Literatur Schöne Lyrik
Hallo Neptun, danke für Deinen wunderschönen Beitrag, durch das Bild werden die Worte nur zu deutlich unterstrichen. Vor einiger Zeit las ich ein Gedicht von Chamisso, das vom Zerfall einer Burg handelt und setze es als Ergänzung zu Deinem Eintrag ein:
Das Schloß der Väter - A. von Chamisso
Ich träum' als Kind mich zurücke,
und schüttle mein greises Haupt;
wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder,
die lang' ich vergessen geglaubt?
Hoch ragt aus schatt'gen Gehegen
ein schimmerndes Schloß hervor,
ich kenne die Türme, die Zinnen,
die steinerne Brücke, das Tor.
Es schauen vom Wappenschilde
die Löwen so traulich mich an,
ich grüße die alten Bekannten
und eile den Burghof hinan.
Dort liegt die Sphinx am Brunnen,
dort grünt der Feigenbaum,
dort hinter diesen Fenstern
verträumt' ich den ersten Traum.
Ich tret' in die Burgkapelle
und suche des Ahnherrn Grab;
dort ist's, dort hängt vom Pfeiler
das alte Gewaffen herab.
Noch lesen umflort die Augen
die Züge der Inschrift nicht,
wie hell durch die bunten Scheiben
das Licht darüber auch bricht.
So stehst du, o Schloß meiner Väter
mir treu und fest in dem Sinn,
und bist von der Erde verschwunden,
der Pflug geht über dich hin.
Sei fruchtbar, o teurer Boden,
ich segne dich mild und gerührt,
ich segn' ihn zwiefach, wer immer
den Pflug nun über dich führt.
Ich aber will auf mich raffen,
mein Saitenspiel in der Hand,
die Weiten der Erde durchschweifen
und singen von Land zu Land.
Beim Lesen dieser Ballade überfiel mich schon eine gewisse Wehmut angesichts der Vergänglichkeit, die mich häufig beim Besuch alter Burgen und Schlösser überfällt.
LG Sirona
Das Schloß der Väter - A. von Chamisso
Ich träum' als Kind mich zurücke,
und schüttle mein greises Haupt;
wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder,
die lang' ich vergessen geglaubt?
Hoch ragt aus schatt'gen Gehegen
ein schimmerndes Schloß hervor,
ich kenne die Türme, die Zinnen,
die steinerne Brücke, das Tor.
Es schauen vom Wappenschilde
die Löwen so traulich mich an,
ich grüße die alten Bekannten
und eile den Burghof hinan.
Dort liegt die Sphinx am Brunnen,
dort grünt der Feigenbaum,
dort hinter diesen Fenstern
verträumt' ich den ersten Traum.
Ich tret' in die Burgkapelle
und suche des Ahnherrn Grab;
dort ist's, dort hängt vom Pfeiler
das alte Gewaffen herab.
Noch lesen umflort die Augen
die Züge der Inschrift nicht,
wie hell durch die bunten Scheiben
das Licht darüber auch bricht.
So stehst du, o Schloß meiner Väter
mir treu und fest in dem Sinn,
und bist von der Erde verschwunden,
der Pflug geht über dich hin.
Sei fruchtbar, o teurer Boden,
ich segne dich mild und gerührt,
ich segn' ihn zwiefach, wer immer
den Pflug nun über dich führt.
Ich aber will auf mich raffen,
mein Saitenspiel in der Hand,
die Weiten der Erde durchschweifen
und singen von Land zu Land.
Beim Lesen dieser Ballade überfiel mich schon eine gewisse Wehmut angesichts der Vergänglichkeit, die mich häufig beim Besuch alter Burgen und Schlösser überfällt.
LG Sirona
Das Gedicht von Rainer Maria Rilke welches Clematis eingestellt hat, war schwer zu verstehen.
Ich wusste, dass er viel vom Buddhismus hält. Es muss mit dem Glauben zu tun haben. Wer weiss mehr??
Neptun und Sirona haben mit der Wahl der Gedichte aufgezeigt wie vergänglich alles ist.
