Literatur Schöne Lyrik

Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Roxanna vom 01.03.2017, 09:30:41
Oh, liebe Roxanna, das ist ja ein herziges Bild. Wir wollen ganz stark hoffen, dass Mimi diese kleine Wühlmaus nie erwischen wird. Es wäre doch jammerschade!
Das Gedicht ist wirklich sehr witzig.

LG Sirona
Maxi41
Maxi41
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Maxi41
als Antwort auf Sirona vom 28.02.2017, 09:34:57
Hallo Sirona,

ja, der Heine, dieser große politische Satiriker und Kritiker, konnte auch anders. Das Mimi-Kätzchen-Gedicht kannte ich noch nicht. Er hat auch volkstümliche Lieder und Gedichte geschrieben, Schönheiten der Natur, Sehnsucht und Liebe besungen, wo alte Märchenmotive und Sagengestalten zu neuem Leben erweckt werden. Man denkt nur das Lied von der Lorelei:

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
dass ich so traurig bin;
Ein Märchen aus uralten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar,
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme,
und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht auf Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
die Lorelei getan.

Bärbel
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Maxi41 vom 01.03.2017, 16:10:07
Hallo Bärbel, Heine kann ich immer wieder lesen, da ich seine Ironie unglaublich finde, die mit zwinkerndem Auge die Wahrheit wiedergibt.



Aus der Harzreise – H. Heine

Schwarze Röcke, seidne Strümpfe,
weiße, höfliche Manschetten,
sanfte Reden, Embrassieren -
ach, wenn sie nur Herzen hätten!

Herzen in der Brust, und Liebe,
warme Liebe in dem Herzen -
ach, mich tötet ihr Gesinge
von erlognen Liebesschmerzen.

Auf die Berge will ich steigen,
wo die frommen Hütten stehen,
wo die Brust sich frei erschließet,
und die freien Lüfte wehen.

Auf die Berge will ich steigen,
wo die dunklen Tannen ragen,
Bäche rauschen, Vögel singen,
und die stolzen Wolken jagen.

Lebet wohl, ihr glatten Säle!
Glatte Herren, glatte Frauen!
Auf die Berge will ich steigen,
lachend auf euch niederschauen.

Anzeige

Maxi41
Maxi41
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Maxi41
Ernst Moritz Arndt
Frühling im Alter

Singen die Vöglein im grünen Wald,
Klingen die Bächlein bergunter,
Lockt es den Alten mit Lustgewalt,
Klopfet das Herz ihm so munter:
Denket der Wonnen verschienener Lenze,
Denket der Kränze und denket der Tänze,
Fallen auch Thränen herunter.

Singet und klinget! das Heute ist mein,
Heut will ich singen und klingen
Lustig mit spielenden Kindern feldein,
Fröhlich mit fröhlichen Dingen,
Will mir bekränzen die Locken, die greisen:
Bald muß ich hinnen und wandern und reisen,
Wo mir die Vögel nicht singen.

Bärbel
Betti
Betti
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Betti

Das Du mich liebst.

Heinrich Heine.

Das Du mich liebst, das wußt' ich,
ich hatt' es längst entdeckt;
doch als Du mir's gestanden,
hat es mich tief erschreckt.

Ich stieg wohl auf die Berge
und jubelte und sang;
ich ging ans Meer und weinte
beim Sonnenuntergang.

Mein Herz ist wie die Sonne
so flammend anzusehn,
und in ein Meer aus Liebe
versinkt es groß und schön.
Sirona
Sirona
Mitglied

Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona


Der volle Sack
Wilh. Busch

Ein dicker Sack - den Bauer Bolte,
der ihn zur Mühle tragen wollte,
um auszuruhn mal hingestellt
dicht an ein reifes Ährenfeld,
legt sich in würdevolle Falten
und fängt ′ne Rede an zu halten.

Ich, sprach er, bin der volle Sack.
Ihr Ähren seid nur dünnes Pack.
Ich bin′s, der Euch auf dieser Welt
in Einigkeit zusammenhält.
Ich bin′s, der hoch vonnöten ist,
dass Euch das Federvieh nicht frisst.
Ich, dessen hohe Fassungskraft
Euch schließlich in die Mühle schafft.
Verneigt Euch tief, denn ich bin Der!
Was wäret ihr, wenn ich nicht wär?

