steht Jürgen, der Priester, beflissen, bereit.
Er reibt sich die Hände, er bückt den Nacken.
Der Obrigkeit helf ich, die Frevler packen,
In den Pfuhl das Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Gen Hörnum hat die Prunkbarke den Schnabel gewetzt,
Ihr folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt.
Und es knirschen die Kiele auf den Sand,
Und der Ritter, der Priester springen ans Land,
Und waffenrasselnd hinter den beiden.
Entreißen die Söldner die Klingen den Scheiden.
Nun gilt es, Friesen:
Lewwer duad üs Slaav.
Die Knechte umzingeln das erste Haus,
Pidder Lüng schaut verwundert zum Fenster heraus.
Der Ritter, der Priester treten allein
Über die ärmliche Schwelle hinein.
Des langen Peters starkzählige Sippe
Sitzt grad an der kargen Mittagskrippe.
Jetzt zeige dich, Pidder:
Lewwer duad üs Slaav.
Der Ritter verneigt sich mit hämischem Hohn,
Der Priester will anheben seinen Sermon.
Der Ritter nimmt spöttisch den Helm vom Haupt
Und verbeugt sich noch einmal: Ihr erlaubt,
Daß wir euch stören bei euerm Essen,
Bringt hurtig den Zehnten, den ihr vergessen,
Und euer Spruch ist ein Dreck:
Lewwer duad üs Slaav.
Da reckt sich Pidder, steht wie ein Baum:
Henning Pogwisch, halt deine Reden im Zaum.
Wir waren der Steuern von jeher frei,
Und ob du sie wünschst, ist uns einerlei.
Zieh ab mit deinen Hungergesellen,
Hörst du meine Hunde bellen?
Und das Wort bleibt stehn:
Lewwer duad üs Slaav.
Bettelpack, fährt ihn der Amtmann an,
Und die Stirnader schwillt dem geschienten Mann:
Du frißt deinen Grünkohl nicht eher auf,
Als bis dein Geld hier liegt zu Hauf.
Der Priester zischelt von Trotzkopf und Bücken,
Und verkriegt sich hinter des Eisernen Rücken.
O Wort, geh nicht unter:
Lewwer duad üs Slaav.
Pidder Lüng starrt wie wirrsinnig den Amtmann an,
Immer heftiger in Wut gerät der Tyrann,
Und er speit in den dampfenden Kohl hinein:
Nun geh an deinen Trog, du Schwein.
Und er will, um die peinliche Stunde zu enden,
Zu seinen Leuten nach draußen sich wenden.
Dumpf dröhnts von drinnen:
Lewwer duad üs Slaav.
Einen einzigen Sprung hat Pidder gethan,
Er schleppt an den Napf den Amtmann heran,
Und taucht ihm den Kopf ein, und läßt ihn nicht frei,
Bis der Ritter erstickt ist im glühheißen Brei,
Die Fäuste dann lassend vom furchtbaren Gittern,
Brüllt er, die Thüren und Wände zittern,
Das stolzeste Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Der Priester liegt ohnmächtig ihm am Fuß,
Die Häscher stürmen mit höllischem Gruß,
Durchbohren den Fischer und zerren ihn fort,
In den Dünen, im Dorf rasen Messer und Mord.
Pidder Lüng doch, ehe sie ganz ihn verderben,
Ruft noch einmal im Leben, im Sterben
Sein Herrenwort:
Lewwer duad üs Slaav.
Allegra
das ist ein Gedicht, das ich nie vergessen habe!
Ebenso diese Ballade von Detlev von Liliencron:
Pidder Lüng
Frei ist der Fischfang,
frei ist die Jagd,
frei ist der Strandgang,
frei ist die Nacht,
frei ist die See, die wilde See
an der Hornemmer Rhee.
Der Amtmann von Tondern, Henning Pogwisch,
Schlägt mit der Faust auf den Eichentisch:
Heut fahr ich selbst hinüber nach Sylt,
Und hol mir mit eigner Hand Zins und Gült.
Und kann ich die Abgaben der Fischer nicht fassen,
Sollen sie Nasen und Ohren lassen,
Und ich höhn ihrem Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Im Schiff vorn der Ritter, panzerbewehrt,
Stützt sich finster auf sein langes Schwert.
Hinter ihm, von der hohen Geistlichkeit,
Steht Jürgen, der Priester, beflissen, bereit.
Er reibt sich die Hände, er bückt den Nacken.
Der Obrigkeit helf ich, die Frevler packen,
In den Pfuhl das Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Gen Hörnum hat die Prunkbarke den Schnabel gewetzt,
Ihr folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt.
Und es knirschen die Kiele auf den Sand,
Und der Ritter, der Priester springen ans Land,
Und waffenrasselnd hinter den beiden.
Entreißen die Söldner die Klingen den Scheiden.
Nun gilt es, Friesen:
Lewwer duad üs Slaav.
Die Knechte umzingeln das erste Haus,
Pidder Lüng schaut verwundert zum Fenster heraus.
Der Ritter, der Priester treten allein
Über die ärmliche Schwelle hinein.
Des langen Peters starkzählige Sippe
Sitzt grad an der kargen Mittagskrippe.