Yoli am "Nachdenken"
Ich wusste, dass er viel vom Buddhismus hält. Es muss mit dem Glauben zu tun haben. Wer weiss mehr??
Neptun und Sirona haben mit der Wahl der Gedichte aufgezeigt wie vergänglich alles ist.
Yoli am "Nachdenken"
Yoli, welches Gedicht von Rilke meinst Du?
schreib bitte den Anfang oder die Seitenzahl dazu.
Rilke ist zutiefst christlich. Der Buddhismus ist eine
Vorstufe zum Christentum, was im Buddhismus Leid ist,
sollte durch die Tat Christi in Liebe verwandelt werden.
Ist des das:
Wenn es nur einmal so ganz still wäre...?
Das ist aus dem Stundenbuch. Rilke schrieb es nach seinem
Besuch in Russland. Die tiefe Religiosität der Russen hat
ihn bewegt, die "Lieder" im Stundenbuch zu schreiben.
Es sind Gebete und Gedanken eines Mönchs im Gespräch mit
Gott.
Ich helf Dir gerne weiter, wenn ich kann.
Gruss
Clematis
schreib bitte den Anfang oder die Seitenzahl dazu.
Rilke ist zutiefst christlich. Der Buddhismus ist eine
Vorstufe zum Christentum, was im Buddhismus Leid ist,
sollte durch die Tat Christi in Liebe verwandelt werden.
Ist des das:
Wenn es nur einmal so ganz still wäre...?
Das ist aus dem Stundenbuch. Rilke schrieb es nach seinem
Besuch in Russland. Die tiefe Religiosität der Russen hat
ihn bewegt, die "Lieder" im Stundenbuch zu schreiben.
Es sind Gebete und Gedanken eines Mönchs im Gespräch mit
Gott.
Ich helf Dir gerne weiter, wenn ich kann.
Gruss
Clematis
Zu einer standesgemäßen Burg gehörten neben Rüstkammer und Burgkapelle auch Kanonen. Ein „Zwiegespräch“ zwischen Kanone und Glocke in Verse gesetzt von Christian Morgenstern.
Die Schwestern
Die Kanone sprach zur Glocke:
“Immer locke, immer locke!
Hast dein Reich, wo ich es habe,
hart am Leben, hart am Grabe.
Strebst umsonst, mein Reich zu schmälern,
bist du ehern, bin ich stählern.
Heute sind sie dein und beten,
morgen sind sie mein und - töten.
Klingt mein Ruf auch unwillkommen,
keiner fehlt von deinen Frommen.
Beste, statt uns zu verlästern,
laß uns einig sein wie Schwestern."
Drauf der Glocke dumpfe Kehle:
Ausgeburt der Teufelsseele,
wird mich erst der Rechte läuten,
wird es deinen Tod bedeuten.
Christian Morgenstern (1871-1914)
Die Kanone sprach zur Glocke:
“Immer locke, immer locke!
Hast dein Reich, wo ich es habe,
hart am Leben, hart am Grabe.
Strebst umsonst, mein Reich zu schmälern,
bist du ehern, bin ich stählern.
Heute sind sie dein und beten,
morgen sind sie mein und - töten.
Klingt mein Ruf auch unwillkommen,
keiner fehlt von deinen Frommen.
Beste, statt uns zu verlästern,
laß uns einig sein wie Schwestern."
Drauf der Glocke dumpfe Kehle:
Ausgeburt der Teufelsseele,
wird mich erst der Rechte läuten,
wird es deinen Tod bedeuten.
Christian Morgenstern (1871-1914)
Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Liebeslied
Wie soll ich meine Seele halten, daß
Sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
Hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
An einer fremden stille Stelle, die
Nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
Nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich
Der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Spieler hat uns in der Hand?
O süßes Lied.
Rainer Maria Rilke
1875-1926
Clematis
Wie soll ich meine Seele halten, daß
Sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
Hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
An einer fremden stille Stelle, die
Nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
Nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich
Der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Spieler hat uns in der Hand?
O süßes Lied.
