Literatur Schöne Lyrik
Bild: gemeinfrei
Die hohen Tannen atmen heiser
im Winterschnee, und bauschiger
schmiegt sich sein Glanz um alle Reiser.
Die weißen Wege werden leiser,
die trauten Stuben lauschiger.
Da singt die Uhr, die Kinder zittern:
Im grünen Ofen kracht ein Scheit
und stürzt in lichten Lohgewittern, –
und draußen wächst im Flockenflittern
der weiße Tag zur Ewigkeit.
Autorin: Adele Schopenhauer (1797-1849)
war eine hochbegabte deutsche Schriftstellerin und die Schwester des Philosophen Arthur Schopenhauer.
Henriette Sommer und Adrian van der Venne waren von ihr weiter verwendete Pseudonyme.
Blasierte Noblesse
Des Herzens Armuth und des Geistes Leere
sind heimisch meist in höh'ren Regionen,
wo Stolz und Dünkel, Rang und Reichthum wohnen,
und diese trachten, daß ihr Glanz sich mehre.
Daß Langeweile sie nicht ganz verzehre,
so wählen sie zur Kurzweil stets Personen,
in deren Kreis sie dann, wie Götzen thronen –
und fordern keck, daß man sie hoch verehre.
Wie sehr sind diese Armen zu beklagen,
die unaufhörlich nach Zerstreuung jagen;
denn, Leerheit ist die größte aller Plagen.
Doch wo sich Herz, Gemüth mit Geist verbinden –
mag alles Andre auch um uns verschwinden –
wir wissen in uns selbst das Glück zu finden.
Heinrich Martin (1818 - 1872), deutscher Schriftsteller
Wenn du nach Ehre strebst, die dir die Welt soll geben,
So mußt du, statt dir selbst, ihr zu Gefallen leben.
Nicht leben in der Tat, nur leben auf den Schein;
Nicht was du selber willst, was sie will, mußt du sein.
Wenn du nach Reichtum strebst, nach welchem alle streben,
mußt du darum in Kampf mit allen dich begeben;
Was andre haben, mußt du dir verloren achten,
Und was du haben willst, zu rauben ihnen trachten.
Und wenn du gar zugleich geehrt willst sein und reich,
So mußt du sein der Welt ein Freund und Feind zugleich;
Mußt stehlen ihren Schatz und stehlen ihre Gunst;
Das ist die mißlichste und undankbarste Kunst.
Drum rat' ich: Laß die Welt, wen sie will ehren, ehren,
Und ihren Sold, wer ihn begehren will, begehren.
Sich selbst in Ehren und sich selber reich zu halten,
Ist Mannes Würd' und Kraft, derselben sollst du walten.
Friedrich Rückert (1788 - 1866), deutscher Dichter, Lyriker
So mußt du, statt dir selbst, ihr zu Gefallen leben.
Nicht leben in der Tat, nur leben auf den Schein;
Nicht was du selber willst, was sie will, mußt du sein.
Wenn du nach Reichtum strebst, nach welchem alle streben,
mußt du darum in Kampf mit allen dich begeben;
Was andre haben, mußt du dir verloren achten,
Und was du haben willst, zu rauben ihnen trachten.
Und wenn du gar zugleich geehrt willst sein und reich,
So mußt du sein der Welt ein Freund und Feind zugleich;
Mußt stehlen ihren Schatz und stehlen ihre Gunst;
Das ist die mißlichste und undankbarste Kunst.
Drum rat' ich: Laß die Welt, wen sie will ehren, ehren,
Und ihren Sold, wer ihn begehren will, begehren.
Sich selbst in Ehren und sich selber reich zu halten,
Ist Mannes Würd' und Kraft, derselben sollst du walten.
Friedrich Rückert (1788 - 1866), deutscher Dichter, Lyriker
Dazu fällt mir ein was einmal Luise Rinser geschrieben hat:
Wie hätte man mich geliebt
wenn ich gewesen wäre wie man mich wollte,
aber was für eine Liebe
die sich bezahlen läßt
mit der Aufgabe der eigenen Persönlichkeit.