Sanft rauschen die Ähren:
Du wärst ein leerer Schlauch, wenn wir nicht wären.


Anzeige

Maxi41
Maxi41
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Maxi41
als Antwort auf Sirona vom 06.03.2017, 08:17:16
Wilhelm Busch´s hintergründiger Humor ist immer wieder köstlich.

Selbstkritik

Die Selbstkritik hat viel für sich.
Gesetzt den Fall, ich tadle mich,
so hab ich erstens den Gewinn,
dass ich so hübsch bescheiden bin;
zum zweiten denken sich die Leut,
der Mann ist lauter Redlichkeit;
auch schnapp´ich drittens diesen Bissen
vorweg den andern Kritiküssen;
und viertens hoff´ich außerdem
auf Widerspruch, der mir genehm.

So kommt es denn zuletzt heraus,
daß ich ein ganz famoses Haus.
Sirona
Sirona
Mitglied

Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona


Die alte Waschfrau
Adelbert von Chamisso (1781 – 1838)

Du siehst geschäftig bei dem Linnen
die Alte dort in weißem Haar,
die rüstigste der Wäscherinnen
im sechsundsiebenzigsten Jahr.
So hat sie stets mit sauerm Schweiß
ihr Brot in Ehr und Zucht gegessen
und ausgefüllt mit treuem Fleiß
den Kreis, den Gott ihr zugemessen.

Sie hat in ihren jungen Tagen
geliebt, gehofft und sich vermählt;
sie hat des Weibes Los getragen,
die Sorgen haben nicht gefehlt;
sie hat den kranken Mann gepflegt,
sie hat drei Kinder ihm geboren;
sie hat ihn in das Grab gelegt
und Glaub' und Hoffnung nicht verloren.

Da galt's, die Kinder zu ernähren;
sie griff es an mit heiterm Mut,
sie zog sie auf in Zucht und Ehren,
der Fleiß, die Ordnung sind ihr Gut.
Zu suchen ihren Unterhalt
entließ sie segnend ihre Lieben,
so stand sie nun allein und alt,
ihr war ihr heitrer Mut geblieben.

Sie hat gespart und hat gesonnen
und Flachs gekauft und nachts gewacht,
den Flachs zu feinem Garn gesponnen,
das Garn dem Weber hingebracht;
der hat's gewebt zu Leinewand.
Die Schere brauchte sie, die Nadel,
und nähte sich mit eigner Hand
ihr Sterbehemde sonder Tadel.

Ihr Hemd, ihr Sterbehernd, sie schätzt es,
verwahrt's im Schrein am Ehrenplatz;
es ist ihr Erstes und ihr Letztes,
ihr Kleinod, ihr ersparter Schatz.
Sie legt es an, des Herren Wort
am Sonntag früh sich einzuprägen;
dann legt sie's wohlgefällig fort,
bis sie darin zur Ruh sie legen.

Und ich, an meinem Abend, wollte,
ich hätte, diesem Weibe gleich,
erfüllt, was ich erfüllen sollte
in meinen Grenzen und Bereich;
ich wollt', ich hätte so gewusst
am Kelch des Lebens mich zu laben,
und könnt' am Ende gleiche Lust
an meinem Sterbehemde haben.
Roxanna
Roxanna
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Roxanna
als Antwort auf Sirona vom 07.03.2017, 10:25:14
Was für ein Gedicht, liebe Sirona, das geht mir richtig nahe.

Herzliche Grüße
Roxanna
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Roxanna vom 08.03.2017, 16:02:56
Liebe Roxanna, ich suchte nach Gedichten von Chamisso und fand "Die alte Waschfrau" zufällig und das am Weltfrauentag!! Bis dato kannte ich dieses Gedicht nicht. Chamisso zeichnet hier ein Frauenbild, das längst ausgestorben ist. Die Technik hat es möglich gemacht, dass Frauen sich nicht mehr bis ins hohe Alter derart quälen müssen. Chamisso hat das Leben dieser Waschfrau unglaublich realistisch beschrieben.

LG Sirona

Anzeige