Rainer Maria Rilke
1875-1926
Clematis
Re: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Villon, François (1431-1464)
Eine verliebte Ballade für ein Mädchen namens Yssabeau
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund,
ich schrie mir schon die Lungen wund
nach deinem weißen Leib, du Weib.
Im Klee, da hat der Mai ein Bett gemacht,
da blüht ein schöner Zeitvertreib
mit deinem Leib die lange Nacht.
Das will ich sein im tiefen Tal
dein Nachtgebet und auch dein Sterngemahl.
Im tiefen Erdbeertal, im schwarzen Haar,
da schlief ich manches Sommerjahr
bei dir und schlief doch nie zuviel.
Ich habe jetzt ein rotes Tier im Blut,
das macht mir wieder frohen Mut.
Komm her, ich weiß ein schönes Spiel
im dunklen Tal, im Muschelgrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!
Die graue Welt macht keine Freude mehr,
ich gab den schönsten Sommer her,
und dir hats auch kein Glück gebracht;
hast nur den roten Mund noch aufgespart,
für mich so tief im Haar verwahrt...
Ich such ihn schon die lange Nacht
Im Wintertal, im Aschengrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund.
Im Wintertal, im schwarzen Beerenkraut,
da hat der Schnee sein Nest gebaut
und fragt nicht, wo die Liebe sei,
Und habe doch das rote Tier so tief
erfahren, als ich bei dir schlief.
Wär nur der Winter erst vorbei
und wieder grün der Wiesengrund!
...ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!
Eine verliebte Ballade für ein Mädchen namens Yssabeau
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund,
ich schrie mir schon die Lungen wund
nach deinem weißen Leib, du Weib.
Im Klee, da hat der Mai ein Bett gemacht,
da blüht ein schöner Zeitvertreib
mit deinem Leib die lange Nacht.
Das will ich sein im tiefen Tal
dein Nachtgebet und auch dein Sterngemahl.
Im tiefen Erdbeertal, im schwarzen Haar,
da schlief ich manches Sommerjahr
bei dir und schlief doch nie zuviel.
Ich habe jetzt ein rotes Tier im Blut,
das macht mir wieder frohen Mut.
Komm her, ich weiß ein schönes Spiel
im dunklen Tal, im Muschelgrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!
Die graue Welt macht keine Freude mehr,
ich gab den schönsten Sommer her,
und dir hats auch kein Glück gebracht;
hast nur den roten Mund noch aufgespart,
für mich so tief im Haar verwahrt...
Ich such ihn schon die lange Nacht
Im Wintertal, im Aschengrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund.
Im Wintertal, im schwarzen Beerenkraut,
da hat der Schnee sein Nest gebaut
und fragt nicht, wo die Liebe sei,
Und habe doch das rote Tier so tief
erfahren, als ich bei dir schlief.
Wär nur der Winter erst vorbei
und wieder grün der Wiesengrund!
...ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!
Liebe Clematis
es handelt sich um dieses Gedicht welches du eingestellt hast
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -:
Dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank.
Rainer Maria Rilke
4. 12. 1875-29. 12. 1926
Du hast es aber so prima schon erklärt, dass ich nun mehr über diesen Dichter weiss.
Lieben Dank
Yoli
es handelt sich um dieses Gedicht welches du eingestellt hast
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -:
Dann könnte ich in einem tausendfachen
Gedanken bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank.
Rainer Maria Rilke
4. 12. 1875-29. 12. 1926
Du hast es aber so prima schon erklärt, dass ich nun mehr über diesen Dichter weiss.
Lieben Dank
Yoli
so schön...Yoli im Traum
Die Liebenden – Fr. Hölderlin
Trennen wollten wir uns? wähnten es gut und klug?
Da wirs taten, warum schröckte, wie Mord, die Tat?
Ach! wir kennen uns wenig,
denn es waltet ein Gott in uns.
Den verraten? ach ihn, welcher uns alles ernst,
Sinn und Leben erschuf, ihn, den beseelenden
Schutzgott unserer Liebe,
dies, dies Eine vermag ich nicht.
Aber anderen Fehl denket der Menschen Sinn,
andern ehernen Dienst übt er und anders Recht,
und es fordert die Seele
Tag für Tag der Gebrauch uns ab.
