Literatur Schöne Lyrik
Der Kölner Mummenschanz
Da das Alter, wie wir wissen,
Nicht für Torheit helfen kann,
Wär' es ein gefundner Bissen
Einem heitern alten Mann,
Daß am Rhein, dem vielbeschwommnen,
Mummenschar sich zum Gefecht
Rüstet gegen angekommnen
Feind, zu sichern altes Recht.
Auch dem Weisen fügt behäglich
Sich die Torheit wohl zur Hand,
Und so ist es gar verträglich,
Wenn er sich mit euch verband.
Selbst Erasmus ging den Spuren
Der Moria scherzend nach;
Ulrich Hutten mit Obskuren
Derbe Lanzenkiele brach.
Löblich wird ein tolles Streben,
Wenn es kurz ist und mit Sinn;
Heiterkeit zum Erdeleben
Sei dem flüchtigen Rausch Gewinn.
Häufet nur an diesem Tage
Kluger Torheit Vollgewicht,
Daß mit uns die Nachwelt sage:
Jahre sind der Lieb' und Pflicht!
Johann Wolfgang von Goethe
In diesem Sinne eine tolle "NärrischeZeit" wünscht Euch der Milan.
Da das Alter, wie wir wissen,
Nicht für Torheit helfen kann,
Wär' es ein gefundner Bissen
Einem heitern alten Mann,
Daß am Rhein, dem vielbeschwommnen,
Mummenschar sich zum Gefecht
Rüstet gegen angekommnen
Feind, zu sichern altes Recht.
Auch dem Weisen fügt behäglich
Sich die Torheit wohl zur Hand,
Und so ist es gar verträglich,
Wenn er sich mit euch verband.
Selbst Erasmus ging den Spuren
Der Moria scherzend nach;
Ulrich Hutten mit Obskuren
Derbe Lanzenkiele brach.
Löblich wird ein tolles Streben,
Wenn es kurz ist und mit Sinn;
Heiterkeit zum Erdeleben
Sei dem flüchtigen Rausch Gewinn.
Häufet nur an diesem Tage
Kluger Torheit Vollgewicht,
Daß mit uns die Nachwelt sage:
Jahre sind der Lieb' und Pflicht!
Johann Wolfgang von Goethe
In diesem Sinne eine tolle "NärrischeZeit" wünscht Euch der Milan.
Der Erlkönig
Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Vater, du den Erlkönig nicht!
Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.
Du liebes Kind, komm geh' mit mir!
Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir,
manch bunte Blumen sind an dem Strand,
meine Mutter hat manch gülden Gewand.
Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
was Erlenkönig mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
in dürren Blättern säuselt der Wind.
Willst feiner Knabe du mit mir geh'n?
Meine Töchter sollen dich warten schön,
meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
und wiegen und tanzen und singen dich ein.
Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau.
Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an,
Erlkönig hat mir ein Leids getan.
Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
er hält in den Armen das ächzende Kind,
erreicht den Hof mit Mühe und Not - -
in seinen Armen das Kind war tot.
Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Der Schwan,
Diese Mühsal, durch noch Ungetanes
schwer und wie gebunden hinzugehn,
gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes.
Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen
jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn,
seinem ängstlichen Sich-Niederlassen -:
in die Wasser, die ihn sanft empfangen
und die sich, wie glücklich und vergangen
unter ihm zurückziehn, Flut um Flut;
während er unendlich still und sicher
immer mündiger und königlicher
und gelassener zu ziehn geruht.
Rainer Maria Rilke
allgemein(Clematis)
Foto: Bermuso
Vielen Dank Bernd!
Clematis
Diese Mühsal, durch noch Ungetanes
schwer und wie gebunden hinzugehn,
gleicht dem ungeschaffnen Gang des Schwanes.
Und das Sterben, dieses Nichtmehrfassen
jenes Grunds, auf dem wir täglich stehn,
seinem ängstlichen Sich-Niederlassen -:
in die Wasser, die ihn sanft empfangen
und die sich, wie glücklich und vergangen
unter ihm zurückziehn, Flut um Flut;
während er unendlich still und sicher
immer mündiger und königlicher
und gelassener zu ziehn geruht.
Rainer Maria Rilke
allgemein(Clematis)
Foto: Bermuso
Vielen Dank Bernd!
Clematis
Ein nervöser Mensch auf einer Wiese
wäre besser ohne sie daran;
darum seh´er, wie er ohne diese
(meistens mindestens) leben kann.
Kaum dass er gelegt sich auf die Gräser,
naht die Amsel, Heuschreck, Mück und Wurm,
naht der Tausendfuß und Ohrenbläser,
und die Hummel ruft zum Sturm.
Ein nervöser Mensch auf einer Wiese
tut drum besser, wieder aufzustehn
und dafür in andre Paradiese
(beispielhalber: weg) zu gehen.
Christian Morgenstern 1871 - 1914
wäre besser ohne sie daran;
darum seh´er, wie er ohne diese
(meistens mindestens) leben kann.
