Literatur Schöne Lyrik

yoli
yoli
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von yoli
als Antwort auf Neptun vom 12.07.2015, 06:50:54
herzig wegen den Affen von Wilhelm Busch

Friedrich Hölderin sagt es treffend


Ehmals und jetzt

In jüngern Tagen war ich des Morgens froh,
Des Abends weint ich; jetzt, da ich älter bin,
Beginn ich zweifelnd meinen Tag, doch
Heilig und heiter ist mir sein Ende
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona

Bild: Ralph Albert Blakelock: Mondlicht (1885)


Wenn still mit seinen letzten Flammen
der Abend in das Meer versank,
dann wandeln traulich wir zusammen
am Waldgestad im Buchengang.

Wir sehn den Mond durch Wolken steigen,

wir hören fern die Nachtigall,

wir atmen Düfte, doch wir schweigen –

was soll der Worte leerer Schall?

Das höchste Glück hat keine Lieder,

der Liebe Lust ist still und mild;

ein Kuss, ein Blicken hin und wieder,

und alle Sehnsucht ist gestillt.

E. Geibel
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona


Die andere Seite Heinrich Heines.
Neben seinen satirischen und oft recht bissig-spöttischen Gedichten, bei denen er Kirche und Staat nicht ungeschoren lässt, hat er aber auch viele romantische Verse geschrieben. Gibt es etwas Gefühlvolleres als dieses Gedicht, das übrigens Felix Mendelssohn-Bartholdy vertont hat?

Auf Flügeln des Gesanges


Auf Flügeln des Gesanges,
Herzliebchen, trag ich dich fort,
fort nach den Fluren des Ganges,
dort weiß ich den schönsten Ort.

Dort liegt ein rotblühender Garten
im stillen Mondenschein;
die Lotosblumen erwarten
ihr trautes Schwesterlein.

Die Veilchen kichern und kosen,
und schaun nach den Sternen empor;
heimlich erzählen die Rosen
sich duftende Märchen ins Ohr.

Es hüpfen herbei und lauschen
die frommen, klugen Gazell'n;
und in der Ferne rauschen
des heiligen Stromes Well'n.

Dort wollen wir niedersinken
unter dem Palmenbaum,
und Liebe und Ruhe trinken
und träumen seligen Traum.

Anzeige

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ein Traum

Ein Traum, ein Traum ist unser Leben
Auf Erden hier
Wie Schatten auf den Wogen schweben
Und schwinden wir
Und messen unsre trägen Tritte
Nach Raum und Zeit;
Und sind (und wissen's nicht) in Mitte
Der Ewigkeit

Johann Gottfried Herder
25. 8. 1744-18. 12. 1803
allgemein(Clematis)



Clematis
Maxi41
Maxi41
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Maxi41
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.07.2015, 09:00:46
"Lyrisches Intermezzo" XLVIII

Es liegt der heiße Sommer
Auf deinen Wängelein;
Es liegt der Winter, der kalte,
In deinem Herzchen klein.

Das wird sich bei dir ändern,
Du Vielgeliebte mein!
Der Winter wird auf den Wangen,
Der Sommer im Herzen sein.

Heinrich Heine 1797 - 1856
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
Gestern habe ich mir bei YouTube ein Video über Heinrich Heine angesehen und zwar eine frühere sehr informative Sendung hinsichtlich Literatur (literarisches Quartett). Dabei konnte ich erfahren, dass mindestens 800 - 1000 Gedichte von Heine vertont worden sind (u.a. von Schubert, Mendelssohn, Schumann, Brahms etc.), was mich höchst erstaunt hat.



Wer Zeit und Interesse hat, dem kann ich diese Aufzeichnung empfehlen.

LG Sirona

Anzeige

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Sirona vom 16.07.2015, 11:07:20
Das werde ich mir ansehen!

Heinrich Heine litt selber unter seiner "Schreibe". In den "Briefen aus Helgoland" schreibt er (sinngemäß), dass er unbedingt dem Deutschen Michel die Schlafmütze vom Kopf reissen müsse, wo er doch lieber in aller Stille die Elementarwesen beobachten würde.

Ich liebe diesen Kerl!

Clematis
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
Ich mag Heine auch sehr! Danke Maxi für die Erinnerung!

Gerade habe ich noch einmal das Literarische Quartett angesehen und muss etwas korrigieren. Es gibt nicht nur 800 - 1000 Vertonungen von Heine-Gedichten sondern 8.000 – 10.000. Das ist gewaltig!

Hier ein Beispiel, wie Heine die Romantik am Ende des Gedichtes „zerstört“ bzw. entzaubert - wie es in der Sendung erwähnt worden ist.



Das Meer erglänzte weit hinaus,
im letzten Abendscheine;
wir saßen am einsamen Fischerhaus,
wir saßen stumm und alleine.

Der Nebel stieg, das Wasser schwoll,
die Möwe flog hin und wider;
aus deinen Augen, liebevoll,
fielen die Tränen nieder.

Ich sah sie fallen auf deine Hand,
und bin aufs Knie gesunken;
ich hab von deiner weißen Hand
die Tränen fortgetrunken.

Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib,
die Seele stirbt vor Sehnen; – - -
mich hat das unglücksel’ge Weib
vergiftet mit ihren Tränen.
Maxi41
Maxi41
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Maxi41
als Antwort auf Sirona vom 16.07.2015, 12:18:11
In einem Brief an Johann Vesque von Püttlingen in Wien schreibt Heine am 22. Juni 1851 aus Paris:

"Ich habe selten das Glück, gute Musik zu hören, oder gar meine eigenen poetischen Schöpfungen durch Musik unterstützt zu sehen. Von den außerordentlich vielen Kompositionen meiner Lieder sind mir während den zwanzig Jahren, die ich in Frankreich lebe, nur sehr wenige, vielleicht kaum ein halbes Dutzend, zu Ohren gekommen.

LG Bärbel
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Maxi41 vom 16.07.2015, 12:33:30
Ich könnte mir dies so erklären, einmal lebte Heine in Paris und möglicherweise sind die damaligen Kompositionen seiner Zeitgenossen (Schubert, Schumann, Mendelssohn u.a.) dort noch nicht gespielt bzw. publik gewesen; zum anderen lebten viele Komponisten erst nach dem Tod von Heine oder waren zum Zeitpunkt seines Todes noch sehr jung.

Heine wäre heute bestimmt überwältigt wenn er erfahren würde, dass eine so große Anzahl seiner Gedichte vertont worden ist. Am meisten hat sich Robert Schumann mit Heine befasst, der im selben Jahr (1856) wie Heine gestorben ist.
Aber vielleicht haben sie sich in der geistigen Welt getroffen und dichten und musizieren jetzt eifrig um die Wette.

LG Sirona

Anzeige