Wohl! ich wußte es zuvor. Seit der gewurzelte
allentzweiende Haß Götter und Menschen trennt,
muß, mit Blut sie zu sühnen,
muß der Liebenden Herz vergehn.
Laß mich schweigen! oh laß nimmer von nun an mich
dieses Tödliche sehn, daß ich im Frieden doch
hin ins Einsame ziehe,
und noch unser der Abschied sei!
Reich die Schale mir selbst, daß ich des rettenden
heiligen Giftes genug, daß ich des Lethetranks
mit dir trinke, daß alles,
Haß und Liebe, vergessen sei!
Hingehn will ich. Vielleicht seh ich in langer Zeit
Diotima! dich hier. Aber verblutet ist
dann das Wünschen und friedlich
gleich den Seligen, fremd sind wir.
Und ein ruhig Gespräch führet uns auf und ab,
sinnend, zögernd, doch itzt faßt die Vergessenen
hier die Stelle des Abschieds,
es erwarmet ein Herz in uns.
Staunend seh ich dich an, Stimmen und süßen Sang,
wie aus voriger Zeit hör ich und Saitenspiel,
und befreiet in Lüfte
fliegt in Flammen der Geist uns auf.
Der Hyperion entstand in der Zeit als Hölderlin in Frankfurt bei den Gontards Hofmeister (Lehrer) war. „Seine“ Diotima ist das Abbild seiner geliebten Suzette.
Trennen wollten wir uns? wähnten es gut und klug?
Da wirs taten, warum schröckte, wie Mord, die Tat?
Ach! wir kennen uns wenig,
denn es waltet ein Gott in uns.
Den verraten? ach ihn, welcher uns alles ernst,
Sinn und Leben erschuf, ihn, den beseelenden
Schutzgott unserer Liebe,
dies, dies Eine vermag ich nicht.
Aber anderen Fehl denket der Menschen Sinn,
andern ehernen Dienst übt er und anders Recht,
und es fordert die Seele
Tag für Tag der Gebrauch uns ab.
Wohl! ich wußte es zuvor. Seit der gewurzelte
allentzweiende Haß Götter und Menschen trennt,
muß, mit Blut sie zu sühnen,
muß der Liebenden Herz vergehn.
Laß mich schweigen! oh laß nimmer von nun an mich
dieses Tödliche sehn, daß ich im Frieden doch
hin ins Einsame ziehe,
und noch unser der Abschied sei!
Reich die Schale mir selbst, daß ich des rettenden
heiligen Giftes genug, daß ich des Lethetranks
mit dir trinke, daß alles,
Haß und Liebe, vergessen sei!
Hingehn will ich. Vielleicht seh ich in langer Zeit
Diotima! dich hier. Aber verblutet ist
dann das Wünschen und friedlich
gleich den Seligen, fremd sind wir.
Und ein ruhig Gespräch führet uns auf und ab,
sinnend, zögernd, doch itzt faßt die Vergessenen
hier die Stelle des Abschieds,
es erwarmet ein Herz in uns.
Staunend seh ich dich an, Stimmen und süßen Sang,
wie aus voriger Zeit hör ich und Saitenspiel,
und befreiet in Lüfte
fliegt in Flammen der Geist uns auf.
Der Hyperion entstand in der Zeit als Hölderlin in Frankfurt bei den Gontards Hofmeister (Lehrer) war. „Seine“ Diotima ist das Abbild seiner geliebten Suzette.
Weite, möwenüberkreiste
Dünentäler, menschenlose;
rechts die See und ihr Getose,
links das Haff, das sturmverwaiste.
Alte Dörfer in den Watten,
in der Flut und unterm Sande ...
Sonnenleuchten, Wolkenschatten
über einem Märchenlande ...
Christian Morgenstern (1871-1914)
Dünentäler, menschenlose;
rechts die See und ihr Getose,
links das Haff, das sturmverwaiste.
Alte Dörfer in den Watten,
in der Flut und unterm Sande ...
Sonnenleuchten, Wolkenschatten
über einem Märchenlande ...
Christian Morgenstern (1871-1914)