Kaum dass er gelegt sich auf die Gräser,
naht die Amsel, Heuschreck, Mück und Wurm,
naht der Tausendfuß und Ohrenbläser,
und die Hummel ruft zum Sturm.
Ein nervöser Mensch auf einer Wiese
tut drum besser, wieder aufzustehn
und dafür in andre Paradiese
(beispielhalber: weg) zu gehen.
Christian Morgenstern 1871 - 1914
oh Sirona,,,wer musste nicht den Erlkönig in der Schule aufsagen?
Ich habe stets falsch betont und darum ein Unterhaltungsstück aus dem traurigen Gedicht gemacht. Natürlich nicht mit Absicht, ich wollte nur unterhalten
Maxi ganz toll dein Gedicht vom Morgenstern
Ich habe stets falsch betont und darum ein Unterhaltungsstück aus dem traurigen Gedicht gemacht. Natürlich nicht mit Absicht, ich wollte nur unterhalten
Maxi ganz toll dein Gedicht vom Morgenstern
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[i]Sie erlischt – Heinrich Heine
Der Vorhang fällt, das Stück ist aus,
und Herrn und Damen gehn nach Haus.
Ob ihnen auch das Stück gefallen?
Ich glaub, ich hörte Beifall schallen.
Ein hochverehrtes Publikum
beklatschte dankbar seinen Dichter.
Jetzt aber ist das Haus so stumm,
und sind verschwunden Lust und Lichter.
Doch horch! ein schollernd schnöder Klang
ertönt unfern der öden Bühne;
vielleicht, dass eine Saite sprang
an einer alten Violine.
Verdrießlich rascheln im Parterr'
etwelche Ratten hin und her,
und alles riecht nach ranz'gem Öle.
Die letzte Lampe ächzt und zischt
verzweiflungsvoll, und sie erlischt.
Das arme Licht war meine Seele.
(Romanzero – Lamentationen – Lazarus)
[i]Sie erlischt – Heinrich Heine
Der Vorhang fällt, das Stück ist aus,
und Herrn und Damen gehn nach Haus.
Ob ihnen auch das Stück gefallen?
Ich glaub, ich hörte Beifall schallen.
Ein hochverehrtes Publikum
beklatschte dankbar seinen Dichter.
Jetzt aber ist das Haus so stumm,
und sind verschwunden Lust und Lichter.
Doch horch! ein schollernd schnöder Klang
ertönt unfern der öden Bühne;
vielleicht, dass eine Saite sprang
an einer alten Violine.
Verdrießlich rascheln im Parterr'
etwelche Ratten hin und her,
und alles riecht nach ranz'gem Öle.
Die letzte Lampe ächzt und zischt
verzweiflungsvoll, und sie erlischt.
Das arme Licht war meine Seele.
(Romanzero – Lamentationen – Lazarus)
Schonungsloser kann man kaum Bilanz ziehen am Ende seines Lebens. Vom Publikum verwöhnt, mit Beifall beklatscht empfindet Heine seine letzten Jahre wie das Erlöschen von Lust und Licht – das Auslöschen seiner Seele - bedingt durch Krankheit und Siechtum.
Sehr ergreifend das Gedicht, liebe Sirona.
Heine wurde auf dem Friedhof Montmartre beerdigt.
In einem Brief an Leonie Brainne schrieb Gustave Flaubert am 25. April 1879:
"Ich denke mit Bitterkeit daran, dass bei Heinrich Heines Begräbnis neun Personen anwesend waren!
O Publikum! O Bürger! O Lumpenpack! - Ihr Elenden!"
Bärbel
Heine wurde auf dem Friedhof Montmartre beerdigt.
In einem Brief an Leonie Brainne schrieb Gustave Flaubert am 25. April 1879:
"Ich denke mit Bitterkeit daran, dass bei Heinrich Heines Begräbnis neun Personen anwesend waren!
O Publikum! O Bürger! O Lumpenpack! - Ihr Elenden!"
Bärbel
schon traurig Bärbel
er war körperlich und psychisch reduziert und da fragt man sich auch wieder WO sind dann die "Freunde" wenn man sie braucht
er war körperlich und psychisch reduziert und da fragt man sich auch wieder WO sind dann die "Freunde" wenn man sie braucht
Heine wurde wahrscheinlich wegen seiner langen Krankheit und seinem Rückzug aus der Öffentlichkeit schnell vergessen. Aber die neun, die ihm das letzte Geleit gegeben haben, waren mit Sicherheit seine echten Verehrer und Freunde.
Ähnlich war es bei Mozarts Beerdigung, es waren nur wenige die diesem großartigen Komponisten die letzte Ehre erwiesen haben.
Ähnlich war es bei Mozarts Beerdigung, es waren nur wenige die diesem großartigen Komponisten die letzte Ehre erwiesen haben.
hast ja Recht Sirona, lieber 9 echte Freunde, als einige Dutzend der falschen Sorte. Einen schönen Sonntag wünsche ich