Jetzt zeige dich, Pidder:
Lewwer duad üs Slaav.
Der Ritter verneigt sich mit hämischem Hohn,
Der Priester will anheben seinen Sermon.
Der Ritter nimmt spöttisch den Helm vom Haupt
Und verbeugt sich noch einmal: Ihr erlaubt,
Daß wir euch stören bei euerm Essen,
Bringt hurtig den Zehnten, den ihr vergessen,
Und euer Spruch ist ein Dreck:
Lewwer duad üs Slaav.
Da reckt sich Pidder, steht wie ein Baum:
Henning Pogwisch, halt deine Reden im Zaum.
Wir waren der Steuern von jeher frei,
Und ob du sie wünschst, ist uns einerlei.
Zieh ab mit deinen Hungergesellen,
Hörst du meine Hunde bellen?
Und das Wort bleibt stehn:
Lewwer duad üs Slaav.
Bettelpack, fährt ihn der Amtmann an,
Und die Stirnader schwillt dem geschienten Mann:
Du frißt deinen Grünkohl nicht eher auf,
Als bis dein Geld hier liegt zu Hauf.
Der Priester zischelt von Trotzkopf und Bücken,
Und verkriegt sich hinter des Eisernen Rücken.
O Wort, geh nicht unter:
Lewwer duad üs Slaav.
Pidder Lüng starrt wie wirrsinnig den Amtmann an,
Immer heftiger in Wut gerät der Tyrann,
Und er speit in den dampfenden Kohl hinein:
Nun geh an deinen Trog, du Schwein.
Und er will, um die peinliche Stunde zu enden,
Zu seinen Leuten nach draußen sich wenden.
Dumpf dröhnts von drinnen:
Lewwer duad üs Slaav.
Einen einzigen Sprung hat Pidder gethan,
Er schleppt an den Napf den Amtmann heran,
Und taucht ihm den Kopf ein, und läßt ihn nicht frei,
Bis der Ritter erstickt ist im glühheißen Brei,
Die Fäuste dann lassend vom furchtbaren Gittern,
Brüllt er, die Thüren und Wände zittern,
Das stolzeste Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Der Priester liegt ohnmächtig ihm am Fuß,
Die Häscher stürmen mit höllischem Gruß,
Durchbohren den Fischer und zerren ihn fort,
In den Dünen, im Dorf rasen Messer und Mord.
Pidder Lüng doch, ehe sie ganz ihn verderben,
Ruft noch einmal im Leben, im Sterben
Sein Herrenwort:
Lewwer duad üs Slaav.
Allegra
Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Noch einmal
Noch einmal fällt in meinen Schoß
die rote Rose Leidenschaft;
noch einmal hab ich schwärmerisch
in Mädchenaugen mich vergafft;
noch einmal legt ein junges Herz
an meines seinen starken Schlag;
noch einmal weht an meine Stirn
ein juniheißer Sommertag.
Theodor Storm
14. 9. 1817-4. 7. 1888
Garten(Clematis)
Clematis
Noch einmal fällt in meinen Schoß
die rote Rose Leidenschaft;
noch einmal hab ich schwärmerisch
in Mädchenaugen mich vergafft;
noch einmal legt ein junges Herz
an meines seinen starken Schlag;
noch einmal weht an meine Stirn
ein juniheißer Sommertag.
Theodor Storm
14. 9. 1817-4. 7. 1888
Garten(Clematis)
Clematis
Die Affen
Der Bauer sprach zu seinem Jungen:
»Heut in der Stadt, da wirst du gaffen.
Wir fahren hin und sehn die Affen.
Es ist gelungen
Und um sich schiefzulachen,
Was die für Streiche machen
Und für Gesichter,
Wie rechte Bösewichter.
Sie krauen sich,
Sie zausen sich,
Sie hauen sich,
Sie lausen sich,
Beschnuppern dies, beknuppern das,
Und keiner gönnt dem andern was,
Und essen tun sie mit der Hand,
Und alles tun sie mit Verstand,
Und jeder stiehlt als wie ein Rabe.
Paß auf, das siehst du heute.« -
»O Vater", rief der Knabe,
»Sind Affen denn auch Leute?« -
Der Vater sprach: »Nun ja,
Nicht ganz, doch so beinah.«
Wilhelm Busch
Der Bauer sprach zu seinem Jungen:
»Heut in der Stadt, da wirst du gaffen.
Wir fahren hin und sehn die Affen.
Es ist gelungen
Und um sich schiefzulachen,
Was die für Streiche machen
Und für Gesichter,
Wie rechte Bösewichter.
Sie krauen sich,
Sie zausen sich,
Sie hauen sich,
Sie lausen sich,
Beschnuppern dies, beknuppern das,
Und keiner gönnt dem andern was,
Und essen tun sie mit der Hand,
Und alles tun sie mit Verstand,
Und jeder stiehlt als wie ein Rabe.
Paß auf, das siehst du heute.« -
»O Vater", rief der Knabe,
»Sind Affen denn auch Leute?« -
Der Vater sprach: »Nun ja,
Nicht ganz, doch so beinah.«
Wilhelm Busch